Zwangssicherungshypothek + Antragsrücknahme + Form

  • Das berücksichtigtt aber nicht die Sachherrschaft des Gläubigers (s. #40): Der Gläubiger ist Herr des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Dieses Verfahren endet, wenn er dies verlangt, wobei dieses Verlangen in der Antragsrücknahme zum Ausdruck kommen kann (Zöller/Stöber, ZPO, 27. Auflage 2009, vor § 704 RN 19).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Dem Gläubiger steht es frei, jederzeit formwirksam den Antrag zurückzunehmen. Ich kann jetzt in der Sachherrschaft des Gläubigers über das Vollstreckungsverfahren keinen Widerspruch zu § 31 GBO erblicken.

    Im übrigen ist auch die ZPO nicht frei von Formerfordernissen. Die Idee, eine Berufung könnte ohne Anwalt zurückgenommen werden, würde wohl ebenso wenig ernsthaft diskutiert wie die Frage, ob ein Vollstreckungsantrag per e-Mail zurückgenommen werden kann. Auch vor diesem Hintergrund sehe ich keinen Widerspruch zum Formerfordernis der GBO.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Stimmt, aber der (formlose) Antrag ist verfahrensleitende Prozesshandlung. Das Zwangsvollstreckungsverfahren endet daher, wenn der Gläubiger dies (durch jederzeit mögliche) Antragsrücknahme verlangt (Zöller/Stöber, vor § 704 RN 19). Und dieses Verlangen ist nun einmal nach ZPO formlos möglich. Liegt aber der nach zur Vollstreckung nach § 867 I 1 ZPO erforderliche Antrag aufgrund der nach ZPO formlos möglichen Antragsrücknahme nicht vor, dann kann nicht trotzdem gegen den Willen des Gläubigers eine Eintragung erfolgen. Die Zwangsvollstreckung ist in diesem Fall vielmehr unzulässig (OLG Naumburg, NotBZ 2000, 193). Also kann sie auch nicht mehr (durch Eintragung der Zwangssicherungshypothek bzw. Erlass der Eintragungsverfügung) beginnen.

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  • Die Sache dreht sich im Kreise. Die einen halten die von Prinz dargestellte Ausgangsthese für richtig und die anderen eben für falsch. Ich gehöre zu den anderen, weil § 31 GBO eindeutig ist und es für die abweichende Ansicht keine gesetzliche Grundlage gibt. Zumindest hat bisher noch niemand eine gesetzliche Vorschrift in den Ring werfen können, wonach es sich wie behauptet verhält.

    Übrigens vertritt auch Stöber die Ansicht, dass für die Antragsrücknahme § 31 GBO gilt (Zöller/Stöber § 867 Rn.2), während es bei der nachträglichen Verteilung wieder anders sein soll (a.a.O. Rn.15). Das kann schwerlich Konsequenz, sondern bestenfalls Beliebigkeit für sich beanspruchen.

  • Das kann schwerlich Konsequenz, sondern bestenfalls Beliebigkeit für sich beanspruchen.


    Die Form dieser reflektierten Konsequenz ist indes eine, die unserem Rechtsstaat regelmäßig sehr gut zu Gesicht steht.
    Anderenfalls kommt es nämlich bei Fällen übersteigerter rechtlicher Konsequenz bis zum bitteren Ende auch mal zu Fällen, in denen das rechtswissenhaftlich absolut respektable Ergebnis offensichtlich unbillig wird (ich erinnere z. B. an Staatsanwälte, die auf die abstruse Idee kommen, Leuten was ans Zeug zu flicken, die Aufnäher mit durchgestrichenen Hakenkreusen tragen).
    Ich meine auch, dass die Unbilligkeit des staatlichen Eingriffs in Schuldner- wie Gläubigerrechte hier verfassungswidrigges Maß erreichen könnte.

