Steuererstattung in Zusammenhang mit WVP & Aufhebung

  • Hallo zusammen!

    Ich bräuchte eure Hilfe zu folgender Fallgestaltung:
    Insolvenzeröffnung 30.09.2002
    WVP abgelaufen am 30.09.2008
    Aufhebung des Verfahrens und RSB-Erteilung am 05.08.2009
    (somit keine Restschuldbefreiungsphase)
    Die Nachtragsverteilung bezüglich Steuer 2008 und 2009 wurde vorbehalten.
    Nun kommt es zu einer Steuererstattung vom Finanzamt (Einkommenssteuer). Das Finanzamt rechnet die Steuer anteilig bis zum Ablauf der WVP am 30.09.2008. Das Verfahren wurde jedoch erst am 05.08.2009 aufgehoben. Ist jetzt die Steuer für 2008 komplett und für 2009 noch im Wege der Nachtragsverteilung beizuziehen? Oder ist das so richtig, wie es das Finanzamt gerechnet hat?

    Gruß, Sunny2

  • Sich die "Nachtragsverteilung vorbehalten" löst m. E. überhaupt keine Rechtsfolge aus. Interessant wäre, wann die Nachtragsverteilung tatsächlich angeordnet wurde. Die Aufrechnung des Finanzamts (und ggf. Erstattung des Rests an den Schuldner) war in jedem Fall korrekt, wenn dies vor einer tatsächlichen Anordnung der Nachtragsverteilung geschah.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Sich die "Nachtragsverteilung vorbehalten" löst m. E. überhaupt keine Rechtsfolge aus. Interessant wäre, wann die Nachtragsverteilung tatsächlich angeordnet wurde. Die Aufrechnung des Finanzamts (und ggf. Erstattung des Rests an den Schuldner) war in jedem Fall korrekt, wenn dies vor einer tatsächlichen Anordnung der Nachtragsverteilung geschah.



    Das stimmt m.E. nicht. Wenn die Nachtragsverteilung vorbehalten ist, bleibt das Verwaltungs-, Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis weiterhin beim Insolvenzverwalter (Heidelberger Kommentar zur InsO: § 203, Rz. 7). Durch den Vorbehalt bleibt der Insolvenzbeschlag aufrechterhalten ( Hamburger Kommentar zur InsO: § 203,Rn. 2). Insofern ist eine Aufrechnung - jedenfalls für die Teile, die tatsächlich Insolvenzmasse sind- auch nicht möglich.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • BFH, 04.09.2008, VII B 239/07

    Anordnung Nachtragsverteilung wirkt nur ex nunc, deswegen bin ich nach wie vor der Meinung, das die Vorbehalterei absolut sinnlos ist.



    Eben nicht, da durch den Vorbehalt der Beschlag bestehen bleibt. Es heißt ja nicht, dass die Anordnung der Nachtragsverteilung vorbehalten bleibt, sondern eben die Nachtragsverteilung selbst.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Naja, man müsste sich nach der neuesten BGH-Rechtsprechung doch Gedanken machen, ob die Steuererstattungen nach Ablauf der WVP überhaupt in die Masse fallen. Ich würde die BGH-Entscheidung so interpretieren, dass die Einkommentsteuererstattungen nach Ablauf WVP nicht in die Masse fallen, da es sich ja um Beträge handelt, die im Zusammenhang mit dem Einkommen erzielt werden, und das soll ja nur maximal 6 Jahre in die Masse fallen.

  • @ astaroth: das meine ich auch. Es können nur die Beträge in die Masse fallen, die bis zur Erteilung der RSB entstanden sind.

    @ rainermdvz: welche Finanzgerichte sollen das denn sein. Selbst die OFD'en erkennen den Nachtragsvorbehalt an (z.B.:http://rsw.beck.de/rsw/upload/NZI/USt-Insolvenz.pdf, Seite 27)

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • aber nicht bei bayerischen Finanzämtern.



    Ja ja die bayerischen Finanzämter, die wollen immer anders, als ich wohl will.



    Hast Du von denen schon mal eine Entscheidung bekommen, oder wie sehen die das mit dem Vorbehalt.



    Ich dachte, Du hast "einige Finanzgerichte" , die das nicht akzeptieren. Wenn das Finanzämter nicht tun, so gibt es ja immer noch den Prozessweg. Und nach den Kommentierungen dürften die Chancen nicht schlecht stehen, denn die weit überwiegende Meinungen sind pro Vorbehalt. Es gibt dazu einen schönen Aufsatz von Bork in der ZIP 2009, Heft 44, S. 2077 ff.. mit allen möglichen Nachweisen. Insofern mögen zwar bayrische Finanzämter das nicht so sehen, da Bayern aber (noch) zu Deutschland gehört und auch die deutschen Gesetze anwendet...;)

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • da Bayern aber (noch) zu Deutschland gehört und auch die deutschen Gesetze anwendet...;)



    Glaub mir, in Bayern (oder was immer der Norddeutsche dafür hält) ticken die Uhren ganz anders.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • da Bayern aber (noch) zu Deutschland gehört und auch die deutschen Gesetze anwendet...;)



    Glaub mir, in Bayern (oder was immer der Norddeutsche dafür hält) ticken die Uhren ganz anders.



