Berechnung fiktive Reisekosten

  • Hallo,
    ich bin Berufsanfänger und frage mich, ob ich die fiktiven Reisekosten so richtig berechne:
    Mandant und sein Wahlanwalt wohnen auswärts. Der Anwalt macht Reisekosten und Abwesenheitsgeld für die Fahrt zum Gericht geltend. Die Beauftragung des auswärtigen Anwalts war nicht erforderlich, daher Erstattungsfähigkeit in Höhe einer fiktiven Infofahrt der Partei. Diese berechnet sich nach § 5 JVEG( 25 Cent je km). Gibt es auch Abwesenheitgeld??

  • Genau, § 5 JVEG mit 0,25 EUR/km....Abwesenheitsgeld gibt es nicht.... die fiktiven Kosten sind doch die, die der Mandant hätte, würde er einen RA am Gerichtsort wählen...
    Bei mir beantragen die RA´s dann im Nachgang noch die gesamten notwendigen Auslagen des Mandanten:(

  • Er muss doch einen ortsansässigen Anwalt beauftragen.


    Was bedeutet "ortsansässig"? :gruebel: Jeder Anwalt dürfte "ortsansässig" sein.... ;)

    Der Angeschuldigte ist berechtigt, einen Anwalt an seinem Wohnort mit der Verteidigung zu beauftragen, die Hinzuziehung dieses Anwaltes stellt eine Maßnahme der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dar, seine Reisekosten sind zu erstatten. Ich sehe hier das Problem nicht.

  • Er muss doch einen ortsansässigen Anwalt beauftragen.


    Was bedeutet "ortsansässig"? :gruebel: Jeder Anwalt dürfte "ortsansässig" sein.... ;)

    Der Angeschuldigte ist berechtigt, einen Anwalt an seinem Wohnort mit der Verteidigung zu beauftragen, die Hinzuziehung dieses Anwaltes stellt eine Maßnahme der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dar, seine Reisekosten sind zu erstatten. Ich sehe hier das Problem nicht.



    Im Strafrecht werden aber regelmäßig nur die Anwälte am Gerichtsort als notwendig (und daher von der Staatskasse zu zahlen) anerkannt. Der auswärtige Freigesprochene kriegt daher lediglich die Kosten für eine fiktive Informationsfahrt zum Gerichtsort zugebilligt. Dort 0,25 € nach dem JVEG ohne Abwesenheitsgeld. Mehr ist nicht.
    S.a. Gerold/Schmidt RVG, Nr. 7005-7007 VV RVG RdNr. 54 ff, insbesondere 60 ff...

    Einmal editiert, zuletzt von rpfl_nds (22. Februar 2010 um 12:17) aus folgendem Grund: VV-Nr. ergänzt

  • Wie vereinbart sich das mit § 464 Abs. 2 Nr. 2 StPO? Danach wären die Anwaltskosten, jedenfalls so wie hier beschrieben, erstattungsfähig.

    G/S habe ich momentan nicht hier, wenn ich mich recht erinnere, macht Madert nur dahingehend eine Einschränkung, daß Reisekosten bei obiger Konstellation dann nicht erstattungsfähig sind, wenn es sich um ein Bagatelldelikt handelt.

  • Wie vereinbart sich das mit § 464 Abs. 2 Nr. 2 StPO? Danach wären die Anwaltskosten, jedenfalls so wie hier beschrieben, erstattungsfähig.

    G/S habe ich momentan nicht hier, wenn ich mich recht erinnere, macht Madert nur dahingehend eine Einschränkung, daß Reisekosten bei obiger Konstellation dann nicht erstattungsfähig sind, wenn es sich um ein Bagatelldelikt handelt.



    Du meinst §464aStPO oder?

    Das ist ganz gut miteiander vereinbar, da auch dort nur von den notwendigen Auslagen die Rede ist. Und die Fahrtkosten des nicht am Gerichtsort anässigen Verteidigers sind nur in den seltensten Fällen al notwendig anzusehen.

    Das mit dem Bagatelldelikt muss schon ne Weile her sein :D.
    Bei mir steht unter Nr. 7005-7007 VV RVG RdNr. 61:
    "... Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des auswärtigen Strafverteidigers wird noch anerkannt
    - in Schwurgerichtssachen
    - wenn der Schuldvorwurf schwer ist,
    - in schwierigen Strafverfahren, in denen Fachkenntnisse auf einem Spezialgebiet erforderlich sind."
    RdNr. 63:
    "In Allen übrigen Fällen, wenn nicht besondere Ausnahmen gegeben sind, sollen die Reisekosten eines auswärtigen Strafverteidigers nicht erstattungsfähig sein, weil dem Angeklagten zuzumuten ist, einen Verteidiger unter den am Sitz des Gerichts ansässigen RAen auszuwählen."

    Diese Meinung vertreten sowohl unser Bezi als auch das LG strikt und erfolgreich :D.

  • Du meinst §464aStPO oder?


    Ja, klar. Sorry.

    Zitat

    Und die Fahrtkosten des nicht am Gerichtsort anässigen Verteidigers sind nur in den seltensten Fällen al notwendig anzusehen.

