Amtswiderspruch und gesetzlicher Vertreter nach EGBGB

  • Hallo, ich mal wieder...

    Im Grundbuch war eingetragen "Kleingartenverein eV Musterstadt" (eingetragen 1946). Im Jahr 1995 wurde das Grundbuch "berichtigt", aufgrund angeblicher Satzungsänderung wurde der "Kleingartenverein 1930 e.V., Musterstadt" eingetragen.
    1999 stellt das Grundbuchamt fest, dass es keinerlei Rechtsgrundlage für diese Eintragung gibt (bei der Berichtigung wurde lediglich ein notariell beglaubigter Antrag des angeblichen Vereinsvorsitzenden vorgelegt, Registerauszug Fehlanzeige!), nun trug man einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuches ein, zugunsten des "Kleingartenvereins eV Musterstadt".

    Wir beurkundeten nun einen Vertrag, in welchem der Kleingartenverein 1930 e.V., Musterstadt als Veräußerer auftritt.

    Zwischenverfügung des Grundbuchamtes: Es sei ein gesetzlicher Vertreter gemäß Art 233 § 2 EGBGB zu bestellen, da andernfalls kein Vollzug erfolgen könne.
    Ich kann die Zwischenverfügung in keinster Weise nachvollziehen.
    :confused: (Gespräche mit dem bearbeitenden Rechtspfleger führen zu nichts.)

    Meiner Meinung nach kann der Vertrag vollzogen werden, lediglich der Widerspruch muss drin bleiben.
    Oder? :oops:

  • Ich würde beim Verein nachhaken, ob irgendwann mal in einer Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung (Namensänderung) des Vereins beschlossen und übersehen wurde, die Satzungsänderung zum Vereinsregister anzumelden. Ferner würde ich einen Registerauszug ziehen/holen.

    Denn nach Deinem Vortrag gibt es ja wohl offiziell im Register den Kleingartenverein 1930 e.V. Musterstadt nicht, sondern nur den Kleingarten e.V. Musterstadt.

    Wie kann ein Verein, den es rechtlich nicht gibt, als Verkäufer auftreten?

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Demharter, 25. Aufl., Rz. 39 zu § 53 GBO:
    Der Amtswiderspruch hindert gutgläubigen Erwerb und Verjährung...sperrt das GB aber grundsätzlich nicht... Anders nur, wenn die Vermutung des § 891 BGB widerlegt ist, die Unrichtigkeit also feststeht.

    Nach Deinem Sachverhalt würde ich von der Sperre ausgehen. Da hilft aber auch der gesetzliche Vertreter nicht direkt (es ei denn, dieser soll dann der verfügung zustimmen, was aber nicht vorgetragen ist).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Wenn - wie ich es verstehe - der Verein lediglich seinen Namen geändert hat, würde ich mir Gedanken machen, ob nicht eventuell der Amtswiderspruch hier schon deshalb zu Unrecht eingetragen ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nachtrag und zur Klarstellung: Den Kleingartenverein 1930 e.V., Musterstadt gibt es, sonst hätten wir nicht beurkundet, die Vertretungsbefugnis des Handelnden ist auch registerlich belegt.
    Nur der Nachweis, dass der Kleingartenverein eV Musterstadt Rechtsvorgänger des Kleingartenvereins 1930 e.V. ist, kann nicht geführt werden.
    Dennoch bin ich der Meinung, der Vertrag kann und muss volzogen werden, da der Widerspruch das Grundbuch nicht sperrt!
    Hinsichtlich des Kleingartenvereins eV Musterstadt sind keinerlei Unterlagen beibringbar, er ist quasi tot.

  • Ich lege noch Bauer/von Oefele, 2. Aufl., § 53 GBO, Rz. 79 dazu:
    "Auch bei der Eintragung eines Amtswiderspruchs kann der aus dem GB ersichtliche Berechtigte noch weiter über das Recht verfügen. Dies ist jedoch dann nicht mehr möglich, wenn die Unrichtigkeit des GBs nicht nur glaubhaft ist, sondern feststeht."

    Und von der Unrichtigkeit gehst Du doch sogar selbst aus...

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  • Nur der Nachweis, dass der Kleingartenverein eV Musterstadt Rechtsvorgänger des Kleingartenvereins 1930 e.V. ist, kann nicht geführt werden.


    Und warum nicht?

    Etwa, weil es den Kleingartenverein eV Musterstadt nie gegeben hat? Oder weil der 1930 e.V. gar nicht dessen Rechtsnachfolger war?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der Amtswiderspruch war, wie Andreas schon richtig festgestellt hat, Blödsinn. Die Eintragung einer Namensänderung ist eine Richtigstellung und keine Grundbuchberichtigung, da sich der Rechtsträger nicht ändert. Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Ein Registerauszug ist sínnvoll, aber nicht norwendig, wenn der Rechtspfleger aus anderen Gründen zu der Überzeugung gelangt, der Name des Rechtsträgers habe sich entsprechend geändert. Die Verletzung gesetzlicher Vorschriften liegt somit nicht vor und eine Grundbuchunrichtigkeit ist nicht hinreichend glaubhaft. Offensichtlich scheint auch der Widerspruchsberechtigte nicht zu existieren.

