Erbausschlagung Nachlasspfleger

  • Das war wohl das Problem... B hatte keine Kenntnis, dass er Erbe geworden ist. Er war zum Zeitpunkt der Mitteilung des Anfalls der Erbschaft durch das Nachlassgericht bereits verstorben und das Nachlassgericht wusste das nicht.
    @uschi: Mag sein, dass ich den Sachverhalt vielleicht unvollständig wieder gegeben habe, es ging mir jedoch um den Lerneffekt, damit ich ggf. weiß, was ich zu tun hab, wenn mir das mal passiert...


  • Vater A ist vor 2 Jahren verstorben. Sein Sohn B, mit dem er nie Kontakt hatte ist kürzlich verstorben. Nach A haben alle Erben die Erbschaft ausgeschlagen.

    Lieber JensW: Erstens sollte man nur eigene Fälle einstellen und zweiten einen "sauberen" Sachverhalt darstellen. Wenn angeblich alle Erben nach A ausgeschlagen haben, dann haben wir unbekannte Erben. Es kann das von dir geschilderte Problem also gar nicht geben -außer Du hast falsche Angaben gemacht.

    Richtig:
    Hatte B schon ausgeschlagen, wieso soll dann der Nachlasspfleger nochmals -mit gerichtlicher Genehmigung- ausschlagen?

    Hatte B nicht ausgeschlagen, wird der Nachlasspfleger wohl noch ausschlagen bzw. anfechten müssen. Er wird ja nicht einfach davon ausgehen können, dass B Kenntnis vom Erbfall und Erbrecht hatte und nicht ausschlagen wollte. Ich denke, dass das Nachlassgericht die erforderliche Genehmigung auch erteilen müsste. Die Rechtswirksamkeit der Ausschlagungserklärung wird allerdings -mangels Erbscheinsverfahren- wohl nie geprüft werden.

    Ist das tatsächlich so, dass die Wirksamkeit einer Erbschaftsausschlagung durch das Nachlassgericht nicht geprüft wird? Die wird quasi nur zur Kenntnis genommen und fertig?

  • wir haben hier folgenden Fall. Ehefrau des Erblassers stand unter Betreuung. Die Betreuerin hat die Erbschaft für die Ehefrau ausgeschlagen. Während des Genehmigungsverfahrens ist die Ehefrau verstorben. Erben der Ehefrau sind nicht bekannt. Betreuungsgerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung erfolgt ja nicht mehr. Somit wäre die Ehefrau Erbe geworden. Besteht ein mögliches Handlungsbedürfnis durch das Nachlassgericht nunmehr für die Ehefrau (Anordnung Nachlasspflegschaft), damit der Nachlasspfleger möglicherweise die Ausschlagung der Erbschaft anstelle der unbekannten Erben genehmigen kann oder nochmals ausschlägt.

  • Jetzt gibt es eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage: BGH, Beschluss vom 16.03.2022 - IV ZB 27/21

    Überraschenderweise - weil im Gegensatz zur (bisher) einschlägigen Literatur (Jochum/Pohl, Zimmermann) und zur Meinung der hiesigen Foren-Experten - spricht der BGH dem Nachlasspfleger das Ausschlagungsrecht für den Unternachlass ab.

    :teufel: Ich freue mich schon auf das allfällige BGH-Bashing seitens der üblichen Verdächtigen.

    Mir schwirren aber jetzt drei Fragen im Kopf herum.

    1. Was bedeutet die Entscheidung für all die Erbausschlagungen, die in den letzten 120 Jahren von Nachlasspflegern erklärt und von Nachlassgerichten genehmigt wurden? Sind jetzt alle Erbscheine (z.B. für den Fiskus), die aufgrund solcher (unwirksamen?) Ausschlagungen erteilt wurden, als unrichtig einzuziehen? Oder ist das durch die nachlassgerichtliche Genehmigung geheilt?

    2. Was ist mit der Annahme von Erbschaften durch den Nachlasspfleger?

    Durch Verstreichenlassen der Aussschlagungfrist kann ich jetzt nicht mehr annehmen. Aber was ist mit ausdrücklicher Annahme durch Beantragung eines Erbscheins nach dem Vorverstorbenen?

