Personenzusammenschluß alten Rechts

  • Im 2. Vermögenrechtsänderungsgesetz vom 14.07.1992 (BGBl. Nr. 33 vom 21.07.1992, Seite 1257) steht in Artikel 8 § 10 (Vertretungsbefugnis für Personenzusammenschlüsse alten Rechts) sinngemäß, dass die örtl. Gemeinde verfügungsberechtigt ist, wenn ein dingl. Recht an einem Grundstück einem Personenzusammenschluß zusteht, dessen Mitglieder nicht namentlich im Grundbuch aufgeführt sind.
    Es sind keine Arten von Personenzusammenschlüsse genannt und wir sind uns nicht einig, was so alles unter "Personenzusammenschluß alten Rechts" fällt. Wer kann mir einen Link/Hinweis geben, wo ich die Erläuterungen/Begründungen für dieses Gesetz bzw. diesen § 10 finden kann.

  • Auf die grundbuchrechtlichen Besonderheiten bei altrechtlichen Personenzusammenschlüssen hat Fritzsch, Rpfleger 2003, 555 hingewiesen (s. a. Böhringer, Rpfleger 1994, 45/48 und DtZ 1996, 34/35).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hallo Prinz,

    den Rpfleger haben wir nicht (wir sind hier nur 2 GB-Rpfl., davon keiner im Verein), online komme ich nicht ran an den Aufsatz weder von Fritzsch noch von Böhringer -ich finde beide Autoren nicht in der Suche auf der Rpfleger-Heft-Seite-. Unter DtZ zeigt mir gugel die Tabakzeitung von Philip Morris -auch nicht schlecht-, habe mit DNtZ probiert, leider auch vergeblich.

    Zum Problem:
    Im Grundbuch sind seit Menschengedenken eingetragen:

    Die Kirche in xdorf und die Gemeindemitglieder je zur Hälfte.

    Die jetzige politische Gemeinde behauptet, Eigentümer hins. des Anteil der Gemeindemitglieder zu sein, die pol. Gemeinde und die einzige Kirche im Ort wollen sich auseinandersetzen und die Bruchteilsgemeinschaft aufheben und die Grundstücke dabei so aufteilen, so dass jeder Alleineigentümer von diversen Grundstücken wird.

    Alte Katasterunterlagen, alte Kirchenbücher, sind schon überprüft, es gibt keine Hinweise, die Grundakte an sich besteht nur aus zwei vergilbten Seiten. Ob die Eigentümergemeinschaft aus Vorschriften wie der Preuß. Gemeinheitsteilungsverordnung von 1821 hervorgegangen ist, weiß hier keiner.

    Um den Knoten zu lösen, habe ich beim Notar angeregt, die politische Gemeinde als Verfügungsberechtigte nach EGBGB auftreten zu lassen und die Grundstücke (bzw. den Anteil der "Gemeindemitglieder") an den Erwerber aufzulassen und den Kaufpreis entspr. zu sichern/hinterlegen. Damit muß die politische Gemeinde aber korrekterweise den Verkehrswert hinterlegen, anstatt nix, wie angedacht, und unklar ist, ob sie als Verfügungsbefugte an sich selbst auflassen kann, z.B. die Grundstücke, die sie allein haben möchte. Hier meine ich, dass geht, ein Selbstkontrahierungsverbot sehe ich nicht. Hinsichtl. des Kaufpreises für den Anteil der "Gemeindemitglieder" ist es mir egal, ob dieser hinterlegt wird oder nicht und ob dieser dem tatsächl. Wert entspricht, das ist Sache der Kommunalaufsicht. Die pol.Gemeinde will lt. Notar aber diesen Weg nicht gehen, der Notar will den Vertrag zwischen pol.Gemeinde und Kirche aber nicht beurkunden, weil ich die Eigentumsberechtigung der pol. Gemeinde bezweifele.

    Liege ich denn so falsch mit meinen Zweifeln?

