Erbscheinbeantragung bei Mittellosigkeit

  • Liebe Formusteilnehmer,

    in einer Erbenangelegenheit mit ca. 40 Erben sind Personen bekannt, die eindeutig als Erben in Betracht kommen. Problematisch zeigt sich nun, dass diese Personen Hartz-IV-Empfänger sind und nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um einen Erbschein zu beantragen. Die Nachlasssache, ein Grundstück, hat einen Verkehrswert von 250.000 €.

    Jeder der in Frage kommenden Erben würde einen Erbteil von ca. 1/32stel erhalten. Ohne die Entwirrung der Erbengemeinschaft kann das Grundstück nicht veräußert werden.

    Besteht hier die Möglichkeit, für die mittellosen Erben Verfahrenskostenhilfe zu beantragen? Oder habt ihr andere Lösungsvorschläge?

  • Vielen Dank für eure Antworten. Ohne Verfahrenskostenhilfe ist das Problem leider nicht zu lösen. Ich war erst auf Prozesskostenhilfe aus, die kann in diesem Fall aber nicht zugewiesen werden.

    Das GBA ist in der Sache auch zugetan, da nach 16 Jahren Bearbeitung der Fall endlich ein Ende finden könnte. Mittlerweile wurde der 5. Band in der Sache angelegt. Aus Rationalisierungsgründen besteht für das Amtsgericht keine Möglichkeit, weitere Erbenermittlungen anzustellen.

    Von den ca. 40 Erben sind 7 Erben Hartz-IV-Empfänger. Mit der ARGE konnte ich mich schon darauf verständigen, dass bei Erbscheinerteilung nicht gleich eine Anrechnung auf den Erbanspruch entsteht. Dies habe ich in 2 Fällen leider auch schon erleben müssen.

    Ich wünsche allen ein erholsames Wochenende.

  • Ohne Verfahrenskostenhilfe ist das Problem leider nicht zu lösen. Ich war erst auf Prozesskostenhilfe aus, die kann in diesem Fall aber nicht zugewiesen werden.

    Wozu die Unterscheidung? Das ist doch eh das Selbe. Beim Prozess nennen wir es eben Prozesskostenhilfe, bei sonstigen Verfahren Verfahrenskostenhilfe. Wenn ein Mandant Prozesskostenhilfe für ein Erbscheinsverfahren beantragt, dann geht der Antrag trotzdem durch.

  • Aus Rationalisierungsgründen besteht für das Amtsgericht keine Möglichkeit, weitere Erbenermittlungen anzustellen.



    Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

    In der Sache selbst möge ein Miterbe den Erbschein beantragen, der über die entsprechenden Mittel verfügt. Der Fiskus ist kein finanzieller Vorschussbetrieb aufgrund der Faulheit und Untätigkeit der anderen Miterben.

  • Das AG hatte bis zum Jahre 2008 einen Rechtspfleger, der viel mit Erbenermittlung beschäftigt war. Wenn mehrere öffentliche Stellen ein Interesse daran haben, dass dieser Fall einen Abschluss erfährt, aber die Möglichkeiten aus Rationalisierungsgründen nicht vorhanden sind, dann mag ich das nicht als "Vorschussbetrieb" bezeichnen.

    In anderen Fällen mag das durchaus so sein. Das kenne ich zu genüge. Aber in diesem Fall stehen Steuern und Abgaben in 5-stelliger Höhe aus, welche in allen Fällen gestundet werden mussten.

  • Übrigens:

    Der Fall geht bis auf das Jahr 1900 zurück. Das bezogene Grundstück befindet sich in den neuen Bundesländern. 1/4 der Erben wohnen in den Neuen, 3/4 der Erben wohnen in den Alten Bundesländern.

    Zwischen diesen Erben besteht überhaupt gar kein Kontakt, da die familiären Bindungen nicht sehr groß sind. Der Erblasser hat insgesamt 19 leibliche Kinder hinterlassen. Seit ca. 1900 hat man sich auch dementsprechend fortgepflanzt.

    Es ist also in diesem Fall leichter gesagt als getan, dass Miterben anderen Miterben die Gebühren auslegen sollen. Ich gebe Leuten, die ich überhaupt nicht kenne ja auch kein Geld.

    Ansonsten gebe ich euch recht.

  • Wie wird es gehandhabt, wenn der mittellose Erbe (SGB-XII) die Urkunden nicht beibringen kann, weil er die Gebühren bei der Gemeinde nicht zahlen kann? Einholen von Amts wegen?

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • Wenn der Nachlass werthaltig ist dürfte das kein Problem sein. da müssen die Gebühren im nachhinein beglichen werden.
    Ist er nicht werthaltig wird selten ein Erbschein beantragt.
    Wird in solchen Fällen doch mal einer benötigt helfen wir, indem wir beim St. die Urkunde abfordern. Diese wenigen Ausnahmefälle haben immer fkt.

  • Aber in diesem Fall stehen Steuern und Abgaben in 5-stelliger Höhe aus, welche in allen Fällen gestundet werden mussten.

    Wie wäre es, wenn Finanzamt, Gemeinde oder welche Behörde auch immer Geld zu bekommen hat, einen Erbschein beantragt. § 792 ZPO ist genau für diese Konstellation gedacht, dass es Gläubiger gibt, die mehr Interesse an der Erteilung eines Erbscheins haben, als jeder einzelne Erbe.

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