Nachbar will Kanal- und Versorgungsleitungen nicht mehr dulden

  • Hallo,

    ich habe demnächst einen Versteigerungstermin und bekomme jetzt ein Schreiben des Eigentümers des Nachbargrundstücks, der behauptet, dass die Kanal- und Versorgungsleitungen des zu versteigernden Grundstücks über sein Grundstück verlaufen.
    Gegenüber den Ersteher würde er das nicht mehr dulden und bittet um Bekanntgabe seines Schreibens im Termin.

    Wie geht ihr mit sowas um ?

  • Was sagt den der Gutachter dazu?
    Gibt es irgendwelche Hinweise hierzu aus der Bauakte oder vielleicht eine Absicherung der Leitungsrechte im Grundbuch und/oder Baulastenverzeichnis.

    Ich würde den Fall erst mal prüfen (lassen), bevor ich mit solch einem Schreiben die Bietinteressenten vergraule.


  • Im Grundbuch bzw. Baulastenverzeichnis ist nichts eingetragen


    Das muss noch nichts heißen, der Herrschvermerk ist ja selten, und belastet wäre ja das Grundstück des Nachbarn. Ist in dessen Grundbuch keine Grunddienstbarkeit o.ä. eingetragen?

  • Was sagt den der Gutachter dazu?
    Gibt es irgendwelche Hinweise hierzu aus der Bauakte oder vielleicht eine Absicherung der Leitungsrechte im Grundbuch und/oder Baulastenverzeichnis.

    Ich würde den Fall erst mal prüfen (lassen), bevor ich mit solch einem Schreiben die Bietinteressenten vergraule.



    Das muss wohl zu prüfen sein - und zwar auf dem Bauamt. So mir nichts dir nichts hat wohl niemand über ein fremdes Grundstück sein Grundstück mit Versorgungsleitungen erschlossen.

  • Eine Baugenehmigung erhält man nur mit einer "gesicherten" Erschließung des Grundstücks. Andernfalls wäre die Genehmigung des gesamten Vorhabens in Frage zu stellen. Dies sollte der Sachverständige erkundet haben. Dies hat mit der Problematik einer Außenbesichtigung nichts zu tun. Teilweise findet man aber - aus Kostengründen - von der Genehmigung abweichende Erschließungen (z.B. Sammelleitungen). Wenn diese nicht privat- und/oder öffentlich-rechtlich gesichert sind, muss man evtl. neuen Hausanschluss kalkulieren.

  • Eine Baugenehmigung erhält man nur mit einer "gesicherten" Erschließung des Grundstücks. Andernfalls wäre die Genehmigung des gesamten Vorhabens in Frage zu stellen. Dies sollte der Sachverständige erkundet haben. Dies hat mit der Problematik einer Außenbesichtigung nichts zu tun. Teilweise findet man aber - aus Kostengründen - von der Genehmigung abweichende Erschließungen (z.B. Sammelleitungen). Wenn diese nicht privat- und/oder öffentlich-rechtlich gesichert sind, muss man evtl. neuen Hausanschluss kalkulieren.




    Völlig richtig.

    Hier kommt aber noch hinzu, dass die "gesicherte" Erschließung - so eine existiert - außerdem nicht mal dinglich vereinbart ist. Die Kosten der Herstellung der Leitungserschließung wären somit - zumindest nachrichtlich - zu kalkulieren

  • Es hilft m. E. nicht weiter, den Fall unter dem baugenehmigungsrechtl. Aspekt zu diskutieren. Leider wird in der Praxis oft nicht genau hingesehen, ob die Erschließung hinsichtlich der Be- und Entwässerung gesichert ist, im übrigen wäre sie ja gesichert, wenn damals das Einvernehmen des Nachbarn vorlag.

    Ob die Duldung zivilrechtlich gegenüber dem jeweiligen Eigentümer gilt, also auch gegenüber dem Ersteher, die heutige Widerrufserklärung des Duldenden also materiell-rechtlich ins Leere geht, ist eine Frage der Auslegung der damaligen Duldung. Das kann aber dahinstehen, weil der Ersteher als neuer Eigentümer einen Anspruch auf Duldung der Leitungen aus dem Nachbarrecht hätte, in Baden-Württemberg ergibt sich das aus § 7 e NRG.

