Betreuervergütung bei noch nicht ausgezahltem Pflichteilsanspruch

  • Hallo,
    ich bin Rechtspflegeranwärterin und habe einen Fall zum lösen von meiner Rechtspflegerin bekommen.
    Das Problem:
    Der Betreuer hat für seinen Betreuten einen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht, dieser ist aber noch nicht ausgezahlt, da noch Regelungen bezügl. der Grundstücke ausstehen.
    Nun hat der Betreuer aber schon die Vergütung geltend gemacht. Danach verlangt er deine Vergütung ab dem 2. Jahr bei einem vermögenden Betreuten. Ohne den Plichteil ist der Betreute aber mittellos.
    Wie sollte man jetzt entscheiden?
    Hat jemand eine Lösung? Und eventuell auch Rechtsprechungstips dazu?
    Danke

  • Muss den Fall leider nochmal aufgreifen.

    Die Mutter der Betreuten ist im März 2020 verstorben. Die Betreute ist nur Pflichtteilsberechtigte.

    Nun liegt mir der Vergütungsantrag für den Zeitraum 01.09.2020 bis 31.08.2021 vor, in dem beantragt wird die Vergütung aus dem Vermögen der Betreuten zu entnehmen. Es werden die Fallpauschalen für vermögend/ Heim beantragt.

    Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs konnte noch nicht abschließend geklärt werden und der Anspruch wurde von dem Betreuer noch nicht geltend gemacht.

    Ist die Betreute hier wirklich für den gesamten Zeitraum als vermögend anzusehen ?

  • Kommt ja in erster Linie drauf an, ob die Betroffene auch ohne den Pflichtteilanspruch bereits vermögend war... ;)

    Wenn es nur am Pflichtteil hängt, dann:

    Das vorhandene Vermögen des Betreuten muss verwertbar sein. An der „Verwertbarkeit“ von Vermögen des Betreuten für die Vergütung des Betreuers fehlt es, wenn ihr ein rechtliches oder tatsächliches Hindernis entgegensteht, wenn sie wirtschaftlich unvertretbar ist oder nicht in angemessener Zeit durchgeführt werden kann (

    BayObLG NJW-RR 2001, 1515).

    Das dürfte auf diesen Anspruch, dessen Höhe noch nicht bekannt ist, und der noch nicht geltend gemacht wurde, wohl zutreffen.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
    § 1836d Mittellosigkeit des Mündels


    Der Mündel gilt als mittellos, wenn er den Aufwendungsersatz oder die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen
    1.nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten oder
    2.nur im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen
    aufbringen kann.


  • Was möchtest du uns mit dem Zitat des Gesetzeswortlauts sagen? :gruebel:

  • Ich glaube, er möchte darauf hinweisen, dass der Betreute gegenwärtig nichts oder allenfalls kleine Raten bezahlen kann und deswegen als mittellos gilt. Wenn das im Tatsächlichen richtig sein sollte, ist der Antrag des Betreuers wohl falsch.
    Oder anders gewendet: Was ich noch nicht habe, kann ich auch zur Bezahlung nicht verwenden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • [TABLE='class: MsoNormalTable']

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    [FONT=&amp]Bienwald[/FONT][FONT=&amp] in: Bienwald/Sonnenfeld/Harm, Betreu*ungs*recht, 6. Aufl. 2016, § 1836d BGB[/FONT]
    Lässt sich die Frage, ob der Betreute mittellos ist, nach Ausschöpfung der zumutbaren Aufklärungsmöglichkeiten nicht positiv beantworten, geht das Risiko der Unaufklärbarkeit der Vermögensverhältnisse zulasten der Staatskasse. Diese muss immer dann eintreten, wenn aus dem Vermögen des Betroffenen keine Gelder entnommen werden können (LG Zwickau, BtPrax 2008, 275 [LS] = FamRZ 2009, 250 [LS]).
    [TABLE='class: MsoNormalTable']
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    Möglicherweise könnte vermögend gegen die Staatskasse festgesetzt werden können.

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    [/TABLE]

    Vergütung und Aufwendungsersatz eines Betreuers sind auch dann gegen die Staatskasse festzusetzen, wenn der Betreute zwar nicht mittellos ist, das vorhandene Vermögen aber für einen nicht absehbaren Zeitraum nicht verfügbar ist.
    Vergütung und Aufwendungsersatz eines Betreuers sind auch dann gegen die Staatskasse festzusetzen, wenn der Betreute zwar nicht mittellos ist, das vorhandene Vermögen aber für einen nicht absehbaren Zeitraum nicht verfügbar ist.

    LG Münster, Beschluss v. 10.09.1998 - 5 T360/98

    LG Kassel, Beschluss vom 24. September 2012 – 3 T 420/12

    Aufgrund der obigen Ausführungen kann der Betroffene nicht als mittellos angesehen werden. Gleichwohl ist die Vergütung antragsgemäß aus der Staatskasse zu zahlen. Diese hat in Vorleistung zu treten, weil die Verwertung des Vermögens noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass der Staat für die (zeitnahe) Vergütung des von ihm eingesetzten berufsmäßigen Betreuers zu sorgen hat (BayObLG FamRZ 2004, 305). Die Staatskasse kann sich dann im Wege des Regresses schadlos halten.

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