    Aus Abs. 15 der BGH-Entscheidung

    "So ist etwa der Testamentsvollstrecker nicht zur Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft befugt [...] steht die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft wegen ihrer höchstpersönlichen Natur ausschließlich dem Schuldner im Insolvenzverfahren zu [...] Warum dies beim Nachlasspfleger anders sein sollte, ist nicht ersichtlich."

    lese ich heraus, dass ich als Nachlasspfleger überhaupt nicht mehr annehmen kann. Dies wäre ja auch konsequent, weil ich durch ausdrückliche Annahme das vom BGH für sakrosankt erklärte Ausschlagungsrecht der Erbeserben unterlaufen würde.

    In letzter Konsequenz wären dann auch all die Erbscheine einzuziehen, die in den letzten 120 Jahren von Nachlasspflegern für Unternachlässe beantragt worden sind, weil dem Nachlasspfleger kein Antragsrecht zustand.

    3. Was bedeutet das für die Zukunft?

    Wenn ich als Nachlasspfleger den Unternachlass weder ausschlagen noch annehmen kann, dann sind die Erben des Unternachlasses unbekannt und es muss auch für diesen ein Nachlasspfleger her. Soll mir recht sein, ist gut fürs Geschäft der Nachlasspfleger. :D

  • Unglaublich!
    Soooo höchstpersönlich ist die Ausschlagung ja nun auch wieder nicht, ein Bevollmächtigter mit notarieller Generalvollmacht kann die Ausschlagung auch erklären. Bin gespannt, was sich daraus entwickelt. Hatte solche Fälle bisher zum Glück selten, werde da aber ganz bestimmt nichts anrühren, was in der Vergangenheit erklärt und von mir schon als wirksam "abgehakt" wurde.

  • Krasse Fehlentscheidung. Und völlig fern der Realität noch dazu.

    Der NLP ist gesetzlicher Vertreter der unbek. Erben. Punkt aus und fertig. Dann auch noch auf den Insolvenzverwalter in der Begründung zu verweisen halte ich für fast schon peinlich.

    Aber als Nachlasspfleger soll es mir egal sein.

    Noch ein Hinweis: Die Entscheidung ist eher eine Begründung dafür, dass der NLP in Zukunft die Erbschaft annimmt und Haftungsbeschränkungsmaßnahmen veranlasst. Sie sagt nichts über die Annahme einer Erbschaft durch einen NLP. Die ist noch immer möglich. Wenn wohl auch nicht mehr durch Fristablauf.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • ich bin durch das höchstpersönlich auch gleich gestolpert. Als Betreuer (gut, kommt bei mir persönlich weniger vor) kann ich die Erbschaft ausschlagen und als NLP nicht? wenn ich für einen dementen Betreuten das ausschlage ist das genauso wenig höchstpersönlich wie für die unbekannten Erben deren Interessen ich durch die Annahme/Ausschlagung der Erbschaft verfolge. aber gut, in das BGH-Bashing will ich (noch) nicht einsteigen, da ich die Entscheidung erst einmal quergelesehn habe... vll schließe ich mich dem dann auch noch an :teufel:

    Es will mir nicht so recht einleuchten, warum ich das als Betreuuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge für paranoide/schizphrene/demente Personen ohne weiteres kann, aber als NLP unter dem Titel "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" nicht... :gruebel:

    zu carlsons Frage nr. 1 denke ich auch eher, dass dies durch die bisherigen nachlassgerichtlichen Genehmigungen geheilt ist... für die Vergangenheit wird da denke ich ruhe im Karton sein.. Probeme für die Annahme der Erbschaft sehe ich wie TL eher nicht...

    Mich würde außerdem die Begründung des OLG Saarbrücken interessieren... hat jemand die zufällig? in Juris und openjur ist die (noch) nicht eingestellt...

