Auflassung von Anteilen einer Gesamthandsgemeinschaft

  • Hallo zusammen, ich habe folgendes Problem:
    Mehreren Eigentümern (etwa 20) gehört zusammen ein Weg, und zwar in Gesamthandsgemeinschaft. Das Grundbuch hat bis vor kurzem den aktuellen Stand von 1920 ausgewiesen.
    Durch Beiziehung der Nachlassakten sind wir jetzt dabei, die derzeitigen Eigentümer einzutragen. Die Stadt - ebenfalls Miteigentümer - plant dort eine Neubausiedlung und möchte möglichst den gesamten Weg kaufen.
    Da in einigen Fällen die Erben nahezu unmöglich zu ermitteln sind, will die Stadt nun anfangen, die Anteile der bekannten Miteigentümer zu kaufen.
    Da es sich jedoch um Eigentum zur gesamten Hand handelt, dürfte das aber nach § 719 BGB nicht gehen, zumindest nicht ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer (und die sind ja teilweise unbekannt). Die Stadt argumentiert jedoch dagegen, dass bereits Auflassungen einzelner Miteigentumsanteile erfolgt sind.
    Meine Recherche hat ergeben, dass diese Auflassungen im Rahmen von Hofübergaben erfolgt sind.
    Ich bin jetzt etwas ratlos, vielleicht könnt ihr mir helfen.

  • Wie sieht denn genau die Eintragung des Gemeinschaftsverhältnisses aus?? Ist es sicher, dass es Gesamthandseigentum ist und nicht doch vielleicht Bruchteilseigentum, bei dem vielleicht nur vergessen wurde, die einzelnen Anteile einzutragen?

    Wenn es so eine Art BGB-Gesellschaft wäre, dann wäre doch vielleicht nicht mal sicher, ob die noch besteht. Die könnte doch evtl. durch den Tod einzelner Gesellschafter aufgelöst worden sein.

    Wenn man im GB hier nicht wirklich weiter kommt, käme m.E. nur eine Pflegschaft auf Antrag der Stadt in Frage. Dann könnte der Pfleger für die namentlich nicht bekannten Eigentümer handeln und verkaufen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wobei genau brauchst du denn Hilfe?
    Etwa, um die Stadt darin zu beraten, wie sie sich am besten das Alleineigentum am Weg verschaffen kann?

  • Wenn wir davon ausgehen, dass es wirklich so etwas wie BGB-Gesellschaft sein sollte, dann wäre die Stadt Mit-Gesellschafter -wenn diese Gesellschaft noch besteht (s. Ulf) und damit hätte die Stadt den Aufklärungsbedarf, nicht du im Grundbuch.
    Verstehe auch nicht, warum Grundbuchberichtigung bei den Eigentümern(?) wenn nicht klar ist, ob das Rechtsverhältnis zwischen diesen noch besteht.
    Ich wäre da zurückhaltender, solange das Bestehen einer BGB-Gesellschaft nicht klar ist.

  • Hallo,
    was hat das Grundbuch mit der Ermittlung der materiellen Rechtslage zu tun?

    Soll die Stadt doch die Eigentümer ermitteln. Die haben sogar Leute dafür.

    Im übrigen: Die schon vorliegenden Auflassungen dürften in Leere gehen, ein Anteilsverkauf (auch mit Zustimmung) geht nicht. Dann könnte ja auch insgesamt verkauft werden.

    mfg

    AlterMann

  • Solange man die genaue Art des Eigentümer-Gemeinschaftsverhältnisses nicht kennt, kann man dazu nichts sagen. Es gibt keine x-beliebige "Gesamthandsgemeinschaft".

  • Also eingetragen sind die Eigentümer:
    "Nr. 1 a) bis 1 o) als Gesellschafter zur gesamten Hand."

    Eine Bruchteilsgemeinschaft kann ich wohl ausschließen.
    Es geht nicht darum, die Stadt zu beraten, sondern darum, sie davon abzuhalten wahnwitzige Anträge zu stellen...

    Aber angenommen, durch den Tod des ersten Miteigentümers wäre die Gesellschaft ausgelöst worden (das wäre etwa 1981 gewesen), was hätte das denn zur Folge.

    Übrigens, die ersten Auflassungen sind bereits 1921 und 1963 erfolgt...

  • Dann würde ich von einer BGB-Gesellschaft ausgehen. Sowohl die Eintragung von Erbteilsübertragungen als auch von Erben ist daher dann nur mit Berichtigungsbewilligung aller Mitgesellschafter möglich.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Sofern bekannt wird, dass Eigentümer verstorben sind, muss sich das Grundbuchamt um die Grundbuchberichtigung kümmern (§ 82 GBO). Das dürfte bei Eigentümern, die vor 1920 eingetragen wurden, sehr wahrscheinlich der Fall sein.

    Die Frage ist nur, inwieweit Du ermitteln musst!!! Eigentlich musst Du die Erben und Eigentümer nur zur Grundbuchberichtigung verpflichten!

    Die Miteigentümer haben gem. § 82 GBO eine Mitwirkungspflicht. Also: Die Stadt gemäß § 82 GBO verpflichten, die Erben der Miteigentümer zu ermitteln.

    Wenn Du ganz :teufel: bist, mit Zwangsgeld drohen.

