Grundstück Gesamtgut oder Vorbehaltsgut?

  • Moin,

    habe im Grundbuch ein Problem, allerdings mit güterrechtlichen und Erbrechtlichen Problemen...

    Sachverhalt:
    M ist als Alleineigentümer im GB eingetragen.
    M war verheiratet mit F, lebte mit ihr in Gütergemeinschaft. Ehevertrag von 1962 liegt in Ausfertigung vor. Dort wurde fortgesetzte Gütergemeinschaft mit den Kindern S und T vereinbart. Regelungen über Sonder- und Vorbehaltsgut wurden nicht getroffen. F ist vorverstorben.
    M erwarb das betreffende Grundstück bereits vor der Ehe (und somit dem Ehevertrag, deswegen erfolgte anscheinend auch keine Umscheibung auf M+F in Gütergemeinschaft.
    Nun stirbt M (2008), vorgelegt wird ein notarielles Testament (errichtet nach dem Tode von F), in dem M seine Tochter T als Alleinerbin "hinsichtlich meines durch die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht gebundenen Vermögens" einsetzt.

    Meine Überlegungen bisher:
    1. Es ist unschädlich, dass (sofern mein Grundstück ins Gesamtgut fällt), dass M allein im GB stand, da automatisch alles Vermögen, was nicht Sonder- oder Vorbehaltsgut ist, in die Gütergemeinschaft fällt. Damit müsste auch das Grundstück in die fortgesetzte Gütergemeinschaft übergegangen sein. Richtig?
    2. Mit dem Tode des M endet die fortgesetzte Gütergemeinschaft (§ 1494 BGB), die überlebenden Kinder sind bis zur Auseinandersetzung ebenfalls noch in fortgesetzter Gütergemeinschaft Eigentümer des Gesamtgutes (§§ 1497, 1419, 1472 BGB). Richtig?

    Meine Fragen:
    1. Wie bekomme ich heraus, ob mein Grundstück ins Gesamtgut oder Vorbehaltsgut fällt? Nach meiner Einschätzung trifft keine der Alternativen aus § 1418 BGB zu, diese Aufzählung ist abschließend (Palandt, BGB § 1418 RdNr. 2).
    2. Kann ich S oder T zur Berichtigung zwingen (§ 82 GBO)?
    Ich weiß aus den vorliegenden Nachlassakten, dass sich die beiden bis aufs Messer streiten...
    3. Kann ich in irgendeiner Weise einen Erbschein verlangen?

    Ich bin für alle Anregungen und Gedankengänge (zur Meinungsbildung) dankbar...

  • Könnte evtl. § 1418 Abs.2 Nr.2 BGB vorliegen, wenn M das Grundstück geschenkt bekommen oder geerbt hat? Das wäre noch eine Möglichkeit, aber das müsstest Du aus den Grundakten oder Nachlassakten ersehen können. Wenn das ausscheidet, gilt m.E. folgendes:

    Deine erste Annahme ist m.E. richtig, §§ 1416 Abs.1 S.1, Abs.2 BGB. Mit Abschluss des Ehevertrags wurden die Eheleute kraft Gesetzes Eigentümer des Grundbesitzes in Gütergemeinschaft, weil im Ehevertrag kein Vorbehaltsgut vereinbart war. Der Gesamtgutsanteil der Ehefrau F fiel nicht in ihren Nachlass, § 1483 Abs.1 S.3 BGB. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn M die Fortsetzung der Gütergemeinschaft abgelehnt hätte, §§ 1484 Abs.3, 1482 BGB. Das ist nicht erfolgt, siehe Testamentsinhalt, sodass mit dem Tod von F fortgesetzte Gütergemeinschaft eingetreten ist. Das kann nicht durch den Ehevertrag oder notarielle letztwillige Verfügung, sondern nur durch ein Fortsetzungszeugnis nach § 1507 BGB nachgewiesen werden, § 35 Abs.2 GBO.

