Einstellung gem. § 769 II ZPO?

  • Bin ich zuständig?
    Im Mai 2006 wurde das Konto des Schuldners wegen rückständigen Unterhalts gepfändet.
    Jetzt ist beim Prozessgericht ein Antrag auf Bewilligung von PKH für eine Abänderungsklage eingereicht worden. Termin ist im Oktober 2006.
    Der Schuldnervertreter beantragt nun die einstweilige Einstellung aus dem Titel gem. § 769 II ZPO in Höhe der Unterhaltsbeträge, die aus seiner Sicht nicht mehr zu zahlen sind.
    Innerhalb der "Pfüb-Akte" ist doch nicht zu entscheiden.
    Wenn das Zwangsvollstreckungsgericht zuständig sein sollte, dann doch in einem neuen Verfahren - oder?

  • Die Änderung hat natürlich erst Wirkung, wenn sie rechtskräftig ist. Die einstweilige Einstellung erfolgt grundsätzlich durch das Prozeßgericht. Ist dieses vor Ort, stelle ich schon mal für vier Tage einstweilen ein, dann möge der Sch eine Entscheidung des Prozeßgerichts herbeiführen. Ist das Gericht weiter entfernt, gebe ich sieben Tage. Mehr ist aber nicht drin. Aber, bitteschön, da erwarte ich wegen der Eilbedürftigkeit einen Sachvortrag. Meist liegt die Ursache darin, daß die Prozeßgerichte nur gegen Sicherheitsleistung einstellen. Und die will ein Sch natürlich vermeiden.

  • M. E. ist hier das Prozessgericht zuständig. Der Sch. müsste in der Abänderungsklage Vollstreckungsschutzantrag stellen bzw. die einstweilige Einstellung beantragen. Ist doch auch bei VU´s oder VB´s so. Wenn die ZV schon läuft kann ich nur im Einspruchsverfahren die vorl. Einstellung erwirken.

  • Hallo,

    m.E. wäre der Antrag an das Prozeßgericht zu richten. Wenn ohnehin schon ein Antrag beim Prozeßgericht eingereicht ist, sehe ich für eine (besondere) Eilbedürftigkeit, die eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts nach § 769 II ZPO begründen würde, keinen Raum, da der Einstellungsantrag ja ohne Probleme beim Prozeßgericht gestellt werden könnte (bzw. gestellt werden hätte können [ist das noch deutsch??]).
    Auch in sonstigen Fällen ist m.E. eine seeehr gute Begründung nötig, um eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts herbeizuführen (warum soll das Vollstreckungsgericht eiliger entscheiden können, als das Prozeßgericht?). Hier wäre evtl. die örtliche Entfernung des Prozeßgericht ein Punkt, bei dem ich eine besondere Eilbedürftigkeit bejahen würde.

    Schönen Tag noch,

    Roland

  • Zitat von K-Mann

    Hallo,

    . Hier wäre evtl. die örtliche Entfernung des Prozeßgericht ein Punkt, bei dem ich eine besondere Eilbedürftigkeit bejahen würde.

    Roland




    Das ist so ziehmlich der einzige Grund, den ich sehe, Vom Erscheinen um "fünf vor zwölf" mal abgesehen.

  • Zitat von Erzett



    Das ist so ziehmlich der einzige Grund, den ich sehe, Vom Erscheinen um "fünf vor zwölf" mal abgesehen.



    Hallo nochmal,

    Dann sind wir uns ja gewaltig einig :einermein . Ich hab dein erstes Posting so verstanden, als würdest du grundsätzlich vier Tage einstellen (hätte mich schwer gewundert).

    Viel Spaß noch,

    Roland

  • vier Tage, wenn er das Prozeßgericht mit öffentlichen Verkehrmitteln erreichen kann (das geht in Hamburg ganz schön weit), ihm nur die Zeit wegläuft, sieben, wenn das Prozeßgericht weiter entfernt ist, ggf ein RA aufgesucht werden muß.

