Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung

  • Falls der Erblasser tatsächlich ein nichteheliches Kind war und kein Fall mit DDR-Bezug vorliegt, würde ich mir in jedem Fall erlauben, den LG-Präsidenten anzurufen, um ihm in höflicher Form die wahre Rechtslage nahezubringen.

  • Es ist kein Fall mit DDR-Bezug.

    Der Notar, der den Erbscheinsantrag und die Ausschlagung beurkundet hat, wollte gestern Nachmittag den Präs. anrufen und ihm die Sache nochmal erklären. Der Notar will mir heute Bericht erstatten - mal abwarten, ob er was erreicht hat.

  • Der Notar hat mir gerade mitgeteilt, dass sich der LG-Präs. beim gestrigen Telefonat weiterhin uneinsichtig und erbost über das gesamte Verfahren gezeigt hat. Der Notar soll sofort den Erbschein wegen etwaiger Verschiebungen von Vermögenswerten beschaffen und evtl. soll ihm auch noch was dienstrechtl. angehangen werden.

  • Ich finde diesen LG-Präsidenten einfach nur noch peinlich! Wie sagte Nuhr noch so treffend: Wer keine Ahnung hat, einfach mal die F..... halten :daumenrun.

  • Großmannsucht für sich alleine dürfte allerdings noch kein Grund für die Anordnung einer Betreuung sein. Wenn das LG in F. sitzt und der Präsident T. heißt, würde ich mich allerdings über nichts mehr wundern.

    Eigentlich sollte man abwarten, bis der Präsident die Sache selbst als Beschwerdegericht an die Wand fährt. Denn der im Erbschein ausgewiesenen Erbin steht gegen die Entscheidung des LG das Recht zur weiteren Beschwerde zu. Und in dieser Beschwerdebegründung kann man dann die zutreffende Rechtslage (insbesondere den "Vateraspekt") genüsslich auswalzen.

    Hoffentlich vergisst der Präsident nicht, die Erbscheinserbin am Beschwerdeverfahren zu beteiligen. Aber im vorliegenden Fall scheint wohl alles möglich zu sein.

  • Ich möchte weiter in der Sache berichten :

    Die Beschwerdekammer hat im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen, dass die Alleinerbin umgehend den Erbschein an das LG herauszugeben hat.

    Gründe: Die Anfechtung der Erbschaft mit der Begründung, dass sich die Anfechtende über die Nachlasseigenschaft geirrt habe (sie sei davon ausgegangen, dass ihre Schwiegertochter das Einfamilienhaus alleine erhalten soll, da sie sich bereits im Seniorenheim befunden hat. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass sie andernfalls Miteigentümerin des Hausgrundstücks ihres Sohnes geworden wäre. Außerdem sei sie sich nicht darüber im Klaren gewesen, dass sie infolge der Erbausschlagung die Sozialhilfeleistungen des Landkreises für die Unterbringung im Seniorenheim verlieren würde) ist als Antrag auszulegen, den erteilten Erbschein einzuziehen.

    "Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Erbscheinseinziehung könnte Erfolg haben."

    "Das NLG ist zudem der Mitteilung des Rechtsanwalts vom 28.02.2007, dass die Betreute aufgrund ihres gesundheitlichen und geistigen Zustands bei Abgabe der Ausschlagungserklärung nicht mehr in der Lage gewesen sei über die Vermögensangelegenheiten wirksame rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, nicht weiter nachgegangen. Dies wird durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzuholen sein. "?!

    "Abgesehen davon könnte die Betreute ihre Ausschlagung wegen Inhaltsirrtums (§ 119 BGB i.V.m. § 1954 BGB) wirksam angefochten haben. Die Betreute könnte einem beachtlichen Rechtsfolgeirrtum unterlegen sein. Insoweit bedarf es weiterer Aufklärung."

    Anmerkung von mir: Der Anwalt hat mehr als 1 Jahr nach Auschlagung der Erbschaft, ebenfalls mit ärztlichem Attest über die volle Geschäftsfähigkeit der Betreuten, vor dem hiesigen NLG die von der Betreuten abgegebene Anfechtungserklärung aufnehmen lassen. Ich habe mich dabei selbst von der Geschäftsfähigkeit der Betreuten überzeugt.

    Die Betreute teilte mir übrigens bei Aufnahme der Anfechtungserklärung nochmals mit, dass es immer noch ihr Wunsch sei, nichts von dem Vermögen Ihres Sohnes und dessen Frau beanspruchen zu wollen - sie habe lediglich Angst davor, aus dem Heim ausziehen zu müssen und obdachlos zu werden. Dies habe ich dem LG in einem Vermerk anlässlich der Abgabe der Beschwerde auch mitgteilt. Darauf wurde aber in der Begründung nicht eingegangen.

    Bezüglich des Vaters des Erbl. wurde in der Begründung nur angegeben, dass über diesen nach Angaben der Antragstellerin urkundlich nichts bekannt sei.

  • Derlei einstweilige Anordnungen werden im Anwendungsbereich des § 24 Abs.3 FGG überwiegend für zulässig gehalten (Keidel/Kuntze/Winkler/Sternal § 24 RdNr.17 m.w.N.; a.A. Schopp Rpfleger 1983, 264). Sie sind in aller Regel auch nicht mit Beschwerde anfechtbar (KKW/Sternal a.a.O. RdNrn.24, 25).

    Die irrige Rechtsauffassung im Hinblick auf den nichtehelichen Vater des Erblassers wurde wohl inzwischen fallen gelassen.