    In Deinem Fall würde ich zunächst einmal gegen die Zwischenverfügung und die Eintragung des Amtswiderspruchs Beschwerde einlegen. Beides ist zulässig und im vorliegenden Fall auch begründet. Zuvor könnte es zur weiteren Aufklärung der Abläufe sinnvoll sein, die Grundakten und die Registerakten bis 1946 zurückzuverfolgen. Vielleicht wurde der Verein schon 1946 nur mit einem unvollsträndigen Namen eingetragen.

  • Der Hinweis auf die Namensberichtigung ist gut! Auch wenn ich diese Berichtigung nie vorgenommen hätte, ist sie erfolgt und -so lange sie nicht angegriffen wird- hinzunehmen. Damit fehlt es tatsächlich an der Gesetzesverletzung und der Amtswiderspruch ist zu unrecht eingetrage.

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  • Bevor die Diskussion in eine falsche Richtung läuft:

    Da Art. 233 EGBGB angeführt wurde, gehe ich davon aus, dass das Grundstück in den NBL liegt. Dann gilt eine andere Rechtslage.

    Um Rechtsnachfolger eines zu DDR-Zeiten existierenden Vereins zu werden, mussten spezielle Formalitäten und Fristen eingehalten werden (Vereinigungsgesetz aus der DDR von 1990?). 99 % aller Kleingartenvereine haben diese Fristen verpasst und sind nicht Rechtsnachfolger des alten DDR-Vereins (ich glaube im Müko war das schön erklärt)!!!

    Das Grundbuchamt hat recht. Der Amtswiderspruch ist berechtigt.

    Entweder handeln alle Mitglieder des aufgelösten Vereins, die am Stichtag Mitglieder waren (viel Spass beim suchen = aussichtslos) oder der neue Verein wartet die 30-Jahres-Frist ab und beantragt ab 2021 das Aufgebot des Grundstückseigentümers (das haben wir unseren Vereinen geraten).

  • Sofern der Fall tatsächlich in den neuen NBL spielt, kann ich Frankenstein nur zustimmen. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der vermeintlichen Namensänderung des Vereins tatsächlich um einen nach der Wende neugegründeten Verein handelt, der sich mit dem ähnlichen Namen lediglich den "Anstrich" eines Rechtsnachfolgers gegeben hat. Das ist hier häufiger passiert. Oftmals sind die Vereinsmitglieder sogar identisch und gehen selbst davon aus die "wahren" Eigentümer zu sein. (...wir waren es ja schon immer..) Aus dieser Sicht macht der Amtswiderspruch Sinn.
    Hier wurde in einem ähnlichen Fall dann der neue Verein zum Pfleger (§ 1913 BGB) für den aufgelösten alten Verein bestellt, mit dem Wirkungskreis der Auflösung und Verwendung des noch vorhandenen Vereinsvermögens.

  • Es geht um einen mindestens seit 1946 existierenden Verein (bzw. 1946 existierten). Da gab es die DDR auch noch nicht. Zum Argument von HorstK ist auch noch nicht entkräftet. Wenn das als Namensberichtigung lief, kann man nicht seine heutige Rechtsauffassung an die Stelle des Entscheiders von damals setzen. Eine andere Rechtsauffassung des heutigen Bearbeiters führt nicht automatisch zu einer GB-Unrichtigkeit.

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  • Stimmt, das Argument von HorstK ist nicht entkräftet, da der bisher bekannte SV letztlich nicht klärt, ob es sich um eine reine Namensänderung handelt.
    Ich wollte lediglich aufzeigen, dass der Amtswiderspruch durchaus zu Recht eingetragen sein könnte, nämlich dann wenn es sich weder um eine Namenänderung noch eine Rechtsnachfolge handelt.

    Letztlich wird uns da wohl nur hornbach weiterhelfen können. (oder OBI...;))

  • Der "Kleingartenverein 1930 e.V., Musterstadt" wurde aufgrund Satzungsänderung in das Grundbuch eingetragen, so steht´s jedenfalls im Grundbuch. Wir sind bemüht, die alten Vereinsakten (Kleingartenverein eV Musterstadt) zu bekommen, sobald ich Einsicht genommen habe melde ich mich wieder. Vielen lieben Dank schon jetzt an Euch!

  • Denkst Du, das weiß ich nicht? Die Beteiligten bestanden auf sofortige Beurkundung, was soll man machen...
    Und ganz ehrlich: Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Widerspruch uns solche Schwierigkeiten bereiten würde.

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