  • Zitat aus der inkohärenten Begründung des BGH:

    „Gemäß § 83 Abs. 1 InsO steht die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft wegen ihrer höchstpersönlichen Natur ausschließlich dem Schuldner im Insolvenzverfahren zu (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 56/12, ErbR 2013, 148 Rn. 11; Beschluss vom 10. März 2011 - IX ZB 168/09, ZEV 2011, 327 Rn. 6). Warum dies beim Nachlasspfleger anders sein sollte, ist nicht ersichtlich.“

    Damit ist wohl jedem offensichtlich, wie neben der Spur der Senat gedacht hat. Wir überarbeiten dann am Besten auch gleich § 1822 und § 1643 BGB. Denn warum sollten denn Eltern als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder oder Betreuer so etwas Höchstpersönliches machen dürfen. Die Vorschrift des § 1952 wurde völlig fehlinterpretiert.

    Sorry, aber da hätten die mal lieber jemanden fragen sollen, der sich auskennt. Oder einfach nicht zuviel in Tiefen nachdenken, in denen man einen juristischen Tiefenrausch bekommt. Das war nichts. Gut…es wird vielleicht mehr Pflegschaften geben.

    Aber: Eine nachlassgerichtliche Genehmigung heilt trotz Rechtskraft nichts, wenn materiellrechtlich keine Befugnis zur Ausschlagung bestand. Danke lieber BGH für diesen Unsinn.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (19. Mai 2022 um 21:32)

  • Als Betreuer kann ich die Erbschaft ausschlagen und als NLP nicht?


    Genauso sieht das wohl der BGH.

    "Der Betreuer nimmt insoweit als gesetzlicher Vertreter das höchstpersönliche Recht des Erben auf Erbschaftsausschlagung in Anspruch. Damit ist die Rechtsstellung des Nachlasspflegers, der allein für die unbekannten Erben tätig wird, denen ihr Recht auf Ausschlagung erhalten bleiben soll, nicht zu vergleichen."

    Seltsam ist das schon. Wenn es wirklich höchstpersönlich wäre (so wie die Errichtung eines Testaments oder eine Eheschließung), dann dürfte es auch der Betreuer nicht und (siehe #27) auch der Generalbevollmächtigte nicht.

    Krasse Fehlentscheidung. [...] Sie sagt nichts über die Annahme einer Erbschaft durch einen NLP. Die ist noch immer möglich.


    Hoffen wir mal, dass das Nachlassgericht, bei dem der NLP einen Erbschein für den Erstnachlass beantragt, das genauso sieht.

    Aber: Eine nachlassgerichtliche Genehmigung heilt trotz Rechtskraft nichts, wenn materiellrechtlich keine Befugnis zur Ausschlagung bestand.


    Ich hab's geahnt.

  • Ich kann die Auffassung des BGH auch gar nicht verstehen und war komplett überrascht als ich die Entscheidung las.


    Noch ein Hinweis: Die Entscheidung ist eher eine Begründung dafür, dass der NLP in Zukunft die Erbschaft annimmt und Haftungsbeschränkungsmaßnahmen veranlasst. Sie sagt nichts über die Annahme einer Erbschaft durch einen NLP. Die ist noch immer möglich. Wenn wohl auch nicht mehr durch Fristablauf.

    Ich denke nicht, dass der NLP nach der Auffassung des BGH die Erbschaft annehmen kann.
    Der BGH führt u.A. aus (Hervorhebung durch mich):
    "Schon wegen dieses nicht drohenden Rechtsverlustes für den unbekannten Erbeserben besteht mithin - wie das Beschwerdegericht zu Recht ausführt - kein Sicherungsbedürfnis, welches es rechtfertigen könnte, dass der Nachlasspfleger die allein dem Erben bzw. dem Erbeserben vorbehaltene Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft an sich ziehen müsste. Vielmehr bestünde im Gegenteil die Gefahr, dass der Nachlasspfleger durch ein von ihm selbst ausgeübtes Ausschlagungsrecht das den Erbeserben in § 1952 Abs. 1 und 2 BGB vorbehaltene persönliche Ausschlagungsrecht unterlaufen könnte."

