Erbverzicht

  • Hallo,

    meine Erblasserin hat in einem Vertrag ihrer Tochter A Grundbesitz übertragen. In diesem Vertrag verzichtet Tochter B -soweit es sich um diesem Grundbesitz handelt- auf sämtliche Erb- und Pflichtteilsrechte. Meine Frage nun, erbt Tochter B nach dem Tod der Erblasserin oder ist sie wegen dieses Verzichts ausgeschlossen von der Erbfolge? Handelt es sich nur um einen eingeschränkten Erbverzicht (würde ja gegen die Universalsukzession laufen)?

  • Genau das habe ich mich auch schon gefragt. Grade in den älteren Urkunden wird dazu meist nicht ausdrücklich etwas gesagt. Im Palandt (§ 2348 Rn 3) steht jedoch, dass darin kein Erbverzicht gesehen werden kann. Zumindest versteh ich es so.

    Ich denke sie müsste sich dann den Wert des Grundstückes auf ihren Erbteil anrechnen lassen.

  • In diesem Vertrag verzichtet Tochter B -soweit es sich um diesem Grundbesitz handelt- auf sämtliche Erb- und Pflichtteilsrechte.




    Genau diese Formulierung läßt den Rückschluss zu, dass es eben gerade kein allgemeiner Erbverzicht sein sollte.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ein teilweiser Erbverzicht ist grundsätzlich zulässig. Ein Erbverzicht kann aber nur insoweit eingeschränkt werden, als die Beschränkungen mit dem Grundsatz der Unsiversalsukzession vereinbar sind. Der Verzicht kann daher auf einen ideellen Bruchteil des gesetzlichen Erbrechts beschränkt werden. Dagegen ist ein Verzicht hinsichtlich eines einzelnen Gegenstandes (wie in diesem Fall) nicht zulässig. Ein unwirksamer gegenständlich beschränkter Erbverzicht kann aber u.U. in einen Verzicht auf einen Bruchteil des Nachlasses umgedeutet werden.

    Es wird in der Praxis oft so verfahren wie in diesem Fall. Gemeint bzw. gewollt dürfte kein kompletter Verzicht sein, sondern es geht nur um den Verzicht hinsichtlich des Grundbesitzes.

  • Meine Frage nun, erbt Tochter B nach dem Tod der Erblasserin oder ist sie wegen dieses Verzichts ausgeschlossen von der Erbfolge?



    Der auf einen Bruchteil beschränkte Erbverzicht hat zur Folge, dass der Verzichtende nur zu dem verbleibenden Bruchteil Miterbe wird. Die Tochter erbt also.

  • Wenn beide Töchter zu je ½ Anteil erben, würde der Erbverzicht nicht berücksichtigt. Für die Bestimmung des Bruchteils, auf den verzichtet wurde, ist das Verhältnis des Wertes des Grundbesitzes zum Gesamtnachlass im Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend. 

  • Um noch einmal auf das Eingangsposting zurückzukommen : Wenn die Erblasserin der einen Tochter das Grundeigentum bereits zu Lebzeiten vertraglich übereignet hat, dann fällt dieses doch überhaupt nicht mehr in deren Nachlass, so dass insoweit "nichts mehr zum verzichten vorhanden" ist ?!

    Ist der Erb- und Pflichtteilsverzicht dann in einen Verzicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) umzudeuten ?

    I.Ü.: Könnte man bei einem in den Nachlass fallenden Gegenstand, da es sich eben um einen Gegenstand handelt, einen teilweisen Erbverzicht nicht als Vorausvermächtnis zugunsten der übrigen Miterben ansehen ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Der zu Lebzeiten übertragene Grundbesitz muss ja nicht der einzige Vermögensgegenstand gewesen sein. Selbst wenn es sich um den einzigen Vermögensgegenstand gehandelt hätte, wäre es möglich, dass nach Erklärung des Erbverzichts weiteres Vermögen hinzugekommen ist. Man denke nur daran, dass die Erblasserin vor ihrem Tod noch im Lotto gewonnen haben könnte. Schon allein daraus ergibt sich, dass die Erklärung eines vollständigen Erbverzichts mit all seinen gesetzlich verbundenen Ansprüchen nicht zutreffend wäre. Aus diesem Grund wurde der Verzicht gegenständlich beschränkt, was aufgrund Unzulässigkeit in einen Bruchteilsverzicht umzudeuten ist.

