Rang der Beerdigungskosten

  • Hallo,

    ich bin gerade dabei, den (überschuldeten) dürftigen Nachlaß unter den Nachlaßgläubigern zu verteilen, wobei sich folgende Frage stellt:

    Der Sohn des Erblassers hat die Erbschaft ausgeschlagen und verlangt Erstattung der verauslagten Beerdigungskosten. Der Vermieter meldet seine Mietzahlungsansprüche an. Sind der Sohn des Erblassers und der Vermieter gleichrangige Nachlaßgläubiger mit der Folge, daß sie quotal befriedigt werden müssen? Meines Erachtens ist der Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten vorrangig aus dem Nachlaß und aus dem dann noch verbleibenden Nachlaß erst der Vermieter und die mit ihm gleichrangigen Nachlaßgläubiger zu befriedigen.

    Jochum / Pohl und Zimmermann sagen dazu nichts. Könnte hier einer bitte helfen? Danke im Voraus.

    Robert

  • Hallo Egons Mama,

    danke für die Antwort. Ein gutes Argument, die Rangordnung gem. § 324 InsO auch bei der quotenmäßigen Befriedigung der Nachlaßgläubiger anzuwenden.

    Robert

  • Nach § 1991 i.V.m. §§ 1978, 1979 haftet der Erbe für jede pflichtwidrige Verwaltungsmaßnahme wie ein Beauftragter oder auftragsloser Geschäftsführer, damit der Nachlaß möglichst auf den Bestand zur Zeit des Erbfalls zurückgeführt werde. Haftet der Erbe, so haftet der Nachlaßpfleger diesem für pflichtwidrige Verwaltungsmaßnahmen, die er in Vertretung der Erben vorgenommen hat. Hier geht es aber um was anderes: Der Nachlaßpfleger ist zur quotalen Befriedigung der gleichrangigen Nachlaßgläubiger berechtigt. Die Frage ist nur, welchen Rang der Anspruch auf Erstattung der Beerdigungkosten und der Anspruch des Vermieters auf Mietzahlungen hat. Sind beide Ansprüche gleichrangig?

  • Der Nachlaßpfleger ist zur quotalen Befriedigung der gleichrangigen Nachlaßgläubiger berechtigt. Die Frage ist nur, welchen Rang der Anspruch auf Erstattung der Beerdigungkosten und der Anspruch des Vermieters auf Mietzahlungen hat. Sind beide Ansprüche gleichrangig?



    Da der Gesetzgeber hier kaum Regelungen vorgegeben hat, obliegt es dem Nachlasspfleger, wie er verteilt.

    Vom Prinzip her kann er alles an einen Gläubiger auszahlen oder allen Gläubigern einen prozentualen Betrag.

    Ich kann dir daher auch nur sagen, wie es die NL-Pfleger hier machen:
    Sie erstatten als erstes die Bestattungskosten komplett.
    Der Restbetrag wird dann quotenmäßig an alle Restgläubiger verteilt (unter Einbehalt der Vergütung und Verfahrenskosten).

  • Mir hat mal ein Nachlasspfleger zur Frage der Vorrangigkeit der Beisetzungskosten geantwortet, dass diese Kosten die einzigen Verbindlichkeiten sind, welchen sich der Erbe infolge § 1968 BGB nicht durch Einrede etc. (z.B. im Wege des § 1990 BGB) zu entziehen vermag.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich kann mich CCM nur anschließen. Habe gelegentlich auch solch eine Diskussion mit meinen Nachlassgerichten. Meine Intension ist auch, erst die Kosten des Verfahrens (GK + NaPfl.Verg.) dann die Beerdigung Komplett und dann der Rest. Beim letzten Nachlasspflegertreffen des DVEV in Kassel gabs eine Liste zur Verteilung in einem Vortrag von RA Dr. Falk Schulz. Liegt mir hier aber gerade nicht vor.

    Zum Thema gibt es aber auch Bezirksrevisor Meinungen, die sagen, erst die Beerdigung und dann die Kosten des Verfahrens, auch wenn diese dann an die Staatskasse gedrückt werden, weil die Beerdigungskosten vor den Verfahrenskosten entstanden sind. Diese Meinungsinhaber sollten sich mal mit ihren Landeskassen unterhalten, welche oft im August eines Jahres eine Haushaltssperre ausrufen und dann alle Pfleger und Betreuer ewig auf ihr Geld warten dürfen.

