Übergangsrecht und FamFG

  • Die crux ist, dass das reformierte Reformgesetz nichts darüber verlautbart, nach welchem Verfahrensrecht denn der mit einer Endentscheidung endende Antrag abzuarbeiten ist.
    Es sieht komisch aus, das FGG anzuwenden und nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens das FamFG als nunmehr allein zuständiges Verfahrensrecht zu betrachten.
    Deshalb geht die h. M. davon aus, dass schon das überleitende Genehmigungsverfahren nach dem FamFG abzukarten ist.
    Andererseits ist es relativ komisch, ein Verfahrensrecht anzuwenden, in das erst überzuleiten ist.

  • der Betreuer hat vor dem 1.9.2009 die Einrichtung einer Ergänzungsbetreuung für ein Grundstücksgeschäft beantragt; das Grundstücksgeschäft ist nach dem 01.09.2009 getätigt worden. Ist die Genehmigung nach altem oder neuem Recht zu erteilen ?

  • Ich würde es davon abhängig machen, wann der Antrag im Sinne einer Anregung auf Erteilung der Genehmigung gestellt wurde. Das Verfahren zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers und das Genehmigungsverfahren sind verfahrensrechtlich zwei verschiedene Dinge, auch wenn sie manch Berührungspunkt haben mögen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich muss mich hier auch mal dranhängen:

    Vor dem 01.09.2009 geht in einer Familiensache ein Antrag auf Bewilligung von PKH ein, gleichzeitig geht die Klage ein, welche jedoch bedingt durch die Bewilligung der beantragten PKH eingereicht wird.

    Nach dem 01.09.2009 wird nun die PKH bewilligt und im Anschluss die Klage zugestellt.
    Was würdet Ihr sagen: Findet für das Hauptsacheverfahren nun altes oder neues Recht Anwendung??

  • Ich halte die PKH-Entscheidung auch für eine Endentscheidung im Sinne von Art. 111 FamFG.
    Frage aber mal den Richter, wie er denn nun das Klageverfahren ablaufen lassen will. Dann hast du doch eine kompetente Antwort.

  • Ich halte die PKH-Entscheidung auch für eine Endentscheidung im Sinne von Art. 111 FamFG.
    Frage aber mal den Richter, wie er denn nun das Klageverfahren ablaufen lassen will. Dann hast du doch eine kompetente Antwort.




    Hab ich schon: bei zwei Richtern meint der eine altes, der andere neues Recht für das Klageverfahren. ;)
    Deshalb hätt mich mal interessiert, wie das von anderen gesehen wird

  • Kenne nur die Entscheidung des AG Meldorf Beschluss vom 10.11.2009
    - Az.: 81 C 33/09 - (abrufbar Juris), wonach in dem vorliegenden Fall für das Prozesskostenhilfeverfahren altes Verfahrensrecht, für das Hauptsacheverfahren hingegen neues Verfahrensrecht anwendbar sein soll.

  • Das ist bei Vormundschaften nicht so schlimm. Erfahrungsgemäß sind mehr als die Hälfte der Minderjährigen vermögenslos, sodass man die Akte in der Regel nur einmal im Jahr in die Hand bekommt. Beim Rest sind überwiegend befreite Vormünder (Großeltern oder Jugendamt) bestellt und genehmigungsbedürftige Grundstücksgeschäfte sind selten. [...]



    großeltern sind nicht befreite vormünder...

  • Zu der Übergangsvorschrift gibt es jetzt eine Entscheidung des OLG München, Beschluss vom 24.02.2010, AZ: 24 AR 24/09. Vielleicht hilft der ja etwas weiter?!

    Die Philosophie für den Spieler Oliver Bierhoff, die musste noch erfunden werden. Brasilianische Spielweise einfordern mit Füßen aus Malta, das geht eben nicht. (Rudi Völler)

  • Die Rechtsauffassung von Cromwell #8 wird jetzt auch vom OLG München vertreten.

