Ausschlagung für ungeborenes Kind

  • Hallo, hab im Forum leider bisher keinen ähnlichen Fall gefunden, daher die Frage:

    Erblasser X verstirbt, seine Kinder schlagen aus. Darunter der Vater eines ungeborenen Kindes, mit dessen Mutter er nicht verheiratet ist. Der Vater und die Mutter schlagen für das Kind aus, Genehmigung wird beantragt. Nun teilt der Vater mit, dass er die Mutter geheiratet hat.

    Meines Erachtens liegt nun ein Fall von 1643 Abs. 2 BGB vor, oder? Ein Genehmigungserfordernis sehe ich hier jedenfalls nicht. Zwar wird das ungeborene Kind hinsichtlich der Erbschaft so behandelt, als wäre es bereits geboren, aber ansonsten dürfte doch die erfolgte Heirat und damit die Änderung hinsichtlich der späteren elterlichen Sorge ausreichen ??!!

  • ansonsten dürfte doch die erfolgte Heirat und damit die Änderung hinsichtlich der späteren elterlichen Sorge ausreichen ??!!


    Das sehe ich - aus dem Bauch heraus - auch so.

    Ulf

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  • Wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, war das Kind zum Zeitpunkt der Hochzeit noch nicht geboren ?

    Dann sehe ich auch kein Genehmigungserfordernis mehr, da ja der Erbanfall erst mit der Geburt erfolgt und zu diesem Zeitpunkt eine gemeinsame elterliche Sorge bestand und das Kind erst infolge Ausschlagung durch den Vater selbst berufen ist.

  • Ich häng mich jetzt einfach mal an die Frage ran, da ich hier einen ähnlichne, aber doch etwas anderen Fall habe.

    Frau schlägt aus. Sie ist schwanger und mit dem Kindsvater nicht verheiratet, auch Sorgeerklärungen wurden bislang nicht abgegeben.
    Ist es ausreichend, wenn die Kindsmutter für das ungeborene Kind ausschlägt?

  • Wenn sie im Zeitpunkt der Geburt des Kindes die alleinige elterliche Sorge innehat, ist es nach meiner Ansicht ausreichend. Denn das Ausschlagungsrecht steht nur dem wahren künftigen gesetzlichen Vertreter zu.

    Wenn (1) der Vater vor der Geburt des Kindes anerkennt und auch die gemeinsame Sorgerechtserklärung noch vor der Geburt erfolgt (§ 1626b Abs.2 BGB) oder (2) die Eltern noch vor der Geburt des Kindes heiraten, ist die Ausschlagungserklärung der Mutter nicht ausreichend.

  • So einen Fall hatte ich tatsächlich schon mal. Die zukünftigen Eltern sind dann gleich von mir aus auf das JA gewandert und haben dort alles bezüglich Vaterschaft und gemeinsamen Sorgerecht geregelt. Anschließend haben sie gemeinsam das Erbe ausgeschlagen. Wenn das aber nicht so ist und man hierzu noch gar keinen Willen gefasst hat, reicht eben die Erklärung der Mutter.

  • Erblasser E ist im November 2009 verstorben. Er war in zweiter Ehe verheiratet mit F. Diese hat bereits aus einer früheren Ehe 3 Kinder. In einem Erbvertrag haben sich E und F gegenseitig eingesetzt, die Kinder der F sollten Ersatzerben sein.
    Diese haben nun alle ausgeschlagen. Ein Kind der F, nämlich D, hat bei der Ausschlagungserklärung angegeben, er habe keine Kinder. Tatsächlich hat seine Freundin im Dezember 2009 ein Kind zur Welt gebracht, für das er später die Vaterschaft anerkannt hat.
    Nun war die Freundin des D gestern bei mir und hat für das Kind die Erbschaft ausgeschlagen. Ich habe den Antrag auf Genehmigung mit aufgenommen, weil sie die alleinige elterliche Sorge hat und der Anfall an das Kind nicht durch sie erfolgt.
    Meine Geschäftsstelle meinte aber jetzt, da sei keine Genehmigung erforderlich, weil ja der Kindesvater D gar nicht mit dem Erblasser verwandt sei....
    Ich stehe völlig auf dem Schlauch :gruebel:

  • Ich verstehe den Sachverhalt nicht, denn wenn die Kinder tatsächlich nur Ersatzerben sein sollten und F den Erbfall erlebt hat, dann ist doch der Ersatzfall nach ihm nicht eingetreten, sodass auch keine Ausschlagung erforderlich ist, weil die Kinder (bzw. deren Abkömmlinge) eben nicht Erben geworden sind.
    Im Übrigen hängt die Frage, ob nach § 1643 II eine familiengerichtliche Genehmigung für die Ausschlagung erforderlich ist, nicht von der Verwandtschaft ab. Vereinfacht kann gesagt werden: Wenn das Kind nicht allein durch Ausschlagung eines (zumindest mit-)sorgeberechtigten Elternteils berufen ist, ist eine Genehmigung erforderlich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge eingetreten ist.