    Ein Vorausvermächtnis wird einem Erben ohne Anrechnung auf den Erbteil zugewendet. Allerdings entsteht der Anspruch auf die Übertragung des Vermächtnisses erst frühestens mit dem Eintritt des Erbfalls. Bei der Übertragung des Grundbesitzes und Erklärung des Erbverzichts handelt es sich um Rechtsgeschäfte unter Lebenden.

  • Nach meiner Auffassung ist hier ein Bruchteilserbverzicht nicht in Betracht zu ziehen. Der Verzicht sollte nur für den übertragenen Grundbesitz erklärt werden. Das ist nur in Form des Pflichtteilsverzichts möglich. Dieser wurde erklärt. Der unzulässige Teilerbverzicht ist unwirksam. Er kann nicht in einen Bruchteilserbverzicht umgedeutet werden. Der Erbverzicht sollte nur für den Grundbesitz gelten, der nicht mehr zum Nachlaß gehört. Dies wird schon vom Pflichtteilsverzicht umfasst. Für das den künftigen Nachlaß bildende Restvermögen der Erblasserin sollte kein Verzicht erfolgen. Also fehlt jede Grundlage für die Annahme eines Bruchteilserbverzichts.

  • Ich würde mich gern hier dran hängen:

    Ich habe folgenden Fall:
    Der Erblasser überträgt zu Lebzeiten den Grundbesitz seinem Sohn a . Wegen groben Undanks wird der Grundbesitz zurück übertragen. In der Urkunde wird vereinbart: Der Sohn verzichtet insbesondere bezüglich des Grundeigentums auf jegliche Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche.

    Nun habe ich einen Erbscheinsantrag der Ehefrau vorliegen, gesetzl Erbfolge Ehefrau 1/2, Kinder a+b je 1/4
    Da es sich jedoch um keinen vollständigen Erbverzicht handele, sei der Sohn a im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge weiterhin Miterbe.

    Auf meine Nachfrage, ob nicht eine Umdeutung in einen Bruchteilsverzicht erfolgen müsste, antwortete der Notar, es sei nur eine schuldrechtliche Vereinbarung, die für den Erbscheinsantrag nicht relevant sei.

    Ich habe nun im Müko und Palandt gefunden, dass eine Umdeutung in einen Bruchteilsverzicht entsp. § 2087 BGB erfolgen kann.
    Wie würdet ihr das sehen? Oder wäre der Vertrag eine Regelung für die Auseinandersetzung und hätte im Erbscheinsverfahren keine Relevanz.

    Vielen Dank für die Meinungen

  • Da wird es wohl Auslegungsfrage sein,

    • ob nur ein Pflichtteilsverzicht gewollt war und der "gegenständlich beschränkte Erbverzicht" nur notarieller Nonsens war (Folge: gesetzliches Erbrecht besteht uneingeschränkt fort), oder
    • ob auf eine Quote am Nachlasses, welche dem Wert des Hauses im Verhältnis zum übrigen Nachlass (oder dem auf den A entfallenden Teil des Nachlasses) verzichtet werden sollte -> Quotenverzicht, dann muss auch zu den jeweiligen Werten und den sich daraus ergebenden Quoten vorgetragen werden.

    Wenn die Ehefrau und die anderen Erben erklären, es sei damals nur ein Pflichtteilsverzicht gewollt gewesen, dann wird man das wohl so hinnehmen müssen. Die andere Auslegung setzt voraus, dass dem Notar grobe Formulierungsfehler unterlaufen sind (und/oder er nicht wußte, dass es gegenständlich beschränkte Erbverzichte eigentlich nicht gibt).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich würde mich gern hier dran hängen:

    Ich habe folgenden Fall:
    Der Erblasser überträgt zu Lebzeiten den Grundbesitz seinem Sohn a . Wegen groben Undanks wird der Grundbesitz zurück übertragen. In der Urkunde wird vereinbart: Der Sohn verzichtet insbesondere bezüglich des Grundeigentums auf jegliche Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche.

    Also ist es ein Gesamtverzicht und die hier aufgeworfenen Fragen stellen sich nicht.

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