Vor-und Nacherbschaft am Anteil einer Gütergemeinschaft

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre für Hilfe in folgenden Fall sehr dankbar:

    1. Ursprüngliche Eintragung in Abt. I:
    Ehemann und Ehefrau zu 3/4 Anteil in Gütergemeinschaft

    2. Mann stirbt. Im Testament wird hinsichtlich seines Anteils an der Gütergemeinschaft Vor- und Nacherbfolge angeordnet. Nacherben sind die (seine) Kinder aus 1. Ehe. Die Ehefrau wird als Eigentümerin zu 3/4-Anteil eingetragen
    Entsprechend wird ein Nacherbenvermerk in Abt. II eingetragen, lastend auf dem 3/4-Anteil der Ehefrau.

    3. Die Ehefrau erwirbt rechtsgeschäftlich einen weiteren Anteil, und hält nunmehr 7/8 Anteile.

    4. Sie überträgt nunmehr einen 3/8-Anteil auf einen Dritten. Die Nacherben wirken nicht mit. Klarstellend wird beim Nacherbenvermerk eingetragen: "lastend auf dem früheren Anteil des Ehemannes an der Gütergemeinschaft mit seiner Frau hins. eines 3/4 Anteiles."

    5. Es verbleiben noch 4/8 für die Ehefrau. Nunmehr verstirbt auch die Ehefrau.

    Es liegen vor:
    - Antrag der Nacherben des Ehemannes auf Grundbuchberichtigung hinsichtlich des 4/8-Anteiles. Erbschein nach dem Ehemann liegt noch nicht vor.
    - Antrag des (andere Person !) Alleinerben der Ehefrau auf Grundbuchberichtigung unter Vorlage einer Ausfertigung des Erbscheines. Laut Erbscheinsantrag soll das Vermögen des Gesamtgutes nicht betroffen sein, also nur der neu erworbene 1/8-Anteil. Der weitere 3/8-Anteil stünde den Nacherben nach dem Manne zu. Der Erbschein weist natürlich eine solche Beschränkung nicht aus. Auch der Berichtigungsantrag ist nicht beschränkt. Lediglich aus dem Erbscheinsantrag ist zu entnehmen, dass man davonn ausgeht, dass 50 % des urspr. 3/4 Anteiles der Gütergemeinschaft, also 3/8 den Nacherben zustehen.

    Hoffe auf einige Lösungsvorschläge. Wie sieht vor allem die Grundbucheintragung aus ? Laut Schöner/Stöber gibt es eine beendete, nicht auseinandergesetzte Gütergemeinschaft. M.E. müßten sich die Nacherben des Mannes und der Alleinerbe der Frau noch auseinandersetzen.

  • Zunächst ist festzuhalten, dass der Nacherbenvermerk beim Tod des Ehemannes nach hM überhaupt nicht einzutragen war, weil die Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB nicht gilt, wenn bei einer Gütergemeinschaft der eine Ehegatte den anderen Ehegatten als Vorerbe beerbt (Demharter § 51 Rn.3 m.w.N.). Nach aA ist der Nacherbenvermerk trotz fehlender Verfügungsbeschränkung einzutragen, weil er die Zugehörigkeit des gütergemeinschaftlichen Anteils des Erblassers zum Sondervermögen der Nacherbschaft zum Ausdruck bringt (sog. „schlafender“ Nacherbenvermerk, vgl. Bestelmeyer Rpfleger 2008, 552, 556 m.w.N.). Im Ergebnis sind sich aber beide Meinungen darin einig, dass die Nacherbfolge greift, wenn der Vorerbe bis zum Nacherbfall nicht anderweitig verfügt. Unterschiedliche Ansichten bestehen somit lediglich zu der Frage, ob ein Nacherbenvermerk nur bei geltender Verfügungsbeschränkung oder auch lediglich zur bloßen Kenntlichmachung des Sondervermögens einzutragen ist.

    Entscheidende Vorfrage ist somit, welchen 3/8-Anteil die Ehefrau an den Dritten übertragen hat bzw. wie sich dieser zusammensetzt. Erst wenn dies geklärt ist, kann beurteilt werden, worauf sich die Nacherbfolge erstreckt und worauf nicht. Der Veräußerungsvertrag bezüglich des 3/8-Anteils muss dazu inhaltlich Stellung nehmen, jedenfalls wenn der Notar vernünftig gearbeitet hat. Als zweites fragt sich, ob der Nacherbenvermerk noch an dem besagten 3/8-Anteil eingetragen ist. Ob er dies ist oder nicht, ergibt sich aus der Beantwortung der Vorfrage.