    Deine zweite Annahme ist m.E. nur bedingt richtig, weil der Gesamtgutsanteil des M an der fortgesetzten Gütergemeinschaft nicht automatisch den Kindern zufällt, sondern zum Nachlass des M gehört, siehe Palandt § 1494 Rn.1. Es bedarf deshalb des Nachweises dieser Erbfolge nach § 35 GBO. Das notarielle Testament ist aus meiner Sicht falsch beurkundet, weil es beim überlebenden Ehegatten keine erbrechtliche Spaltung zwischen Gesamtgutsanteil und Sondergut/Vorbehaltsgut gibt. Nach dem Wortlaut gilt das Testament nicht für den Gesamtgutsanteil, sondern nur für evtl. Sondergut, weil kein Vorbehaltsgut vereinbart wurde. Das kann nur als Vermächtnis wirksam sein. Der Nachweis der Erbfolge ist deshalb m.E. nur durch Erbschein möglich. Die Kinder können sich im Nachlassverfahren streiten, ob sich das Testament entgegen seinem Wortlaut auf den gesamten Nachlass von M bezieht oder ob gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.

    Der Antrag, die Tochter aufgrund des Testaments anstelle des M als Alleineigentümer einzutragen, muss m.E. zurückgewiesen werden. Es steht fest, dass im Ehevertrag kein Vorbehaltsgut vereinbart wurde und wenn es nachträglich vereinbart worden wäre, hätte eine Auflassung an M erfolgen müssen. Das ist lt. Grundbuch aber nicht der Fall gewesen.

  • @ Schutzengel:

    Erstmal vielen Dank für deine Ausführungen!!!

    Im Moment gehe ich davon aus, dass das Grundstück zum Gesamtgut gehört:
    Das Grundstück wurde aufgelassen 1956. Leider weiß ich den Grund der Aulassung noch nicht, da das ganze in einem anderen Amtsgerichtsbezirk passierte und ich von dort noch keine Akten und damit keine Eintragungsgrundlage kenne. Akte nsind angefordert...
    Müsste -sofern es sich um eine Schenkung handelt- nicht explizit vereinbart sein, dass das Geschenkte nicht in das Gesamtgut fallen soll (Palandt 66. Aufl. § 1418 RdNr 4)? Wenn das so ist, wie kann das vorher vereinbart werden, da die Ehe ja erst später geschlossen wurde?

    Zu meiner ersten Annahme:
    dann brauch ich also ein Fortsetzungszeugnis vom Nachlassgericht nach § 1507 BGB, damit nachgewiesen wird, dass M, T und S in fortgesetzter Gütermeinschaft Eigentümer waren...
    Kann ich das (im Wege der Amtshilfe) beantragen oder muss ich die "Eigentümer" zur Beantragung auffordern? Wenn das über die Eigentümer geht, kann ich die jetzt schon dazu zwingen?

    zur zweiten Annahme:
    Da verstehe ich deine Ausführungen nicht so richtig :oops:
    Mir ist klar, dass das Vermögen, was bisher dem M auch als Gesamtgut mit zugestanden hat, in seinen Nachlass fällt. Ich dachte aber, dass dann automatisch die Abkömmlinge Erben werden, mit denen auch die Gütergemeinschaft fortgesetzt wurde. Ist das nicht so?

    Dann wäre hier also der Anteil an der Gütergemeinschaft damals von F auf T+S übergegangen, der Anteil von M blieb auch bei M.
    Nun muss ich die Erbfolge nach M nachweisen (Erbschein???), das könnte dann auch ein beliebiger anderer Erbe sein, dem dann der Gesamtgutsanteil zufällt? Und mit diesem müssen sich dann S und T auseinandersetzen?
    Wenn das so stimmt, brauche ich doch einen Erbschein nach M. Den hat aber das zuständige Nachlassgericht eben auf Grund der fortgesetzten Gütergemeinschaft nicht erteilt :gruebel:... War das falsch?

