Polnischer Führerschein entzogen, Sperrfrist abgelaufen

  • Hallo!

    Ich hatte eben einen Anruf aus Polen. Durch Strafbefehl ist letztes Jahr die Fahrerlaubnis entzogen worden, Sperrfrist 10 Monate (polnischer Führerschein). Der damals zuständige Kollege hat einen entsprechenden Aufkleber auf dem Führerschein angebracht.
    Nun ist die Sperrfrist abgelaufen und der VU möchte gern wissen, ob er den Aufkleber abmachen kann.
    Ich hatte mit ausländischen Führerscheinen noch gar nichts zu tun. Der ehemals zuständige Kollege weiß auch nicht, wie das jetzt zu handhaben ist.

    Was kann/muss ich dem Herrn erzählen? Er ruft nachher wieder an.

    ea

  • Hallo, meines Erachtens "darf" der VU nach Ablauf der Sperrfrist den Aufkleber auch selbstständig abmachen. Der Aufkleber ist ja sowieso nur "deklaratorisch" und wird von den meisten VU`s wohl direkt nach dem Anbringen entfernt. Dennoch darf der VU gem. Rn 6 Bl.605 Tröndle/Fischer StGB nicht gleich wieder in der BRD fahren.

  • Danke soweit. Darf er denn nach Ablauf der Sperrfrist in Deutschland wieder fahren? Ich habe hier nur den HRP und da steht dazu nichts drin (oder besser: ich habe nichts gefunden). Bei deutschen Führerscheinen ist mir der Weg klar, aber bei ausländischen?

    ea

  • Zitat von ea

    Darf er denn nach Ablauf der Sperrfrist in Deutschland wieder fahren? ea



    Siehe § 69b Abs. 1 StGB : Während der Sperre darf weder das Recht von der ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, noch eine inländische Fahrerlaubnis erteilt werden.

    Nach Ablauf der Sperre darf er also nur wieder mit seiner polnischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet fahren, wenn ihm dies von der Verwaltungsbehörde erlaubt wird. (siehe auch Tröndle/Fischer §69b Rn.6)

    Zur Entfernung d. Vermerks : Da der Vermerk ja mit Siegel an dem FS zu befestigen ist, dürfte eine Entfernung des Vermerks nicht "sinnvoll" sein. Bei einer Polizeikontrolle, würde die Polizei aufgrund des "halben" Siegels der (bei guter Tinte ;) ) noch auf dem FS zu sehen sein dürfte misstrauisch werden, und eine genauere, und damit wohl auch unangenehmere Kontrolle vornehmen.
    Der Vermerk auf dem FS stellt ja auch keinen Nachteil für den VU dar. Er spiegelt die genaue Rechtslage wider.
    Die oben schon aufgeworfenen Problematik des "Siegelbruchs" dürfte auch zu berücksichtigen sein.

    Ich würde dem VU auf keinen Fall dazu raten den Vermerk zu entfernen.

    Das dies in der Realität von 90% der Betroffenen anders gehandhabt wird, steht auf einem anderen Blatt.



  • Ich werd ihm entsprechendes sagen. Was er dann draus macht, ist dann nicht mein Problem. Vielen Dank an alle für die schnellen Antworten!

    ea

  • @ ea. Acuhtung ! Ich habe die von dir zitierte Passage nachträglich geändert, da die ´meine Ausgangsaussage falsch war. Siehe oben. :oops:

  • @ Vollstrecker

    Ich habe es noch rechtzeitig gelesen und entsprechend weitergegeben. Den Kommentar gibts hier bei uns im Haus (bislang) leider nicht. Werd den gleich mal beantragen...

    ea

  • Zum Thema Rechtslage nach Ablauf der Sperrfrist ist hier nicht der aktuelle Stand wiedergegeben worden. Der EuGH hat in eínem Grundsatzurteil v. 29.04.04 entschieden, daß es nach Ablauf der verhängten Sperrfrist keiner gesonderten Erlaubnis einer dt. Fahrerlaubnisbehörde bedarf. Sofern keine ausdrückliche Versagung der Fahrerlaubnis durch Verwaltungsanordnung vorliegt, wird im Falle einer Kontrolle durch die Polizei auch keine Anzeige mehr erstattet.
    Auch ich habe Tröndle/Fischer Neuauflage 2006 vorliegen; dort ist die EuGH-Entscheidung allerdings nicht berücksichtigt bzw. gar nicht erwähnt.
    Der damalige Passus im Merkblatt, welches an den Betroffenen versandt wurde:"Sie dürfen nach Ablauf der Sperre erst dann wieder Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland führen, wenn Ihnen auf Ihren Antrag hin von einer dt. FS-Behörde da Recht, von Ihrer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, wieder erteilt worden ist." mußte komplett gestrichen werden.

  • Tja wie kannes denn sein, dass eine EuGH Entscheidung aus 2004 nicht in den Kommentraen steht und auch in der Praxis größtenteils nicht bekannt ist?
    Vielleicht absichtlich?
    Da sollte man Tröndle/Fischer drauf ansprechen!

  • Zitat von Diabolo

    Tja wie kannes denn sein, dass eine EuGH Entscheidung aus 2004 nicht in den Kommentraen steht und auch in der Praxis größtenteils nicht bekannt ist?
    Vielleicht absichtlich?
    Da sollte man Tröndle/Fischer drauf ansprechen!



    :nixweiss: Tröndle ist allerdings ja schon ein recht betagter älterer Herr und der Straßenverkehr ist vielleicht nicht mehr so sein Metier...., nun daran liegt`s wohl nicht.
    Habe gerade mal bei Beck-Online gestöbert und dabei herausgefunden, daß sich ein Hr. Jagow im StVG-Kommentar recht kritisch mit der Entscheidung des EuGH auseinandersetzt, insbesondere dessen praktische Umsetzbarkeit.

  • Zitat von alterHase


    :nixweiss: Tröndle ist allerdings ja schon ein recht betagter älterer Herr und der Straßenverkehr ist vielleicht nicht mehr so sein Metier....



    Dann hoffen wir doch, dass er nicht unter die Räder - mit seinem Kommentar - kommt;)

  • Bin schon etwas raus aus der Materie, aber ich hab da was in Erinnerung, dass bei uns mal gleich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde (wegen Urkundenunterdrückung war das glaub ich), weil einer den Vermerk rausgerissen hat. Also ich hab grundsätzlich gesagt der muss drinbleiben!

    Wegen der Neuerteilung: ich hab das so verstanden, dass er nach Ablauf der Sperrfrist nicht automatisch wieder fahren darf. Wenn er nach Ablauf allerdings IM AUSLAND ne neue Fahrerlaubnis erwirbt (und nicht nur nen neuen Führerschein beantragt - wichtiger Unterschied!), dann muss die im Inland wohl anerkannt werden, weil sich unsere Fahrerlaubnisbehörde nicht über die ausländische stellen darf oder so ähnlich......

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!