  • Die DtZ 1996 findest Du bei Beck-online unter „Zeitschriften“.
    Ich glaube allerdings, dass es sich in Deinem Fall nicht um einen altrechtlichen Personenzusammenschluss handelt. Bei einem solchen Personenzusammenschluss handelt es sich um Gesamthandsgemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wie sie nach Art. 113, 164, 181 EGBGB aufrechterhalten wurden. Fritzsch führt im Rpfleger 2003, 555/556 (Kopie bekommst Du sicherlich über Dein OLG) aus:

    Sind Eigentümer im Grundbuch allerdings namentlich bezeichnet, dann ist von einem Bruchteilseigentum auszugehen; Art. 233 § 10 EGBGB findet dann keine Anwendung (Zitat: LG Neubrandenburg, Rpfleger 1998, 423/424; MünchKomm/Quack, BGB, Art. 233 § 10 EGBGB RN 4).

    Da ich die Materie in den neuen Bundesländern zu wenig kenne, kann ich Dir leider nicht weiterhelfen.

    Zu den Kirchenbaulasten, bei denen fraglich ist, ob Träger der Staat oder die Kirche ist, gibt es eine Besprechung der Entscheidungen des BVerwG vom 5.2.2009 -7 C 11/08- und vom 11.12.2008 -7 C 1/08- von Traulsen in der NVwZ 16/2009, 1019. Für Baden gibt es eine Abhandlung von Braun, BWNotZ BWNotZ 1983, 137, die sich mit der Frage befasst, wem das Eigentum zusteht (Staat oder Kirche), wenn im Grundbuch eingetragen ist: „Die Kirchspielgemeinde, bestehend aus A-Dorf, B-Dorf,C-Dorf usw.“.

    In Deinem Fall scheinen mir allerdings alle in Frage kommenden Eigentümer (Gemeinde/Kirche) auseinandersetzungsbereit. Wenn die kirchenaufsichtsrechtliche (Schöner/Stöber, RN 4085) und ggf. die kommunalaufsichtsrechtliche Genehmigung (RN 4077) eingeholt wird, dürfte dem Vollzug wohl nichts entgegenstehen.

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  • #6): muß denn wirklich davon ausgegangen werden, daß Kirche und pol. Gemeinde gemeint sind?
    Ich würde die Eigentümerangaben auch mal aus kirchlich historischen Gesichtspunkten durchleuchten.
    Mit Gemeindemitglieder könnten auch nur die Mitglieder der seinerzeitigen kirchlichen Gemeinde gemeint sein.
    Somit so ähnlich wie hier in Bayern Eigentümer: St. Johannes Baptist etc -Kirchenstiftungsvermögen (unter Verwaltung des jeweiligen gewählten Kirchenverwaltungsrates)

  • Die jetzigen Gemeinden auf dem Gebiet der DDR sind nicht Rechtsnachfolger der früher existierenden politischen Gemeinden (BGH, BGHZ 164, 361-374)

    Sie gelten als im Jahre 1990 neu gegründet.

    Die jetzige politische Gemeinde scheidet aus, es sei denn, der Anteil wurde ihr nach dem Vermögenszuordnungsgesetz zugeordnet. Das ist aber nahezu ausgeschlossen bzw. wäre nachzuweisen.
    Auch eine Betrachtung, welcher Konfession die "Kirche" angehört, wäre interessant. Evangelische Kirchengemeinde und die Gesamtheit der Gemeindeglieder (nicht Mitglieder) sind praktisch identisch, so dass diese doppelte Eintragung keinen Sinn macht.
    In anderen kirchlichen Gemeinden (Babtisten, Johannische Kirche, Neuapostolische Kirche) wird von Mitgliedern der Gemeinde gesprochen.
    Eine katholische Pfarrei besitzt gemäß dem Kirchenrecht, dem Codex des Kanonischen Rechts, „von Rechts wegen Rechtspersönlichkeit“ und gilt daher innerkirchlich als öffentliche juristische Person des kanonischen Rechts. Davon zu unterscheiden ist im Übrigen der staatskirchenrechtliche Status der römisch-katholischen Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Deutschland.
    Aus meiner Sicht spricht sehr viel dafür, dass die Eigentümergemeinschaft aus Vorschriften wie der Preußischen Gemeinheitsteilungsverordnung von 1821 hervorgegangen ist. (vgl. auch
    http://www.frank-reichert.de/altrecht.html, http://www.bundesverwaltungsgericht.de/media/archive/4277.pdf )

    Die politische Gemeinde (ggf. in Sachsen-Anhalt der Landkreis) kann dann für die (unbekannten) Mitglieder der Gemeinde zwar handeln, muss aber den Verkaufserlös verwahren.