  • Danke, die Antwort hilft mir schon sehr viel weiter....muss mir gleich den Aufsatz heraussuchen.
    Zur Frage, zum Glück hat der Notar den Übertragungsvertrag sehr sorgsam erstellt:
    "Zum Nachlass meines verst. Ehemannes gehört nicht mein Anteil an der Gütergemeinschaft, die durch den Tod des Ehemannes beendet wurde....In den Nachlaß meines verst. Ehemannes ist somit dessen Anteil an der Gütergemeinschaft gefallen mit der sich aus dem gem. Test. ergebenden Nacherbenbeschränkung...Die Ehefrau verkauft....den ihr gehörigen, nicht mit dem Nacherbenvermerk belasteten 3/8-Anteil Bruchteilseigentum ..."

    Sie hat also nur über ihren eigenen Anteil am Gesamtgut verfügt, wobei sie sodann eine Teilung in Bruchteile vorgenommen hat.

    Zitat

    Als zweites fragt sich, ob der Nacherbenvermerk noch an dem besagten 3/8-Anteil eingetragen ist. Ob er dies ist oder nicht, ergibt sich aus der Beantwortung der Vorfrage.



    Was ich mich frage, kann die Ehefrau einfach eine Teilung des 3/4 Anteils in jeweils 2 * 3/8 - Anteile vornehmen ohne Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft mit den Nacherben ? :gruebel:

  • Gegen die Veräußerung des besagten 3/8-Eigenanteils der Ehefrau bestehen nach meiner Ansicht keine rechtlichen Bedenken, weil der vormalige gütergemeinschaftliche Anteil des Ehemannes -wie ausgeführt- nicht den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 BGB unterlag. Damit konnte die Ehefrau unbeschränkt über den 6/8-Anteil verfügen, der sich durch den Erbfall in ihrer Person vereinigt hatte. Wenn sie dies konnte, konnte sie es aber auch „teilweise“, wobei sie sich heraussuchen konnte, ob sie -wie hier- über ihren eigenen oder über den von der Nacherbfolge betroffenen Anteil verfügte.

    Dies führt zu folgendem Ergebnis:

    Im Zeitpunkt des Ablebens der Ehefrau bestand ihre eigentumsrechtliche Beteiligung am Grundbesitz aus dem von ihr rechtsgeschäftlich erworbenen 1/8-Eigenanteil und dem der Nacherbfolge unterliegenden 3/8-Anteil, über den sie nicht verfügt hatte. Ersterer gebührt ihren Erben, letzterer den Nacherben. Hierfür sind jeweils Erbnachweise i.S. des § 35 GBO vorzulegen.

    Daraus ergibt sich:

    Der Antrag der Nacherben, die Nacherbfolge am gesamten 4/8-Anteil der verstorbenen Ehefrau einzutragen, ist unbegründet. Die Eintragung der Nacherben kommt aus den genannten Gründen nur für einen 3/8-Anteil in Betracht. Hieraus folgt gleichzeitig, dass die Rechtsauffassung des Alleinerben der Ehefrau zutrifft.

    Dass der Nacherbenvermerk ursprünglich zu Unrecht eingetragen wurde, ist nicht mehr von Belang. Es steht fest, dass die Ehefrau über den Anteil des Ehemannes nicht verfügt hat, sodass die Nacherbfolge insoweit eingetreten ist. Der Nacherbenvermerk ist aber nunmehr Zug um Zug mit Eintragung der Nacherbfolge zu löschen.

  • Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. :daumenrau
    Ich hab natürlich die kuriose Situation, dass ein 4/8 Anteil für die verstorbene Ehefrau eingetragen ist, ein Grundbuchberichtigungsantrag ihres Alleinerben vorliegt und eine Erbscheinsausfertigung nachgereicht wird.

    Würdest Du jetzt nur zu 1/8 - Anteil auf den Alleinerben der Frau umschreiben ?

    Oder erst den unbeschränkten Antrag der Nacherben zurückweisen ( zumindest wegen 1/8 Anteil ?) Die Nacherben verstehen den Fall rechtlich sicherlich kaum, deswegen ihr unbeschränkter Grundbuchberichtigungsantrag.

