PKH Anwalt - Fahrtkosten - nicht am Gerichtsort ansässig

  • Hallo,
    unsere liebe Fachanwältin für Familienrecht ist im Wege der PKH unbeschränkt beigeordnet worden. Die Mandantschaft wohnt in Bremen, wir sind in Hamburg und das zuständige Gericht ist in Oldenburg (fiktive Orte da Buchstaben nur verwirren).
    Verfahren beendet, PKH-Liquidation berechnet und Fahrtkosten von Hamburg nach Oldenburg geltend gemacht. Das Gericht setzt die Fahrtkosten von Hamburg nach Bremen ab und meint, dass nur die Fahrtkosten eines ortsansässigen Anwalts erstattbar wären. Da der Beschluss durch den Richter jedoch nicht beschränkt wurde, halten wir das spontan für falsch.

    In der Suche habe ich immer nur Anwälte gefunden, die auch am Sitz der Mandantschaft waren. Gibt es auch Rechtsprechung zu unserem Fall?

  • Ich würde sagen wenn uneingeschränkt PKH bewilligt wurde, sind auch die Fahrtkosten aus der Staatskasse zu erstatten. Der Richter hat es nun mal so beschlossen.
    Anders verhält es sich dann allerdings bei der Rückforderung, wenn die Gegenseite die Kosten des Verfahrens zu tragen hätte. Da können die Fahrtkosten nicht unbedingt vollumfänglich der Gegenseite aufgedrückt werden, sondern nur die notwendigen, d.h., wenn die Fahrtkosten vom Wohnort der Partei zum Gerichtsort künstiger sind, dann nur diese. Hinsichtlich es Restes erfolgt PKH-Überprüfung.

  • Dazu gibt es bestimmt schon einiges im Forum. Da die Beiordnung unbeschränkt erfolgt ist, können die Fahrtkosten von Hamburg nach Oldenburg erstattet werden.
    Ich würde jedenfalls keine Vergleichsberechnung oder tüdelü machen, wenn ich keine Einschränkung im Beschluss finde.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • so auch: OLG Naumburg, FamRZ 2009, 534


    Ebenso die OLG Brandenburg, Stuttgart, Nürnberg und Celle.

  • Wird durch § 121 Abs. 3 ZPO der Beisatz "zu den Bedingungen eines ortsansässigen RA" nicht überflüssig? Die RAe sollten doch wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie nicht im Amtsbereich des anordnenden Gerichtes ihren Sitz haben, woraus dann folgt, dass sie keinen Anspruch auf Erstattung der Reiskosten haben.

  • Sieh mal dazu Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 121 Rn 13ff. und 40.
    Es können durchaus Reisekosten durch die Staatskasse zu erstatten sein.

  • Wird durch § 121 Abs. 3 ZPO der Beisatz "zu den Bedingungen eines ortsansässigen RA" nicht überflüssig?


    Würde ich nicht sagen. Wie wir wissen, muss sich ein Richter ja nicht unbedingt an das Gesetz halten. Hier ist wohl eher die Frage: Was ist, wenn der Richter anders entschieden hat als vorgeschrieben? - Das hat er ja hier offensichtlich getan.
    Ein Mandant ohne PKH kann sich durchaus einen RA am dritten Ort nehmen, muss die Mehrkosten dann aber selber tragen.
    Hier werden die Mehrkosten der Staatskasse aufgebrummt (meist kann man es sich ja nicht zurückholen). - RM durch Bezirksrevisor wäre möglich, wenn er davon erfahren würde. Oder auch Amtshaftung? - Nur wer soll das geltend machen?

  • Also ich würde schon sagen, dass ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Anwalt Reisekosten erstattet bekommt, sofern die Partei nicht am Gerichtsort wohnt.

