Anhörung bei Geldanlage erforderlich ?

  • Betreuer möchte 170.000,-- EUR Festgeld anlegen und bittet um Genehmigung. Der Betreute ist nicht mehr anhörungsfähig. Muss ich nach neuem Recht einen Verfahrenspfleger bestellen oder kann ich von der Anhörung einfach absehen ?

  • Ich halte eine Bestellung des V-Betreuers nach neuem wie altem Recht dann für erforderlich, wenn sie erforderlich ist.
    Hier halte ich sie für erforderlich. Wenn jemand 170.000,00 € anzulegen hat, gibt es bessere Verzinslichkeiten als die aktuell mickrigen Zinsen von Festgeld. Die Risiken bei besserer Verzinsung müssen rausgefummelt werden (es gibt, glaube ich, Internet), die rating-Klasse muss abgeklopft werden. Zu prüfen ist die Diversifizierung, alles in einem Pott ist nicht so gut.
    Für diese Prüfungen haben wir das Institut des V-Pflegers.

    Der Betreuer scheint mir etwas unbeweglich zu sein.

  • Der Streit mit § 40 II FamFG bei §§ 1810, 1811 BGB ist bekannt.

    Es liegt ein Genehmigungsantrag vor. Dieser ist zu bescheiden.

    a)
    Wird die Genehmigung ausgesprochen, gilt § 40 Abs. 2 FamFG. Diese Genehmigung wird also erst wirksam mit der Rechtskraft des Beschlusses, vorher ist sie ein nullum.

    Dass eine ohne Genehmigung getätigte Geldanlage im Sinne von §§ 1810, 1811 BGB wirksam erfolgen kann, ist hierbei ohne Belang.

    b)
    Der Betreuer wird unter Hinweis auf die Innengenehmigung "abgewimmelt". Er dackelt zur Bank und will die Geldanlage vereinbaren.

    b1)
    Die Bank verweist ihn - gleichgültig aus welchen Gründen (fehlerhafte Einschätzung der Wirkung der Innengenehmigung, interne Dienstanweisung) - unter Hinweis auf § 1811 BGB an das Betreuungsgericht, womit er wieder bei mir auf der Matte steht.

    b2)
    Die Geldanlage wird vereinbart. Bei mündelsicheren Anlagen schlecht möglich, aber bei § 1811 BGB sehr gut denkbar ist, dass der Kurswert/Marktwert zusammenschnurrt und die Verluste aus irgendwelchen Gründen realisiert werden müssen. Da haftet der Betreuer allein. Ein Hinweis wie bei #3 Satz 1 halte ich deshalb für eine Zumutung, abgesehen davon, dass wie gesagt gestellte Anträge zu bescheiden sind.

    c)
    Wird die Genehmigung erteilt und vor ihrer Rechtskraft die Geldanlage vereinbart, hat der Betreuer wirksam, aber ohne Genehmigung die Geldanlage getätigt. Haftungsrechtlich siehe oben b2).
    Die spätere Rechtskraft führt meinethalben zum Ergebnis, dass der Staat ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft mithaftet. Vorher aber nicht und auch nicht für die theoretisch zwischen Geldanlagezeitpunkt und Rechtskraft eingetretenen Wertverluste.


    Im übrigen verstehe ich nicht, warum in früheren Beiträgen der Betreuer den Watschenmann macht, wenn er ohne Genehmigung Geld anlegt, er mit Anweisungen im Rahmen des § 1837 BGB bis hin zur Entpflichtungsprüfung bedroht wird, und jetzt soll er ohne Genehmigung Geld anlegen.

    Was hat sich denn bezüglich §§ 1810, 1811 BGB geändert?

  • Eben, es hat sich nichts geändert. Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 1811 BGB ergibt, handelt es sich nicht um eine Genehmigung im Rechtssinne, sondern um eine "Gestattung", die auf die Wirksamkeit der vorgenommenen Geldanlage keinen Einfluss hat. Der gemeinhin -auch von mir- verwendete Begriff der Innen"genehmigung" darf nicht den Blick darauf verstellen, dass die §§ 1828 ff. BGB auf die Gestattung i.S. des § 1811 BGB unstreitig keine Anwendung finden. Damit hat die Gestattung aber keine "Genehmigung eines Rechtsgeschäfts" i.S. des § 40 Abs.2 FamFG zum Gegenstand, weil das besagte Rechtsgeschäft im Rechtssinne überhaupt keiner "Genehmigung" bedarf. Wäre es anders, könnte die Geldanlage vor Rechtskraft des Beschlusses überhaupt nicht wirksam erfolgen (§ 40 Abs.2 S.2 FamFG) und das Problem der "nachträglichen Rechtskraft" könnte sich überhaupt nicht stellen.

