Freigaben aus dem Vermögen nach FamFG

  • Der Verfahrenspfleger ist selbstverständlich gesetzlicher Vertreter des Betroffenen (Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser § 67 Rn.15). Das war unter Geltung des FGG so und dies gilt unverändert weiter. Also kann der Verfahrenspfleger für den Betroffenen auch einen wirksamen Rechtsmittelverzicht erklären. Ob der Betroffene selbst verfahrensfähig ist, hat damit nichts zu tun.

    Es ist mir unverständlich, weshalb die rechtliche Stellung eines Verfahrenspflegers hinterfragt wird, obwohl diese schon längst geklärt ist. Das FamFG klärt negativ, wer nicht gesetzlicher Vertreter ist: Der Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs.4 S.6 FamFG.




    Das sehe ich anders. Sowohl dem Betroffenen als auch dem Verfahrenspfleger steht ein eigenständiges Beschwerderecht zu, siehe nachfolgenden Text aus Bumiller/Harders, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 9. Auflage, § 276 Rn. 1 und 2:



    1. Stellung des Verfahrenspflegers

    Die durch BtG eingeführte Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers dient dem Schutz des Betroffenen. Er soll den Betroffenen unterstützen und nicht, wie etwa der Prozesspfleger des § 53 ZPO ersetzen. Durch die Bestellung des Verfahrenspflegers wird die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen nicht berührt. Der Verfahrenspfleger unterliegt weder der Aufsicht des Gerichts noch ist er an Weisungen des Betroffenen gebunden. Er hat jedoch dessen objektive Interessen wahrzunehmen.

    Durch das FGG-Reformgesetz ist die Stellung des Verfahrenspflegers gestärkt worden. § 274 II bestimmt, dass er, wenn er nach § 276 I im Interesse des Betroffenen bestellt wird, zugleich Beteiligter ist. Er wird ohne weiteren Hinzuziehungsakt durch seine Bestellung Beteiligter. Er hat alle Rechte und Pflichten eines Beteiligten mit Ausnahme der Pflicht zur Kostentragung (§ 276 VII). Aus dieser verfahrensrechtlichen Eigenständigkeit des Pflegers folgt die Möglichkeit widersprechender Verfahrenshandlungen und Rechtsmittel des Betroffenen und des Pflegers. Das Gericht hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht die widersprechenden Verfahrenshandlungen in seine Erwägungen einzubeziehen; widersprechende Rechtsmittel sind eigenständig zu entscheiden. Es ist jedoch zu beachten, dass rechtsgetaltende Entscheidungen sachlich notwendig einheitlich ergehen müssen.

  • Ernst P. zu #40:

    Nicht immer sind es die Rechtspfleger , die sich ( zuviel ) Gedanken machen.
    Häufig sitzen ( auch bzgl. Anhörungen u. Zustellungen ) einem auch die FGG-Referenten des Land- oder Amtsgerichts im Nacken.
    Die Justizverwaltung fürchtet halt ständig den Amtshaftungsfall.

    Bzgl. dieser "Berufsgruppe" von Menschen habe ich wegen meiner sachlichen Unabhängigheit allerdings ein sehr entspanntes Verhältnis.;)

  • Bzgl. dieser "Berufsgruppe" von Menschen habe ich wegen meiner sachlichen Unabhängigheit allerdings ein sehr entspanntes Verhältnis.;)



    Ich auch.

    Ich frage mich halt immer nur, warum diese "Berufgruppe" immer nur bei der rechtspflegerichen Tätigkeit den Amtshaftungsfall fürchtet, aber alles was die Richter machen, nach deren Ansicht richtig zu seien scheint.

    Klassisches Beispiel:

    Bei Einrichtung der Betreuung wird kein Verfahrenspflegers seitens des Richters bestellt und niemand bemängelt dies.

    Im Vergütungsfestsetzungsvefahren, welches wohl das Minus zum Plus der Betreuungseinrichtung darstellen dürfte, machen sich die Rechtspfleger und/oder die o. g. Berufsgruppen einen Kopp, warum denn kein Verfahrenspfleger bestellt wurde, ob das nicht gegen das GG verstößt usw. ...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (18. September 2009 um 18:31)

  • Mich würde interessieren, auf welche Vorgehensweise ihr euch bzgl. der Freigaben an den jeweiligen Gerichten geeinigt habt.