    Ich hab ja einen Antrag vorliegen, der vollzugsreif ist. Hinsichtlich des (Nach-)Erbscheines nach dem Ehemann hätte der Alleinerbe der Frau kein Antragsrecht, somit könnte ich ihm dieses nicht aufgeben per Zwischenverfügung.

    Die Nacherben rühren sich seit 1 Jahr nicht. Hier müßte ich wahrscheinlich sogar per Zwangsgeldverfahren den fehlenden Erbnachweis nach dem Ehemann einfordern.

    Was ist mit einer Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft ? Der verbleibende 3/8-Anteil lautet ja immer noch auf die verstorbene Ehefrau. Hier gibt es den Alleinerben, ausgewiesen durch Erbschein. Müssen sich die Nacherben nicht mit diesem Alleinerben auseinandersetzen in der Form des § 29 GBO ? Ich kann doch schlecht aufgrund des Erbscheines nach dem Ehemann den 3/8 Anteil der Ehefrau umschreiben auf die Nacherben.

  • So kurios finde ich den Fall gar nicht. Es ist doch im Prinzip nichts anderes, als wenn die Ehegatten je zur Hälfte eingetragen gewesen wären und der eine Ehegatte den anderen als Vorerbe beerbt hätte. Hier steht der Vorerbe sogar als Alleineigentümer im Grundbuch und gleichwohl ist natürlich hälftig in Eigen- und Nacherbschaftsvermögen aufzuspalten. Im vorliegenden Fall geht es eben nicht um das gesamte Eigentum, sondern nur um einen Miteigentumsanteil, der entsprechend aufzuspalten ist. Rechtlich ergibt sich hieraus kein Unterschied.

    Zu Deiner Frage: Welcher Berichtigungsantrag ist denn zuerst eingegangen?

  • Zur ergänzenden Frage der Auseinandersetzung der beendeten Gütergemeinschaft:

    Nach meiner Ansicht gibt es nichts mehr auseinanderzusetzen, weil der besagte 3/8-Anteil alleine den Nacherben gebührt und der Alleinerbe der Ehefrau an diesem Anteil überhaupt nicht beteiligt ist. Die Ehefrau hatte den 6/8-Anteil bereits zu ihren Lebzeiten wirksam geteilt. Sie war Miteigentümerin zu 6/8, insoweit keiner Verfügungsbeschränkung unterworfen und konnte somit machen, was sie wollte.

  • Der Berichtigungsantrag der Nacherben ist zuerst eingegangen.

    Zitat

    Es ist doch im Prinzip nichts anderes, als wenn die Ehegatten je zur Hälfte eingetragen gewesen wären und der eine Ehegatte den anderen als Vorerbe beerbt hätte. Hier steht der Vorerbe sogar als Alleineigentümer im Grundbuch und gleichwohl ist natürlich hälftig in Eigen- und Nacherbschaftsvermögen aufzuspalten.



    Logisch, Du hast völlig Recht. In dem Fall verlange ich ja auch keine Auseinandersetzung zw. Ehegatte und Nacherbe.

  • Die beiden Anträge betreffen im Hinblick auf das fragliche 1/8 dasselbe Recht i.S. des § 17 GBO. Du musst deshalb des Antrag der Nacherben erledigen (zu dem im übrigen auch der Erbschein noch nicht vorliegt), bevor Du über den Antrag des Erben der Ehefrau entscheiden kannst. Es gibt dafür zwei Möglichkeiten:

    a) Zurückweisung des Antrags der Nacherben, weil nur an 3/8 und nicht an 4/8 eingetragen werden kann und sich das Grundbuchamt bei seiner Entscheidung am gestellten Antrag ausrichten muss und nicht einfach weniger eintragen kann als beantragt. Nach erfolgter Zurückweisung sodann Vollzug des Antrags des Erben.

    b) Anregung der Antragseinschränkung von 4/8 auf 3/8 binnen kurzer Frist. Kommt die Antragseinschränkung, können beide Anträge problemlos vollzogen werden. Kommt sie nicht, dann wie a).

  • Dank Dir nochmals. Ich werde sie bitten, ihren Antrag entsprechend einzuschränken auf 3/8-Anteil in der Hoffnung, sie verstehen den SV nach meiner Schilderung. :)

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