Förgengerechtsame ???

  • Hab unter BVNr. 1 eine "Reale Förgengerechtsame" (Förge ist ein Fährmann) eingetragen.

    Es ist ersichtlich keinem bestimmten Grundstück zugeordnet.

    Es gibt einen Vertrag hierzu mit dem damaligen Fährmann von 1865
    und dem Königreich Bayern, wo steht, daß der Fährmann berechtigt ist
    bei X eine Fähre zu betreiben. Dann folgen Anweisungen wie die Fähre
    zu errichten ist und das keinesfalls Zuschüsse gewährt werden.

    Eine Fähre gibt es dort seit 50 Jahren schon nicht mehr. Dafür aber eine Bootsanlegestelle etwas weiter oben am Fluß. Um dort hinzugelangen, muß man über die ehemalige Fährrampe fahren (alle Grundstücke im Eigentum der Stadt X). Der jetzige Eigentümer des Förgenrechts will die Rampe sperren und von den Bootfahrern ein Nutzungsentgelt verlangen.

    Es wurde hier schon mal über Gerechtsame diskutiert, allerdings find ich dort die Frage nicht beantwortet,

    - ob man aus einem solchen Recht noch Ansprüche herleiten kann, wenn das zugrundeliegende Gewerbe nicht mehr betrieben wird.

    - ob und wie solche Rechte erlöschen.

    - ob man solche Rechte immer bestimmten Grundstücken/Häusern zuordnen kann (die einzige Lagebestimmung hier ist "bei der Stadt X" ) ?

  • Muß da der König von Bayern zustimmen??? :wechlach:

    OK, sorry. Zurück zur Sache: Ich habe keine Ahnung!:nixweiss:

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • "Muß da der König von Bayern zustimmen???"

    Wenn dann schon "der Kaiser Franz I". Wir haben uns da vom Königreich weg schon weiterentwickelt

  • Was hast Du denn für komische Sachen im GB???:eek:

    Fragst Du aus der Sicht des GB-Rechtspflegers? Wenn Du keine Lust (pardon, keine Zeit :teufel: ) hast, die Sache aufzudröseln, bist Du gem. § 84 GBO nicht verpflichtet, tätig zu werden.

    Maßgeblich für das Recht sind die Rechtsvorschriften zum Zeitpunkt der Eintragung, also vermutlich irgendein bayerisches Landrecht. Im Zeifel: Finger weg vom Recht, solange Du Dich mit diesen Vorschriften nicht auskennst.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • So, wie Du das schreibst, liegt ein grundstücksgleiches Recht vor. Damit scheidet eine Zuordnung zu einem Grundstück aus. Die Lagebezeichnung ist offenbar eine nähere Beschreibung des Rechts, nicht dagegen eine Zuordnung zu einem Grundstück.

    Mit dem Erlöschen wäre ich aus grundbuchrechtlicher Sicht etwas vorsichtig, allerdings könntest Du evtl. über BayObLGZ 13, 322 bzw BayObLGZ 28, 804 etwas machen (rühr Dich, wenn Ihr das nicht habt). Knackpunkt ist dabei vor allem einmal, welches Recht früher dort gegolten hat, wo das Recht besteht (Blick in die Civilstatistik, ich würde mal beim OLG nachfragen).

    Irgendwo habe ich auch eine Entscheidung gefunden, wonach der Inhaber einer Gerechtigkeit sich nicht mit seiner Gerechtigkeit gegen Konkurrenz wehren kann. Da ging es, glaube ich, um ein Fährrecht über die Donau. Müsste ich suchen, das dauert dann aber wohl länger. Aber ich glaube, darum geht es hier auch nicht.

    Der Name unseres Königs wäre ja klar. Nummerierung auch ("I."). Könige haben auch gelegentlich charakterisierende Beinamen - äh, hm, äh.. naja.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ein anderes "Amt" hat mich um "Amtshilfe" ersucht, weil die sich natürlich auch nicht auskennen.
    Eigentlich bräucht ich nur eine Definition einer "realen Gerechtsamen"
    und wie und warum die in s Grundbuch übernommen wurden, bzw. ob sie
    heute überhaupt noch eine Bedeutung haben können usw.
    Zu den Gemeinderechten hab ich schon mal einen guten Aufsatz gefunden, aber zu den Gerechtsamen noch nicht.

  • Eine Gerechtsame ist das Recht oder Vorrecht, mit der man etwas tut, nutzt oder besitzt, und zwar als Nutzungsrecht an einem Grundstück. In früheren Zeiten wurden die Gerechtsame in der Regel von den Städten ausgegeben bzw. eingerichtet. Im heutigen Verständnis kann man die Gerechtsame oder Gerechtigkeiten in der Regel als Erlaubnis, Lizenz oder Konzession verstehen. Die Gerechtsame sind in der Regel an das Grundstück gebunden und werden mit diesen weitervererbt.

  • juris2112: Ich hab aber gerade den Fall, daß das Recht an kein Grundstück gebunden ist. Weder aus dem Grundbuch noch aus dem königlichen Vertrag ergibt sich ein bestimmtes Grundstück. Oder hängt es an dem Haus des Förgen, das in der Nähe steht und weiter hinten auch auf diesem Blatt vorgetragen ist ?

  • Wie Andreas schon sagte: Dann ist es ein altrechtliches grundstücksgleiches Recht, das als solches den Gegenstand des Rechtsverkehrs bildet.

    Was mir nicht klar ist: Der Berechtigte des Förgenrechts kann die ehemalige Fährenrampe keinesfalls sperren. Das kann vielmehr nur der Eigentümer des betreffenden Grundstücks. Der Förgenberechtigte ist nach dem mitgeteilten Sachverhalt lediglich berechtigt, selbst eine Fähre zu betreiben (evtl. auch den Betrieb anderen zu überlassen). Aber auf ein Nutzungsentgelt wegen einer "Überwegung" hat er m.E. keinen Anspruch.

