Anhörung bei § 1674 BGB

  • Ich soll hier in einem Verfahren das Ruhen der ES der Kindesmutter feststellen. Beide Elternteile stehen unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge.
    So weit-so schlecht.
    Die Kindeseltern sind nicht miteinander verheiratet, der Vater hat bislang die Vaterschaft nicht anerkannt. Vor dem Gesetz ist er also noch nicht der Vater. Für mich stellt sich damit die Frage, wieweit ich ihn am Verfahren beteilige. Offen gestanden wäre es mir am liebsten, ich könnte ihn völlig außen vor lassen. Es scheint sich um einen eher unangenehmen Zeitgenossen zu handeln, der die Kindesmutter ziemlich unter seiner Knute hält - ich bin zufällig auch für die Betreuungssache zuständig und "verfolge" die Beziehung der beiden daher schon eine Weile.
    Ich möchte aber auf keinen Fall nachher in der Beschwerde aufgehoben werden, nur weil eine Anhörung fehlt.
    Was meint ihr dazu?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wenn er gesetzlich nicht als Vater anzusehen ist, ist er m.E. auch nicht anzuhören. Er ist am Verfahren dann doch nicht beteiligt, oder?!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das Kind ist im Rechtssinne vaterlos. Ein rechtlich nicht existenter Vater braucht daher m.E. auch nicht beteiligt zu werden. Dass es sich eigentlich nicht anders verhalten kann, dürfte schon daraus folgen, dass im Falle der Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge der Mutter Vormundschaft anzuordnen wäre, und zwar gerade deshalb, weil das Kind im Rechtssinne keinen Vater hat.

  • So sehe ich es eigentlich ja auch. Aber meine Meinung muss ja nicht unbedingt die richtige sein - deshalb vorsichtshalber nochmal die Anfrage an das Forum (wäre nicht das erste mal, dass ich hier von einem Holzweg geführt werde)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Irren können wir uns alle.

    Und so kann es (hoffentlich als absolute Ausnahme) auch vorkommen, dass eine im Forum im Brustton der Überzeugung geäußerte Auffassung nicht von einem Holzweg weg, sondern zu ihm hin führt. Als Regulativ bleibt dann nur noch das gegenteilige Votum der anderen Teilnehmer.

  • ich habe generell Probleme damit, nur wegen Betreuung mit Einwilligungsvorbahalt das Ruhen der elt. Sorge festzustellen, denn die Betreuung hat ja keinerlei Einfluss auf das Sorgerecht.Wenn überhaupt, wären doch eher Massnahmen nach 1666 BGB ( Richter) angezeigt.
    Nachtrag: den biol. Vater würde ich allerdings auch aussen vorlassen.

  • Zitat von cheyenne

    ich habe generell Probleme damit, nur wegen Betreuung mit Einwilligungsvorbahalt das Ruhen der elt. Sorge festzustellen, denn die Betreuung hat ja keinerlei Einfluss auf das Sorgerecht.Wenn überhaupt, wären doch eher Massnahmen nach 1666 BGB ( Richter) angezeigt.



    Sicherlich nicht "nur" wegen der Betreuung. Ich habe - schon um mich abzusichern - den Antrag gleich mal dem Richter vorgelegt, der ein Tätigwerden nach 1666 nicht für angezeigt hält, sondern auf 1674 als milderes Mittel verweist. Für mich ist die Sache grenzwertig. Es gibt da auch eine Entscheidung, die genau meinen Fall treffen könnte (betrifft eine KM, die "krankhaft" von einem Mann abhängig ist), da muss ich aber noch genauer einsteigen.
    Allerdings denke ich, man muss hier zwischen Personensorge und Vermögenssorge differenzieren. Dass ich das Ruhen der Vermögenssorge feststellen werde, halte ich für sehr wahrscheinlich, wegen des Restes werden wir sehen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Fünf Mal "kein Holzweg" bei 1301 Enthaltungen - das klingt doch nach einer tragfähigen Mehrheit ;)
    Danke zusammen

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • 6mal kein Holzweg. Ich würde den eventuellen biologischen Vater (oder bist du da sicher?) auch nicht beteiligen.