    Es wäre auch widersprüchlich, wenn der NLP die Erbschaft nicht ausschlagen, aber annehmen könnte. Denn durch Annahme der Erbschaft würde ja dem Erben das Ausschlagungsrecht ebenso entzogen.
    Das führt zu dem nachfolgenden Problem, dass die Erbschaft auch nicht konkludent angenommen werden kann.
    Auf den ersten Blick scheint es mir so, dass sich der NLP daher der Verfügung über den Unternachlass komplett enthalten sollte und für den Unternachlass ein gesonderter NLP bestellt werden sollte.


    Aber: Eine nachlassgerichtliche Genehmigung heilt trotz Rechtskraft nichts, wenn materiellrechtlich keine Befugnis zur Ausschlagung bestand. Danke lieber BGH für diesen Unsinn.


    So sehe ich das auch.

    Damit ist wohl jedem offensichtlich, wie neben der Spur der Senat gedacht hat. Wir überarbeiten dann am Besten auch gleich § 1822 und § 1643 BGB. Denn warum sollten denn Eltern als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder oder Betreuer so etwas Höchstpersönliches machen dürfen. Die Vorschrift des § 1952 wurde völlig fehlinterpretiert.


    Auch da stimme ich zu. Der Vergleich mit dem Insolvenzverwalter liegt komplett neben der Sache. Die Rechtsstellung von Nachlasspfleger und Insolvenzverwalter sind überhaupt nicht vergleichbar. Ich weiß gar nicht wie man darauf kommt.
    Der Vergleich zu einem Betreuer oder gar anderen Pflegern liegt viel näher.

  • Also, wenn man das vom BGH mal konsequent zu Ende denkt, verliert der Nachlasspfleger damit ja eigentlich sämtliche Verwaltungsmöglichkeiten, was ein solches Erbeserbe angeht; schließlich würde er ja ansonsten die Erbschaft für die Erbeserben annehmen, was ja deren Ausschlagungsrecht zuwider liefe. Selbst die Berufung auf die beschränkte Erbenhaftung wäre in diesem Kontext fraglich, der Nachlasspfleger darf ja mit dem Erbeserbe überhaupt nichts machen, kann also auch nicht das, was zumindest vorhanden ist, auf Gläubiger verteilen. Vielmehr kann er möglichen Gläubigern nur sagen, dass es ja überhaupt nicht feststeht, ob die durch ihn vertreten Erben überhaupt Erben nach demSchuldner sind.
    Man bräuchte dann mehr oder weniger zwingend noch einen Nachlasspfleger für das andere Erbe.

    Edit: Umso schlimmer, falls der Nachlass werthaltig ist. Darf der Nachlasspfleger ja auch nicht anfassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Puqepy (20. Mai 2022 um 11:00) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Ich kann das auch nicht nachvollziehen. Wenn der Nachlasspfleger einen werthaltigen Nachlass hat und darf einen überschuldeten Nachlass nicht ausschlagen, dann geht ggfls. das gesamte Nachlassvermögen dabei drauf. Das soll gewollt sein? Verstehen kann ich das nicht. Der NL-Pfleger soll ja gerade die unbekannten Erben vertreten und den Nachlass sichern. Wenn er nicht ausschlagen darf, muss er hilflos dabei zusehen, wie der werthaltige -von ihm gesicherte und verwaltete- Nachlass den Berg runter geht.
    Sehr eigenwillig...

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Der NL-Pfleger soll ja gerade die unbekannten Erben vertreten und den Nachlass sichern. Wenn er nicht ausschlagen darf, muss er hilflos dabei zusehen, wie der werthaltige -von ihm gesicherte und verwaltete- Nachlass den Berg runter geht.

    Das muss er auch nach der Auffassung des BGH nicht. Dieser führt dazu aus:
    "Zu Recht geht dasBeschwerdegericht davon aus, ein Nachlasspfleger könne den Nachlass gegen denZugriff von Gläubigern dadurch schützen, dass er die Einrede der Dürftigkeitgemäß §§ 1990, 1991 BGB erhebtoder sich auf den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780Abs. 1 ZPO beruft (vgl. Staudinger/Dobler, BGB(2020) § 1990 Rn. 44; MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1990 Rn. 10;ferner auch BeckOGK/Heinemann, BGB § 1960 Rn. 134 [Stand: 1. Dezember2021])."