  • § 769 Abs. 2 ZPO ist nur eine Notzuständigkeit, die nicht mehr gegeben ist, wenn die Hauptsache bereits anhängig ist (so auch Musielak, § 769, RN 2).
    Hier scheint derzeit nur das PKH-Verfahren anhängig zu sein, so dass prinzipiell noch die Möglichkeit der Zuständigkeit des Zwangsvollstreckungsgerichts gem. Abs. 2 gegeben ist.

    Daher hat das Zwangsvollstreckungsgericht, da seine Zuständigkeit nicht verneint werden kann, die Voraussetzungen nach § 769 Abs. 2 ZPO zu prüfen und entsprechend zu entscheiden.

    Hier wird es wie meine Vorschreiber schon ausgeführt haben, auf die Dringlichkeit ankommen. Nach Musielak a.a.O., RN 5 liegt ein dringender Fall nur dann vor, wenn eine Entscheidung des Prozessgerichts nicht rechtzeitig herbei geführt werden kann. Das wäre z.B. der Fall, wenn morgen bereits das neue Gehalt des Schuldners aufs Konto überwiesen wird, nicht jedoch, wenn dies erst am nächsten 15. geschieht.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Hallo allerseits!

    Ich habe bislang erst ein einziges Mal (in einem Versteigerungstermin) von der Möglichkeit der Eilzuständigkeit des Vollstreckungsgerichtes Gebrauch gemacht.
    In den allermeisten Fällen lehne ich die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichtes mit folgender Begründung ab:

    Gem. § 769 Abs. 2 ZPO besteht die Möglichkeit, in dringenden Fällen eine einstweilige Anordnung auf Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht herbeizuführen. Voraussetzung für diese Art der Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht ist die Tatsache, daß eine Einstellung durch das Prozeßgericht im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO i.V.m. § 769 Abs. 1 ZPO nicht (mehr) herbeigeführt werden kann.
    Die Fälle, in denen das Vollstreckungsgericht eine Entscheidung gem. § 769 Abs. 2 ZPO treffen kann, sind somit nur auf den Ausnahmefall einer besonderen Dringlichkeit beschränkt.
    Insbesondere kann die Vollstreckung durch das Vollstreckungsgericht nicht eingestellt werden, wenn der Schuldner aus Gründen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen, einen rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung durch das Prozeßgericht unterlassen hat (vgl. Schuschke/Walker, 2. Auflage, Anm. 12 zu § 769 ZPO).

    Wenn ich den Fall richtig verstanden habe, wurde bereits seit Mai das Konto gepfändet. Jetzt - immerhin August - soll der Titel abgeändert werden.
    Auch der Fall einer gößeren Distanz zwischen dem Prozeß- und Vollstreckungsgericht kann im Zeitalter des Fax nicht recht überzeugen.
    Ich würde eine Einstellung gem. § 769 II rundweg ablehnen.

  • Zitat von Tommy


    Hier wird es wie meine Vorschreiber schon ausgeführt haben, auf die Dringlichkeit ankommen. Nach Musielak a.a.O., RN 5 liegt ein dringender Fall nur dann vor, wenn eine Entscheidung des Prozessgerichts nicht rechtzeitig herbei geführt werden kann. Das wäre z.B. der Fall, wenn morgen bereits das neue Gehalt des Schuldners aufs Konto überwiesen wird, nicht jedoch, wenn dies erst am nächsten 15. geschieht.



    Und selbst dann stellt sich für mich die Frage, warum zwar eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts beigebracht werden kann, eine Entscheidung des Prozeßgerichts jedoch nicht.
    *Ironiemodus an* Nur der Grund, daß alle Richter golfen sind, kann wohl nicht ausschlaggebend sein *Ironiemodus aus*

    In einem solchen Fall (Überweisung am nächsten Tag) kann man zwar geteilter Meinung sein, ich habe bislang solche Anträge durchweg abgelehnt (wenn das Prozeßgericht vor Ort zuständig war).

    Viel Spaß noch,

    Roland



    Absolut und in jedem Punkt :zustimm: .

  • Es steht ja nicht fest, wann der Grund für die Unterhaltsabänderungsklage entstanden ist, dies ist notwendigerweise nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Kontenpfändung der Fall sondern davon vollkommen losgelöst.