  • M. E. nach ergibt sich aus der Kommentierung von Zöller/Stöber RN 15 keine „Beliebigkeit“. Die nachgeholte Verteilung ist eine Einschränkung des Erstantrages, die lediglich aus grundbuchrechtlicher Sicht als formbedürftige (teilweise) Antragsrücknahme angesehen wird (KG HRR 1934, 1056 ; Haegele BWNotZ 1972, 108 ; Riggers Büro 1966, 917). Vollstreckungsrechtlich ist eine Form nicht vorgeschrieben (MüKo/Eickmann, ZPO, 3. Auflage 2007, § 867 RN 62). Daher kann die Verteilung sowohl ursprünglich (im Antrag), als auch nachträglich (als Ergänzung des Antrags) aus vollstreckungsrechtlicher Sicht formlos vorgenommen werden.

    Diese Unterscheidung zwischen vollstreckungsrechtlicher und grundbuchrechtlicher Sicht ergibt sich aus einem Vergleich mit den Wirkungen der Antragstellung beim Arrestvollzug.

    §§ 929 II ZPO verweist hierzu auf § 867 I ZPO. Folge ist, dass für die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen der Antragseingang beim Amtsgericht ausreicht, der Eingang beim GBA hingegen nicht erforderlich ist (BGH, Rpfleger 2001, 294 = NJW 2001, 1134 u.a.). Auch dort besteht das an das GBA gerichtete Begehren aus zwei Erklärungen, nämlich der vollstreckungsrechtlichen und der grundbuchrechlichen, wobei letztere für die Rangfolge maßgebend ist. Die dafür bestehenden strengen Voraussetzungen des Grundbuchverfahrens dürfen jedoch auf das Vollstreckungsverfahren nicht übertragen werden (Holzer, EWiR 2001, 377).

    Da das Vollstreckungsrecht mit der Formulierung in § 867 I ZPO zur Eintragung einer Zwangssicherungshypothek einen Antrag voraussetzt (s. Hügel/Wilsch, GBO, 1. Auflage 2007, Rubrik „Zwangssicherungshypothek“ RN 1), kann eine Vollstreckung nicht mehr erfolgen, wenn dieser vollstreckungsrechtliche Antrag zurückgenommen wird.

    Lediglich aus grundbuchrechtlicher Sicht kann wegen der mit der Antragstellung verbundenen Rangwirkung die Zurücknahme des Eintragungsantrags nicht formlos erklärt werden. Bei einem Formmangel ist daher die Antragszurückweisung geboten; eine Eintragung des nicht mehr Gewollten scheidet wegen Fehlens einer der Vollstreckungsvoraussetzungen (Antrag/Titel/Klausel/Zustellung) aus.

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  • Hallo

    ich häng meine Frage hier mal dran.

    Ich hab einen Antrag auf Eintragung der ZwaHyp. Dieser kann nicht vollzogen werden, weshalb den Gläubiger die Möglichkeit zur Antragsrücknahme gegeben wurde.
    Heute kam die Antragsrücknahme, aber nicht in der Form des §§ 31, 29 GBO. Was ist nun am sinnvollsten. Zurückweisen oder nochmal Gelegenheit geben, den Antrag formgerecht zurückzunehmen? Eine Zurückweisung wäre vorauss. günstiger.

  • ... Eine Zurückweisung wäre vorauss. günstiger. ...



    Darum wirst du auch nie eine förmliche Zurücknahme kriegen. Deswegen und wegen der Zeitersparnis für den Antragsteller. Und noch aus weiteren Gründen. In der Fachliteratur wird mitunter sogar empfohlen, sich unter diesen Voraussetzungen den Antrag vom Grundbuchamt zurückweisen zu lassen.

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (15. Juli 2010 um 08:59) aus folgendem Grund: Schreibfehler berichtigt

  • ....

