Liebe Forumsteilnehmer,
als Gutachter bin ich unter Anderem in Zwangsversteigerungsverfahren für mehrere Gerichte tätig. Nun hatte ich bei der Bewertung von Grundstücken im Rahmen eines Gerichtsgutachtens ernsthafte Schwierigkeiten mit der beauftragenden Rechtspflegerin bekommen, und zwar aus folgendem Grund:
- Gegenstand der Bewertung waren mehrere benachbarte Grundstücke (also im Grundbuch separat gebucht)
- Beauftragt war die Einzelbewertung der Grundstücke sowie die Bewertung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheit
- Es bestand Überbau von einem Grundstück auf ein anderes Grundstück
- Aufgrund der unterschiedlichen Grundstücksqualität (Bebaubarkeit, Zuschnitt, Lage) der einzelnen Grundstücke war nach meiner Wertermittlung der Vorteil des überbauenden Grundstücks durch den Überbau größer als der Nachteil des überbauten Grundstücks durch den Überbau (Überbaurente berücksichtigt).
- Bei der Einzelbewertung ergab sich für das überbauende Grundstück A ein Verkehrswert "Va", der den Vorteil durch den Überbau in Höhe von X Euro enthielt.
- Für das überbaute Grundstück B ergab sich der Verkehrswert "Vb", der den Nachteil durch den Überbau in Höhe von Y Euro enthielt.
- X ist ungleich Y, wie oben dargestellt
- Bei der Bewertung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheit fallen (zumindest nach meiner Einschätzung) die Vor- und Nachteile durch den Überbau weg, da die Grundstücke als ein Ganzes betrachtet werden.
- Da Vorteil und Nachteil durch den Überbau unterschiedlich groß waren, ergibt sich bei deren Wegfall ein Verkehrswert für die Grundstücke als wirtschaftliche Einheit, der nicht der Summe der Verkehrswerte der Einzelgrundstücke entspricht.
Die Rechtspflegerin war der Meinung, dass die Summe der VW der Einzelgrundstücke IMMER dem Verkehrswert der Grundstücke als wirtschaftliche Einheit entsprechen MUSS, ungeachtet dessen, welche Umstände vorliegen. Sie hat mich daraufhin gebeten, den Verkehrswert entsprechend zu ändern. Nachdem ich ihr den Sachverhalt noch einmal ausführlich zu erklären versucht hatte und den Verkehrswert nicht änderte, nahm Sie bei der gerichtlichen VW-Festsetzung selbst eine entsprechende Änderung vor und hat mich seitdem nicht mehr beauftragt. Auf Nachfrage erklärte Sie, dass meine abweichende Meinung der Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit war.
Da es mir wichtig ist, den Sachverhalt aufzuklären, habe ich diesen hier formuliert und bitte höflich um Stellungnahmen. Im Kollegenkreis habe ich bereits entsprechende Meinungen eingeholt, die meine Auffassung allesamt bestätigen. Es geht mir natürlich nicht in erster Linie darum, der Rechtspflegerin zu zeigen, dass sie sich in dieser Sache geirrt hat, ich möchte allerdings erreichen, meinen Standpunkt ihr gegenüber noch einmal darzulegen, um zukünftig wieder beauftragt zu werden.
Für Feedback schon jetzt herzlichen Dank,
Siegfried Steinfurth