Eröffnung einer unterschriebenen Testamentskopie

  • Hallo Kollegen,

    grundsätzlich sind Kopien von eigenhändigen Testamenten ja nicht zu eröffnen.

    Ich habe hier allerdings eine Kopie, die Jahre nach ihrer Errichtung noch einmal erneut vom Erblasser datiert und unterschrieben wurde.

    Das Original ist nicht mehr auffindbar.

    Ich tendiere jetzt dazu, die Kopie zu eröffnen und im ebenfalls anhängigen Erbscheinsverfahren für wirksam zu erachten.

    Eure Meinungen?

  • Das Schriftstück ist datiert und unterschrieben. Deshalb kann man es nicht als Kopie bewerten. Zu beurteilen ist, ob die in § 2247 BGB vorgesehende Eigenhändigkeit vorliegt, wenn der Text zunächst mit der Hand geschrieben und danach kopiert wurde. M.E. ist das angesichts der Rechtsprechung, nach der auch eine Kohlepapierdurchschrift zulässig ist, der Fall und es liegt ein wirksam errichtetes Testament vor.

  • Ich denke nämlich auch, daß man die Eigenhändigkeit als gegeben sehen kann.

    Und die eigentlich größte Gefahr, daß durch Vernichtung des Originals ein Widerruf erfolgt sein könnte, dürfte durch erneute Datierung und Unterschrift ausgeräumt sein.

    Leider konnte ich die unter https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…pie+Er%F6ffnung #2 genannte Entscheidung weder in Juris noch in beck online finden.

    Vielleicht hat ja jemand diese Entscheidung irgendwo abgeheftet?

  • Ich würde sagen man müsste feststellen was mit dem Original passiert ist.

    Wurde es in Widerrufsabsicht erst vernichtet und dann später die Kopie vom Erblasser neu unterschrieben, liegt meines erachtens ein neuer Akt der Testamentserrichtung vor, an den die strengen Formvorschriften anzulegen sind.
    Wurde das Original nur verloren, aber nicht widerrufen bleibt es für die Erbfolge maßgeblich. Die vorliegende Kopie stellt nur einen Nachweis bzgl. des Inhalts dar. Eine Neuerrichtung braucht dann solange nicht diskutiert werden wie nicht dazwischenliegende anderslautende Testamente auftauchen.

    Zu eröffnen wäre die Kopie allerdings trotzdem, da sie dem äußeren Erscheinen nach als weiteres (aber wohl für sich selbst formunwirksames) Testament erscheint.

  • ich habe folgenden Fall:

    Erblasserin hat einen verschlossenen und versiegelten Umschlag mit der Aufschrift "einseitiges privatschriftliches Testament" in die besondere amtliche Verwahrung gegebenen.
    Bei der Eröffnung ist erkenntlich, dass es sich um eine Kopie handelt bei der das Datum und die Unterschrift nachträglich eigenhändig eingefügt wurden.
    Das heißt es handelt sich um eine Kopie, welche dann unterschrieben wurde. Das Original ist nicht auffindbar. Dieses dürfte aber selbst wenn es auffindbar ist nicht unterschrieben sein.
    Fall des §2247 BGB? eine nachträgliche eigenhändige Änderung auf der Kopie mit Unterschrift wäre wohl ja möglich. Aber setzt dies voraus dass das Original auch unterschrieben wurde?

  • Schwierig. Ich würde das wohl nicht als wirksam anzuerkennen. Wenn das Original nicht unterschrieben war, war es nicht formgültig errichtet; und in der Unterschrift auf einer Kopie kann ich auch keine Heilung dafür sehen.

  • Wenn das Test. nicht den Vorschriften des § 2247 BGB entspricht, warum wurde dann die Form nicht schon bei der Hinterlegung geprüft bzw. gerügt (vgl. § 2248 BGB)?

    Jedenfalls ist alleine durch die Hinterlegung ein etwaiger Formmangel nicht behoben.

    Oder handelt es sich um ein Testament im Sinne von § 2232 Satz 2 BGB?

