Betreuungsunterbrechung

  • folgender Sachverhalt:

    am 10.03.2006 wird mit sofortiger Wirksamkeit durch einstweilige Anordnung Betreuung eingerichtet.
    "Die vorläufige Betreuung endet am 30.04.2006."

    Nach Prüfung der Voraussetzungen wird mit Beschluss vom 27.04.2006 auch längerfristige Betreuung angeordnet.

    Der Beschluss wird der Betreuerin (die selbe wie in der vorl. Betreuung) am 08.05.2006 bekannt gemacht.

    Die Betreuerin möchte nun abrechnen:
    10.03. - 30.04.2006 in Stufe 1 und dann nochmal
    09.05. - 08.08.2006 in Stufe 1 da die Betreuung ja nach der vorläufigen geendet hatte und dann mit neuem Beschluss neu wieder angefangen ist zu laufen.

    Wie sind die Meinungen dazu?

  • war die endgültige AO nicht mit sofortiger wirksamkeit ?

    falls nein:
    eine unterbrechung der betreuung bedeutet nicht zwangsläufig, dass die vergütung wieder von vorne anfängt. dies ist nur dann der fall, wenn eine längere unterbrechung vorliegt, die es erforderlich macht, dass die durch die höhere pauschalvergütung abgedeckten "anfangsarbeiten" erneut zu tätigen sind.
    der gedanke hinter der pauschale ist, dass der betreuer am anfang mehr bekommt, weil er am anfang mehr arbeit hat. liegt eine kurze unterbrechung vor (wie hier nur wenige tage), dann fallen diese arbeiten nicht an, und eine erneute einstufung in der höheren pauschale ist nicht gerechtfertig.

  • Vor Abgabe einer Stn.:

    Ist bzgl. der Einrichtung der endgültigen Betreuung (Beschl. vom 27.04.06) die sofortige Wirksamkeit (§ 69a II 3 FGG) ausgesprochen worden (vgl. Beschl. Inhalt)?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Dann gilt (s. LuckyStrike)

    LG Bielefeld, Beschl. vom 04.07.06, 23 T 372/06, soweit bekannt unveröffentlicht:

    Aus den Gründen:

    "[...]
    Vorliegend war von der Beendigung der vorläufigen Betreuung am 07. Juni 2005 und dem Neuanfang der Betreuung am 05. Juli 2005 ungefähr eine Lücke von einem Monat. Diese kurze Unterbrechung führt jedoch nicht dazu, das ab der Bestellung der endgültigen Betreuung ab dem 05. Juli 2005 die Stundensätze für eine erstmalige Bereuuerbestellung maßgebend sind.
    [...]
    Eine kurzfristige Unterbrechung der Betreuertätigkeit innerhalb einer fortstehenden Betreuung führt aber nicht dazu, dass der Betreuer bei der "zweiten Betreuerbestellung" den gleichen Aufwand hat wie bei der Erstbestellung (vgl. OLG München, FamRZ 2006, 647 (649)).
    [...]
    Beträgt die Unterbrechungsdauer, wie hier, jedoch nicht einmal drei Monate, wäre das Zusprechen einer Mehrvergütung bei Annahme einer Erstbetreuung unangemessen überhöht (vgl. OLG München a.a.O.). Aus dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 21.02.2006 (Rpfleger 2006, 401) ergibt sich nichts anderes; denn dort ging es nicht um eine "kurzfristige Unterbrechung", sondern um eine Unterbrechung von 9 Monaten.
    [...]"

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Das sehe ich auch so. Die Betreuerin hätte auch rechtzeitig vor dem Auslaufen der vorläufigen Betreuung nachfragen können, ob die Verlängerung vorliegt. Dann hätte sie erfahren, dass der Beschluss bereits existiert.

  • Auch wenn der Thread schon älter ist, tritt dieses Problem doch immer wieder mal auf, so wie gerade in einer meiner Verfahren.

    Mich würde daher interessieren, ob es neue Rechtsprechung (ggf. unveröffentlicht) dazu gibt.


    mein konkreter Fall:

    Anordnung der vorläufigen Betreuung am 19.06.16 mit Befristung für sechs Monate (bis 18.12.2016)

    Anhörung durch Richter erfolgt in diesem Zeitraum, Betreuter erklärt, keine Betreuung mehr zu benötigen/wollen

    Mitte Dezember 2016 der Stimmungswandel, Mitteilung des Betroffenen, er wolle doch weiter betreut werden

    Gutachten natürlich so zeitnah nicht zu erlangen, Anordnung der endgültigen Betreuung am 27.01.2017 (Aufgabe zur Post, wirksam also ab 31.01.2017)


    Bestellt wurde jeweils der gleiche Berufsbetreuer, der wegen seiner Vergütung nun anfragte.

    Wir konnten Einigkeit erzielen, dass die Neuanordnung vergütungsrechtlich nicht als neue Betreuung laufen kann und die bisherigen Quartale (19.06.16-18.09.16 usw.) bestehen bleiben. Klar ist dem Betreuer auch, dass er für Zeit der "Unterbrechung" keine Vergütung erhält.

