Anhör.einer gesetzl.Erbin(ubekannten Aufenthalts)bei Erbscheinsert.aufgrund Testament

  • Wie soll ich die Anhörung einer gesetzlichen Erbin vornehmen, wenn ich einen Erbschein auf Grund testamentarischer Erbfolge erteilen muss und die gesetzliche Erbin (die nicht durch Testament bedacht ist) unbekannten Aufenthalts ist?

  • Ganz sauber ist das natürlich nicht, denn die Anhörung wäre nach Art.103 Abs.1 GG auch ohne die Vorschrift des § 2360 BGB erforderlich (statt vieler vgl. Palandt/Edenhofer § 2360 RdNr.1). Es wäre also eigentlich für eine ordnungsgemäße Vertretung der gesetzlichen Erbprätendenten im Erbscheinsverfahren zu sorgen. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist hierfür besser geeignet als die vom VormG vorzunehmende Bestellung eines Abwesenheitspflegers.

  • Ich denke der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muß auf jeden Fall noch geprüft werden. Ich meine damit: Werden jetzt mit diesem (wirksamen) Testament 100tausende von € vererbt oder nur "wenige" Euro (z.B. 1-10.000)?

    Falls nur wenig vererbt wird, würde ich wie die in HH verfahren und die Sache ohne Verfahrenspfleger erledigen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • @juris2112:

    Selbstverständlich hast du aus verfassungsmäßiger Sicht völlig recht. Nehmen wir aber mal an, der Netto-Nachlass beträgt ca. € 1500 und das NLG bestellt einen Verfahrenspfleger der dann (nur) € 200 Vergütung verlangt, dann halte ich das für unverhältnismäßig und würde mich über das Gebot der Anhörung einfach hinwegsetzen (wie´s in HH läuft). Noch dazu, wenn es sich nicht um eine pflichtteilsberechtigte gesuchte Person handelt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Der häufigste Fall der Nichtanhörung ist wohl derjenige, bei welchem der Ehegatte des kinderlosen Erblassers völlig unzweifelhaft zum Alleinerben eingesetzt ist und neben der Ehefrau nur noch gesetzliche Erben der zweiten oder dritten Erbordnung vorhanden sind. Diese gesetzlichen Erbprätendenten werden in der Regel zum Zwecke der Anhörung erst gar nicht (zu Ende) ermittelt. Es verbleibt meist dabei, dass den aus den vom Ehegatten ausgefüllten Verwandtschaftsformblättern ersichtlichen Beteiligten eine Testamentskopie zur Kenntnisnahme übersandt wird.

  • @juris2112:

    Und wie war das gleich mit dem Grundgesetz? Also doch meine (und die der meisten NLG) pragmatische Lösung?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich habe die übliche Verfahrensweise der NachlG in #9 völlig wertungsfrei wiedergegeben. Es sollten sich alle darüber klar sein, dass dieses Verfahren einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht standhielte. Wenn ein Richter im Zivilprozess eine gebotene Anhörung nicht vornimmt, hat er sofort ein begründetes Rechtsmittel am Hals. Weshalb sollte es anders sein, wenn der Richter im Nachlassverfahren eine gebotene Anhörung unterlässt?

    Der Unterschied zwischen dem Zivilprozess und dem FGG-Verfahren besteht im vorliegenden Fall allerdings darin, dass die Entscheidung im FGG-Verfahren nahezu ohne Ausnahme auch mit Anhörung nicht anders ausgefallen wäre, während der Verstoß gegen das rechtliche Gehör im Zivilprozess bewirkt, dass dem dergestalt übergangenen Beteiligten die Möglichkeit zum Sachvortrag genommen würde, der theoretisch immer zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Die Kausalität zwischen Nichtanhörung und getroffener Entscheidung tendiert im Nachlassverfahren daher praktisch gegen Null. Dies wird auch der Grund für die geschilderte pragmatische Verfahrensweise sein: Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit "nichts passieren".

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!