    Naja, aus unserer Sicht hier oben ist Bayern ja auch näher am Äquator...

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich wohne nicht in Bayern und schließe mich notgedrungen Mosser an.

    Ich hatte leider noch nicht die Zeit, die Rechtslage von 1973 mit der heutigen Rechtslage so zu vergleichen, dass ich beurteilen kann inwiefern das Urteil des BGH vom 22.02.1973, Az. VI ZR 165/71, auf das letztendlich immer wieder alle Bezug nehmen, heute noch uneingeschränkt herhalten kann.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ich wohne nicht in Bayern und schließe mich notgedrungen Mosser an.

    Ich hatte leider noch nicht die Zeit, die Rechtslage von 1973 mit der heutigen Rechtslage so zu vergleichen, dass ich beurteilen kann inwiefern das Urteil des BGH vom 22.02.1973, Az. VI ZR 165/71, auf das letztendlich immer wieder alle Bezug nehmen, heute noch uneingeschränkt herhalten kann.



    Vielleicht ist das garnicht mal so schlecht, wenn das jemand anders sieht, dann gibt es vielleicht auch mal eine Entscheidung eines Gerichts.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Da ausweislich der Gesetzesbegründung zur InsO (dort noch zu § 231 E-InsO, Seite 187) die Regelungen der KO zur Nachtragsverteilung schlicht übernommen werden sollten, werden m. E. die Chancen, es zu recht anders zu sehen, eher geringer. :(

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • VI ZR 165/71:

    Grundsätzlich enden das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters und die den Gläubigern auferlegten Beschränkungen mit der Aufhebung des Konkursverfahrens (§ 164 Abs. 1 KO).

    Die von der Masse zurückbehaltenen, einer nachträglichen Verteilung nach § 166 Abs. 1 KO vorbehaltenen Beträge, für die der Konkursbeschlag fortdauert sind in den §§ 168, 169 KO erschöpfend aufgeführt.

    Andere Vermögensstücke, für die nach § 166 Abs. 2 KO eine Nachtragsverteilung in Betracht kommt, unterfallen dem Konkursbeschlag dagegen erst mit Anordnung der Nachtragsverteilung durch das Konkursgericht

    Bis dahin sind weder der Gemeinschuldner noch die Gläubiger an einer Verfügung über sie gehindert. 



    Also: bei "Vorbehalt" verbleibt es bei der Beschlagnahmewirkung.

    ansonsten erst ex tunc wie BFH vom 4.09.2008

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Auszug aus NZI 2009, 761:

    Nun gehen manche Insolvenzgerichte allerdings dazu über, im Aufhebungsbeschluss einen Vorbehalt der Nachtragsverteilung auszusprechen. Auch diese Praxis ist unseres Erachtens nicht geeignet, den gewünschten Insolvenzbeschlag zu bewirken. Schließlich haben sowohl der BGH (NJW 2006, NJW Jahr 2006 Seite 127 = NZI 2006, NZI Jahr 2006 Seite 246) als auch der BFH (BFH/NV 2006, BFH/NV Jahr 2006 Seite 1728 = DStRE 2006, DSTRE Jahr 2006 Seite 1159) unmissverständlich entschieden, dass steuerliche Erstattungsansprüche nach dem Schlusstermin ermittelte Gegenstände der Masse i.S. von § INSO § 203 INSO § 203 Absatz I Nr. 3 InsO darstellen. Somit kann nur mit der Anordnung der Nachtragsverteilung die Beschlagnahmewirkung eintreten. Der schlichte Vorbehalt würde demgegenüber einen Beschlagnahmetatbestand schaffen, der im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung stünde. Die Verwendung des Vorbehalts der Nachtragsverteilung als Mittel zur Aufrechterhaltung des Insolvenzbeschlags über das Verfahrensende hinaus ist im Zusammenhang mit § INSO § 203 INSO § 203 Absatz I Nr. 1 InsO von praktischer Relevanz. Zurückbehaltene Beträge, die nach dem Schlusstermin zur Verteilung frei werden, können Gegenstand einer Nachtragsverteilung sein. Ein Betrag ist als zurückbehalten anzusehen, wenn er durch die Insolvenzgläubiger im Schlusstermin oder durch den Insolvenzverwalter einer Nachtragsverteilung vorbehalten wurde. Ein Steuererstattungsanspruch ist nur dann als Gegenstand einer Nachtragsverteilung nach § INSO § 203 INSO § 203 Absatz I Nr. 1 InsO vorstellbar, wenn eine Steuererklärung eingereicht wurde, die zu einer Erstattung führt, aber noch nicht veranlagt wurde und der Insolvenzverwalter diesen Befund im Wege eines Vorbehalts dem Insolvenzgericht anzeigt. Liegt dieser Ausnahmefall nicht vor, können lediglich vermutete Steuererstattungsansprüche einer Nachtragsverteilung nicht vorbehalten werden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!