    Ich sehe hier aber keinen Grund, eine Einzelfallprüfung nicht durchzuführen.

    Der Tipp mit "ich habe bisher alle begelehnt" und "§ 769 ZPO rundweg ablehnen" ist m.E. nicht sehr hilfreich. Mit eurer diesbezüglichen Begründung wäre der 2. Absatz praktisch nie anwendbar und ich gehe einfach mal davon aus, dass sich der Gesetzgeber etwas mit dieser Notzuständigkeit gedacht hat.;)

    Wenn man die weitere Verfahrensweise anschaut, dann hat der Schuldner - wenn es darauf ankommt - einen erheblichen Zeitgewinn dadurch, dass er den Antrag direkt beim zuständige Zwangsvollstreckungsgericht stellt. Denn beim Prozessgericht muss dieses erst Anhören, Entscheiden, Entscheidungen zustellen. Dann geht der Schuldner mit der Entscheidung zum Zwangsvollstreckungsgericht und beantragt dort die einstweilige Einstellung gem. § 775 Nr. 2 ZPO, ggf. nochmal mit Gläubigeranhörung, bevor entschieden und an den DS zugestellt wird.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Zitat von Tommy

    Ich sehe hier aber keinen Grund, eine Einzelfallprüfung nicht durchzuführen.

    Der Tipp mit "ich habe bisher alle begelehnt" und "§ 769 ZPO rundweg ablehnen" ist m.E. nicht sehr hilfreich. Mit eurer diesbezüglichen Begründung wäre der 2. Absatz praktisch nie anwendbar und ich gehe einfach mal davon aus, dass sich der Gesetzgeber etwas mit dieser Notzuständigkeit gedacht hat.;)



    Hallo nochmal,

    eine Einzelfallprüfung ist natürlich in jedem Fall nötig. Es kann natürlich einmal ein Fall dabei sein, bei dem ich das besondere Eilbedürfnis bejahen würde.
    Der Absatz 2 ist m.E. tatsächlich nur in absoluten Ausnahmefällen anwendbar. Ich habe bis dato zweimal eingestellt, einmal im Versteigerungstermin, weil Dritteigentum geltend gemacht wurde und einmal weil das Prozeßgericht am anderen Ende der Republik war und Geldeingang zu erwarten war. Meine (zugegeben etwas zu pauschale) Aussage bezog sich darauf, daß ich zurückweisen würde, wenn das Prozeßgericht vor Ort ist und keine sonstigen Tatsachen erkennbar sind, die eine besondere Eilbedürftigkeit begründen könnten. Ebenso würde ich den der Diskussion zugrundeliegenden Antrag zurückweisen, falls keine weiteren Tatsachen vorliegen würden. Nachdem die ursprüngliche Frage lautete "Bin ich zuständig?", finde ich die Antwort durchaus hilfreich, zumal hier ohnehin nur Meinungen ohne Anspruch auf absolute Richtigkeit gepostet werden können (mit Ausnahme von juris vielleicht :huldigen: ).

    Zitat von Tommy

    Wenn man die weitere Verfahrensweise anschaut, dann hat der Schuldner - wenn es darauf ankommt - einen erheblichen Zeitgewinn dadurch, dass er den Antrag direkt beim zuständige Zwangsvollstreckungsgericht stellt. Denn beim Prozessgericht muss dieses erst Anhören, Entscheiden, Entscheidungen zustellen. Dann geht der Schuldner mit der Entscheidung zum Zwangsvollstreckungsgericht und beantragt dort die einstweilige Einstellung gem. § 775 Nr. 2 ZPO, ggf. nochmal mit Gläubigeranhörung, bevor entschieden und an den DS zugestellt wird.



    Hinsichtlich der (weiteren) Verfahrensweise sehe ich keinen großen Unterschied. Das Verfahren bis zur Entscheidung läuft wohl beim Prozeß- und Vollstreckungsgericht gleich, zumindest kann ich im § 769 ZPO keine Differenzierung erkennen. Die Entscheidung nach § 775 ZPO sollte (zumindest wenn das Prozeßgericht am Ort ist) kein Problem darstellen.

