Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung

  • edit :

    Ich habe hier ´mal alle zusammenfassbare Threads mit den Themen

    - Anfechtung der Ausschlagung

    oder

    - Anfechtung der Annahme einer Erbschaft

    zusammengefasst.

    the bishop
    Mod.

    Haltet ihr es für denkbar, dass jemand beim Notar eine Erbschaftsausschlagung unterzeichnet, aber nicht weiß, was er dort genau unterschrieben hat? Der Notar hat dem Erben folgenden Text vorgelesen und ihn sodann unterschreiben lassen: "In obiger Nachlasssache bin ich als Miterbe meiner verstorbenen Ehefrau berufen. Ich schlage hiermit die Erbschaft nach meiner Ehefrau, gleichviel aus welchem Rechtsgrunde ich als Erbe berufen bin, aus". Drei Monate später kommt dann die Anfechtung dieser Ausschlagung mit der Begründung, er sei bei Abgabe der Erklärung irrtümlich der Meinung gewesen, sowas wie eine Vollmacht für die Stieftochter zur Wohnungsauflösung zu erteilen. Erst seine Verwandten hätten ihn 3 Monate später darüber aufgeklärt, dass er nichts aus dem Nachlass erhalte und der zwischenzeitlich ergangene Erbschein die Stieftochter als Alleinerbin ausweise.
    Kann man denn wirklich unterstellen, dass jemand eine Ausschlagung nicht versteht - zumal, wenn er schon einmal ein Nachlassverfahren mitgemacht hat und Erbe geworden ist? Selbst als rechtlicher Laie (der Mann ist ehemaliger Maurer, 70 Jahre alt und wegen einer körperlichen Behinderung auf den Rollstuhl angewiesen) müsste man doch verstehen, was eine Ausschlagung bedeutet. Ist denn da wirklich ein Inhaltsirrtum möglich? Ich habe in der Literatur dazu nichts gefunden - vielleicht weiß ja einer von euch was dazu.

  • Also, ein Inhaltsirrtum oder ein sonstiger Irrtum ist ja wohl bei dem Inhalt dieser Erklärung nicht möglich. Wer eine solche Ausschlagungserklärung mit einem wohl auch für Laien leicht verständlichen Text unterschreibt, kann später doch wohl nicht allen Ernstes behaupten, dass er geglaubt hat, sowas wie eine Vollmacht unterschrieben zu haben. Sowas würd ich nicht mal meiner Oma zutrauen, und die ist über 80!

    Melanie

  • dürfte in meinen Augen vorallem die Beteiligung des Notars an der ganzen Geschichte sein.
    Soweit ich das überblicke geht die Rechtsprechung davon aus, daß ein Notar selbstredend den Mandanten umfassend aufklärt und informiert.
    Also selbst wenn der Erbe tatsächlich nicht verstanden haben sollte, was er da unterschreibt, wird man davon ausgehen, daß der Notar ihm das erklärt hat. Und der Notar wird, wenn es hart auf hart käme, wohl kaum etwas anderes "zugeben", weil er sonst womöglich in der Haftung hängt.

    Ich könnte mir vorstellen (bin in Nachlaßsachen nicht tätig, also bitte meine Antwort auf jeden Fall mit Vorsicht genießen und Nachsicht walten lassen, falls es völliger Blödsinn ist), mal beim anfechtenden Erben nachzuhorchen, wie das denn so war, bei dem Notartermin, ob denn aufgeklärt wurde und die Antwort dann dem Notar mit der Bitte um Stellungnahme übermitteln.

  • Hallo.

    Hast Du einen Erbscheinsantrag ? (Vorher braucht man die Wirksamkeit der Anfechtung ja nicht zu prüfen).

    Im Erbscheinsverfahren wird man - wie mein Vorredner schon richtig bemerkt hat - dann wohl nicht umhinkommen, den Notar als Zeugen zu vernehmen, um festzustellen, ob ein Irrtum im Sinne des BGB vorliegt und die Anfechtung greift (halte ich für eher unwahrscheinlich) oder ob der Erbscheinsantrag zurückzuweisen ist (was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Fall sein dürfte ?!)