    Auch das OLG München berücksichtigt das Schreiben des BMJ nicht und kommt daher bei einem nach dem 01.09.2009 eingeleiteten Erbausschlagungsverfahren zum Ergebnis, dass das Genehmigungsverfahren (Erbausschlagung) nach FamFG, das Dauerverfahren (Vormundschaftsverfahren) hingegen weiterhin nach dem FGG durchzuführen ist (OLG München Beschluss vom 24.02.2010 - Az.: 4 AR 24/09 -).

    Der Druck auf den Gesetzgeber, Mängel des FamFG mit einer Gesetzesänderung zu beseitigen - nicht bloßes Schreiben des BMJ -, dürfte mit dieser Entscheidung spürbar erhöht werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von JörgZ (21. Juni 2010 um 13:56)

  • Die Entscheidung des OLG München ist jetzt in FamRZ 2010, 1102 veröffentlicht.

    Die Auffassung des BMJ finde im Gesetz keine Stütze und eine entsprechende Auslegung des Gesetzes scheide aus, weil dem Gesetzgeber das Problem bewusst war und er die Frage gleichwohl nicht geregelt hat. Es könne daher nicht von einer ungewollten Gesetzeslücke ausgegangen werden.

    Im entschiedenen Vormundschaftsfall bedeutete dies folgendes:

    Für die Führung der einer Altvormundschaft als Dauerverfahren bleibt es -auch für die Überwachung der Tätigkeit des Vormunds- bei der Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts und bei der Anwendung alten Verfahrensrechts (damit ist auch die Auffassung vom Tisch, wonach es sich bei der Prüfung von Rechnungslegungen um "Neuverfahren" handle).

    Bei Altvormundschaften gilt für nach dem 31.08.2009 eingeleitete Genehmigungsverfahren neues Verfahrensrecht und deshalb die Zuständigkeit des Familiengerichts.

    Das OLG gab damit dem FamG recht, das sich für die Genehmigung der vom Vormund nach dem 31.08.2009 erklärten Erbausschlagung für zuständig hielt, die Übernahme des Vormundschaftsverfahrens selbst aber ablehnte.

    Ein "schönes" Ergebnis: Das nicht aufgelöste Vormundschaftsgericht führt das Vormundschaftsverfahren als solches weiter, während für gerichtliche Genehmigungen das Familiengericht zuständig ist. Eine beispiellose Ohrfeige (und Blamage) für den Gesetzgeber!

    Die Dimension der Entscheidung wird klar, wenn man berücksichtigt dass in Alt-Betreuungssachen natürlich Entsprechendes gilt. Sie bleiben beim Vormundschaftsgericht, für neue Genehmigungs-, Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren ist aber das Betreuungsgericht zuständig.

    Dauerpflegschaften (Ergänzungs- und Abwesenheitspflegschaften sowie Pflegschaften für unbekannte Beteiligte) bleiben bei den Vormundschaftsgerichten, zuständig für Neugenehmigungen ist in den Fällen der §§ 1911, 1913 BGB aber das Betreuungsgericht und im Fall des § 1909 BGB das Familiengericht.

    Bei den Alt-Nachlasspflegschaften wird jedenfalls die Zuständigkeit des Nachlassgerichts (da unverändert geblieben) nicht berührt. Das Dauerverfahren wird aber nach altem Verfahrensrecht geführt, während Neugenehmigungen nach neuem Verfahrensrecht zu behandeln sind.

    Herrlich!

  • Gut, dann habe ich es erst letzte Woche auch falsch gemacht. Hatte eine Vormundschaftsakte, bei der ich die Abhebung von Geld zu genehmigen hatte. Dies habe ich als Anlass genommen, die Sache an das Familiengericht abzugeben. Da ich beides mache, habe ich sie praktisch an mich selbst abgegeben, sodass es natürlich keine "Weigerung" gab.