    (Alles nachzulesen bei Demharter)

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Hinsichtlich der Mitwirkungspflicht der Erben ist das so eine Sache. Die Erben sind in einigen Fällen überhaupt nicht zu ermitteln, da über die bisher genannte Problematik hinaus streitig ist, ob die Anteile an dem Weg evtl. hoffreies Vermögen sind... In einigen Testamenten sind die Anteile an dem Weg bei der Hoferbeneinsetzung völlig unberücksichtigt geblieben...
    Außerdem sind einige der Nachlassakten nicht mehr zugänglich

  • Zitat von Franziska

    Sofern bekannt wird, dass Eigentümer verstorben sind, muss sich das Grundbuchamt um die Grundbuchberichtigung kümmern (§ 82 GBO). Das dürfte bei Eigentümern, die vor 1920 eingetragen wurden, sehr wahrscheinlich der Fall sein.


    Theoretisch richtig. Praktisch würde ich in einem solchen Fall von Amts wegen gar nichts machen. Soll doch das Gb "falsch" bleiben.

    Und wenn die Stadt das ganze Grundstück kaufen will, müsste es wohl über einen (oder sogar mehrere) Pfleger laufen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Was sagt der Gesellschaftsvertrag zur Übertragung der Gesellschaftsanteile ? Wäre ggf. ein sukzessiver Anteilserwerb möglich, wobei die noch lebenden Gesellschafter und die bereits erwähnten Pfleger für unbekannte Beteiligte mitwirken ? Zum vereinfachten Erbnachweis bei einer Wertgrenze von 3000 Euro s.a. § 35 Abs 3 GBO.

  • @ Harald:
    Einen Gesellschaftsvertrag gibt es nicht.
    Aber vielen Dank für den Hinweis auf § 35 III GBO, vielleicht kann man damit das Problem lösen.
    Um die Pflegerbestellung komme ich sonst wohl nicht herum.

  • Zumindest muss es eine Eintragungsgrundlage geben, aufgrund derer die seinerzeitige Eintragung der "Gesellschafter zur gesamten Hand" erfolgt ist. Hieraus müsste sich eigentlich etwas über das Berechtigungsverhältnis der Eigentümer und ihre Rechtsbeziehungen zueinander ergeben.

    Ursprünglich hat es sich um 15 verschiedene Eigentümer gehandelt (1a-o). Höchstwahrscheinlich verhält es sich so, dass der besagte Weg seinerzeit 15 Hauptgrundstücken gedient hat, nämlich den jeweiligen Anwesen der 15 Eigentümer. Wenn es sich -was anzunehmen ist- tatsächlich um eine BGB-Gesellschaft handelt, dann liegt aufgrund dieser Zweckbestimmung des Weges der Schluss nahe, dass den jeweiligen Gesellschaftern von vorneherein die Übertragung ihrer Mitgliedschaftsrechte (zusammen mit dem jeweiligen Hauptanwesen) gestattet und dass des weiteren die Vererblichkeit der Gesellschaftsanteile (wiederum zusammen mit dem jeweiligen Hauptanwesen) vereinbart war. Wahrscheinlich hilft dieser Gedankengang mangels Belegbarkeit der genannten Gestattungen und Vereinbarungen aber im Ergebnis nicht weiter.

    Geht man demzufolge von der gesetzlichen Regel aus, dass die Gesellschaft durch den Tod des ersten Gesellschafters aufgelöst wurde (§ 727 Abs.1 BGB), so ändert dies aber nichts daran, dass die Erben der jeweiligen Gesellschafter (als Alleinerbe oder Erbengemeinschaft) im Wege der Erbfolge anstelle des jeweils verstorbenen Gesellschafters kraft Gesetzes in die Liquidationsgemeinschaft eingetreten und damit außerhalb des Grundbuchs Miteigentümer geworden sind (Palandt/Sprau § 727 RdNr.1).

    Diese Rechtsfolge ermöglicht eine pragmatische Lösung des Ausgangssachverhalts: Es sind die Erben (und ggf. auch die Erbeserben) für alle ursprünglichen Eigentümer 1a-o zu ermitteln. Notfalls sind die betreffenden Nachlassverfahren noch durchzuführen. Sind im Einzelfall keine Erben zu ermitteln, sind für die betreffenden unbekannten Erben der ursprünglichen Eigentümer oder die unbekannten Erben der bekannten Erben der ursprünglichen Eigentümer Nachlasspfleger zu bestellen. Auf diese Weise können alle Erbfolgen -soweit möglich- im Grundbuch eingetragen werden, sodass die Erbeserben und die Nachlasspfleger über den gesamten Grundbesitz gemeinsam verfügen können.

    Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. § 35 Abs.3 GBO wird hier nicht viel weiterhelfen, da er ja nicht den Nachweis der Erbfolgen als solchen ersetzt, sondern nur die Art und Weise des Nachweises regelt.

    Die vorgeschlagene Lösung hat den Vorteil, dass man sich über alle zwischenzeitlich erfolgten Auflassungen nicht den Kopf zu zerbrechen braucht, weil sie nach § 719 Abs.1 BGB mangels Einwilligung oder Genehmigung der sämtlichen anderen Gesellschafter in jedem Falle unwirksam sind und man demzufolge auf rein erbrechtlichem Wege zu einer Verfügungsmöglichkeit im Hinblick auf den Gesamtgrundbesitz gelangen kann.

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