  • Der NL-Pfleger soll ja gerade die unbekannten Erben vertreten und den Nachlass sichern. Wenn er nicht ausschlagen darf, muss er hilflos dabei zusehen, wie der werthaltige -von ihm gesicherte und verwaltete- Nachlass den Berg runter geht.

    Das muss er auch nach der Auffassung des BGH nicht. Dieser führt dazu aus:
    "Zu Recht geht dasBeschwerdegericht davon aus, ein Nachlasspfleger könne den Nachlass gegen denZugriff von Gläubigern dadurch schützen, dass er die Einrede der Dürftigkeitgemäß §§ 1990, 1991 BGB erhebtoder sich auf den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780Abs. 1 ZPO beruft (vgl. Staudinger/Dobler, BGB(2020) § 1990 Rn. 44; MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1990 Rn. 10;ferner auch BeckOGK/Heinemann, BGB § 1960 Rn. 134 [Stand: 1. Dezember2021])."

    Und genau deswegen darf der NLP laut BGH den Nachlass auch bei Überschuldung annehmen, weil er ja die Haftung beschränken kann. Und darum ist ihm auch nur die Ausschlagung verwehrt, nicht aber die Annahme.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • "Zu Recht geht dasBeschwerdegericht davon aus, ein Nachlasspfleger könne den Nachlass gegen denZugriff von Gläubigern dadurch schützen, dass er die Einrede der Dürftigkeitgemäß §§ 1990, 1991 BGB erhebtoder sich auf den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780Abs. 1 ZPO beruft (vgl. Staudinger/Dobler, BGB(2020) § 1990 Rn. 44; MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1990 Rn. 10;ferner auch BeckOGK/Heinemann, BGB § 1960 Rn. 134 [Stand: 1. Dezember2021])."

    Mir stellt sich gerade die Frage:
    läuft gegenüber dem bestellten Nachlasspfleger (für die von ihm vertretenen unbekannten Erben) dann überhaupt eine Ausschlagungsfrist? Wohl nein.

    Also braucht man auf jeden Fall im zweiten Nachlassverfahren auch einen Nachlasspfleger, um überhaupt weiterzukommen.

    Oder sehe ich das falsch?

  • Der NL-Pfleger soll ja gerade die unbekannten Erben vertreten und den Nachlass sichern. Wenn er nicht ausschlagen darf, muss er hilflos dabei zusehen, wie der werthaltige -von ihm gesicherte und verwaltete- Nachlass den Berg runter geht.

    Das muss er auch nach der Auffassung des BGH nicht. Dieser führt dazu aus:
    "Zu Recht geht dasBeschwerdegericht davon aus, ein Nachlasspfleger könne den Nachlass gegen denZugriff von Gläubigern dadurch schützen, dass er die Einrede der Dürftigkeitgemäß §§ 1990, 1991 BGB erhebtoder sich auf den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780Abs. 1 ZPO beruft (vgl. Staudinger/Dobler, BGB(2020) § 1990 Rn. 44; MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1990 Rn. 10;ferner auch BeckOGK/Heinemann, BGB § 1960 Rn. 134 [Stand: 1. Dezember2021])."

    Und genau deswegen darf der NLP laut BGH den Nachlass auch bei Überschuldung annehmen, weil er ja die Haftung beschränken kann. Und darum ist ihm auch nur die Ausschlagung verwehrt, nicht aber die Annahme.

    Das wäre aber absolut inkonsequent. Schließlich würde die erklärte Annahme dann eine spätere Ausschlagung durch die Erben ausschließen und damit auch deren höchstpersönliche Entscheidung, ob nun ausgeschlagen werden soll oder nicht, unterlaufen. Man kann das Argument ja schlecht nur in eine Richtung laufen lassen. Oder sollen die Erben trotz Annahme durch den Nachlasspfleger noch Ausschlagen dürfen?
    Das Argument des BGH mal auf einen werthaltigen Nachlass angewandt: der später ermittelte Erbe möchte das Erbeserbe nicht haben, da er aus persönlichen Gründen mit diesem Erblasser nichts zu tun haben will. Warum darf da plötzlich der Nachlasspfleger eine Entscheidung treffen?