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Danke für eure schnellen Antworten!
    Der Erbscheinsantrag wurde natürlich umgehend gestellt, weshalb man ja um eine Prüfung nicht rumkommt.
    Beweise wurden von allen Beteiligten erhoben (mittels eidesstattlicher Versicherung) und jeder sagt natürlich das für ihn Vorteilhafteste. Der Notar hat natürlich den Termin "wie üblich" durchgezogen und kann sich im Übrigen an den Fall speziell nicht mehr erinnern. Die Miterbin und ihr Mann sagen, dass der nun Anfechtende schon im Vorfeld der Erbausschlagung vom Erbe nichts hätte haben wollen und genau gewusst hat, was eine Ausschlagung bedeutet. Sie waren beim Notartermin anwesend und sagen, dass der Notar den Text vorgelesen und den Miterben gefragt habe, ob er denn wirklich ausschlagen wolle. Der Anfechtende selbst behauptet keine Ahnung von nichts gehabt zu haben und die Erbschaftsausschlagung gar nicht vorgelesen bekommen zu haben usw. und so fort - bringt einen also nicht weiter. Ob der Notar belehrt hat (was ja m. W. für die Wirksamkeit nicht generell erforderlich ist), ist also nicht rauszufinden und so bleibt mir eigentlich nur zu vermuten, dass er es getan hat und dass ansonsten ein normal geschäftsfähiger Mensch nicht so dumm sein kann, den Text einer Erbausschlagung nicht zu verstehen. Da könnte doch jeder nach einem Jahr anmarschiert kommen und wegen Irrtums anfechten! Und wenn das so einfach ginge und entsprechend häufig vorkäme, warum gibt´s dann in der Literatur zu der Thematik nichts?

  • Indeed.

    Dann wirst du wohl nicht umhinkommen, zu prüfen, ob alle entscheidungserheblichen Tatsachen vorliegen oder ob noch weitergehend Beweis zu erheben ist; dann solltest du alle einschlägigen BGB-Kommentierungen (Palandt, MüKo-BGB etc.) sowie etwa vorhandene Nachlass-Literatur nach Kommentierungen zu § 119 BGB zu durchforsten, um eine Entscheidung fällen und begründen zu können - keine Angst, egal, wie du entscheidest, hört sich die Sache so an, als würde sie ohnehin zum LG gehen ... :strecker

    Aber man möchte sich vor dem LG ja keine Blöße geben und sich sagen lassen, dass die Sache zurückverwiesen wird, um zunächst Beweis zu erheben...:redface

    Also ich tendiere ja nach Sachvortrag zu der Meinung, dass neiemand so blöd sein kann, sich das, was man unterschreibt, nicht durchzulesen und wenn der Notar den unterschriebenen Text auch noch gem. BeurkG vorgelesen hat, erscheint es unwahrscheinlich, dass man sich irrt...
    :abgelehnt

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • die beteiligung des notars ist eine ganz unterschiedliche, wenn er beurkundet, als wenn er nur beglaubigt. das wird oft nicht genügend realisiert. ist die ausschlagungserklärung denn beurkundet?

  • Eine gute und berechtigte Frage. Bei bloßer Unterschriftsbeglaubigung wird wohl eher nicht vorgelesen ...?

    Ich halte die Frage, ob der unterschriebene Text vorgelesen wurde, im vorliegenden Fall durchaus für entscheidungserheblich - denn dann müsste der "ignorante Anfechtende" dies auch noch überhört haben, um sich irren zu können... GGf. sollte man den Notar diesbezüglich nochmal einvernehmen, wie das dort üblicherweise gehandhabt wird (auch, wenn er sich an den konkreten Fall nicht erinnern kann) ?!

    :lupe:

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Die Ausschlagung wurde vom Notar nur beglaubigt.
    Der Notar, die Miterbin und ihr Ehemann behaupten allerdings, der Notar habe den Text vorgelesen und ausdrücklich danach gefragt, ob er ausschlagen wolle. Der Anfechtende sagt aber das Schriftstück wurde ihm nur von einem Angestellten (nicht Notar!) zu Unterschrift hingehalten. Das bestreitet der Notar natürlich wieder - logisch!

    Klar will ich die Sache nicht vom LG zurückverwiesen bekommen. Und, dass sie zum LG kommt ist sicher. Da wohl alle Beweise ausgeschöpft sein dürften (mehr als alle bei der Ausschlagung Anwesenden zu befragen und ihre Angaben eidesstattlich versichern zu lassen, kann man wohl nicht tun), werd ich mir dann wohl mal ´ne einigermaßen stichhaltige Begründung für die Ablehnung des Erbscheinsantrages aus den Fingern saugen...

    Danke nochmal an alle, die geantwortet haben!