    Wenn in Zivilsachen Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder daraus resultieren, daß der Mandant einen an seinem Wohnsitz ansässigen Anwalt beauftragt, dann sind die Reisekosten des Anwaltes nach Rechtsprechung regelmäßig ertattungsfähig. Die Frage ist also, ob der Hinweis auf die ZPO auch die einschlägige Rechtsprechung zu dieser Thematik umfaßt.

    Zitat

    Das mit dem Bagatelldelikt muss schon ne Weile her sein .

    In der 18. Aufl. wars noch so. Wie es momentan aussieht, weiß ich tatsächlich nicht.

  • Ich tendiere dazu, aufgrund der BGH-Rechtsprechung die Kosten eines am Wohnort des Angeklagten ansässigen Anwalts auch in Strafsachen anzuerkennen. Die Voraussetzungen für die Notwendigkeit von Reisekosten können m.E. in Zivil- und Strafsachen nicht unterschiedlich sein. Mir fällt dazu jedenfalls keine sinnhafte Begründung ein.
    Ich habe es allerdings öfter, dass Angeklagte, die in einem Dorf ohne eigenen Anwalt leben, lieber 100 Kilometer in die nächste Großstadt fahren, statt einen Anwalt beim 20 Kilometer entfernten Amtsgericht zu beauftragen. Und da berechne ich weiterhin die fiktiven Kosten einer Informationsfahrt wie oben dargestellt.

  • Die Voraussetzungen für die Notwendigkeit von Reisekosten können m.E. in Zivil- und Strafsachen nicht unterschiedlich sein. Mir fällt dazu jedenfalls keine sinnhafte Begründung ein.


    Genau dies bereitet mir auch Bauchschmerzen (wobei ich die auch bereits bei der sog. Bagatellvariante von G/S habe: Im Zivilrecht wird auch nicht geprüft, ob die Partei Reisekosten wegen EUR 2,50 oder EUR 500.000,- verursacht).

  • Ich war nach der BGH-änderung für Reisekosten in Zivilsachen gerade für Strafsachen zuständig und habe diese 1:1 übernommen, da 1. die StPO auf die ZPO verweist und 2. Besonderheiten zur Erstattung aus dem Strafverfahren heraus nicht erkennbar sind. Dies hatte der Bezi direkt hingenommen, die Sache war klar. Trotzdem waren noch einige Gerichte auf der "alten Linie".

    Auch und gerade im Strafverfahren kommt es auf den persönlichen Kontakt zum Verteidiger an, welcher durch die örtliche Nähe zum Wohnsitz des Beschuldigten erleichtert und gefördert wird. Dieses einfache, wie durchschlagende Argument ist nicht von der Streitwerthöhe im Zivilrecht, insoweit unstreitig, folglich auch nicht vom angedrohten Strafmaß, soweit das zuverlässig überhaupt vorab geschätzt werden kann, abhängig.

    Daher ist auch in Strafsachen regelmäßig ein RA am Wohnsitz notwendig, vgl. OLG Köln, 04.09.2009, 2 Ws 408/09.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ich muss sagen, ich winke die Reisekosten nach RVG auch durch, wenn der Verteidiger am Ort des Mandanten (oder eben in der Nähe) sitzt. Alles andere wäre m. E. eine ungerechtfertigte Benachteilugung. Zumal m. E. die Folgen eines Strafverfahrens um vieles unangenehmer sein können als ggf. eine Verurteilung zur Nachzahlung von 3,50 Euro Zinsen. Ja ich weiß. der Vergleich hinkt, macht aber deutlich was ich meine. ich würde wenn man mir aus irgendeinem Grund ein Strafverfahren anhängen würde auch sofort zu einem Anwalt rennen. Sicher ist sicher. Im Zivilprozess würde ich mir das hinsichtlich Kosten/ Nutzen weit genauer überlegen.LGN

  • Ich war nach der BGH-änderung für Reisekosten in Zivilsachen gerade für Strafsachen zuständig und habe diese 1:1 übernommen, da 1. die StPO auf die ZPO verweist und 2. Besonderheiten zur Erstattung aus dem Strafverfahren heraus nicht erkennbar sind. Dies hatte der Bezi direkt hingenommen, die Sache war klar. Trotzdem waren noch einige Gerichte auf der "alten Linie".

    Auch und gerade im Strafverfahren kommt es auf den persönlichen Kontakt zum Verteidiger an, welcher durch die örtliche Nähe zum Wohnsitz des Beschuldigten erleichtert und gefördert wird. Dieses einfache, wie durchschlagende Argument ist nicht von der Streitwerthöhe im Zivilrecht, insoweit unstreitig, folglich auch nicht vom angedrohten Strafmaß, soweit das zuverlässig überhaupt vorab geschätzt werden kann, abhängig.

    Daher ist auch in Strafsachen regelmäßig ein RA am Wohnsitz notwendig, vgl. OLG Köln, 04.09.2009, 2 Ws 408/09.




    Dem schließe ich mich an.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!