    Ob das Recht erloschen ist? Gute Frage. Sie wird dann interessant, wenn der Berechtigte hergeht und eine neue Fähre eröffnen möchte.

  • :oops: Edit: Beitrag gelöscht....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • juris2112: Das witzige ist, daß er s schon getan hat und reichlich "Nutzungsentsch." kassiert hat, teilw. sogar mit Einzugsermächtigung für
    Abbuchung künftiger Beträge :wechlach: :nzfass:

    Jetzt wo nicht mehr alle zahlen wollen und ihm s an den Kragen geht, beruft er sich auf dieses Recht und den kgl. bayr. Vertrag. Natürlich ist das Nonsens, aber best. Behörden wollten halt wissen, was genau so ein Recht ist, was es beinhaltet, überhaupt noch eine Bedeutung hat usw.

  • Die Förgengerechtsame fällt unter Art. 65 EGBGB (vgl. auch Güthe/Triebel, Grundbuchordnung, Ausgabe 1929, Anm. zu Art. 22 des Ausführungsgesetzes zur Grundbuchordnung), demzufolge die landesrechtlichen Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, unberührt bleiben. Für Bayern bedeutet dies die Anwendbarkeit des Wassergesetzes vom 19.7.1994. Wie in den vorangehenden Beiträgen bereits ausgeführt (Franziska, juris2112, Andreas), handelt es sich um ein grundstücksgleiches Recht, das durch staatliche Verleihung an oder in einem öffentlichen Fluss begründet wurde (KGJ 17, 123; KGJ 35, 271- haben wohl nur Andreas und juris2112 ?). Möglicherweise hilft die Verweisung auf Wasserschutzbehörden/Wasserämter weiter bei der Beantwortung der Frage.

  • KGJ habe ich leider nicht.... :mad:

    Art 65 EGBGB? Ich hätte ja eher auf Art 74 EGBGB getippt... ich meine nämlich, dass das nur zufällig was mit Wasser zu tun hat und daher eigentlich nicht unter's Wasserrecht fällt (Irrtum vorbehalten).

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  • Ich möchte mal spinnen. Das Ding ist im Grundbuch vermerkt.
    Es steht im BV, könnte also nach heutigem Sprachgebrauch einen Herrschvermerk darstellen. Dann müsste auch die "Gegenbuchung" vorhanden sein, der Lastvermerk, so etwas ähnliches wie eine Dienstbarkeit.
    Das ist aber nicht der Fall, also kann der Vermerk auf kein dingliches Recht in einem anderen Grundbuchblatt hinweisen, ist also kein Herrschvermerk.
    Der Vermerk führt somit ein Eigenleben als "verdinglichte Konzession". Da er das Recht, "bei X" einen Fährbetrieb zu betreiben, zum Inhalt hat, darf demnach der Förge auf der gesamten Länge des im Gemeindegebiet befindlichen Flussabschnittes den Fährbetrieb verrichten und auf beiden Ufern dem Betriebe dienende Vorrichtungen anbringen und verwenden. Das ist natürlich Unsinn. Wo keine Straße hinführt, da wird auch keine Fähre anlaufen, erst recht kein Kunde auftauchen. Also beschränkt sich das Recht faktisch nur auf die Stellen der Uferstreifen, zu denen eine Straße führt. Dort müssten doch dann die aktuell dienenden Grundstücke sein. Erfolgt aber eine Straßentrassenverlegung oder ändern sich die Verkehrsstromrichtungen wäre eine an ein bestimmtes Grundstück (fest-)gebundene Fährkonzession Makulatur. Damit das Fährrecht nicht auf diese Art ad absurdum geführt wird, erstreckt es sich auf die Gesamtlänge der im Gemeindegebiet zu beiden Seiten befindlichen Uferstreifen, ohne einem bestimmten Grundstück zugeordnet zu sein oder zugeordnet werden zu können. Das Fährrecht ist also flexibel, ein "potentielles Wanderrecht". So könnte das Eigenleben des Vermerkes m. E. erklärt werden. Irrtum vorbehalten.

    Nachtrag:
    Mir fällt gerade noch ein Gedanke ein. Spricht man heute von Fähren, hat man Großfähren im Kopf wie die z. B. bei Linz am Rhein. 1865 wurden Ruderboote als "Fähren" benutzt, da war es ziemlich gleichgültig, wo das Boot abfuhr und anlandete. Deshalb das Recht, den kompletten Flussstreifen mit Fährdiensten zu beglücken. Auch ein Argument, die Anbindung an ein bestimmtes Grundstück als unmöglich anzusehen.

  • "Mir fällt gerade noch ein Gedanke ein. Spricht man heute von Fähren, hat man Großfähren im Kopf wie die z. B. bei Linz am Rhein. 1865 wurden Ruderboote als "Fähren" benutzt, da war es ziemlich gleichgültig, wo das Boot abfuhr und anlandete. "

    Wer will ihn wissen:

    Fast alle Fähren, die ich bisher gesehen habe, waren durch ein/mehrere Drahtseile mit den Ufern verbunden (damit die Boote nicht abdriften).
    Der Ort, wo die Fähre früher verkehrte ist hier ohnehin bekannt, die Rampe noch teilweise erhalten. Es war auch eine Seilfähre.

  • Da habe ich nicht daran gedacht. Seilfähren sind mir auch bekannt. Ob 1865 an eine Seilfähre gedacht wurde, sei dahingestellt. Was mir zu Denken gibt, ist, dass auf der gesamten Länge des Flussabschnittes das Recht ausgeübt werden kann. Deshalb die Erinnerung an die Ruderboote.

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