    Ich würde dieses Schreiben daher nicht im Termin bekanntgeben, weil hierdurch der materiell-rechtliche Eindruck erweckt werden könnte, der Inhalt des Schreibens gebe zutreffend die Rechtslage wieder.

  • Ich würde dieses Schreiben daher nicht im Termin bekanntgeben, weil hierdurch der materiell-rechtliche Eindruck erweckt werden könnte, der Inhalt des Schreibens gebe zutreffend die Rechtslage wieder.


    Danke für den Hinweis auf die (wohl) einschlägige Regelung in Baden-Württemberg. Was bedeutet das Kürzel NRG? Nachbarschaftsrechtsgesetz?

    Nun, das Schreiben nicht bekannt zu geben, erschiene mir unlauter.
    Statt dessen könnte man deutlich darauf hinweisen, dass das Vollstreckungsgericht nicht die materielle Rechtslage prüft und die Betroffenen ihre Ansprüche auf dem Prozessrechtswege geltend machen könnten.


  • Nun, das Schreiben nicht bekannt zu geben, erschiene mir unlauter.
    Statt dessen könnte man deutlich darauf hinweisen, dass das Vollstreckungsgericht nicht die materielle Rechtslage prüft und die Betroffenen ihre Ansprüche auf dem Prozessrechtswege geltend machen könnten.

    Dann würde ich aber ausdrücklich dazu sagen, dass das Vollstreckungsgericht nicht zu überprüfen hat, ob ein derartiger Widerruf der bisherigen Duldung wirksam ist, und dass es des weiteren nicht zu überprüfen hat, ob der Nachbar nicht trotz eines Widerrufs der bisherigen Duldung auf Grund gesetzlicher Bestimmungen eine neue Duldung vornehmen muss gegenüber dem Ersteher. Wenn nämlich nur auf den Prozessrechtsweg verwiesen wird, sind die Bieter irritiert und steigern möglicherweise aus Furcht nicht mit.

  • Dann würde ich aber ausdrücklich dazu sagen, dass das Vollstreckungsgericht nicht zu überprüfen hat, ob ein derartiger Widerruf der bisherigen Duldung wirksam ist, und dass es des weiteren nicht zu überprüfen hat, ob der Nachbar nicht trotz eines Widerrufs der bisherigen Duldung auf Grund gesetzlicher Bestimmungen eine neue Duldung vornehmen muss gegenüber dem Ersteher. Wenn nämlich nur auf den Prozessrechtsweg verwiesen wird, sind die Bieter irritiert und steigern möglicherweise aus Furcht nicht mit.


    Gute Idee! Danke. Sollte ich mal ein ähnliches Problem einer Anmeldung haben, die (dem Anschein nach) allein dem Verschrecken von Bietern liegt, werde ich mich hoffentlich an diese Formulierungen erinnern.

  • Es hilft m. E. nicht weiter, den Fall unter dem baugenehmigungsrechtl. Aspekt zu diskutieren. Leider wird in der Praxis oft nicht genau hingesehen, ob die Erschließung hinsichtlich der Be- und Entwässerung gesichert ist, im übrigen wäre sie ja gesichert, wenn damals das Einvernehmen des Nachbarn vorlag.

    Ob die Duldung zivilrechtlich gegenüber dem jeweiligen Eigentümer gilt, also auch gegenüber dem Ersteher, die heutige Widerrufserklärung des Duldenden also materiell-rechtlich ins Leere geht, ist eine Frage der Auslegung der damaligen Duldung. Das kann aber dahinstehen, weil der Ersteher als neuer Eigentümer einen Anspruch auf Duldung der Leitungen aus dem Nachbarrecht hätte, in Baden-Württemberg ergibt sich das aus § 7 e NRG.

    Ich würde dieses Schreiben daher nicht im Termin bekanntgeben, weil hierdurch der materiell-rechtliche Eindruck erweckt werden könnte, der Inhalt des Schreibens gebe zutreffend die Rechtslage wieder.




    Nicchtsdestoweniger bleibt übrig, dass hier allenfalls ein Notleitungsrecht entstehen kann und dieses wäre analog zum Notwegerecht einzufordern (einzuklagen). Ebenfalls in Analogie zum Notwegerecht erwächst hieraus eine Geldrente oder der vereinbarte (im Grundbuch eintragsfähige) Verzicht auf Entschädigung.

    Übrig bleibt ebenfalls, dass dies der SV in seinem Gutachten zu bewerten hat.

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