    Da das Vollstreckungsrecht mit der Formulierung in § 867 I ZPO zur Eintragung einer Zwangssicherungshypothek einen Antrag voraussetzt (s. Hügel/Wilsch, GBO, 1. Auflage 2007, Rubrik „Zwangssicherungshypothek“ RN 1), kann eine Vollstreckung nicht mehr erfolgen, wenn dieser vollstreckungsrechtliche Antrag zurückgenommen wird.

    Lediglich aus grundbuchrechtlicher Sicht kann wegen der mit der Antragstellung verbundenen Rangwirkung die Zurücknahme des Eintragungsantrags nicht formlos erklärt werden. Bei einem Formmangel ist daher die Antragszurückweisung geboten; eine Eintragung des nicht mehr Gewollten scheidet wegen Fehlens einer der Vollstreckungsvoraussetzungen (Antrag/Titel/Klausel/Zustellung) aus.

    dazu s. auch Thüringer Oberlandesgericht 3. Zivilsenat, Beschluss vom 09.01.2014, 3 W 582/13

    1.....

    2. Der (wirksame) Antrag des Gläubigers ist im Hinblick auf § 867 Abs. 1 S. 1 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung der Eintragung; fehlt er, führt eine gleichwohl eingetragene Zwangssicherungshypothek zur Unrichtigkeit des Grundbuchs.

    http://www.thueringen.de/olgneu/entsche…heidung_neu.asp

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  • Hallo,

    ich habe hier auch noch einmal eine Frage zum Verfahrensablauf.

    Das Finanzamt hat eine Zwangssicherungshypothek beantragt. Einen Tag später sendet der Anwalt des Schuldners einen Zahlungsnachweis über die gesamte Summe sowie die Bitte, die Zwangssicherungshypothek nicht einzutragen.

    Muss ich nun:
    - Finanzamt diesbezüglich anhören bzw. Aufklärungsverfügung?
    - trotzdem eintragen? - Aber es fehlt ja evtl. an einer Eintragungsvorraussetzung

    Danke im Voraus.

  • Wenn ein Vollstreckungshindernis vorliegt, darf nicht vollstreckt werden.
    Daher: Gläubiger anhören, evtl. erfolgt eine Antragsrücknahme.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Du hast an sich nur das Ersuchen formell zu prüfen, materielle Einwände tangieren dich eigentlich nie. Trotzdem würde ich mal beim Finanzamt anfragen, wegen Rücknahme und Kostenersparnis. Wenn du hart bist (wozu ich eigentlich tendiere), würde ich die Zwasi eintragen.

  • Fraglich ist allerdings, ob die Zwangshypothek noch als Fremdrecht entstehen kann, wenn die durch sie zu sichernde Forderung zwischenzeitlich getilgt ist. Das wirft die Frage nach dem Legalitätsprinzip auf, wonach man das Grundbuch nicht wissentlich unrichtig machen darf.

  • Du hast an sich nur das Ersuchen formell zu prüfen, materielle Einwände tangieren dich eigentlich nie. Trotzdem würde ich mal beim Finanzamt anfragen, wegen Rücknahme und Kostenersparnis. Wenn du hart bist (wozu ich eigentlich tendiere), würde ich die Zwasi eintragen.

    Das Grundbuchamt ist hier Vollstreckungsorgan. Daher meine ich, dass das Grundbuchamt eine Zahlung des Schuldners nach § 775 Nr. 5 ZPO nicht einfach übergehen und die Sicherungshypothek eintragen darf (siehe auch Zöller, Rn. 2 zu § 775 ZPO).

  • Es ist klar, dass die bloße Behauptung der Befriedigung der Forderung seitens des Schuldners/Eigentümers nicht genügt. Der Antragsteller muss sich also dazu äußern, ob er die Befriedigung unstreitig stellt. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass auch ein Zahlungsnachweis vorgelegt wurde (wobei offen bleibt, ob die Zahlung auch beim Gläubiger eingegangen ist und ob tatsächlich die gesamte Forderung beglichen wurde).

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