  • aber leute, ich sage es ganz ehrlich: ihr verkennt völlig die rolle des notars.
    bei der beglaubigung bescheinigt er nur die identität - sonst nichts. belehrungspflichten gibt es regelmäßig bei beglaubigungen nicht. er hat amtsrechtlich das schriftstück, was reine privaterklärung ist, nur darauf zu prüfen, ob es gründe gibt, seine amtstätigkeit zu versagen.

    selbst wenn der wortlaut -überobligatorisch- vorgelesen wurde, bedeutet das rein gar nichts, denn er behauptet ja, den sinn der erkärung nicht verstanden zu haben. da ist es doch völlig egal, ob er den wortlaut auch noch mal akustisch vernommen hat und nicht nur durchs lesen.

    wurde dem alten behinderten mann der text quasi von den verwandten aufgedrängt marke "wir haben einen notartermin für dich gemacht, da musst du was unterschreiben, das beudeutet diesunddas", kommt der irrtum durchaus in betracht. grade weil hier die verwandten beim termin dabei waren.

    der text der ausschlagung selbst klingt professionell. wurde vermutlich vom notariat entworfen. wenns ne handakte gibt, dürfte sich ergeben, wer das mandat angeleiert hat: der mann selbst? dann hat er sich sicher nicht geirrt. wahrscheinlich aber eher die verwandten ....

  • Hallo.

    a) @oL : woher kennst du den Wortlaut der Ausschlagungserklärung ? (habe ich ´was verpasst?)

    Ergänzung : Ja habe ich (s.u.) :behaemmer

    b) mir ist als Nachlass-Rechtspfleger der Unterschied des Ablaufs einer Beurkundung und einer bloßen Unterschriftsbeglaubigung und die Rolle des Notars hierbei schon bekannt, aber ich halte es im vorliegenden Fall zur Prüfung des Vorliegens eines Irrtums über die Abgabe einer Erklärung im Sinne des § 119 BGB schon für einen wesentlichen Unterschied, ob quasi eine "Blankounterschrift" geleistet wurde oder ob der Text nochmals vor Unterschrift vorgelesen wurde -das macht den Irrtum (Vollmacht zur Wohnungsauflösung im Gegensatz zum Verzicht auf eine Erbschaft) m.E. doch wohl unwahrscheinlicher, als bei einer "Blankounterschrift" unter einen ungelesenen vorgeschriebenen Text (Ergänzung : vgl. auch BGH NJW 68, 2102) ?!?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • @bishop

    der text der ausschlagung ist doch im threadstart wörtlich zitiert.

    der ausschlagende beruft sich doch darauf, dass er die bedeutung der ausschlagung nicht versteht, nicht darauf, den text gar nicht zur kenntnis genommen zu haben. wahrgenommen ja - verstanden nein.

  • @oL: indeed - Ich habe ´was verpasst...:redface

    Werde morgen früh im Dienst ´mal die Palandt-Stelle nachlesen... wobei ich mir immer noch nicht vorstellen kann, dass eine Irrtumsanfechtung so einfach möglich sein soll - diese Argumentation könnte je ansonsten schließlich jeder vorbringen... andererseits kann auch so gut wie jeder behaupten, er kenne die Sechswochen-Ausschlagungsfrist nicht und ficht daher die Annahme an...

    Schönen Abend allerseits...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • @oL : ok-ok. Bei einer Platitüde erwischt (wie es meine Art ist: "da kann ja jeder kommen; das machen wir hier immer so; glauben Sie ja nicht, wen Sie vor sich haben; sofort? - na dann kommen Sie mal morgen wieder...").;)

    Aber ganz im Ernst : Ich finde es dem Grunde nach bedenklich, eine Anfechtung aus dem Grunde anzuerkennen, dass der Anfechtende behauptet, er glaube, eine andere Erklärung (Hier : Vollmacht zur Wohnungsauflösung) abgegeben zu haben, ohne dass der Irrtum durch weitere Punkte glaubhaft gemacht oder bewiesen wurde. Mit dieser Argumentation (reine Behauptung ohne konkrete Hinweise) könnten ansonsten wunderbar nahezu alle (bloß unterschriftsbeglaubigten = notariellen) Ausschlagungserklärungen zunichte gemacht werden... ?!?

    Hier haben wir eidesstattliche Versicherungen für das Vorliegen eines Irrtums vom Ehemann der Erblasserin und gegen das Vorliegen eines Irrtums von der Stieftochter und dem Notar (naturgemäß). Wenn ich mich recht erinnere, liegt die Beweislast (Glaubhaftmachungslast) hier beim Anfechtenden (vgl. auch Rdn 32 des Palandt zu § 119 BGB ?!