    Das was der Gesetzgeber hier fertig gebracht, aber auch was das OLG München hier entschieden hat, bedarf an Sinnesleere wohl keiner Kommentierung. Auf Grund eines Fehlers im EDV-Programm werden statistisch bei uns auch noch alle anhängigen Dauer-Vormundschaften beim Richter gezählt, statt beim Rechtspfleger. Aus diesem Grunde trat schon der Richter an mich ran, ob ich nicht gleich mal alles ans Familiengericht abgeben könnte, da es bei ihm alles "offene" Verfahren sind und das seine Gesamtbilanz noch mehr verschlechtert. Hatte ihm schon gesagt, dass das nur in Zusammenhang mit einzelnen Entscheidungen geht - nun muss ich ihm wohl sagen, er solle halt warten, bis die Kinder 18 Jahre alt sind ...... (achja, dann gibt es den Richter hier ja längst nicht mehr):wechlach:

  • Ich frage mich gerade, was mit den Verfahren ist, die schon abgegeben wurden und auch vom FamG übernommen worden sind? :gruebel:
    Da dürfte doch wohl die Zuständigkeit mit der Übernahme tatsächlich übergegangen sein, oder?!

    Ich halte die Entscheidung zwar für richtig, ich würde sie aber wohl nicht (mehr) anwenden, da dies ja dazu führen würde, dass ein Teil der Vormundschaften/Betreuungen schon beim FamG/BetrG geführt werden, während der Rest nun beim VormG weitergeführt wird, bis ein "richtiger" Abgabegrund irgendwann mal eintritt.

    Problematisch könnte aber auch die Anwendung alten oder neuen Verfahrensrechts sein. Denn selbst wenn ein (zu unrecht) abgegebenes Vormundschaftsverfahren nun beim FamG geführt wird, dürfte nach OLG München doch weiterhin altes FGG-Recht für dieses Verfahren gelten.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich frage mich auch, wie man das rein praktisch anstellen soll:
    Dauervormundschaft und Überprüfungen bleiben beim Vormundschaftsgericht;
    wenn eine einzelne Genehmigung beantragt wird --> ist das Familiengericht zuständig:gruebel: Es ist ja dann ein Einzelgeschäft dort (Vormundschaftsakte jedes Mal beiziehen ?). Und wenn (einen solchen Fall habe ich) der Vormund aller 2-3 Monate kommt und eine neue Genehmigung braucht (meist Abhebung Geld), kann bzw. muss ich ja sogar beim Familiengericht eine neue Akte anlegen - wenigstens wertet das dann meine Statistikzahlen auf, in der Vormundschaftsabteilung hat es ja überhaupt nicht zusätzlich gezählt ;)

  • Ich bin der Ansicht, dass alle erfolgten Überleitungen falsch sind, und zwar schon deshalb, weil sich die Frage einer Überleitung überhaupt nicht stellt. Denn für die Führung des Dauerverfahrens bleiben die Vormundschaftsgerichte zuständig, während für Neuverfahren "innerhalb" des Dauerverfahrens -je nachdem- nunmehr das Familiengericht oder das Betreuungsgericht zuständig ist.

    Es gibt demnach überhaupt nichts "überzuleiten", vielmehr besteht eine gespaltene Zuständigkeit.

    Wenn das Familiengericht oder Betreuungsgericht in einem bereits übergeleiteten Verfahren -gleich wie- tätig wird, entscheidet es somit als unzuständiges Gericht. Durch die interne Verfahrensüberleitung (die es, wie sich nunmehr herausstellt, nicht gibt) kann keine Zuständigkeit begründet werden, die das Gesetz nicht vorsieht. Insbesondere ist auch keine Überleitung des gesamten Verfahrens bei Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren möglich. Diese (nur diese!) Verfahren sind vielmehr isoliert nach neuem Recht und mit der Zuständigkeit nach neuem Recht durchzuführen. Das Dauerverfahren selbst bleibt beim Vormundschaftsgericht.

    Natürlich führt dies alles in Chaos. Das darf uns aber nicht weiter stören. Schuld ist -wie schon bei der GbR- alleine der Gesetzgeber.

  • Nachdem ich das den anderen Rechtspflegern und unserer Familienrichterin vorgetragen habe, meinten die allesamt, dass eben das FamFG und auch die Entscheidung des OLG München tatsächlich zum Chaos führen wird, und man sollte sich ernsthaft Gedanken darüber machen, ob man die Auffassung eines einzelnen OLGs, zu dem wir ja nicht gehören, tatsächlich teilen und danach verfahren sollte. Letztlich ist es ja nicht auszuschließen, dass ein anderes OLG das mal ganz anders sehen könnte.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!