  • Und genau deswegen darf der NLP laut BGH den Nachlass auch bei Überschuldung annehmen, weil er ja die Haftung beschränken kann. Und darum ist ihm auch nur die Ausschlagung verwehrt, nicht aber die Annahme.

    Je mehr ich darüber nachdenke umso so weniger durchdacht scheint mir die Entscheidung des BGH zu sein.

    Du hast Recht, wenn die Erbschaft nicht angenommen wurde kommen wir gar nicht zu §780 ZPO, weil entweder wegen §239 Abs. 5 ZPO oder §1958 BGB gar keine prozessgerichtliche Entscheidung erfolgen würde. Für die Vollstreckung gibt es dann noch §778 ZPO.
    Und wenn der Nachlass überschuldet ist gibt es für den NLP doch keinen Grund die Erbschaft anzunehmen. Dazu kann er auch nicht dadurch gezwungen werden, dass die Berechtigung zur Ausschlagung fehlt.

    Gleichzeitig scheint mir ein Auseinanderfallen des Rechtes auf Annahme der Erbschaft und Ausschlagung der Erbschaft noch unsinniger als dem NLP beide Rechte abzusprechen.
    Insoweit kann es m.E. auch nur einen Gleichlauf geben. Entweder hat der NLP die Befugnis für beides oder für keins von beiden. Denn wenn diese Entscheidung so höchstpersönlich ist wie der BGH meint, kann der NLP sie dem Erben auch nicht dadurch entziehen, dass er die Erbschaft annimmt und dadurch ja das Ausschlagungsrecht zu Fall bringt.
    In dem von mir in #32 zitierten Teil der Entscheidung spricht ja der BGH ausdrücklich vom der allein dem Erben bzw. dem Erbeserben vorbehaltenen Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft.

    Und zum Ende hin führt der BGH noch aus:
    "Der Betreuer nimmt insoweit als gesetzlicher Vertreter das höchstpersönliche Recht des Erben auf Erbschaftsausschlagung in Anspruch. Damit ist die Rechtsstellung des Nachlasspflegers, der allein für die unbekannten Erben tätig wird, denen ihr Recht auf Ausschlagung erhalten bleiben soll, nicht zu vergleichen."

    Wenn das Recht auf Ausschlagung erhalten bleiben soll, dann geht die logischerweise nur, wenn der NLP weder annehmen noch ausschlagen kann, mithin der während der Ausschlagungsfrist normale Schwebezustand aufrecht erhalten bleibt.

    Alles in allem scheint die Entscheidung sehr schlecht durchdacht zu sein. Ich fürchte der BGH hat die sich ergebenden Fragen für eine Annahme der Erbschaft nicht bedacht.

    Ich denke (weiterhin), dass dieses Dilemma nur zu lösen sein wird, indem man für den Unternachlass umgehend einen eigenen NLP bestellt. Wobei man dann noch überlegen muss, ob man sinnvollerweise genau den gleichen NLP wie für den Obernachlass bestellt oder gerade einen anderen bestellen sollte.

    Mir stellt sich gerade die Frage:
    läuft gegenüber dem bestellten Nachlasspfleger (für die von ihm vertretenen unbekannten Erben) dann überhaupt eine Ausschlagungsfrist? Wohl nein.


    Die Ausschlagungsfrist kann nicht laufen, da der zur Ausschlagung berechtigte ja nicht in Kenntnis des Anfalls der Erbschaft ist. Auf den NLP kann man nicht abstellen, wenn er gar nicht ausschlagen kann.

  • Merkt ihr jetzt, warum ich mich über diesen juristischen Tieftauchrausch des BGH so aufrege? Ja? Warum ich es als inkohärent bezeichne, was die da fabriziert haben?

    Einen NLP für den in den anderen Nachlass fallenden Nachlass zu bestellen wird wohl einzig übrig bleiben, bis der Gesetzgeber das gelöst hat.

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