Konkreter Altlastenverdacht erfordert Bodengutachten

  • Danke für eure Rückmeldungen.
    Ich habe etwas Probleme mit der Tatsache, dass es sich "nur"
    um Wohneigentum handelt. Kann man da so einfach ein
    Bodengutachten anfordern? Da sind ja auch die anderen Eigentümer
    betroffen, wenn z. B. Bodenproben etc. entnommen werden.

  • Ich würde zunächst klären, was für ein konkreter Altlastenverdacht besteht. Erst dann kann man das weitere Vorgehen überlegen.

    Ist es die von Araya genannte ehemalige Tankstelle, die vor 50 Jahren auf dem Grundstück stand und sind die alten Tanks und die Grundstücksfläche entsprechend versiegelt, wirken sich die Altlasten nicht zwingend auf den Wert der Wohnung aus.
    Wäre es ein Baugrundstück, welches zur Bebauung ja Erdarbeiten erfordert, sähe es evtl. schon wieder ganz anders aus.....

  • Danke für eure Rückmeldungen.
    Ich habe etwas Probleme mit der Tatsache, dass es sich "nur"
    um Wohneigentum handelt. Kann man da so einfach ein
    Bodengutachten anfordern? Da sind ja auch die anderen Eigentümer
    betroffen, wenn z. B. Bodenproben etc. entnommen werden.

    Die Fragen ob und was stellen sich doch erst, wenn du weitere Informationen hast. Vorher brauchst du dir diese Gedanken nicht machen. Also erstmal die Antworten der Umweltschutzbehörden abwarten.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Brauche mal Eure Meinung:
    Habe ein ehemaliges Fabrikgebäude in einem kleinen Dorf. Gutachter stellt fest. Belastungen durch Asbest, weiterhin Eintragung im Altlastenkataster (heißt das so?). Auf jeden Fall besteht der Verdacht der Bodenverunreinigung.
    Das Gebäude steht schon ewig leer, katastrophaler Zustand. Auch ohne Berücksichtigung evtl. Altlasten wird der Gutachter schon auf einen Minuswert kommen. es läuft somit auf den symbolischen Euro hinaus. Würde ich einen weiteren Gutachter bestellen, würde sich der Minuswert vergrößern, die Wertfestsetzung bleibt aber bei 1 €.
    Im Grunde steht für mich der Wert jetzt schon fest und ich benötige den weiteren Gutachter für die Wertfestsetzung nicht mehr.
    Ich würde deshalb den Gutachter nicht mehr bestellen und später im Versteigerungstermin auf die Möglichkeit von Bodenverunreinigungen und möglicherweise entstehender Beeinträchtigungen / Kosten hinweisen.
    Würdet ihr das genauso machen, oder bin ich verpflichtet aufgrund des Verdachtsfalles, die konkrete Beeinträchtigung zu ermitteln, damit sozusagen die Interessenten wissen, worauf sie sich einlassen?

  • Wenn dein Wert schon ohne Altlasten bei ideellen 1 EUR liegt, bedarf es m.E. keines Altlastengutachtens für die Wertfestsetzung, da diese sich nicht auf den festzusetzenden Wert auswirkt.

    Würde aber beim Umweltamt anfragen, was im Altlastenverdachtskataster eingetragen ist und diese Mitteilung im Versteigerungstermin bekannt geben und auch zur Einsicht durch Interessenten bereitstellen.

  • Als Sachverständiger frage ich grundsätzlich bei JEDEM Auftrag (egal ob Gerichts- oder Privatauftrag) beim Altlastenverdachtsflächenkataster nach, ob und in welchem Umfang Altlasten eingetragen sind. Wenn keine Eintragungen vorhanden sind, kann es trotzdem sein, dass sich beim Ortstermin Hinweise auf Verunreinigungen ergeben. Sollten Eintragungen vorhanden sein, dann werden diese im Gutachten wie folgt berücksichtigt (Muster):

    Zuerst erfolgt ein Hinweis im Gutachten

    "Gemäß schriftlicher Auskunft vom 05.04.2022 ist das Bewertungsobjekt im Altlastenkataster als Verdachtsfläche aufgeführt.

    In dieser Wertermittlung wird das Bewertungsobjekt als altlastverdächtige Fläche unterstellt.
    Wertbeeinflussung vgl. ab Seite xx."

    Dann wird die Wertminderung wie folgt ermittelt:

    " Gemäß schriftlicher Mitteilung des Kreises xxxx (Umweltamt) vom 05.04.2022 ist das Grundstück im Altlastenverdachtsflächenkataster als belastete Fläche geführt.
    Nach § 2 Abs. 3 ImmoWertV bestimmt sich der Zustand eines Grundstücks "…aus der Gesamtheit der rechtlichen Gegebenheiten, der tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Wertermittlungsobjekts (Grundstücksmerkmale)".

