Freigabe Steuererstattung

  • Wir befinden uns im laufenden Insolvenzverfahren. Der Schuldner bekommt eine Steuererstattung vom Finanzamt (ca. 1000,-- Euro). Der Schuldner will sich davon einen PKW kaufen. Der Schuldner ist zwar noch arbeitslos, hätte mit dem PKW jedoch die Möglichkeit sofort Arbeit zu bekommen.

    Freigabe nach § 850i ZPO?

  • Die Steuererstattung ist keine Vergütung für persönlich geleistete Arbeit/Dienste und fällt auch nicht unter Abs. 2. Demnach sehe ich keine Möglichkeit. (Davon ab würde ich als Finanzamt versuchen mit evt. Rückständen aufzurechnen, wenn freigegeben wird :teufel:)

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Wenn durch diese Arbeit (mehr) pfändbares zur Masse käme als die Steuererstattung ausmacht, könnte man ja mal eine mutige Entscheidung treffen und entsprechend begründen. Wenn der IV zustimmt könnten die Gläubiger zwar Regressansprüche an ihn stellen, aber wo würde dann der Schaden liegen????

  • Wenn durch diese Arbeit (mehr) pfändbares zur Masse käme als die Steuererstattung ausmacht, könnte man ja mal eine mutige Entscheidung treffen und entsprechend begründen.



    Welche Gesetzesgrundlage würdest Du denn vorschlagen? Ich habe das so meine Probleme.


    Die Steuererstattung des Schuldners ist kein Arbeitseinkommen i.S.d. §§ 850 ff. ZPO, sodass im eröffneten Insolvenzverfahren auch die Pfändungsschutzbestimmungen der §§ 850 ff. ZPO i.V.m. § 36 Abs. 1 InsO nicht anwendbar sind.

    LG Krefeld, Beschl. v. 8. 8. 2007 - 6 T 65/07

  • Nee, eigentlich bin ich auch der Meinung, dass es eine sehr mutige Entscheidung wäre...welche Sicherheit hats Du denn, dass er 1. den Job tatsächlich kriegt,2. Soviel verdient, dass sich die 1000,00, die die Masse nicht kriegt, tatsächlich mittelfristig amortisieren und 3. er sich nicht so dämlich anstellt, dass er einen tag vor Ablauf der Probezeit rausfliegt...von anderen Dingen, die zum ende des arbeitsverhältnisses führen können, ganz zu schweigen..Dann bliebe Dir nur zu sagen-sorry, ich habs versucht, denn dass Du das Auto dann wieder gewinnbringend versilbern müsstest, wäre die Folge, oder ? Ob das klappt? Also, sehr viele Wenns und Aber und wenig Einflussmöglichkeit. Ne gesetzliche Grundlage für einen perspektivischen Pfändungsschutz für Sachen die der Sch. noch gar nicht hat, sehe ich eigentlich nicht, auch nicht für die Freigabe (BGH sagt gehört zur Masse-Ende).Damit würde die Masse dem Sch. ein Auto kaufen......:confused:

  • Wenn es eine gesetzliche Grundlage geben würde, hätte ich bestimmt nicht von einer mutigen Entscheidung gesprochen :D

    Deswegen habe ich auch nach der Höhe der zu erwartenden pfändbaren Beträge gefragt. Außerdem stellt sich die Frage, ob er aufgrund der Entfernung zum Arbeitsplatz nicht noch eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages beantragen könnte.

    Gibt es denn bisher Beträge, die zur Masse gezogen werden konnten? Wie wäre es wenn der IV dem Schuldner aus der Masse ein Darlehen geben würde, das der Schuldner (teilweise) mit dem Pfändbaren tilgen kann, dann wäre der Fall über § 850f Abs. 1 ZPO zu lösen. Das soll aber nicht heißen, dass das unumstritten wäre, halt nur ein Denkmodell.

  • Ich würde es lassen. Hinterher fährt der Schuldner davon in den Urlaub und dreht dir ne Nase... kannste auch nix machen.

    Ablehnen, weglegen, nächste Akte. Geht am Schnellsten und du hast Ruhe.

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  • hm, ne Freigabe des Steuerersattungsanspruchs unmittelbar sowieso nicht (da wäre in der Tat sonst noch ne Aufrechnung drin. Also erstmal zur Masse realisieren und dann drüber nachdenken. Die Sache mit dem Kredit aus der Masse ist bei uns öfter praktiziert worden - das kann man dann jenseits der ZPO-Vorschriften "basteln". Aber in dem vorliegenden Fall müsste der Schuldner dann schon ganz konkret darlegen, dass er den Job x in y den er ohne Fahrzeug unmöglich erreichen könnte, bekäme....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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  • Nochmal ab von dem Auto und zurück zur ursprünglichen Frage, wonach das Guthaben freigegeben werden könnte. Das würde mich auch interessieren, weil wir auch so einen Fall haben und die Rechtspflegerin etwas ratlos ist. Allerdings geht es hier nicht um ein Auto, sondern um einen Studi, der seine Steuererstattung vom Semesterferienjob bekommt (wo er maximale Abzüge hatte) und dies einfach zur Deckung des Existenzminimums braucht.

  • Ich würde den Fall losgelöst von der Steuerrückerstattung betrachten, denn die hat sich nun mal in Insolvenzmasse verwandelt.

    Danach kommt es darauf, ob und welche Ansprüche der Schuldner geltend macht/machen kann, um entweder wie der Student sein Existenzminimum aufzufüllen oder wie im Ausgangsfall, um an Arbeit zu kommen.