    Wenn Du etwas als "Zumutung" betrachtest, müsste es demnach die geltende Rechtslage sein.

  • Ich sehe hier keinen Genehmigungstatbestand (unterstellt, dass Anlage bei der Sparkasse oder eine der großen Privatbanken erfolgen soll) und würde dies dem Betreuer auch so mitteilen.

    Mangels Genehmigungstatbestand kann ich keine Entscheidung treffen.

  • Und was macht ihr, wenn die Bank das nicht mitmacht und die Genehmigung verlangt (der Ausdruck ist den oben genannten §§ entnommen), verweist ihr dann auf das EDV-Programm?

    Wo mit Verlaub ist der Unterschied zwischen "Gestattung" und "Genehmigung"?

  • Die Bank kann viel verlangen. Ist das Rechtsgeschäft nicht genehmigungspflichtig (Außengenehmigung), ist es eben nicht genehmigungspflichtig. Und bedarf es lediglich einer Gestattung nach § 1811 BGB, kann die Bank nicht einmal die Gestattung verlangen, weil die Vertretungsmacht des Vertreters nach außen nicht beschränkt ist.

    Klingt jetzt blöd, ich weiß: Der Unterschied zwischen einer Genehmigung und einer Gestattung ist, dass erstere eine Genehmigung ist und letztere nicht.

  • Cromwell, willst du dem ges. Vertreter helfen oder nicht? Die Bank verlangt die Genehmigung. Ohne sie gibt es keine Geldanlage. So einfach ist das. Der von dir erzwungenen Untätigkeit des Betreuers wiederum steht § 1806 BGB entgegen.

    Die Genehmigung ist vorgesehen in § 1810 als Genehmigung, in § 1811 als Gestattung.
    Da es keinen Sinn hat, Haarspalterei zu betreiben, muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber, der im Bereich des Genehmigungswesens nicht im Sinne von §§ 182 ff formuliert hat, die beiden Begriffe mit gleichem Inhalt versehen hat.

    Keinesfalls ist eine Geldanlage im Sinne von § 1810, 1811 BGB nur deshalb nicht genehmigungspflichtig, weil die Genehmigung keine Aussenwirkung entfaltet.

  • Ich weiß Deine rechtlichen Ausführungen ansonsten sehr zu schätzen, aber diesmal liegst Du nach meiner Ansicht falsch.

    Den §§ 1810 und 1811 BGB ist gemeinsam, dass die Wirksamkeit der betreffenden Geldanlagen nicht von einer gerichtlichen Genehmigung abhängig ist, sondern dass es sich nur Vorschriften handelt, die das Innenverhältnis zwischen Gericht und Vertreter betreffen. Das ist völlig unstreitig, ebenso wie es unstreitig ist, dass die §§ 1828 ff. BGB insoweit nicht anwendbar sind (Palandt/Diederichsen § 1811 Rn.1, § 1828 Rn.2, § 1832 Rn.1). Es liegt demnach in diesen Fällen keine „Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft“ i.S. des § 1828 BGB vor. Damit können die im Anwendungsbereich der §§ 1810 und 1811 BGB zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen aber im Rechtssinne auch keine Beschlüsse sein, die i.S. des § 40 Abs.2 S.1 FamFG „die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand“ haben.

    Es bleibt somit dabei, dass § 40 Abs.2 FamFG auf sog. „Innengenehmigungen“ keine Anwendung findet.

    Auf die von Dir geschilderten „Spielereien“ der Bank würde ich mich keinesfalls einlassen. Ein gerichtlicher Hinweis auf die Rechtslage muss insoweit genügen. Allenfalls könnte man darüber diskutieren, ein Negativattest zu erteilen, aber niemals eine Genehmigung, die eindeutig nicht erforderlich ist. Das Gericht kann sich seine Handlungsweise nicht von irrigen Rechtsauffassungen Dritter diktieren lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur anzuerkennen, wenn das Erfordernis einer Genehmigung -wie manchmal bei Grundstücksgeschäften- rechtlich so oder anders beurteilt werden kann. Hier gebe ich Dir recht, dass es besser ist, eine Genehmigung zuviel als eine zu wenig zu erteilen. Wenn das Erfordernis einer Genehmigung -wie bei den §§ 1810, 1811 BGB- aber völlig zweifelsfrei zu verneinen ist, kommt dies nicht in Betracht.