    Entsprechend der Festsetzung zwischen Parteien hinsichtlich Erstattungsfähigkeit der Reisekosten gilt im Verhältnis zur Staatskasse m. E. nichts anderes. Also Reisekosten des RA am Wohn- oder Prozessort sind aus der Staatskassse erstattungsfähig, sonst nicht.

  • Also ich würde schon sagen, dass ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Anwalt Reisekosten erstattet bekommt, sofern die Partei nicht am Gerichtsort wohnt.

    Entsprechend der Festsetzung zwischen Parteien hinsichtlich Erstattungsfähigkeit der Reisekosten gilt im Verhältnis zur Staatskasse m. E. nichts anderes. Also Reisekosten des RA am Wohn- oder Prozessort sind aus der Staatskassse erstattungsfähig, sonst nicht.

    Sehe ich anders. Der RA bekommt die Kosten in dem Umfang erstattet, der aus dem Beiordnungsbeschluss hervorgeht. Wenn da nix eingeschränkt wurde, gibt es die kompletten Reisekosten - egal, wo die Partei wohnt.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Also Reisekosten des RA am Wohn- oder Prozessort sind aus der Staatskasse erstattungsfähig, sonst nicht.


    Ich denke, dass Reisekosten im Umfang der PKH-Beiordnung aus der Staatskasse zu erstatten sind. Wenn der Richter einen RA aus A beiordnet, können ihm nicht Fahrtkosten von B aus ausgezahlt werden. Der Richter hätte die Beiordnung einschränken/konkretisieren müssen, hat er aber nicht gemacht.

  • Muss mal hier dazwischenfunken.

    Gem. OLG Stuttgart Beschluss vom 16.01.08 8 WF 172/07 ( Fundstelle sonst nicht bekannt ) bedeutet die uneingeschränkte Beiordnung im Bewilligungsbeschluss keine generelle Feststellung der Erforderlichkeit von Reisekosten des PKH-Anwalts.
    Deren Notwendigkeit ist vielmehr gem. § 46 RVG im Festsetzungsverfahren zu prüfen.
    Festsetzbar sind danach nur die Kosten , die zur zweckentspr. Rechtsverfolgung notwendig waren.
    Hierfür sind auch die durch die Rechtsprechung entstandenen Grundsätze der Notwendigleit der Kosten anzuwenden, um eine Besserstellung der PKH-Partei gegenüber einer Partei ohne Raten zu vermeiden.

    Festsetzbar sind daher nur die ( fiktiven ) Reisekosten eines Anwalts "vom Sitz der PKH-Partei" zum Gerichtsort.

    Um es kurz zu machen:
    Wohnt der PKH-Anwalt weiter weg, als die Partei vom Gerichtsort, sind eben nur die fiktiven Reisekosten zu erstatten.

    Im vorl. Fall wären die Entfernungen Bremen-Oldenburg u. Hamburg-Oldenburg zu vergleichen.

    BTW: Gehört das Thema nicht besser in das Subforum PKH ?
    ==> Stimmt! (beldel)

  • Ich habe mal "gelernt", dass die auszuzahlende PKH-Vergütung nicht an den erstattungsfähigen Kosten festgemacht wird, die evtl. die Gegenseite zu erstatten hätte sondern an den Kosten, die der Mandant seinem RA schulden würde (also was ohne PKH gem. § 11 RVG festsetzbar wäre). Aber wo das steht, da bin ich jetzt überfragt. Und deshalb sollte der Richter auch genau aufpassen, in welchem Umfang er bewilligt.

