Bedingungseintritt Nacherbfolge unklar

  • Gemeinschaftliches Testament, gegenseitige Erbeinsetzung mit folgender Klausel:

    "Sollte der Längstlebende von uns sich wieder verheiraten oder ein eheähnliches Verhältnis mit einem anderen Partner eingehen, dann soll dieses Testament als aufgelöst geltend und die gesetzliche Erbfolge soll eintreten."

    Wegen der Wiederverheiratung ist mir der Bedingungseintritt ja klar, aber wie soll denn das Bestehen eines "eheähnlichen Verhältnisses" nachgewiesen werden. Haltet ihr diese Klausel insoweit für zulässig?

    Und wenn nicht, welche Auswirkungen hat das auf das Tesatment?Die Ehefrau möchte morgen früh einen Erbscheinsantrag stellen. HILFE!

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • Steht der in einem Scheidungsvergleich zugesagte Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten unter der auflösenden Bedingung der Wiederverheiratung, so erlischt der Unterhaltsanspruch, wenn der Unterhaltsberechtigte über Jahre hinweg in einem eheähnlichen Verhältnis lebt.

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.01.1980 - 5 U 27/79

  • Holus bauchus würde ich den Erbschein mit der angeordneten Vor- und Nacherbfolge erteilen. Es obliegt dann doch den Nacherben den Eintritt der Vor- und Nacherbfolge zu beweisen. Diese würden sich dann an das NLG wenden mit einem neuen Erbscheinsantrag, das NLG müsste dann den Erblasserwillen erforschen, was dieser mit "eheähnliches Verhältnis" gemeint hat (Orientierung evtl. an § 1353 BGB), notfalls müssten die Erben Klage auf Feststellung des Eintritts erheben.

    Man könnte m.E. den Erben noch dazu raten, einen notariell beurkundeten Auslegungsvertrag analog § 2385 BGB zu schließen, in dem sie den Eintritt des "eheähnlichen Verhältnisses" festlegen. Dieser könnte dann zumindest eine Indizienwirkung für das Nachlassgericht bei einer späteren Auslegung haben, wäre diesem gegenüber aber nicht bindend, würde aber Wirkung unter den Erben entfalten.

    Die auslegungsbedürftige Verfügung hindert m.E. die Erteilung eines ebenso auslegungsbedürftigen Erbscheins aber nicht und macht die Verfügung auch nicht unwirksam.

  • Würde ich ähnlich sehen, denn der Begriff des "eheähnlichen Verhältnisses" ist ja doch nicht selten und wurde auch bestimmt desöfteren in der Rechtsprechung schon näher definiert. Dadurch ist der Bedingungseintritt aber bestimmbar. Im vorliegenden Fall kann der Bedingungseintritt evtl. nur nach einer richterlichen Entscheidung nachgewiesen werden.

  • Ich hatte schon solche Fälle. Der Vorerbenerbschein wurde jeweils unproblematisch erteilt. Alles andere ist eine Frage des Nachweises.

    Im vorliegenden Fall wird sich die Witwe kaum zum Abschluss eines Auslegungsvertrags bereit erklären. Warum sollte sie sich dadurch -nacherbschaftsrechtlich gesehen- ihr eigenes Grab schaufeln?

  • Ich danke euch sehr!

    Ich würde also in den Erbschein folgenden Passus aufnehmen:
    "Es ist eine durch Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses oder Wiederheirat der Erbin aufschiebend bedingte und damit eintretende Nacherbfolge angeordnet" ?:gruebel:

    Ich liebe dieses Amtsdeutsch ... ;)

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  • Ich habe noch zwei Fragen:

    Wie steht es mit der Befreiung der Vorerbin? Bei bedingten Nacherbfolgen ist dies in der Regel anzunehmen.

    In welchem Güterstand haben die Eheleute gelebt? Wenn mit Eintritt der Nacherbfolge die gesetzliche Erbfolge zum Zuge kommen soll, dann ist Nacherbfolge nur für die Erbteile angeordnet, die den gesetzlichen Erbteil des Ehegatten übersteigen. Denn für diesen ist der Ehegatte in jedem Fall Vollerbe.

  • gute Fragen!

    Bei der Wiederverheiratungsklausel im gemeinschaftlichen Testament ist - soweit ich weiß - stets von einer befreiten Vorerbschaft auszugehen.

    Wegen des Güterstands habe ich noch keine Angaben, die Eheleute sind zu 1/2 im Grundbuch eingetragen, ich gehe daher erst einmal von Zugewinngemeinschaft aus, werde bei Erbscheinserteilung aber sowieso nocheinmal genauer nachfragen.

    Für den Fall der Zugewinngemeinschaft: Das hieße also, dass die bedingte Nacherbschaft nur insgesamt einen 1/2 Erbanteil (also den der Kinder) umfasst?