    Allerdings gehen unsere Meinungen auseinander, was die Berücksichtigung der "Unterbrechung" hinsichtlich der Stundenzahl bedeutet. Aus meiner Sicht laufen die Zeiträume (fiktiv), ungeachtet der Unterbrechung. Somit wäre zu rechnen:

    1. Quartal: 19.06.16-18.09.16
    2. Quartal: 19.09.16-18.12.16
    3. Quartal: 19.12.16-18.03.17
    4. Quartal: 19.03.17-18.06.17

    danach ungeachtet der Unterbrechung Stundensätze für 2. und folgende Jahre

    Der Betreuer möchte hingegen, dass er am 31.01.17-30.04.17 mit den Stundensätzen für das 3. Quartal und bzgl. 01.05.17-31.07.17 die Stundenzahlen erhält als sei es das 4. Quartal.

    Wie seht/berechnet ihr in solchen Fällen?

  • Ich habe Variante 2 genommen. Gab es keine Betreuung, kann nach meiner Ansicht auch kein Vergütungsquartal weitergelaufen sein.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich denke auch, es passt nicht so ganz, einerseits für die Zeit vom 19.12.16 bis 30.01.2017 keine Vergütung zu zahlen, andererseits aber die Betreuungszeit weiter zu zählen. Daher würde ich dem Betreuer zustimmen.

  • Man kann jetzt m. E. nur mit dem 3. Quartal weiterrechnen, da ja die Betreuung nur sechs Monate bestanden hatte.

    Wenn man schon zu lasten des Betreuers sagt, es ist keine neue Betreuung, und für den Zeitraum der Vakanz bekommst du nichts, dann muss man logischerweise feststellen, dass die Betreuung bislang sechs Monate bestand und man sich ab dem 31.01.2017 sozusagen im 7. Monat befindet.

  • Pro Betreuer: LG Bayreuth, Beschluss v. 04.03.2011 – 42 T 3/11, aber der BGH hat am 02.03.2016 - XII ZB 196/13 die Ansicht als abschlägig verworfen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich habe mich bisher in solchen Verfahren am ursprünglichen Betreuungsbeginn orientiert, also bei verspäteter Einrichtung der endgültigen Betreuung den laufenden Betreuungsmonat vom Wirksamwerden der eAO ausgehend berechnet und den neuen Vergütungsanspruch mit einem "Rumpfmonat" beginnend berücksichtigt. In juris gibt es eine Entscheidung des Landgerichts Meiningen vom 14.04.2008, 3 T 260/07; dort Rdnr. 58

  • Ich habe mich bisher in solchen Verfahren am ursprünglichen Betreuungsbeginn orientiert, also bei verspäteter Einrichtung der endgültigen Betreuung den laufenden Betreuungsmonat vom Wirksamwerden der eAO ausgehend berechnet und den neuen Vergütungsanspruch mit einem "Rumpfmonat" beginnend berücksichtigt.


    Und mit welcher Stundenzahl hast du gerechnet bzw. wann endete (stundenmäßig) dann das dritte Quartal bei deiner Rechnung?

  • ...
    Der Betreuer möchte hingegen, dass er am 31.01.17-30.04.17 mit den Stundensätzen für das 3. Quartal und bzgl. 01.05.17-31.07.17 die Stundenzahlen erhält als sei es das 4. Quartal...

    Nur so ist es billig, allerdings würde ich Schlussrechnung anfordern, weil formal war sie beendet, und die Abrechnungsquartale entsprechend laufen lassen, sonst müsste man auch noch quoteln.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ...
    Der Betreuer möchte hingegen, dass er am 31.01.17-30.04.17 mit den Stundensätzen für das 3. Quartal und bzgl. 01.05.17-31.07.17 die Stundenzahlen erhält als sei es das 4. Quartal...

    Nur so ist es billig, allerdings würde ich Schlussrechnung anfordern, weil formal war sie beendet, und die Abrechnungsquartale entsprechend laufen lassen, sonst müsste man auch noch quoteln.


    Und wie komme ich dazu, dass eigentlich mit der Anordnung der vorläufigen Betreuung am 19.06.2016 begonnene erste Vergütungsjahr hinsichtlich der Stundensätze quasi zu verlängern? :gruebel:

    (Schlussrechnungslegung und Vermögensverzeichnis im neuen Verfahren sind übrigens angefordert.)

  • Weil im § 5 VBVG steht "im ..... Monat der Betreuung". Nach Neuanordnung der Betreuung bist Du im siebten Monat der Betreuung, vorher bestand ja keine Betreuung.


    Andererseits bleibt die Anordnung der vorläufigen Betreuung für die Vergütungsmonate weiter maßgebend, damit auch für den Ablauf des ersten Jahres. Finde ich also irgendwie nicht ganz konsequent das Ganze.

    Zum Glück treten solche Fälle nicht häufig auf.

  • Sieh die Zeit der Unterbrechung der Betreuung als eine Zeit der Fristhemmung an, dann wird es ein bisschen logischer.
    Die andere Variante finde ich deutlich unlogischer, weil der Betreuer behandelt würde, als wäre er schon länger Betreuer, als er es eigentlich ist.

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