    Ich bin mir aber noch nicht so sicher, ob man ggf. das Testament zwar als formunwirksam ansehen kann, aber die Erbfolge sich nicht doch danach richten kann. Ähnlich zu dem Sachverhalt, dass ein Testament unauffindbar ist und sich die Erben beim Erbscheinsantrag auf eine Testamentskopie stützen....aber da muss ich über diese Gedanken noch etwas drüber schlafen...

    Und ich gebe mal noch in den Diskussionsring:

    Ein formwirksames Testament kann auch dadurch hergestellt werden, dass der Testierende die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments eigenhändig ändert, wenn der im vorhandenen Original und auf dessen Kopie niedergelegte Text ein einheitliches Ganzes bildet. Unter dieser Voraussetzung können auch Änderungen in Form von eigenhändigen Durchstreichungen des fotokopierten Textes Teil eines formwirksamen Testaments sein.
    OLG München, Beschluß vom 25. 10. 2005 - 31 Wx 72/05

    Eine Änderung, die der Erblasser bei einem in amtlicher Verwahrung befindlichen Testament auf einer mit Schreibmaschine geschriebenen Testamentsabschrift vornimmt, ist rechtswirksam, sofern sie eigenhändig unter Angabe von Ort und Zeit erfolgt und unterschrieben ist.
    OLG Köln (2. ZS.), Beschluß vom 26. 4. 1968 - 2 Wx 9/68

    Nachtrag:
    Inzwischen tendiere ich aber wegen der fehlenden Unterschrift auf der Testamentskopie eher dazu, dass eine unwirksame Verfügung vorliegt. Alleine die Unterschrift auf der Kopie des Testaments (oder auf dem Umschlag) dürfte das unwirksame Originaltestament nicht heilen...aber Streitpotential steckt da natürlich drin. Jedenfalls würde ich das Teil eröffnen und im Protokoll die "Auffälligkeiten" vermerken.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    3 Mal editiert, zuletzt von TL (24. September 2015 um 14:30) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • ...versiegelten Umschlag...

    Bob Loblaw: Stimmt. Aber mal blöd gefragt: Kann man das so annehmen, wenn § 2248 davon spricht, dass ein nach den Vorschriften des § 2247 errichtetes Testament hinterlegt werden kann. Im Umkehrschluss: Entspricht es nicht dem 2247, kann es nicht hinterlegt werden...oder?


    Aber gerade weil es in einem versiegelten Umschlag war, hatte ich auch die Überlegung mit dem öffentlichen Testament in der Sonderform des § 2232 Satz 2 BGB.

    Mal sehen, was die Fragestellerin berichtet....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • ...versiegelten Umschlag...

    Bob Loblaw: Stimmt. Aber mal blöd gefragt: Kann man das so annehmen, wenn § 2248 davon spricht, dass ein nach den Vorschriften des § 2247 errichtetes Testament hinterlegt werden kann. Im Umkehrschluss: Entspricht es nicht dem 2247, kann es nicht hinterlegt werden...oder?


    Aber gerade weil es in einem versiegelten Umschlag war, hatte ich auch die Überlegung mit dem öffentlichen Testament in der Sonderform des § 2232 Satz 2 BGB.

    Mal sehen, was die Fragestellerin berichtet....

    Nach diversen Kommentaren zu 2248 hat das Gericht das Testament weder formell noch inhaltlich zu prüfen.


  • Das heißt es handelt sich um eine Kopie, welche dann unterschrieben wurde. Das Original ist nicht auffindbar. Dieses dürfte aber selbst wenn es auffindbar ist nicht unterschrieben sein.

    Aber warum sollte das Original nicht unterschrieben sein? Es kann vor der Unterschrift kopiert worden sein und hinterher unterschrieben worden sein. :confused:

  • Das kann schon sein, nur beweisen kann man so die formgültige Errichtung halt nicht. Mit einer Kopie des kompletten Testaments wäre das aber nach gängiger Rechtsprechung durchaus möglich.