  • Ich kenne diese Entscheidung, finde sie aber eigenartig. M. E. muss der Richter gegebenenfalls schon im Bewilligungs-/Beiordnungsbeschluss eine Beschränkung der Fahrtkosten vornehmen. Der Wortlaut der Bewilligung und Beiordnung ist m. E. gegenüber dieser Entscheidung vorrangig - denn wenn ich als Rechtspfleger schon nicht befugt bin, eine Kostengrundentscheidung auszulegen, bin ich erst recht nicht befugt, in eine Beiordnung eine Einschränkung hineinzulesen, die nicht drinsteht.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Ich kenne diese Entscheidung, finde sie aber eigenartig. M. E. muss der Richter gegebenenfalls schon im Bewilligungs-/Beiordnungsbeschluss eine Beschränkung der Fahrtkosten vornehmen. Der Wortlaut der Bewilligung und Beiordnung ist m. E. gegenüber dieser Entscheidung vorrangig - denn wenn ich als Rechtspfleger schon nicht befugt bin, eine Kostengrundentscheidung auszulegen, bin ich erst recht nicht befugt, in eine Beiordnung eine Einschränkung hineinzulesen, die nicht drinsteht.

    Ich finde sie auch merkwürdig - man stelle sich in einer Strafsache vor, der Rpfl käme beim Kostenerstattungsantrag des Verteidigers auf die Idee, dran rumzudeuteln, dass im Urteil die notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt wurden... Nicht anders verhält es sich m. E. hier.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Das OLG Stuttgart in #14 hat völlig richtig entschieden, die hier gezogene Schlussfolgerung ist falsch.

    Der beigeordnete RA muss den Termin wahrnehmen und bekommt die Reisekosten erstattet, oder aber einen Unterbevollm. beauftragen, wenn dies billiger ist.

    Kurz und knapp, er, also der RA muss aus seiner ! Sicht die günstigste, gleichwertige Variante nehmen.

    Ob und welche Möglichkeiten die Partei vorher hatte, ist unerheblich. Auf deren Sicht kommt es nicht mehr an. Die Auslagen des beigeordneten RA müssen erforderlich gewesen sein, § 46 Abs. 1 RVG.


    Und wie will der RA das ganze sonst billiger machen?

    Ergo, der RA erhält die Reisekosten von seinem Sitz und nicht nur dem seiner Partei.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Sehe ich anders. Der RA bekommt die Kosten in dem Umfang erstattet, der aus dem Beiordnungsbeschluss hervorgeht. Wenn da nix eingeschränkt wurde, gibt es die kompletten Reisekosten - egal, wo die Partei wohnt.


    :daumenrau Ganz richtig, das sehe ich genauso. Keine Beschränkung im PKH-Bewilligungsbeschlus = keine Beschränkung bei der Auszahlung der entstandenen Reisekosten.

    Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten im KFV ist eine ganz andere Baustelle.

  • online:

    Also ich finde merkwürdig , dass Du Dich nicht an die Entscheidung Deines eigenen OLG hältst.:D

    Im übrigen ist für mich die Auffassung des OLG Stuttgart unter dem Gesichtspunkt der - m.E. nicht zulässigen - Bevorzugung der PKH-Partei gegenüber einer bemittelten Partei, vertretbar.
    Im Verhältnis zum erstattungspflichtigen Gegner sind dort auch nur die ( fiktiven ) Informationsreisekosten zu einem gerichtsansässigen Anwalt festsetzbar.
    Nichts anderes kann im Verhältnis zwischen den Erstattungsparteien PKH-Anwalt und Staatskasse gelten.

    Wäre regelmäßig auf die Bedingungen des Beiordnungsbeschlusses abzustellen, wäre ein § 46 I RVG nicht nötig.
    Im Umkehrschluss aus § 46 II S.1 RVG ist der Festsetzungsbeamte an den Beiordnungsbeschluss nicht gebunden ,wenn die Erforderlichkeit der Reise nicht gesondert vom Richter festgestellt wurde.
    Mangels Bindung bleibt es daher m.E. an der Anwendungsmöglichkeit von § 46 I RVG.
    Die einschränkende Entscheidung des OLG Stuttgart bzgl. Reisekosten hierzu habe ich zitiert.

    Es bleibt jedem unbenommen, ob er sich in die Knechtschaft des Beiordnungsbeschlusses begeben will oder nicht.:teufel::ironie:

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