    Wie seht Ihr nach dem Lesen der Palandt-Kommentierung (insb. Rdn. 9 zu § 119 BGB) den o.g. Fall ? m.E. dürfte der ES-Antrag des Ehemannes doch zurückzuweisen sein, wenn der Irrtum nicht von ihm bewiesen werden kann (und es liegen wohl nur gegensätzliche eidesstattliche Versicherungen vor) ?!?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich stimme bishop zu, daß es so einfach mit Anfechtungen wohl nicht sein kann. Sonst könnte jeder, der einen Vertrag o.ä. unterschreibt, behaupten, er habe geglaubt, etwas anderes zu unterschreiben. Das widerspricht jawohl dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit. Oder wer garantiert im vorliegenden fall, daß der ehemann nicht morgen behauptet, er habe nicht gewußt was eine Anfechtung sei oder eine eidestattliche Versicherung oder oder?
    Gerade um hier Rechtssicherheit herzustellen, hat der Gesetzgeber die öffentliche Beglaubigung bzw. Beurkundung vorgeschrieben. An eine Anfechtung sind da m.E. nach ganz strenge Anforderungen zu stellen.
    Ich halte es für absolut unglaubwürdig, was der Ehemann da vorträgt. Kein Mensch geht für eine Vollmacht zur Wohnungsauflösung zum Notar!! Sondern weiß, daß bei einem Notar etwas wichtiges passiert und wird sich informieren.
    Solange der Mann geschäftsfähig ist, muß man davon ausgehen, daß er solche Vorgänge versteht.
    Oder gelten unsere Gesetze für dämliche Leute nicht???
    Um mal im Platitüden zu bleiben:
    Dummheit schützt vor Strafe nicht!!
    Wer die Musik bestellt, ....!!!

  • @wuzz
    die hier erfolgte beglaubigung durch einen notar dient -im gegensatz zur not. beurkundung- nur der sicherstellung der identität des erklärenden, es wird auch nichts anderes bescheinigt durch den notar.

    die anfechtung setzt auch kein verschulden des irrenden voraus. es werden keine rechtskenntnisse oder besondere allgemeinbildung zugunsten der rechtssicherheit vorausgesetzt. der dumme darf sich irren. auch über sachen, die die meisten anderen wissen. der irrtum geschieht rein in der subjektiven sphäre des irrenden. ist einer doof wie brot, irrt er sich halt ggf. öfter. das gesetz sanktioniert dies nur mit der schadensersatzpflicht des anfechtenden.

    der anfechtende muss aber den irrtum beweisen. und siehts bei dem text ja wirklich schlecht aus. kommt man wohl ohne ne zugenvernehmung nicht aus.

  • OL hat recht, wenn er ausführt, wenn er ausführt, dass bei einer Unterschriftsbeglaubigung ein Notar nicht belehren braucht (dies drückt sich auch in der Gebührenhöhe aus). Bei einer reinen Unterschriftsbeglaubigung entsteht eine sog. 5/20 Gebühr nach § 45 KostO. Befindet sich diese Vorschrift auf der Erbausschlagungserklärung?????

    Hat der Notar den Text selbst entworfen, besteht seit dem 01.09.1999 eine Belehrungspflicht. Beispiel: Der Käufer, der sich bei einem anderen Notar durch einen vollmachtlosen Vertreter hat vertreten lassen, lässt unter eine Genehmigungserklärung seine Unterschrift beglaubigen.

    Hat der Notar die Genehmigungserklärung entworfen, muss dieser über den gesamten Kaufvertragsinhalt belehren. Etwas anderes gilt, wenn der Käufer eine Genehmigungserklärung zum Termin mitbringt und der Notar lediglich die Unterschrift beglaubigt (näheres zur Frage der Belehrungspflicht § 17 BeurkG - möglichst keine zu alte Kommentierung).

    Praxistipp: Bitte ein Blick auf die Erbausschlagungserklärung werfen, ob diese bei der Kostenrechnung die Gebührenvorschrift des § 45 KostO enthält oder die Gebührenvorschrift §§ 38 III, 145 KostO. Trifft die zweite Alternative zu, ist eine Belehrungspflicht zu bejahen!

  • Zitat von Joachim

    Bitte ein Blick auf die Erbausschlagungserklärung werfen, ob diese bei der Kostenrechnung die Gebührenvorschrift des § 45 KostO enthält oder die Gebührenvorschrift §§ 38 III, 145 KostO. Trifft die zweite Alternative zu, ist eine Belehrungspflicht zu bejahen!



    schon was dran. nur: das bestehen einer belehrungspflicht sagt wiederum noch nichts darüber aus, ob und mit welcher qualität tatsächlich belehrt worden ist.

    ein blick auf die kostenberechnung -wenn sie denn überhaupt wiedergegeben ist- könnte erahnen lassen, wieviel zeit und engagement ein notar hierauf verwandt haben mag...

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