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  • Zu der Zeit, als die Formvorschriften entstanden sind, gab es keine Kopierer. Das Gesetz kann die Frage eigentlich gar nicht beantworten. Außer natürlich, wenn man sich darauf zurückzieht, dass das so nicht gedacht war, wie es hier passiert ist. Sonst müsste man nach den Funktionen der Form fragen und danach, ob diese hier gewahrt sind.


  • Aber gerade weil es in einem versiegelten Umschlag war, hatte ich auch die Überlegung mit dem öffentlichen Testament in der Sonderform des § 2232 Satz 2 BGB.

    Aber § 2232 BGB gilt doch nur beim Notar?! So ein Testament hatte ich tatsächlich schon einmal und die Beurkundung des Notars erschöpfte sich darin, dass er schrieb "...es erschien ... und überreichte im verschlossenen Umschlag...und keine Zweifel an der Testierfähigkeit..."
    Eine solche Notarurkunde wird im SV nicht erwähnt. Oder war die Inverwahrungnahme schon vor 1970? Im Palandt habe ich den Hinweis entdeckt, dass damals auch noch die Gerichte beurkunden durften. Aber auch in dem Fall bräuchte man nicht nur das Testament, sondern noch die "Übergabe"-Urkunde.

  • ... puh danke für die rege Beteiligung!
    Also es war Satz 2 gemeint im §2232. Jedenfalls wurde von Ihr ein verschlossener Umschlag abgegeben der dann in die Verwahrung genommen wurde.
    Man sieht dass das Original welches kopiert und nachträglich unterschrieben wurde nicht unterschrieben war weil da extra Platz gelassen wurde für Datum und Unterschrift.
    Eröffnet wird es in jedem Fall. Die Frage ist halt wie ich es bekanntgebe. Ich werde wohl einen Hinweis machen. Und Wirksamkeit muss dann halt im Erbscheinsverfahren geprüft werden.

  • ... Und Wirksamkeit muss dann halt im Erbscheinsverfahren geprüft werden.

    Hilf mir, ich stehe geade auf dem Schlauch, ich dachte ein Testament mit Eröffnungsprotokoll ersetzt einen Erbschein im Rechtsverkehr? Nur als Ausnahme oder hab ich da was falsch verstanden? Ist auch 25 Jahre her....

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  • ... Und Wirksamkeit muss dann halt im Erbscheinsverfahren geprüft werden.

    Hilf mir, ich stehe geade auf dem Schlauch, ich dachte ein Testament mit Eröffnungsprotokoll ersetzt einen Erbschein im Rechtsverkehr? Nur als Ausnahme oder hab ich da was falsch verstanden? Ist auch 25 Jahre her....

    Es handelt sich um ein privatschriftliches Testament.

  • Hallo, ich hätte gerne eure Meinung zu folgendem Sachverhalt:
    Der Sohn der Erbl. erscheint und will einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragen. Auf die Frage, ob Testamente vorhanden sind, gibt er an, dass er ein (vermutlich Berliner Testament) seiner Eltern bei sich in Verwahrung hatte, dieses aber nicht mehr findet.
    Ich habe ihn daraufhin weggeschickt, da er das Testament nochmal suchen und ggf. zur Eröffnung einreichen wollte.
    Nach 10 Monaten erscheint er jetzt wieder und teilt mit, dass er den Erbschein nunmehr nach gesetzlicher Erbfolge beantragen möchte, da er das Testament nicht finden konnte.

    Würdet ihr den Erbscheinsantrag aufnehmen? Ggf. hat die Erblasserin das Testament selbst vernichtet. Der Sohn weiß es nicht. Ich würde den Erbscheinsantrag jetzt aufnehmen und den weiteren Erben zur Anhörung schicken.
    Die testamentarischen Erben wären identisch mit den gesetzlichen Erben

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (8. August 2022 um 10:29)

  • Der Antragsteller war sich sicher, dass er das Testament an sich genommen und höchstwahrscheinlich selbst verbummelt hat.
    Die Möglichkeit der Vernichtung durch die Erblasserin kam nur auf meine Nachfrage.
    Er hat jetzt eidesstattlich versichert, dass keine letztwillligen Vfg`en vorhanden sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (8. August 2022 um 15:33)

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