    Wir sind nämlich noch am Grübeln, ob wir tatsächlich bei jedem Antrag (z. B. Umbuchung vom Sparbuch auf Girokonto) den Betroffenen zuvor schriftlich anhören oder bei nicht bestehender Anhörbarkeit gar einen Verfahrenspfleger bestellen sollten/müssten.

    Auf eure Meinungen wäre ich gespannt.

  • Keine (vorherige) Anhörung, keine Verfahrenspflegerbestellung. Insoweit keine Änderung zum Verfahren nach dem FGG.

    Es erfolgt direkt die Freigabe per Beschluss, mit RMB und Gründen, sowie Hinweis gem. § 40 Abs. 2 FamFG, Zustellung an alle Beiteilgten und der Betreute erhält bei Zustellung gleichzeitig eine Kopie des Freigabeantrags.

    Die Geschäftsstelle bescheinigt auf dem Beschluss dessen Erlass (§ 38 Abs. 3 S. 3 FamFG) und entscheidet, sofern kein ausdrücklicher Antrag auf RK-Attest gestellt wurde, in eigener Zuständigkeit, ob sie in dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung einen (konkludenten) Antrag auf Erteilung der Genehmigung oder nicht, und ob sie die Sprungrechtsbeschwerde gegen den Beschluss für gegeben hält oder nicht und ob sie vor Erteilung des RK-Attestes einen Anfrage an den BGH macht oder nicht.

    So und jetzt steinigt mich...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • In einem anderen thread und hier in #46 wird die Entscheidung, ob RK vorliegt oder nicht, der GSt. überlassen. Formaljuristisch kann sie das entscheiden, sie ist auch nach ihrer Ausbildung dazu in der Lage.
    Irgendwie kann ich mich aber des Gefühls nicht erwehren, dass sich hier verpisst (Bitte an alle Damen um Verzeihung für den Ausdruck) wird. Was ein Rpfl. nicht 100%ig weiß (wie die heißen Diskussionen zeigen), kann die GSt. erst recht nicht wissen.

  • Es ist ja nicht so, dass ich der Geschäftsstelle für Rückfragen nicht zur Verfügung stehe...

    Meine Meinung zur Qualifikation der Geschäftsstelle habe ich bereits in dem anderen Thread zum Ausdruck gebracht.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Keine (vorherige) Anhörung, keine Verfahrenspflegerbestellung. Insoweit keine Änderung zum Verfahren nach dem FGG.

    Es erfolgt direkt die Freigabe per Beschluss, mit RMB und Gründen, sowie Hinweis gem. § 40 Abs. 2 FamFG, Zustellung an alle Beiteilgten und der Betreute erhält bei Zustellung gleichzeitig eine Kopie des Freigabeantrags.





    Also sollten wir auch an den Betreuer eine (förmliche) Zustellung veranlassen, damit dieser ggf. gegen den von ihm beantragten Beschluss Rechtsmittel einlegen kann. :(

    Irgendwie finde ich das ziemlich sinnfrei, aber das ist ja bei anderen Regelungen im FamFG genauso.

  • Aber klar. Wie will der UdG denn ohne förmliche Zustellung an den Betreuer prüfen, ob die Rechtsmittelfrist für den Betreuer in seiner Stellung als Beteiligter überhaupt angefangen hat zu laufen und wann diese abgelaufen ist? Diese Fragen müssen aber vom UdG eindeutig (!) beantwortet werden können, bevor ein Rechtskraftattest erteilt werden kann. Eine "relative" formelle Rechtskraft nur ggü. dem Betreuten, weil nur an diesen zuzustellen ist, sieht das Gesetz nicht vor. Daher Zustellung an alle (!) Beteiliten des Genehmigungsverfahrens. Der "Muss-" und "Kann-Beteiligten" ergeben sich aus dem FamFG.

    Kleiner Trost: Bei Berufsbetreuern wird man wohl gegen EB zustellen (können).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Das ist natürlich richtig und entspricht vollkommen dem Gesetz.

    Interessieren würde mich dennoch, ob das auch bei anderen Gerichten so konsequent umgesetzt wird.

  • In Fällen ohne Zustellung kann die Zugangsfiktion nach § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG herangezogen werden. Dann muss die Geschäfstelle halt ausgehend vom eigenen Erledigungsvermerk rechnen, wann die Frist beginnt.