  • Ich frage mich, ob der Landkreis für die (unbekannten) Mitglieder der Gemeinde auf eine andere politische Gemeinde (hier Stadt) auflassen kann oder ob nicht hier Interessenkollision herrscht :gruebel:?



    @Bernstein: In welchem Bundesland soll das stattfinden?

    Es gibt landesrechtliche Unterschiede:
    http://www.bundesverwaltungsgericht.de/media/archive/5832.pdf

    Sersch: Interessenkollision sehe ich nicht, denn es wird für unbekannte natürliche Personen das Eigentum auf eine juristische Personen öffentlichen Rechts übertragen.

  • Nehmen wir an es handelt sich um Ackerfläche auf dem ein Windpark steht. Aus diesem Windpark werden Nutzungsentgelte gezogen im Jahr, die für die unbekannten Mitglieder hinterlegt werden. Die Stadt möchte aber nun an die Nutzungen ran, also die Auflassung über die Konstruktion Landkreis als Vertreter verkauft an Stadt. Bodenrichtwert ca. einen knappen Euro/qm, sodass im Bezug auf die Einnahmen aus dem Windpark nen Witz ist. Nun stell ich mir eben die Frage, ob nicht doch offensichtlich ein Interessenkonflikt bzw. Sittenwidrigkeit vorliegt :gruebel:?! (Ja die Frage stellt sich schon, ob das einen als GBAler interessieren muss :strecker)

  • Hallo,

    ich möchte mal etwas korrigierend eingreifen.

    Der Ansicht von Reichert, in Sachsen gebe es kein Separationseigentum kann nicht gefolgt werden. Das Ergebnis stimmt nur für das Gebiet Sachsens in den Grenzen von 1948. Dieses Gebiet ist nicht identisch mit dem heutigen Freistaat. 1952 wurden die Kreise Jessen, Herzberg, Delitzsch, Eilenburg, Torgau und Bad Liebenwerda vom ehemaligen Territorium Sachsen-Anhalts an die Bezike Leipzig und Cottbus abgegeben. In diesen Gebieten (sofern preußisches Gebiet) besteht Separationseigentum fort. Sollte dort zu DDR-Zeiten nach sächsischem Recht verfahren worden sein, sind die Grundbücher unrichtig, da die Rechtsgrundlage gefehlt hat.

    Reichert behauptet in einem weiteren Aufsatz auch dass die heutigen Gemeinden Rechtsnachfolger der alten DDR Gemeinden wären, was ja bekanntermaßen unsinnig ist.

    Weiterhin kann in Sachsen-Anhalt der Landkreis nicht für die Separationsinteresenten handeln. Sollte ein Erwerb durch die Gemeinde erforderlich sein, bestellt die Flurbereinigungsbehörde (ALFF) einen neuen gesetzlichen Vertreter.

  • Danke erstmal für diese Anregungen.

    Bundesland ist Sachsen-Anhalt und die einzige Kirche im Dorf ist (zumindest heute) eine evangelische.

    Ich schrieb bereits:
    "Ob die Eigentümergemeinschaft aus Vorschriften wie der Preuß. Gemeinheitsteilungsverordnung von 1821 hervorgegangen ist, weiß hier keiner.", mit hier meinte ich, das Grundbuchamt.
    Das zu klären bedeutet nachzuforschen, ob das Gebiet früher Preußen oder Sachsen unterstand, aber das ist, denke ich, nicht meine Aufgabe. Das müssen die Parteien/der Notar schon selbst prüfen. Nach frankensteins Aufzählung wäre es preußisches Gebiet.

    Ich werde erstmal Eure Fundstellen lesen, mal sehen, was ich dann weiß.


  • Weiterhin kann in Sachsen-Anhalt der Landkreis nicht für die Separationsinteresenten handeln. Sollte ein Erwerb durch die Gemeinde erforderlich sein, bestellt die Flurbereinigungsbehörde (ALFF) einen neuen gesetzlichen Vertreter.

    Wer denn dann, wenn nicht die Gemeinde? Die Flurbereinigungsbehörde bestellt doch erst dann, wenn sich das Grundstück auch nur in einem Verfahren von ihr befindet.

