Kontofreigabe - bei Nachzahlung eines Betrages

  • Hallo an alle Vollstrecker...

    ich prüf grad den Kontofreigabeantrag eines Schuldners. Der bezieht ALG III in Höhe von 650 €. Hat aber eine Nachzahlung für die letzten 3 Monate (1.950,00 €) bekommen.

    Wie gehe ich denn mit der Nachzahlung um?

    Kann ich die 1.950,00 € freigeben, da sie auf den Monat umgerechnet unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegen?

    Hat jemand eine Idee?

    Gruß
    langmaack

  • ALG III ? kenne ich nicht:gruebel:.

    Freigabe ja, wenn die diesen Monaten, für welche nachgezahlt wurde, keine sonstigen Einkünfte bezogen wurden. Von irgendwas muss der Schu. ja gelebt haben.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich hänge mich mal hier dran!
    Im Grunde habe ich den gleichen Fall, erschwerend kommt hinzu, dass der Schuldner ein P-Konto hat, auch welchem sich ein Betrag von fast 2000,00 € befindet.
    Das sind Nachzahlungen für die Monate Januar und Februar und die laufende Zahlung für März.
    Die Bank ist der Meinung, dass der Schuldner lediglich über seinen Sockelbetrag von 985,15 € verfügen kann - der Rest soll an den Gläubiger ausgekehrt werden.

    Habt ihr eine Idee für eine Lösung für den Schuldner, dass er komplett an sein Geld kommt? Notlösung wie immer § 765a ZPO?

    PS: Die letzten Monate hatte er sich Geld geliehen, um über die Runden zu kommen.

    Danke für eure Hilfe!

  • Bei Nachzahlungen für Januar und Februar, die erst jetzt eingegangen, sind, ist Vollstreckungsschutz wohl durchaus vertretbar, da der Schuldner insoweit ja Schutz erst bei Eingang auf dem Konto beantragen kann. Das war auch bei alter Rechtslage bis zum 30. 06. 2010 nach dem "alten" § 850k ZPO kein Problem, vgl. Zöller/Stöber ZPO 28. Aufl. § 850k Rn. 5
    Das dürfte m.E. wohl eher unter § 850k IV ZPO neuer Fassung fallen als unter § 765a ZPO

  • Für § 765a ZPO sehe ich keinen Anlass, denn der Schuldner ist für den Monat März nicht beschwert, es liegt keine sittenwidrige Härte vor, da er seinen laufenden Lebesnunterhalt bestreiten kann.

    An § 850k Abs. 4 ZPO habe ich auch schon gedacht. Das hieße, dass einmalig ein anderer als den in § 850k Abs. 1 ZPO pfändungsfreier Betrag festzusetzen ist!? Klingt durchaus logisch!:)

    Hundertprozentig überzeugt mich das aber dennoch nicht!:oops:

  • Habe insoweit zur alten Rechtslage nach § 850k ZPO, also bis 30. 06. 2010, folgendes gefunden, eventuell kannst Du davon trotzdem was verwenden:

    Nachzahlungen von Arbeitsentgelt sind gem. § 850k ZPO i.V.m. § 850c ZPO (einmalig) freizugeben. Da sie dem Zahlungszeitraum, für den sie gezahlt worden sind, zuzurechnen sind, könnte man zwar der Ansicht sein, dass der Zahlungszeitraum abgelaufen ist, jedoch hat der Schuldner keinen Einfluss darauf und darf im Rahmen der Kontenpfändung nicht schlechter gestellt werden als ein Schuldner dessen Arbeitseinkommen beim Arbeitgeber gepfändet ist. Schließlich kann ein Schutzantrag erst gestellt werden, wenn tatsächlich eine Nachzahlung erfolgt (LG Hannover Beschluss vom 15. 04. 2008 –52 T 54/08-).

  • Die Bank muss (bei einem P-Konto!) nach Vorlage des entsprechenden Bescheides den erhöhten Freibetrag von sich aus beachten. Grundlage hierfür ist § 850k Abs. 2 Nr. 2:

    (2) Die Pfändung des Guthabens gilt im Übrigen als mit der Maßgabe ausgesprochen, dass in Erhöhung des Freibetrages nach Absatz 1 folgende Beträge nicht von der Pfändung erfasst sind:
    [...]
    2. einmalige Geldleistungen im Sinne des § 54 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch [...]

  • Im Grunde kommt als Lösung nur in Betracht, dass das Jobcenter (einmalig) die Bescheinigung nach § 850k Abs. 5 ZPO für den erhöhten Betrag (Nachzahlung) ausstellt. Diese kann dann der Bank vorgelegt werden und der Schuldner dürfte an sein Geld kommen.
    Hoffentlich spielt die Bank mit!!!



    Befürchte, dass das wohl eher eine Hoffnung bleibt, wäre mir als Drittschuldner wohl ohne eine gerichtliche Entscheidung zu heiß. Das dürfte m.E. auch nicht unter § 850k II Nr. 2 ZPO zu subsumieren sein, würde eher zu einer Lösung über § 850k IV ZPO tendieren. Ist für mich keine einmalige Leistung im Sinne des § 54 II SGB I, sondern eine Nachzahlung von Leistungen im Sinne des § 54 IV SGB I.

  • Die Bank muss (bei einem P-Konto!) nach Vorlage des entsprechenden Bescheides den erhöhten Freibetrag von sich aus beachten. Grundlage hierfür ist § 850k Abs. 2 Nr. 2:

    (2) Die Pfändung des Guthabens gilt im Übrigen als mit der Maßgabe ausgesprochen, dass in Erhöhung des Freibetrages nach Absatz 1 folgende Beträge nicht von der Pfändung erfasst sind:
    [...]
    2. einmalige Geldleistungen im Sinne des § 54 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch [...]



    Die Nachzahlung wiederkehrender Leitungen in einem Betrag macht die Nachzahlung nicht zu einer einmaligen Leistung.

    M.E. ist die einmalige Erhöhung durch das Gericht der einzig richtige Weg, da der Jobcenter eine Bescheinigung des gewünschten Inhalts gar nicht ausstellen kann.


  • Die Nachzahlung wiederkehrender Leitungen in einem Betrag macht die Nachzahlung nicht zu einer einmaligen Leistung.



    :daumenrau - es belibt nur § 850 k IV ZPO

    Habe gerade einen ähnlichen Fall mit Bafög-Nachzahlung und mache mir über das abgelaufene Moratorium Gedanken. Zustellung Pfändung 2010, Umstellung P-Konto Anfang Dezember 2010. Eingang BafögNachzahlung 24.02.11. Antrag 28.02.11.
    Hätte Bank alles über Freibetrag nicht sofort an Gl überweisen müssen? Mit Folge, dass ich gar nicht mehr freigeben darf?

  • Was noch auf dem Konto ist, kann durch das Gericht beschieden werden (da es ja noch mit dem Vollstreckungspfandrecht behaftet ist), was weg ist, braucht uns nicht mehr zu interessieren.

    Meine Begeisterung, das Nachzahlungen von Sozialleistungen (die letztlich ein Existenzminimun sichern) durch eine schnelle Abführung des DS zur unfreiwilligen Schuldentilgung genutzt werden, hält sich jedoch in Grenzen.



  • Bin alles andere als ein Experte in Sachen Sozialrecht und hab mich nun nochmals belesen. Meine erschreckende Erkenntnis: Du hast vollkommen Recht!

    Da die Nachzahlung von Sozialleistungen bei uns in der Praxis bislang sehr häufig aufgetreten ist, werden wir die nun alle zum VG schicken müssen. :(

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