    M. E. reicht ein einfacher Abfertigungsvermerk für die "Aufgabe zur Post" nicht aus.

    Vielmehr muss eine richtige Bescheinigung erstellt werden, auf der der Wachtmeister bescheinigt, wann er das Schriftstück dem Postunternehmen übergeben hat.

    Aufgrund dieser Umständlichkeit werden wir bei uns am Gericht wohl auf die Aufgabe zur Post verzichten und weiter mittels ZU bzw. EB zustellen.

  • Wir haben uns hier vorerst darauf verständigt, den Zugang pauschal vier Tage nach Abfertigungsvermerk anzunehmen. Damit sind dann auch die Fälle abgedeckt, in denen der UdG den Beschluss in sein Auslauffach wirft, die Post tatsächlich aber erst am nächsten Tag bei den Wachtmeistern rausgeht.




  • Der reine Abfertigungsvermerk reicht auf keinen Fall. Auch bei uns bescheinigt der Wachtmeister, wann das Schriftstück dem Postunternehmen übergeben wurde, die Geschäftsstelle bescheinigt dann, wann bekanntgegeben wurde.

    Wir haben uns hier vorerst darauf verständigt, den Zugang pauschal vier Tage nach Abfertigungsvermerk anzunehmen. Damit sind dann auch die Fälle abgedeckt, in denen der UdG den Beschluss in sein Auslauffach wirft, die Post tatsächlich aber erst am nächsten Tag bei den Wachtmeistern rausgeht.



    Das wird im Zweifelsfall nicht halten.



  • Auch bei uns bescheinigt der Wachtmeister, wann das Schriftstück dem Postunternehmen übergeben wurde, die Geschäftsstelle bescheinigt dann, wann bekanntgegeben wurde.



    Wie muss ich mir das in der Praxis denn vorstellen? Notieren sich eure Wachtmeister fein säuberlich sämtliche Aktenzeichen aller Schreiben die rausgehen mit Datum und geben die Liste dann an die Geschäftstelle, die sich dann wieder jede Akte hersuchen und entsprechende Vermerke machen? Entschuldige die dumme Frage, aber ich stell mir das gerade mal bei uns vor (sind ein größeres Gericht). Da können wir gleich noch ein paar Wachtmeister einstellen. Die bekommen bei uns die Briefe fertig einkuvertiert und machen sie bloß noch versandfertig.

    Ob unsere Vorgehensweise haltbar wäre, muss die Praxis zeigen. Dass man darüber diskutieren kann, bestreite ich nicht.



  • Wie muss ich mir das in der Praxis denn vorstellen? Notieren sich eure Wachtmeister fein säuberlich sämtliche Aktenzeichen aller Schreiben die rausgehen mit Datum und geben die Liste dann an die Geschäftstelle, die sich dann wieder jede Akte hersuchen und entsprechende Vermerke machen? Entschuldige die dumme Frage, aber ich stell mir das gerade mal bei uns vor (sind ein größeres Gericht). Da können wir gleich noch ein paar Wachtmeister einstellen. Die bekommen bei uns die Briefe fertig einkuvertiert und machen sie bloß noch versandfertig.

    Ob unsere Vorgehensweise haltbar wäre, muss die Praxis zeigen. Dass man darüber diskutieren kann, bestreite ich nicht.



    Nein, an dem Schriftstück hängt eine Art EB dran, die der Wachtmeister ausfüllt.

  • In der Fam-Abteilung wird es praktiziert, wie ich gehört habe.

    Bei Aufgabe zur Post wird dort ein entsprechender Vordruck mit dem Schreiben dem Wachtmeister übergeben. Nach Vermerk von ihm, wann er das Schreiben zur Post gegeben hat, erhält die Geschäftsstelle den ausgefüllten Vordruck zurück und heftet ihn als Nachweis in die Akte.



  • M. E. reicht ein einfacher Abfertigungsvermerk für die "Aufgabe zur Post" nicht aus.




    Der reine Abfertigungsvermerk reicht auf keinen Fall.

    Wir haben uns hier vorerst darauf verständigt, den Zugang pauschal vier Tage nach Abfertigungsvermerk anzunehmen. Damit sind dann auch die Fälle abgedeckt, in denen der UdG den Beschluss in sein Auslauffach wirft, die Post tatsächlich aber erst am nächsten Tag bei den Wachtmeistern rausgeht.


    Das wird im Zweifelsfall nicht halten.



    Da kann ich im Gesamten nur "so ist es" zu sagen.

    Zur Aufgabe zur Post s. z. B. hier.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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