    Siehe auch Entscheidung des OLG Naumburg vom 20.08.2002 Az: 11 U 179/01:

    "Mangels anderweitiger landesrechtlicher Regelung wird die Gemeinschaft der Separationsinteressenten von der Gemeinde vertreten, in deren Gebiet sich das Grundstück befindet, womit ein umfassendes Verwaltungs- und Vertretungsrecht begründet ist (Anschluss an OLG Naumburg, VIZ 2001, 42)."

  • Abt. I Spalte 2:

    Gemeindemitglieder und Kirche

    Spalte 4: Bei Neufassung der Abteilung eingetragen am ...

    Die "alte" Fassung der Eintragung haben wir und die Beteiligten nicht.

    Aus dem alten Flurbuch (Kataster) ist zu ersehen, dass Gemeindemitglieder und Kirche als Eigentümer schon seit 1900 beim Kataster bekannt sind.

    Der Aufsatz von Frank Reichert ist für das sächsische Gebiet von 1948 zutreffend, aber wir sind wohl doch schon immer Preußen gewesen! D.h. die Personenzusammenschlüsse alter Art sind noch Eigentümer (OLG Naumburg!) und die Gemeinde darf nur als Verfügungsberechtigte nach § 10 tätig werden. Einen anderen Lösungsweg sehe ich nicht.
    Danke für Eure Hilfe.

  • Wie bitte kann nach einer Neufassung die bisherige Textfassung nicht mehr ermittelbar sein?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Nachdem ich Bernsteins Unterlagen sichten durfte, hier meine Lösung (gilt nur für ehem. preußisches Gebiet!):

    Es handelt sich um öffentliche Flächen (Wege und den Dorfteich). Daneben dürfte die Kirche stehen (lt. g**gle earth habe ich auch eine gefunden).

    Damit haben wir warscheinlich einen Fall, bei dem sich die Kirche und die Gemeinde bei der Aufteilung des Gemeindeeigentums nicht einigen konnten und beide (Gemeindemitglieder und Kirche) in das Grundbuch ohne Anteilsverhältnis eingetragen wurden (kam ab und zu vor).

    Damit haben wir auf der einen Seite die evangelische Kirchengemeinde R. (eine Grundbuchnummer weiter) als Rechtsnachfolger der Kirche zu S. und die Gemeindemitglieder = Separationsinteressenten als Eigentümer eingetragen. Verfügen müssen die Kirchengemeinde und die politische Gemeinde Z. (Art. 233 § 10 EGBGB), die erst 1990 entstanden und nicht Rechtsnachfolger der alten politschen Gemeinde S. von 1952 ist, gemeinsam.

    Sollte die Politische Gemeinde jedoch Erwerber sein wollen, muss ein besonderer Vertreter bestellt werden (§ 9 Abs. 2 des Gesetzes betreffend ... vom 02.04.1887) (ist tatsächlich in Sachsen Anhalt noch gültig). Zuständig kann nicht der Landkreis sein (Landeshoheit), sondern die Flurbereinigungsbehörde (MBl. LSA Nr. 63/1998 S. 2330) (heute ALFF)! Die Vertretungsbefugnis der Gemeinde Z. muss aufgehoben werden (wirksam mit Zugang beim Grundbuchamt).

    Ich hoffe, ich konnte helfen.

  • Abt. I Spalte 2:

    Gemeindemitglieder und Kirche

    Spalte 4: Bei Neufassung der Abteilung eingetragen am ...

    Die "alte" Fassung der Eintragung haben wir und die Beteiligten nicht.

    Aus dem alten Flurbuch (Kataster) ist zu ersehen, dass Gemeindemitglieder und Kirche als Eigentümer schon seit 1900 beim Kataster bekannt sind.

    Wie bitte kann nach einer Neufassung die bisherige Textfassung nicht mehr ermittelbar sein?

    Das gibts in LSA auch nicht, sofern die alten Bestandsblätter und Grundbücher nicht dem GBA vorliegen, würde ich eine Anfrage zu den alten Grundakten an das zentrale Grundbucharchiv machen.

    Wo finde ich das MBl. LSA Nr. 63/1998 S. 2330?

    Sollte die Gemeinde Erwerberin sein, ist sie von der Vertretung ausgeschlossen, sollte sie als Vertreterin der Separationsinteressenten auftreten, kann sie handeln, hab ich das richtig verstanden?

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