• Folgender Fall:
    Im Versteigerungstermin letzte Woche hat eine GmbH 10.000 € geboten bei einem VW von 280.000,00 €. 7/10 bzw. 5/10 Grenzen waren bereits weggefallen. Ich habe VKT auf nächste Woche Freitag anberaumt. Gestern habe ich ein FAX zur Akte bekommen, in dem die Gl. mitteilt, die Meistbietende GmbH sei ein mit ihr verbundenes Unternehmen, sie beruft sich auf § 114 a ZVG und will Zuschlagserteilung.
    Ich habe mich bereits im Versteigerungstermin darüber aufgeregt, dass sich die Gl. durch einen RA hat vertreten lassen und dieser ebenfalls mit einer Bietvollmacht der GmbH ausgestattet war. Prokukristin der Gl. und Geschäftsführerin der GmbH sind dieselbe Person. Dass hier gemauschelt wird, ist m. E. offensichtlich. Ich beabsichtige, den Zuschlag zu versagen, ob nun mit oder ohne Antrag des Schuldners nach § 765 a ZPO, und würde mich auf die allg. Grundsätze Treu und Glauben, Verschleuderung, Sittenwidrigkeit etc. berufen.
    Wie seht Ihr das mit dem Antrag nach § 114 a? Im Stöber steht, dass 114a auch anzuwenden ist, wenn ein Strohmann bietet, sh. Rz. 2.8 . Ist ein angeblich "verbundenes Unternehmen" ein solcher Strohmann? Und wie prüfe ich das? Mir gefällt die ganze Sache nicht, weil ich glaube, dass der Schuldner über den Tisch gezogen wird.

  • Wie begründet man bitte eine Zuschlagsversagung gem. § 765 a ZPO ohne Antrag ? Hat mich schon immer interessiert ...

    Ich sehe keine rechtlichen Probleme mit ordnungsgemäßen Vertretungs- und Bietvollmachten für dieselbe Person.
    Irgendwo sehe ich das auch leidenschaftslos: In deinem Fall werden Gläubiger (auf eigene Aussage !) und Schuldner so gestellt, als wenn irgendjemand 7/10 geboten hätte - was ist daran sittenwidrig ?
    Gabs denn überhaupt andere Interessenten, die auch noch in der Größenordnung geboten hätten ? Anscheinend nicht ...
    Ich schreib in solchen Fällen übrigens auch in den Zuschlagsbeschluss rein: Der Zuschlag erfolgt unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 114 a ZVG.

  • Ich finde, bei einem Gebot von 4 % des Verkehrswertes kann man schon mal über Sittenwidrigkeit und Verschleuderung nachdenken, sh auch BGH-Entscheidung V ZB 45/09. Natürlich kann ich ohne Antrag nicht nach § 765a versagen, dass war wohl missverständlich formuliert. Aber ggf. nach den allgemeinen Grundsätzen Treu und Glauben etc. Es war noch ein Bietinteressent da, der 100.000,00 € geboten hat, aber keine ordnungsgemäße Sicherheit dabei hatte, so dass ich das Gebot zurückweisen musste.

  • Ich finde, bei einem Gebot von 4 % des Verkehrswertes kann man schon mal über Sittenwidrigkeit und Verschleuderung nachdenken. Es war noch ein Bietinteressent da, der 100.000,00 € geboten hat, aber keine ordnungsgemäße Sicherheit dabei hatte, so dass ich das Gebot zurückweisen musste.

    Also gab es kein weiteres Gebot. Bei dem jetzigen Zuschlag erhält der Schuldner 7/10=196.000 EUR auf seine Schuld angerechnet, bei einem Zuschlag zu 100.000 EUR eben nur diese 100.000. Wo ist da eine Benachteiligung des Schuldners.

    Ich muss ehrlicherweise sagen, dass ich das Verhalten der Gläubiger sehr kulant finde, schließlich hätte man die Verbundenheit zum Gläubiger nicht offenbaren müssen, mit der Folge, dass zu 4% zuzuschlagen gewesen wäre.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Woher weiß ich denn, dass es sich bei der GmbH tatsächlich um ein sog. verbundenes Unternehmen handelt? Und kann sich ein Gl. denn immer auf § 114 a berufen, auch wenn ein Dritter geboten hat? Das gibt die Kommentierung so nicht her.

  • Unter Berücksichtigung der in Beitrag #2 genannten BGH-Entscheidung und der Tatsache, dass die Gläubigerin die Verbindung mit der Meistbietenden selbst zur Akte mitgeteilt hat, hätte ich keine Bedenken, den Zuschlag zu erteilen. Den Schuldner würde ich unter Beifügung einer Kopie des Schreibens der Gläubigerin darauf hinweisen, dass diese ihm 7/10 anrechnen muss.

    Insofern wie Bukowski: Der Schuldner soll doch froh sein ... 7/10 im zweiten Termin ohne Grenzen ist doch nicht schlecht :teufel:

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Allein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehe ich hier wirklich keine Sittenwidrigkeit.
    Die Gläubigerin gesteht zu, dass § 114 a greift - warum sollte ich da noch lange rumrätseln, ob das so stimmt ? Zu ihrem Nachteil wird es die Gläubigerin nicht tun.

    Allenfalls wenn nachvollziehbar vorgetragen würde, dass der Schuldner über diese Schiene rein aus Schikanegründen aus dem Objekt gedrängt werden soll, dem Gläubiger das Objekt "zugeschustert" wird, würde ich überhaupt über eine mögliche Versagung nachdenken. Aber da müsste mehr kommen als nur: die gehören zusammen und das Gericht meint doch ...

  • Sehe ich auch so.
    Wie Anta schreibe ich in solchen Fällen auch einen entsprechenden Hinweis in die Begründung.
    Aber auch die von hiro vorgeschlagene Übersendung des Gläubigerschreibens an den Schuldner wäre ok.

    Nur, darauf hinweisen sollte man ihn schon.

  • Dem Schuldner, den Jutta offensichtlich mit der Zuschlagsversagung schützen will, erweist sie damit einen Bärendienst.
    Wer weiß, ob in einem späteren Termin jemals 70 v. H. des Verkehrswerts erreicht werden.
    Der "umgekehrte" Fall wäre viel interessanter.
    Wenn mehrheitlich von Geldinstituten betriebene "Verwertungs-Gesellschaften" auftreten, die sich die Grundstücke unter den Nagel reissen. Für den Schuldner oder Dritte ist diese Verbindung in aller Regel nicht erkkennbar.

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