  • Ich habe hier auch einen dringenden Fall.
    Mann will nach seiner Tante ausschlagen. Seine Freundin ist schwanger. Es ist jedoch keine Sorgerklärung abgegeben und die Freundin ist auch noch verheiratet. Die Scheidung wird vor der Geburt stattfinden und es soll dann auch bei Jugendamt alles bzgl. Vaterschaft und der elterlichen Sorge geklärt werden.
    Ausschlagung auch für das Kind durch Freundin und somit Genehmigung?

  • Insoweit muss ich auch noch mal auf #7 zurückkommen.

    Wenn sie im Zeitpunkt der Geburt des Kindes die alleinige elterliche Sorge innehat, ist es nach meiner Ansicht ausreichend. Denn das Ausschlagungsrecht steht nur dem wahren künftigen gesetzlichen Vertreter zu.

    Wenn (1) der Vater vor der Geburt des Kindes anerkennt und auch die gemeinsame Sorgerechtserklärung noch vor der Geburt erfolgt (§ 1626b Abs.2 BGB) oder (2) die Eltern noch vor der Geburt des Kindes heiraten, ist die Ausschlagungserklärung der Mutter nicht ausreichend.

    Das führt natürlich zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für das Nachlassgericht bis zur Geburt.

    Zunächst geht man davon aus, dass die Ausschlagung der werdenden Mutter ausreicht, ggf. wird sogar eine familiengerichliche Genehmigung verlangt, wenn die Erbschaft aus der Verwandtschaft des Vaters stammt. Damit wird das Nachlassgericht die Sache als erledigt betrachten. Dann heiratet der Vater des Kindes vor der Geburt des Kindes die Mutter oder es werden entsprechende Sorgerechtserklärungen abgegeben. Das führt dazu, dass die Ausschlagungserklärung durch die Mutter nun nicht mehr ausreicht. Problem ist nur, dass das Nachlassgericht von diesem Ereignis in der Regel nichts mehr erfährt. Auch wird der Kindesvater von niemandem belehrt, dass er nun auch noch ausschlagen muss.

  • Da ich den Fall auch grad hab, nochmal zu #7. Das kann nicht richtig sein und widerspricht auch § 1912 BGB.

    Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Erklärung. Hat die KM zu diesem Zeitpunkt das Alleinsorgerecht, wenn das Kind da bereits geboren wäre, übt sie dies allein aus, egal was bis zur Geburt passiert. Die Ausschlagung ist und bleibt wirksam, vgl. MüKo, § 1912 Rdn. 12, OLG Stuttgart, 8 W 484/92.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Unter dem Blickwinkel auf § 1912 II BGB ist dir zuzustimmen. Die Mutter kann solange allein wirksam ausschlagen, wie eine gemeinsame Sorgerechtserklärung nicht existiert. Damit bestünde dann für das Nachlassgericht auch Rechtssicherheit, welche in unter #15 ohnehin schon mal moniert hatte.

  • Der zukünftige Kindsvater wird Erbe. Er schlägt die Erbschaft aus. Er und seine Freundin erwarten ein Kind.
    Beide unverheirateten Elternteile des ungeborenen Kindes schlagen vor dem Notar die Erbschaft aus.
    Vor der Geburt des Kindes wird geheiratet. Nun ist das Kind da.

    Das Kind ist ehelich und deshalb sind beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt.
    Die Ausschlagung ist wirksam und braucht keine familiengerichtliche Genehmigung, oder?
    Zwar waren die Eltern zum Zeitpunkt der Erklärung der Ausschlagung noch nicht verheiratet, aber das dürfte im Nachhinein unschädlich sein.

    Was meint ihr?

  • §1912 II BGB gibt vor, dass auf den Zeitpunkt der Ausschlagung abzustellen ist und die (voraussichtlich eintretende) elterliche Sorge auch nach diesem Zeitpunkt zu bestimmen ist.

    Zum Zeitpunkt der Ausschlagung waren die Eltern noch nicht verheiratet, dementsprechend alleinige elterliche Sorge der Mutter. Somit greift § 1643 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ein und es ist die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.

    Alles andere würde auch zu ziemlichen Rechtsunsicherheiten führen.

  • Der MüKo sieht es auch so: "Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Vertretungsberechtigung des (ausschlagenden) Elternteils ist derjenige der Ausschlagung. Tritt also der Anfall der Erbschaft infolge der Erbausschlagung eines zu diesem Zeitpunkt nicht sorgeberechtigten Elternteils ein, bedarf die Erbausschlagung für das Kind durch den allein sorgeberechtigten Elternteil der familiengerichtlichen Genehmigung, und zwar auch dann, wenn der nicht sorgeberechtigte Elternteil nachträglich, etwa durch Heirat der Mutter, sorgeberechtigt und damit vertretungsberechtigt wird."
    MüKoBGB/Huber BGB § 1643 Rn. 17

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