    Kann aus den Gutachten in den jeweiligen Betreuungsakten entnommen werden, dass Geschäftsunfähigkeit vorliegt, dann ruht die elterliche Sorge doch nach § 1673 BGB. Eltern, die ihre eigenen Angelegenheiten nicht regeln können, können doch sicherlich erst recht nicht die Angelegenheiten der Kinder regeln (Kinder kriegen scheint ihnen nicht schwer zu fallen....);)

  • Zitat von raton7

    (oder bist du da sicher?)


    Prust! Ja klar, ich war dabei :D

    Zitat von raton7

    Kann aus den Gutachten in den jeweiligen Betreuungsakten entnommen werden, dass Geschäftsunfähigkeit vorliegt, dann ruht die elterliche Sorge doch nach § 1673 BGB.



    Nee, Geschäftsunfähig ist die Gute nicht, ich werde nicht umhin können, hier in eigener Zuständigkeit tätig zu werden (der Fall wäre ne richtig schöne, anspruchsvolle Sache, so richtig was für den Rechtspfleger aus Leidenschaft - wenn denn mal ein bißchen mehr Zeit für sowas wäre :mad: )

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich würde mich wegen der Abgrenzung von § 1666 BGB zu § 1674 BGB ruhig noch ein wenig mit dem Richter "zanken". Betreute, die nicht geschäftsunfähig sind, sind ja meistens nicht dauerhaft unfähig, die elterliche Sorge insgesamt auszuüben, sind also kein Fall von § 1674 BGB. Sie könnten ja beispielsweise Vollmachten erteilen.
    Die Betreuten und ihre Kinder, bei denen ich bisher tätig werden musste, waren alle mittellos, sodass ich hinsichtlich der Vermögenssorge für die Kinder mangels aktuellen Regelungsbedürfnisses nichts unternommen habe. (Etwas anderes wäre es vielleicht, wenn für das Kind beispielweise kein Krankenversicherungsschutz bestanden hätte oder keine Sozialleistungen gezahlt worden wären, was aber bei Sozialhilfeempfängern nie der Fall ist, da immer für das Kind mitgezahlt/mitversichert wird.)
    Die Betreuten sind ja meistens nicht in der Lage, sich um ihren "Papierkram" im allgemeinen zu kümmern, sodass ein Entzug der Vermögenssorge gar nicht ausreichend ist. Oft sind ja auch andere Angelegenheiten für das Kind zu regeln, zum Beispiel Anmeldungen in Kindergarten/Schule, Antrag auf Beihilfen z. B. zu Klassenfahrten o. ä., Beantragung eines Ausweises usw..
    Da die Betreuten eine fremde Person für Hilfe bei diesen Dingen vermutlich bezahlen müssten (was sie ja meistens nicht können), ist es meiner Ansicht nach sinnvoller, Ihnen nach § 1666 BGB die elterliche Sorge teilweise zu entziehen, und zwar mindestens für die Teilbereiche Vermögenssorge und Vertretung des Kindes vor Behörden etc.. Dann kann diese Dinge auf Staatskosten ein Ergänzungspfleger regeln.Bisher konnte ich meine Abteilungsrichterinnen immer überzeugen.
    Ich habe den Eindruck, dass für Kinder von nicht geschäftsunfähigen Betreuten seit der Kindschaftsrechtsreform eine Gesetzeslücke besteht. Es wäre sicher deutlich kostengünstiger, wenn der Betreuer die (bei "armen" Betreuten in der Regel wenigen) Angelegenheiten des Kindes miterledigen könnte und dafür auch abrechnen dürfte, anstatt gesondert Ergänzungspfleger zu bestellen.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


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