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  • Mir hat mal ein Nachlasspfleger zur Frage der Vorrangigkeit der Beisetzungskosten geantwortet, dass diese Kosten die einzigen Verbindlichkeiten sind, welchen sich der Erbe infolge § 1968 BGB nicht durch Einrede etc. (z.B. im Wege des § 1990 BGB) zu entziehen vermag.



    Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich wüsste jedenfalls nicht, woraus sich das ergäbe?

    Die Formulierung des § 1968 BGB klingt zwar recht eindeutig, aber das ist bei § 1967 Abs. 1 BGB ja nicht anders. Ich würde bedenkenlos Nachlassverbindlichkeiten und Todesfallkosten gleichsetzen. Und demnach wäre § 1990 BGB anwendbar.

    Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass sich aus dem Bestattungsrecht (Landesrecht; in Bayern BestG und BestV) eine weitergehende Verpflichtung ergibt. Dort wird die Pflicht m. E. aber eher am Begriff "Verwandte" als an den "Erben" festgemacht, und diese beiden können auch schon mal differieren (Fiskuserbrecht, Testamentarische Erbeinsetzung)

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    ZUM THEMA: Ich denke, man ist auf jeden Fall auf der sicheren Seite als Nachlasspfleger, immer zuerst - der InsO analog - die Bestattungskosten zu begleichen

    Einmal editiert, zuletzt von HBK (4. Februar 2010 um 07:39)

  • Voraussetzung für die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 Abs. 1 S. BGB ist eine Nachlaßverbindlichkeit. Die Beerdigungskosten sind eine Nachlaßverbindlichkeit, eine sog. Erbfallschuld (BGH 8, 217; Stöber ZAP 2004, Fach 12 S. 141; BGH 61, 238; RG 139, 393).

    Eine andere Frage ist, in welcher Reihenfolge die Nachlaßverbindlichkeiten befriedigt werden sollen. Das Gesetz (BGB) regelt diese Frage nicht, mit zwei Ausnahmen: die rechtskräftige Verurteilung des Erben geht anderen Verbindlichkeiten vor (§ 1991 Abs. 3 BGB), während die Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen an letzter Stelle stehen (§ 1991 Abs. 4 BGB i.V.m. § 327 InsO). Im übrigen mahlt auch hier zuerst, wer zuerst kommt. Die titulierte Forderung geht meines Erachtens nach § 1991 Abs. 3 BGB anderen Verbindlichkeiten allerdings nur vor, wenn sie mit den anderen Verbindlichkeiten den gleichen Rang besetzt. Und hier setzte meine ursprüngliche Frage an: Welchen Rang hat der Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten im Verhältnis zum Anspruch des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete und auf Erstattung der Räumungs- und Renovierungskosten? Und hier ist auf die Vorrangigkeit der Beerdigungskosten hingewiesen worden, wie sie auch im Insolvenzverfahren gilt. Ist dies so, dann sollte der Nachlaßpfleger seine Vergütung und Auslagen noch vor der Festsetzung dem Nachlaß entnehmen, die Beerdigungskosten zahlen und dann bei dem Nachlaßgericht unter Vorlage des Quotelungsvermerks die anderen Verbindlichkeiten erfüllen. Oder ?

  • Voraussetzung für die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 Abs. 1 S. BGB ist eine Nachlaßverbindlichkeit. Die Beerdigungskosten sind eine Nachlaßverbindlichkeit, eine sog. Erbfallschuld (BGH 8, 217; Stöber ZAP 2004, Fach 12 S. 141; BGH 61, 238; RG 139, 393).



    Damit wär das auch geklärt :meinung:

    Eine andere Frage ist, in welcher Reihenfolge die Nachlaßverbindlichkeiten befriedigt werden sollen. Das Gesetz (BGB) regelt diese Frage nicht, mit zwei Ausnahmen: die rechtskräftige Verurteilung des Erben geht anderen Verbindlichkeiten vor (§ 1991 Abs. 3 BGB), während die Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen an letzter Stelle stehen (§ 1991 Abs. 4 BGB i.V.m. § 327 InsO). Im übrigen mahlt auch hier zuerst, wer zuerst kommt. Die titulierte Forderung geht meines Erachtens nach § 1991 Abs. 3 BGB anderen Verbindlichkeiten allerdings nur vor, wenn sie mit den anderen Verbindlichkeiten den gleichen Rang besetzt. Und hier setzte meine ursprüngliche Frage an: Welchen Rang hat der Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten im Verhältnis zum Anspruch des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete und auf Erstattung der Räumungs- und Renovierungskosten? Und hier ist auf die Vorrangigkeit der Beerdigungskosten hingewiesen worden, wie sie auch im Insolvenzverfahren gilt. Ist dies so, dann sollte der Nachlaßpfleger seine Vergütung und Auslagen noch vor der Festsetzung dem Nachlaß entnehmen, die Beerdigungskosten zahlen und dann bei dem Nachlaßgericht unter Vorlage des Quotelungsvermerks die anderen Verbindlichkeiten erfüllen. Oder ?