  • zu #11:
    Die rechtliche Würdigung von §§ 1810, 1811 BGB ist bekannt.

    Falls die dort genannte Genehmigung/Gestattung schlankweg zu ignorieren ist, frage ich mich, warum der Gesetzgeber diese deiner Meinung nach nicht zu beachtenden Vorschriften nicht schon längst gestrichen hat.

    Nochmals:
    Tätigt der Betreuer das Rechtsgeschäft ohne Genehmigung, ist es wirksam.

    Wird die Genehmigung erteilt, wird die Genehmigung erst mit ihrer Rechtskraft wirksam. Dies gilt unabhängig davon, ob der Betreuer das (wirksame) Rechtsgeschäft vor Eintritt der RK tätigt.

    Deine Ausführung:
    "Auf die von Dir geschilderten „Spielereien“ der Bank würde ich mich keinesfalls einlassen. Ein gerichtlicher Hinweis auf die Rechtslage muss insoweit genügen." sieht schön aus, aber die hiesigen Institute lassen sich auf einen solchen Hinweis nicht ein.
    Der Mensch am Schalter hat seine Betriebsanleitung sprich Dienstanweisung. Da steht "roten Knopf drücken". Da steht nicht "roten Knopf ignorieren". Und da kommst du mit deinem Hinweis und lässt den Betreuer zwischen Baum und Borke verhungern.
    Und nochmals: in früheren threads wurden Betreuer, die ohne Genehmigung im Sinne von §§ 1810, 1811 BGB verfuhren, als ungeeignet in der Luft zerrissen.

  • Dass der jeweilige Vertreter verpflichtet ist, nach den §§ 1810 und 1811 BGB zu verfahren, bevor er die betreffende Geldanlage tätigt, steht außer Zweifel. Allerdings betrifft dies nur das Innenverhältnis zum Gericht und nicht das Außenverhältnis zum Rechtsverkehr. Gleichwohl ist es natürlich eine Pflichtwidrigkeit des Vertreters, wenn er die betreffende Geldanlage ohne das Einverständnis des Gerichts tätigt. Dies ist der Grund dafür, dass man die Eignung eines Vertreters bei entsprechendem eigenmächtigen (wirksamen) Handeln im Einzelfall durchaus in Frage stellen kann.

    Der Sinn und Zweck der genannten Vorschriften ist zum einen, dass die umfassende Kontrolle der Vertretertätigkeit durch das Gericht sichergestellt ist (MünchKomm/Wagenitz § 1810 Rn.1) und andererseits, dass sich der Vertreter durch die Einholung des Einverständnisses des Gerichts im gewissen Umfang von der Haftung aus § 1833 BGB im Verhältnis zum Vertretenen befreien kann (MünchKomm/Wagenitz § 1811 Rn.19). Dies alles ändert aber nichts daran, dass die betreffenden Geldanlagen nicht im Sinne eines materiellen Wirksamkeitserfordernisses von der betreffenden Gestattung des Gerichts abhängig sind. Es liegt demnach kein Fall vor, bei welchem eine "Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft" i.S. des § 1828 BGB in Frage steht und bei welchem die Gestattung des Gerichts i.S. des § 40 Abs.2 FamFG "die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand" hat.

    Es steht jedem frei, ob er sich von den Banken im Hinblick auf die angebliche materielle Genehmigungsbedürftigkeit einer Geldanlage auf der Nase herumtanzen lässt. Ich gehöre nicht dazu.

  • § 40 Abs.2 FamFG spricht von der Genehmigung eines Rechtsgeschäfts, § 1828 BGB spricht von der Genehmigung eines Rechtsgeschäfts, § 40 Abs.2 FamFG beschränkt sich somit auf die Fälle der §§ 1828 ff. BGB, §§ 1828 ff. BGB sind auf die Fälle der §§ 1810, 1811 BGB nicht anwendbar, also ist auch § 40 Abs.2 FamFG nicht anwendbar.

    Was Du nicht für "nötig" hältst, ist die Berücksichtigung des unterschiedlichen Regelungsbereichs der genannten Normen als Schlüssel zum Ergebnis (§ 1828 BGB einerseits, §§ 1810, 1811 BGB andererseits). Was im Rechtssinne keine "Genehmigung eines Rechtsgeschäfts" i.S. des § 1828 BGB ist, kann auch nicht "die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts" i.S. des § 40 Abs.2 FamG zum Gegenstand haben.

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