    Ich habe gerade in einem Bericht eines Insolvenzverwalters gelesen, dass er dem Schuldner einen Betrag X zur Anschaffung eines PKW´s zur Verfügung gestellt hat, damit er seinen Beruf als Arzt weiter nachkommen kann.
    Und so die nächsten Jahre Geld in die Insolvenzmasse fließen kann. Ob diese Verfahrensweise mit den Zielen des Insolvenzverfahrens in Einklang steht, ist sicherlich eine andere Frage.
    Da auch die Großgläubigerin des Verfahrens mitspielt, sehe ich auch keinen Grund zum Einschreiten (nach Ansicht des LG Mönchengladbach, Beschluss vom 19.3.2008 - 5 T 425/07 - habe ich auch den in § 58 InsO normierten nicht zu haben).

    Vielleicht kann man den Ausgangsfall wie vorstehend lösen, in dem der IV die Vertrauenswürdigkeit des Schuldners prüft und ihm dann in eigener Verantwortung die Anschaffung eines PKW´s ermöglicht, ohne dass es eines gerichtlichen Beschlusses bedarf.


    Allerdings bietet die Aussage:

    "Der Schuldner will sich davon einen PKW kaufen. Der Schuldner ist zwar noch arbeitslos, hätte mit dem PKW jedoch die Möglichkeit sofort Arbeit zu bekommen."

    den Fischen wenig Butter an.

    Bisschen mehr Sicherheit für den Erwerb des Arbeitsplatzes müsste schon rüber kommen.
    Ggf. eine Bestätigung, des künftigen Arbeitsgebers, dass er den Schuldner unter den genannten Voraussetzungen einstellen wird.
    Am sichersten wäre ein Arbeitsvertrag unter Mitwirkung des Insolvenzverwalters, so quasi Zug-um-Zug.
    Auf Arbeitsplatz, folgt PKW.

    Was der Schuldner zukünftig, wenn er in Lohn und Brot, damit macht, sollte uns doch egal sein. Warum soll er damit nicht auch in Urlaub fahren oder am Wochenende eine Spritztour unternehmen, wie jeder andere der pfändbare Beträge abführt?

    Und für den, der damit nicht leben kann, bietet sich die Aufgabe zur Führung eines Fahrtenbuches an.


    @ kaalstraat:

    Lass´Deinen Schuldner doch nicht verhungern und gebe ihm was er zum Leben und Studieren braucht aus der Insolvenzmasse frei.
    Ein toter Schuldner ist ein schlechter Schuldner.

  • Hmm, wenn der Studi ne erstattung kriegt, dann hat er ja offenbar zuviel bezahlt...wenn man nun den Umkehrschluss nimmt und mal durchrechnet, was sich denn im Lichte der(nicht zu zahlenden) Steuern für ein Nettoeinkommen ergibt(man also das Jahr der erstattung unter diesem Aspekt nochmal durchrechnet), dann ergibt sich vielleicht im hinblick auf 850 cff. ne Möglichkeit, dem Studi entgegenzukommen....mal ganz in Kladde gesprochen und nur als anstoß vielleicht

  • Die Steuererstattung wird auf keinen Fall wieder zum Arbeitseinkommen weil es ein gesonderter Anspruch (gegen den Fiskus) ist.

    Damit würde ich nicht argumentieren, weil ein solcher Beschluss am einfachsten angreifbar wäre.

  • Weiß ich doch, Hego,..hab ja nur laut gedacht, wie eine begründung aussehen könnte, die etwas begründet, was dem Grunde nach ja leider überhaupt nicht geht-so sehe ich es jedenfalls...eigentlich könnte man dem Studi nur raten, sich entsprechend der erstattung Freibeträge eintragen zu lassen und dann muss man mal schauen, ob er so besser fährt in der Zukunft. Für den Zufluß der Erstattung an ihn sehe ich allerdings schwarz....

  • Dass der Studi das Geld bekommt, ist klar für uns wie für die Rpfl., er braucht es einfach, weil er keine sonstige Unterstützung bekommt. Es bleibt nur noch die Frage der juristisch korrekten Begründung, die aber offensichtlich so nicht existiert, zumindest nicht für das Insogericht. :gruebel:

  • @kaalstraat
    eine korrekte Begründung vermag ich Dir leider auch nicht zu nennen, eher das Gegenteil, wenn man sich die Entscheidung des BGH, IX ZB 34/06, letzter Absatz genau ansieht.

    Dies bekämst Du nur weggebügelt, wenn es um Leib und Leben ginge, IX ZB 77/08. Davon wirst Du aber sicherlich hoffentlich weit entfernt sein...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • (Davon ab würde ich als Finanzamt versuchen mit evt. Rückständen aufzurechnen, wenn freigegeben wird :teufel:)



    Genau das versucht gerade ein Finanzamt in einem Verfahren von mir. Mein konkreter Fall: das Finanzamt hat Steuerrückstände zur Tabelle angemeldet. Das Verfahren ist inzwischen mit rechtskräftiger Erteilung der RSB abgeschlossen. Nunmehr bekäme der Schuldner für das vergangene Jahr eine Steuerrückerstattung (Diese fließt nicht mehr in die Masse, da sie erst nach Ende der WVP fällig wurde). Das Finanzamt will nun aufrechnen. Ist das möglich? Es handelt sich doch um Insolvenzforderungen, die auch nicht von § 302 umfasst werden.

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