    Außerhalb des Nachlassinsolvenzverfahrens gibt es m. E. keine Rangfolge - abgesehen von § 1991 Abs. 3 und 4 BGB.

    Gegen eine vorrangige Befriedigung der Bestattungskosten spricht m. E. auch, dass es sich hierbei nicht nur um eine gesetzliche, sondern auch um eine sittliche Pflicht handelt. (Mir ist vollkommen bewusst, das DAS sicher nicht die herrschende Meinung ist)

    Jedenfalls ist man mit dem von dir vorgeschlagenen Procedere auf der "sicheren" Seite. Ausnahme: Wenn genug Masse für ein Insoverfahren vorhanden ist, sollte das beantragt werden.

  • Wenn der Nachlaß so dürftig ist, daß er nicht einmal die Kosten eines Nachlaßinsolvenzverfahrens deckt, dann wird das Nachlaßinsolvenzverfahren nicht eröffnet, und die Befriedigung der Nachlaßgläubiger wird unter Beachtung der Rangordnung des § 1991 BGB durchgeführt. Man könnte diese Befriedigung nach BGB im Gegensatz zum Nachlaßinsolvenzverfahren nach der InsO als "Privatinsolvenzverfahren" bezeichnen. Es gibt keinen sachlichen Grund, die Rangordnung nach dem Nachlaßinsolvenzverfahren, das nur mangels ausreichendem Nachlaß nicht durchgeführt worden ist, nicht auch in der Privatinsolvenz entsprechend anzuwenden.

    Die sittliche Pflicht ist dann zu beachten als gesetzliche Pflicht, wenn das Gesetz es so bestimmt. Zum Glück ist das so, denn die sittlichen Pflichten können in der Bevölkerung sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, so daß es eines Gesetzes bedarf, das sagt, welche sittliche Pflicht für alle verbindlich als gesetzliche Pflicht anzuerkennen ist. Natürlich ist es mit der Anerkennung durch Gesetz, und seien wir mal ehrlich, durch die Rechtsprechung, so eine Sache. Welcher Richter kann schon erkennen, welche sittliche Pflicht anzuerkennen ist? Die Erkenntnis ist das, was der Richter denkt, und das muß nicht von anderen genauso empfunden werden. Nicht umsonts trägt Justia eine Augenbinde.

  • Es gibt keinen sachlichen Grund, die Rangordnung nach dem Nachlaßinsolvenzverfahren, das nur mangels ausreichendem Nachlaß nicht durchgeführt worden ist, nicht auch in der Privatinsolvenz entsprechend anzuwenden.



    Es gibt keinerlei Handhabe, diese Analogie anzuwenden.

    Wenn ich als Fiskuserbe dies tun würde, wäre dies in meinen Augen eine unrechtmäßige vorzugsweise Befriedigung. Vielmehr bestimmen § 1990 BGB sowie die einschlägigen Kommentarwerke hierzu relativ eindeutig, dass bei Dürftigkeit die Herausgabe durch Zwangsvollstreckung nach dem Windhundverfahren zu erfolgen hat.

    Dies trifft zwar in erster Linie den Erben, der die Haftung zu beschränken sucht, jedoch ist es m. E. eher vertretbar, den § 1990 BGB analog anzuwenden, als die Insolvenzordnung.

    "Privatinsolvenz" ist ein Widerspruch in sich.