    Schönen Tag noch,

    Roland

  • Ich denke nach wie vor, dass eine Eilzuständigkeit in der Praxis nur in den allerseltensten Fällen gegeben ist.
    Warum soll bei einer Abänderungsklage Unterhalt der zuständige Richter des am gleichen Ort/im gleichen Haus ansässigen Familiengerichts nicht genauso schnell über den Eilantrag entscheiden können wie das Vollstreckungsgericht?
    Darüber hinaus ist m.E. auch aus einem anderen Grund äußerste Vorsicht geboten: Auch bei der Eilentscheidung des Vollstreckungsgerichts muß von dem Rechtspfleger die Schlüssigkeit des Schuldnervortrags überprüft werden. Dies dürfte bei einer Abänderungsklage wg. Unterhalt alles andere als das Spezialgebiet der Vollstreckungsabt. sein.
    Vielleicht ist die Prüfung der Zuständigkeit bereits aus diesem Grund eine wenig "ergebnisorientiert":teufel:
    Kann ich aber gut mit leben!

  • Zitat

    Dies dürfte bei einer Abänderungsklage wg. Unterhalt alles andere als das Spezialgebiet der Vollstreckungsabt. sein.
    Vielleicht ist die Prüfung der Zuständigkeit bereits aus diesem Grund eine wenig "ergebnisorientiert":teufel:
    Kann ich aber gut mit leben!


    Siehst du, ich nicht und da liegt der Unterschied, ich liebe Herausforderungen :D.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Moin moin,
    möchte diesen Thread mal gerade wieder ausbuddeln.
    Mir wurde heute auch ein solch spaßiger Antrag nach §769 II ZPO vorgelegt.
    Beim Familiengericht wurde eine Vollstreckungsabwerklage, eine Abänderungsklage (Titel: Verpflichtungsurkunde des JA) sowie auch der Einstellungsantrag eingereicht. Der Richter stellte nach einer Woche fest, dass unser AG örtlich nicht zuständig ist und hat den Einstellungsantrag dann in die Vollstreckungsabteilung gereicht. Verweisungsantrag wurde in der F-Akte noch nicht gestellt.
    Vollstreckt wird derzeit noch durch einen GV, nur wegen des laufenden Unterhalts. Vor zwei Wochen hat dieser zunächst die Vollstreckung ausgesetzt, und den Schuldner auf die Möglichkeit der Einstellung hingewiesen. Der Schuldnervertreter drängelt nun, da der GV die Vollstreckung fortsetzen will.
    Ich bin mir jetzt aber nicht sicher, ob ich überhaupt zuständig bin. Im Zöller zu § 769 unter Rn. 3 steht, dass vor Rechtshängigkeit wohl auch ein in der Hauptsache unzuständiges Prozessgericht über einen Antrag gem. §769 I ZPO zu entscheiden hat, soweit die Vollstreckungsabwehr-, Abänderungsklage dort eingereicht wurde. So hab ich diesen Absatz zumindest verstanden.
    Derzeit neige ich dazu, die Sache zur Entscheidung wieder dem Richter vorzulegen. Auch die besondere Eilbedürftigkeit kann ich hier jetzt kaum noch sehen.

    Hat jemand dazu evtl. noch eine Idee?

    Gruß
    Markus

  • Ein Verfahren nach § 769 II ZPO muss m.E. vom Schuldner ausdrücklich beantragt werden und ist nur bei Eilbedürftigkeit infolge drohender Pfandverwertung (drohende Auszahlung infolge Überweisungbeschluss bzw. Verwertung durch GV) zulässig. Ansonsten, wenn also kein eindeutiger Antrag des Schuldners vorliegt, aus welchem sich eine Eilbedürftigkeit ergibt, würde ich den Vorgang dem "richtigen" Prozessgericht "zurück" übersenden zur zeitnahen Enstcheidung über den vorliegenden Antrag nach § 769 Abs. 1 ZPO in dortiger Zuständigkeit. :teufel:

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

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