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • Wenn mit Eintritt der Nacherbfolge die gesetzliche Erbfolge zum Zuge kommen soll, dann ist Nacherbfolge nur für die Erbteile angeordnet, die den gesetzlichen Erbteil des Ehegatten übersteigen. Denn für diesen ist der Ehegatte in jedem Fall Vollerbe.

    Seh ich auch so. Die Nacherbfolge kann auf Bruchteile des Nachlasses beschränkt werden, auch bei nur einem Erben ist die Aufteilung des Nachlasses in der Weise möglich, dass teilweise Vor- und Nacherbschaft, teilweise Vollerbschaft angeordnet ist (BayObLG 61, 200).

    Ist aber nicht so einfach das Ganze. Will die F das Grdst. verschenken, so kann sie dies auf Grund der Nacherbfolge nicht, als Vollerbin aber schon.

    Wat den nu?

  • Ich unterstelle jetzt einmal den gesetzlichen Güterstand und stelle folgende Formulierung zur Diskussion:

    ... ist beerbt worden von (Ehefrau) als Alleinerbin.

    Für eine Erbquote von 1/2 ist Nacherbfolge angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin oder mit der Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses seitens der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben -mit Ausnahme der Vorerbin- sind diejenigen Personen, die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls neben der Vorerbin nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge die gesetzlichen Erben des Erblassers wären.

  • Ich unterstelle jetzt einmal den gesetzlichen Güterstand und stelle folgende Formulierung zur Diskussion:

    ... ist beerbt worden von (Ehefrau) als Alleinerbin.

    Für eine Erbquote von 1/2 ist Nacherbfolge angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin oder mit der Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses seitens der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben -mit Ausnahme der Vorerbin- sind diejenigen Personen, die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls neben der Vorerbin nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge die gesetzlichen Erben des Erblassers wären.

    Nacherben -mit Ausnahme der Vorerbin- sind diejenigen Personen, die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls neben der Vorerbin nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge die gesetzlichen Erben des Erblassers wären.

    Man könnte überlegen, ob man "im ZP des Nacherbfalls" weglässt, und den Personenkreis auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers abstellt. Allerdings müssten die Personen denknotwendig die selben sein, daher wohl Streit um Kaisers Bart.

    Da nach § 2363 BGB die Person der Nacherben zu nennen sind und zwar mglst. genau, d.h. mit Namen (BayObLG 83, 252), würde ich noch formulieren:

    Zum Kreis der gesetzlichen Erben des Erblassers gehören: A, B, C.

    Zum Punkto Auslegungsvertrag: Ich denke durchaus, dass Familien einen solchen Vertrag schließen würden, um Rechtsklarheit für die Zukunft zu haben. Ich zumindest hätte Interesse an einem solchen Vertrag. Nicht notariell beurkundete Auslegungsverträge sind übrigens nach überwiegender Meinung in Literatur formnichtig.

  • Das ist nach meiner Ansicht nicht möglich. Denn wie soll z.B. das Kind A Nacherbe werden, wenn es zwischen Vorerbfall und Nacherbfall verstirbt?

    Wenn man auf die gesetzliche Erbfolge beim Eintritt des Vorerbfalls abstellt und nicht auf diejenige beim Eintritt des Nacherbfalls (Auslegungsfrage!), sind die Nacherben schon heute namentlich bekannt, während sie unbekannt sind, wenn man insoweit auf den Nacherbfall abstellt. Im ersteren Fall müsste man z.B. A, B und C namentlich als Nacherben benennen und von einer Ersatznacherbfolge gemäß § 2069 BGB ausgehen.

  • ... ist beerbt worden von (Ehefrau) als Alleinerbin.

    Für eine Erbquote von 1/2 ist Nacherbfolge angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin oder mit der Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses seitens der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben -mit Ausnahme der Vorerbin- sind diejenigen Personen, die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls neben der Vorerbin nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge die gesetzlichen Erben des Erblassers wären.



    Klingt gut.

    Ich würde noch dazu aufnehmen: "das bedingte Nacherbanwartschaftsrecht nicht vererblich"

    Das beinhaltet ja dann auch, dass zu Ersatznacherben die Abkömmlinge der Nacherben bestimmt sind. Muss das auch in den Erbschein?

    Ich muss insoweit um Entschudigung bitten, bin relativer Nachlassneuling und dies ist der erste Erbschein mit Wiederverheiratungsklausel. :oops:

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  • Wie gesagt, muss zunächst entschieden werden, ob die Personen zu Nacherben berufen sind, die beim Eintritt des Vorerbfalls neben der Ehefrau die gesetzlichen Erben wären (dann bei Abkömmlingen auch § 2069 BGB unter Ausschluss der Vererblichkeit) oder ob auf den Personenkreis der -heute unbekannten- gesetzlichen Erben im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls abzustellen ist (dann spielt § 2069 BGB und eine evtl. Vererblichkeit keine Rolle, weil die Persönlichkeit der Nacherben ja erst beim Nacherbfall bestimmt wird). Vielleicht liegt ersteres sogar näher, weil die Ehegatten mit den "gesetzlichen" Erben in erster Linie sicher ihre Kinder und nicht entferntere Verwandte (z.B. Enkel nach dem Wegfall eines Kindes) im Auge hatten.