  • Ich suche nach einer pragmatischen Lösung:

    ich habe einen Sterbefall. Alle bekannten Erben haben ausgeschlagen. Die Bestattung wurde von der Ordnungsbehörde übernommen. Sie haben Gelder von Sterbegeldversicherungen eingezogen und bleiben auf derzeit rd. 600 EUR sitzen. Zufällig hat die Verstorbene im Pflegeheim auf ihrem Taschengeldkonto noch genau diesen Betrag liegen.
    Das Pflegeheim weigert sich den Betrag auszuzahlen und besteht auf die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft. Der Pfleger soll dann das Geld in Empfang nehmen und der Ordnungsbehörde geben, alternativ soll das Amtsgericht den Betrag "freigeben" zu Gunsten der Ordnungsbehörde.
    Was mach ich? *brett-vorm-kopf*

  • Ich suche nach einer pragmatischen Lösung:

    ich habe einen Sterbefall. Alle bekannten Erben haben ausgeschlagen. Die Bestattung wurde von der Ordnungsbehörde übernommen. Sie haben Gelder von Sterbegeldversicherungen eingezogen und bleiben auf derzeit rd. 600 EUR sitzen. Zufällig hat die Verstorbene im Pflegeheim auf ihrem Taschengeldkonto noch genau diesen Betrag liegen.
    Das Pflegeheim weigert sich den Betrag auszuzahlen und besteht auf die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft. Der Pfleger soll dann das Geld in Empfang nehmen und der Ordnungsbehörde geben, alternativ soll das Amtsgericht den Betrag "freigeben" zu Gunsten der Ordnungsbehörde.
    Was mach ich? *brett-vorm-kopf*

    Das Heim kann aus Haftungsgründen nicht an Dritte auszahlen, die nicht Vertreter der Erben sind. M. E. bleibt nichts anderes als die Nachlasspflegschaft.

  • alternativ soll das Amtsgericht den Betrag "freigeben" zu Gunsten der Ordnungsbehörde.
    Was mach ich? *brett-vorm-kopf*



    Einen Beschluss!

    Machen wir hier auch, wenn sonst nix kein Geld mehr da ist, Erben unbekannt und das Ordnungsamt will das Geld für die Bestattung.

    Ich ermächtige per Beschluss und ohne (!) NL-Pflegschaft die entsprechende Behörde die Konten aufzulösen und das Geld im Empfang zu nehmen und dem Gericht darüber Rechnung zu legen. Rechtsgrund: Der Beschluss ergeht in Anwendung von § 1846 (§§ 1962, 1915 Abs.1) BGB sowie in Anlehnung an § 11 Abs.2 BayNachlO.
    Ausführliche Begründung: hier und dort vor allem #23

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde



  • Mit Sicherungsbeschluss löse ich diese immer häufiger vorkommende Konstellation auch. Allerdings kann man da auch ganz schön Bauschschmerzen kriegen... Unsere Sozialbehörde hat mir nämlich wie folgt mitgeteilt. Die Bestattungspflichtigen können bei Nachweis der erfolgten Erbausschlagung und Bedürftigkeit eine Übernahme der Bestattungskosten beim Sozialamt beantragen. Die Bestattungspflicht und damit die Reihenfolge der Zuwendung richtet sich nach Bestattungsgesetz. Also, die Mutter beerdigt ihren Sohn und verauslagt die Bestattungskosten, weil sie meint, das Taschengeldkonto auflösen zu können ...... Schlägt den Anfall der Erbschaft aus, nachdem die Kinder ihres Sohnes ausgeschlagen haben,da alle wissen, dass der Erblasser Schulden hat. Zuschuss zu den Bstattungskosten dürfen die vorrangig verpflichteten Kinder des Erblassers beantragen, kriegen sie auch, obwohl diese nichts verauslagt haben!!, und geben natürlich nichts ab... diejenige, die tatsächlich die Bestattung bezahlt hat, kommt damit weder an das Taschengeld, dass ja für die unbekannten Erben hinterlegt wird, noch an den gewährten Zuschuß zu den Bestattungskosten, sie ist auf den Rechtsweg verwiesen.......

  • Hallo !

    Folgender Fall beschäftigt mich gerade :Alle Erben haben die Erbschaft ausgeschlagen.Nachlasspflegschaft wurde angeordnet.

    Bis auf den Erlös aus dem Verkauf des Wagens des Erblassers ist kein Geld mehr vorhanden.Dieses Geld soll nun für den Grabstein verwendet werden.Der Nachlasspfleger fragt jetzt an, ob das Geld für den Grabstein verwendet werden kann oder ob damit die Kosten der Nachlasspflegschaft ( Gerichtskosten,Vergütung ) beglichen werden sollen.

    Ich bin ja für die Kosten der Nachlasspflegschaft. Was meint ihr ?

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