    Wenn S und T Erben nach M sind, dann können sie sich ganz normal untereinander auseinandersetzen. Wenn sie dies nicht tun, was dann?

    Ich muss dazu sagen, dass ich weder von S noch von T einen Berichtigungsantrag habe, ich hab bisher nur das Testament vorliegen und die möglichen Erben sich nicht rühren.
    Daher auch meine Frage in #1 unter Nr. 2, ob ich sie zwingen kann...

  • Wie kommst Du darauf, dass der Anteil von M automatisch als Erbe an die Kinder fällt? Es hat doch nichts mit der fortgesetzten Gütergemeinschaft zu tun, wer Erbe des M geworden ist. Das kann auch ein durch Testament eingesetzter Dritter sein, M kann seinen Nachlass vererben, an wen er will und zu seinem Nachlass gehört auch sein Anteil an der fortgesetzten Gütergemeinschaft. Selbst wenn M zuerst verstorben wäre, hätte neben dem Fortsetzungszeugnis ein Erbschein erteilt werden können. Er hätte dann nur für sein Sonder- und Vorbehaltsgut gegolten, weil sein Gesamtgutsanteil nicht zum Nachlass gehört, § 1483 Abs.1 S.3 BGB. Bei der tatsächlich zuerst gestorbenen F ist es genauso.

    Wenn Du keinen Antrag hast, würde ich einen rechtlichen Hinweis machen, dass für die Grundbuchberichtigung ein Fortsetzungszeugnis nach F und ein Erbschein nach M vorgelegt werden muss. Mit dem Erzwingungsverfahren bin ich überfragt. Damit haben wir zum Glück nichts zu tun.

  • Wie kommst Du darauf, dass der Anteil von M automatisch als Erbe an die Kinder fällt?



    Ich dachte, das ist ähnlich wie beim Erbvertrag, dass keine anderslautende letztwillige Verfügung mehr getroffen werden kann...
    Das hat aber rein gar nichts mit dem Ehevertrag zutun, da das keine Verfügung von Todes wegen ist, jetzt ist mir das auch klar :oops:...


    Wenn Du keinen Antrag hast, würde ich einen rechtlichen Hinweis machen, dass für die Grundbuchberichtigung ein Fortsetzungszeugnis nach F und ein Erbschein nach M vorgelegt werden muss. Mit dem Erzwingungsverfahren bin ich überfragt. Damit haben wir zum Glück nichts zu tun.



    Gut, ok. So werd ich das wohl machen...
    Hat noch einer der Rpfls ne Meinung zur Androhung und Verhängung von Zwangsgeld?
    Ich stehe generell auf dem Standpunkt, dass ich das Zwangsgeld auch innerhalb der 2Jahresfrist verhängen kann, da sich das nur um eine Gebührenbefreiungsvorschrift handelt. Würdet ihr das hier genauso sehen?
    Hier ist ja auch noch ein (anderes) Nachlassgericht beteiligt, so dass der Fortgang auch von der dortigen Arbeitsweise abhängt, also werd ich wohl nicht so ohne weiteres Zwangsgeld verhängen dürfen...



  • Gut, ok. So werd ich das wohl machen...
    Hat noch einer der Rpfls ne Meinung zur Androhung und Verhängung von Zwangsgeld?
    Ich stehe generell auf dem Standpunkt, dass ich das Zwangsgeld auch innerhalb der 2Jahresfrist verhängen kann, da sich das nur um eine Gebührenbefreiungsvorschrift handelt. Würdet ihr das hier genauso sehen?
    Hier ist ja auch noch ein (anderes) Nachlassgericht beteiligt, so dass der Fortgang auch von der dortigen Arbeitsweise abhängt, also werd ich wohl nicht so ohne weiteres Zwangsgeld verhängen dürfen...



    Guck mal in Rpfleger 2002, 433
    Dort hat das OLG Frankfurt/Main die Auffassung vertreten, innerhalb der Zweijahresfrist sei grundsätzlich kein Zwangsgeldverfahren durchzuführen.

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