    Dann müsste der Vermerk (bei drei Kindern) etwa wie folgt lauten:

    ... ist beerbt worden von (Ehefrau) als Alleinerbin.

    Für eine Erbquote von 1/2 ist Nacherbfolge angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin oder mit der Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses seitens der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben sind A, B und C zu gleichen Anteilen. Es ist jeweils Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB angeordnet.

  • Die erste Variante macht in meinem Fall mehr Sinn: Nach Aussage der Ehefrau sollten die Kinder ein bißchen Geld bekommen, wenn sie einen neuen Partner findet und dann wieder finanziell besser versorgt ist.

    Die Ehefrau war in einem Gespräch vorhin völlig entsetzt, was ihr Ehemann (der das Testament für beide aufgesetzt hatte) da nun wieder angerichtet hat - und vor allem, dass sie es nicht mehr ändern kann.

    Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht...

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • Die gesetzliche Auslegungsregel des § 2066 Satz 2 BGB gibt Cromwell insofern recht, dass es für die Frage, wer Nacherbe wird auf den Zeitpunkt des Nacherbfalls ankommt.

    Allerdings enthält § 2066 BGB ja nur eine subsidiäre gesetzliche Auslegungsregel, vorrangig ist der Erblasserwille zu erforschen, der m.E. auch in Richtung gesetzliche Erben zum ZP des vorerberfalls gehen könnte (davon würde ich zumindest als EL denken).

    Schließt man sich § 2066 Satz 2 an, stehen die Nacherben heute noch nicht fest und haben folglich auch kein Nacherbenanwartschaftsrecht.

    Ich würde auch sagen, dass an die Stelle von Kind A nach § 2069 BGB dessen Abkömmlinge treten, soweit solche nicht vorhanden sind, eben Anwachsung an die übrigen Kinder.

    Allerdings könnte man auch sagen, man braucht § 2069 BGB nicht, da ja auf die gesetzliche Erbfolge abgestellt wird (bei der § 2069 unnötig ist). NAcherben sind eben die gesetzlichen Erben zum Zeitpunkt des Nacherbfalls. Diese sind leicht zu ermitteln. An Stelle eines vorberstorbenen Kindes treten insofern dessen Abkömmlinge § 1930 BGB.

    Ob § 1930 BGB oder § 2069 BGB ist im Ergebnis aber egal.


    Dann müsste der Vermerk (bei drei Kindern) etwa wie folgt lauten:

    ... ist beerbt worden von (Ehefrau) als Alleinerbin.

    Für eine Erbquote von 1/2 ist Nacherbfolge angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin oder mit der Eingehung eines eheähnlichen Verhältnisses seitens der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben sind die gesetzlichen Erben des Erblassers, die beim Eintritt des Nacherbfalls zum Kreis der gesetzlichen Erben des Erblassers gehören würden.

  • ... da nun wieder angerichtet hat :)

    Enthält das gemeinschaftliche Testament überhaupt eine Schlusserbeneinsetzung? Im Ausgangsposting war davon nicht die Rede.

    #16: Man muss differenzieren. Ist die gesetzliche Erbfolge im Zeitpunkt des Vorerbfalls maßgeblich (#14), haben wir namentlich bekannte Nacherben (Kinder). Dann braucht man auch § 2069 BGB. Wenn auf den Nacherbfall abzustellen ist, ist statt § 1930 BGB wohl § 1924 Abs.3 BGB gemeint.

  • Ich dachte zunächst, § 2069 BGB gilt nur zwischen Testamentserrichtung und Erbfall. § 2069 BGB gilt anscheinend aber auch dann, wenn der Vorerbfall bereits eingetreten ist und der Nacherbfall noch aussteht. § 2069 ist also richtig.

    Grundsätzlich gälte aber § 2108 Abs. 2, wonach das NAcherbenanwartschaftsrecht vererblich ist (dann bräuchte man § 2069 gerade nicht, da es sich ja vererbt). Die Vererblichkeit ist hier aber gerade ausgeschlossen, womit es bei § 2069 BGB bleibt, § 2108 Abs. 2 Satz 2 BGB, 2074 (siehe auch Palandt, § 2069 RN 6, § 2108 RN 2).

    Wenn man auf den Nacherbfall abstellt gilt natürlich nicht § 1930, sondern § 1924 Abs. 3 BGB.

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