  • Es wurde in der Begründung auch nichts mehr dazu gesagt, dass der Betreuer hätte beteiligt werden müssen.

    Was sagst du dazu, dass ein Anfechtungsgrund vermutlich bejaht wird und geprüft werden soll, ob die Betreute vor fast 1 1/2 JAhren geschäftsfähig war?

  • Die Betreute hat jeweils ohne Mitwirkung ihres Betreuers sowohl selbst ausgeschlagen als auch selbst angefochten. Es gibt also drei Möglichkeiten:

    a) Die Betreute war zu beiden Zeitpunkten geschäftsfähig. In diesem Fall kommt es nur auf die Begründetheit der Anfechtung an.

    b) Die Betreute war im Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsfähig und im Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr geschäftsfähig. In diesem Fall ist die Anfechtung von vorneherein unwirksam, sodass es auf ihre sachliche Begründetheit nicht ankommt.

    c) Die Betreute war zu beiden Zeitpunkten nicht mehr geschäftsfähig. In diesem Fall geht die Anfechtung von vorneherein ins Leere, weil bereits die Ausschlagung unwirksam ist.

    d) Die Betreute war (höchst unwahrscheinlicherweise) im Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig und im Zeitpunkt der Anfechtung geschäftsfähig. Ergebnis: wie zu lit.c).

    Da es weitere Möglichkeiten nicht gibt, befindet sich das LG in einem logischen Dilemma. Denn die Begründetheit der Anfechtung ist nur relevant, wenn die Betreute im Zeitpunkt der Anfechtung geschäftsfähig war. War sie es aber, ist es kaum begründbar, davon ausgehen zu wollen, dass sie ein Jahr früher im Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig gewesen sein soll.

    War die Ausschlagung wirksam und war die Betroffene auch im Zeitpunkt der Anfechtung noch geschäftsfähig (lit.a), so sehe ich keine Begründetheit der Anfechtung. Denn wer unabhängig von der Zusammensetzung des Nachlasses ausschlagen will, kann keinem Eigenschaftsirrtum unterliegen. Und der Irrtum über ungewollte Nebenwirkungen der Ausschlagung ist unbeachtlicher Motivirrtum.

    Begründen lässt sich aber natürlich alles. Es fragt sich nur, ob die Begründung zutreffend ist und/oder ob man problematischerweise vom gewollten Ergebnis her begründet.

  • Ich hab` die Akte heute vom LG zurückbekommen. Ich muss den unrichtigen Erbschein einziehen.

    Im Beschwerdeverfahren hat sich zunächst herausgestellt, dass die Betreute zu jeder Zeit geschäftsfähig war.

    Sie konnte aber nicht mehr angehört werden, weil während des Beschwerdeverfahrens verstorben ist. Erben nach ihr sind nicht bekannt.

    Der Erbschein ist einzuziehen, weil die Ausschlagungsfrist angeblich abgelaufen war. Der Präsident hat dabei allerdings mehr auf die Kenntnis vom Tod des Erbl. abgestellt. Es wurde einfach angeführt, dass sie an dem Tag an dem sie vom Tod erfahren hat auch wusste, dass sie Erbin geworden ist. Dies hatte sie aber nie erklärt. In der Ausschlagungserklärung wurde vom Notar angegegeben, dass sie erst seit wenigen Tagen Kenntnis vom Tod ihres Sohnes hatte. Dies konnte wiederlegt werden. Allerdings wurde einfach unterstellt, dass die damit auch wusste, dass sie Erbin geworden ist.

    Der Anwalt der ursprünlichen Alleinerbin und Ehefrau des Erblassers will nun weitere Beschwerde einlegen.

  • Hallo.

    Was sagt ihr zu folgendem Anfechtungsgrund:

    Der Nachlassfall war vor ca. 20 Jahren, jetzt wegen anteiligem Grundeigentum wieder hochgeholt. Erbscheinsantrag einer Miterbin (Tochter A aus 2. Ehe), die neben dem nachverst. Ehemann E zur Hälfte Miterbin sein wollte. Meine Ermittlungen ergaben eine weitere nichtehel. Tochter B (nachverst.).

    Nun nimmt A den ES-Antrag zurück und ficht die Annahme an mit der Begründung, sie hätte von der Existenz der B nichts gewusst und das hätte sie so geschockt, dass sie nunmehr die Annahme anficht. Der Nachlass erscheint nicht überschuldet; m.E. hat die Gute nur keine Lust, ihrer Verpflichtung aus § 83 GBO nachzukommen...

    Ich sehe keinen Anfechtungsgrund i.S.v. §§ 119, 120,123, 1954 BGB, keine Ursächlichkeit des Irrtums zur irrigen Annahme. Weiter führt die Annahme m.E. nicht zu einem wirtschaftlichen Nachteil... ?!?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Der Irrtum über die Höhe der Erbquote oder die unbekannte Berufung zusätzlicher Miterben ist ein Anfechtungsgrund iS des § 119 Abs. 2 BGB: Palandt-Edenhofer § 1954 Rn. 6).

    2 Mal editiert, zuletzt von Samirah (29. August 2008 um 12:35) aus folgendem Grund: Paragraphenangabe geändert

  • richtig wohl : Palandt, Rdn. 6 zu § 1954 BGB "unbekannte Berufung zusätzlicher Miterben" ...

    ... und ich war gerade noch beim Lesen im Palandt zu § 119 BGB...

    Naja, schön, dass man auch nach über 10 Jahren Nachlass noch etwas neues dazulernt. ;)

    Danke schön.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

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