    Zu den tatsächlichen Eigenschaften des Grundstücks zählen nach § 2 Abs. 3 ImmoWertV insbesondere die Bodenbeschaffenheit wie beispielsweise Bodengüte, Eignung als Baugrund oder schädliche Bodenverände-rungen. Diese Vorschrift der ImmoWertV trägt insoweit der gewachsenen Sensibilität der Bevölkerung ge-genüber umweltbelastenden Zustandsmerkmalen Rechnung. Gemäß des neuen Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) vom 17. März 1998 (BGBl. I, 502) in Kraft getreten am 01. März 1999, zuletzt geändert durch Art. 3 G v. 9.12.2004 I 3214 ist grundsätzlich nicht nur der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlas-ten verursachte Verunreinigungen von Gewässern zu sanieren. In den Kreis der zu Sanierungsverpflichteten wird auch der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers, der Grundstückseigentümer sowie der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück (Mieter/Pächter) einbezogen. Es wird daher in diesem Gutachten unterstellt, dass der Eigentümer die Wiederinstandsetzung des ggf. verunreinigten Grundstücks tragen muss.

    Als Wertminderung werden aus o.g. Gründen die Kosten für eine Wiederinstandsetzung angesetzt.

    Die Kosten (Stand 1990) für hinreichende Untersuchungen auf Bodenverunreinigungen betragen durchschnittlich 2,50 - 5,00 €/m² (je nach Umfang der Analysen)1). Im vorliegenden Fall wird (mit Rücksicht darauf, dass eine Bodenverunreinigung noch nicht eindeutig feststeht) der unterste Wert in Ansatz gebracht. Der Wert wird mit dem Verbraucherindex Deutschland auf die heutigen Kosten umgerechnet.

    Index 1990 = 64,42) (2015 = 100)
    Index 2022 = 110,02) (2015 = 100)) (geschätzt)
    2,50 €/m² × 110,0 = 4,27 €/m²
    64,4

    Die tatsächlichen Instandsetzungskosten lassen sich jedoch nur durch ein Spezialgutachten feststellen.

    Die Kosten für Sicherungsmaßnahmen (z.B. Umzäumung, Grundwasserabsenkung, Abdeckung durch Tonschichten, Abkapselungen durch Spundwände, Beobachtung durch Brunnen etc.) können mit 7,50 - 12,50 €/m² überschlägig angegeben werden2). Auch hier wird der unterste Wert in Ansatz gebracht und ent-sprechend den heutigen Kosten mit dem schon erwähnten Index umgerechnet.

    Index 1990 = 64,42) (2015 = 100)
    Index 2022 = 110,02) (2015 = 100)) (geschätzt)
    7,50 €/m² × 110,0 = 12,81 €/m²
    64,4

    4,27 € + 12,81 € = 17,08 €/m² × [168 m² (Flurstück 256) + 100 m² geschätzt (südlicher Teil des Flurstücks 152)] = 4.577,44 €

    Des Weiteren ist noch ein Sicherheitsabschlag für (Rest)Risiken bei einem sanierten ehemals verunreinigten Grundstück anzubringen. Ein derartiger Abschlag ist im gewöhnlichen Geschäftsverkehr regelmäßig festzu-stellen, da bei zwei ansonsten gleichwertigen Grundstücken sich der wirtschaftlich vernünftig handelnde Marktteilnehmer bei gleicher Kaufpreisforderung für das bisher nicht belastete Grundstück entscheiden und beim Erwerb des sanierten Grundstücks wegen der potentiellen evtl. bestehen gebliebenen verborgener Mängel und Schäden einen (erheblichen) Preisnachlass geltend machen würde (merkantiler Minderwert). Dieser „Sicherheitsabschlag“ oder „merkantile Minderwert“ wird hier mit 5% des unbelasteten Bodenwertes geschätzt.
    Der unbelastete Bodenwert des Bewertungsgrundstücks beträgt rd. 90.600,00 € (vgl. Gutachten, dort Bodenwertermittlung) zum Wertermittlungsstichtag 26.04.2022.

    90.600,00 € × 0,05 = 4.530,00 €

    Wertminderung durch Altlasten zum Stichtag 26.04.2022 für das Grundstück = 4.530,00 € + 4.577,44 € = 9.107,44 € rd. 9.100,00 €

    1) Quelle: Sprengnetter Bd. VII, 9/5/7/1"

    Ende der Wertermittlung.

    Denke, das sollte ausreichend sein. Sollte dem Umweltamt ein separates Bodengutachten vorliegen und dieses auch Kosten zur Instandsetzung beinhalten, dann verzichte ich auf die o.g. eigenen Wertermittlung und nehme die Zahlen aus dem Bodengutachten. I.d.R. ist aber - wenn kein Bodengutachten vorliegt - die o.g. Wertminderung ausreichend und auch ausreichend begründet.

    Grüße aus Gütersloh

    Lothar Middel

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