Abwesenheitspfleger

  • Hallo, wir diskutieren hier ein Zuständigkeitsproblem
    Erblasser - letzter Wohnsitz H- hinterlässt Ehefrau und zwei Kinder. ES Antrag auf Ehefrau und zwei Kinder liegt vor. Nunmehr hat sich im Laufe der Ermittlungen ergeben, dass er noch 3 weitere Kinder hat. Zwei von diesen Kindern haben die Erbschaft gleichfalls angenommen. Ein Kind davon ist 2003 aus M nach B- ohne festen Wohnsitz- abgemeldet. EMA in B sämtlich negativ. Anfrage an NL Gericht gleichfalls negativ. Wir denken an Abwesenheitspfleger für diesen eventuellen gesetzlichen Erben- nach 1913 BGB und wollen ihn bei uns bestellen wegen 41 FGG oder liegen wir da faslch und müssen das Gericht des letzten bekannten Wohnsitzes ersuchen ?

  • Das scheint mir doch eher ein Fall für das Verfahren nach §2358 II BGB zu sein.

    Auch möglich: Bestellung eines NL-Pflegers über den "offenen" Erbteil. Der kann dann nach Erteilung des Teil-ES an der Auseinandersetzung mitwirken und in Ruhe den Erben suchen. Findet er ihn ist´s gut. Findet er Ihn nicht, dann evtl. §2358 oder Hinterlegung. Sollte sich herausstellen, daß er ohne Abk. vorverst. ist, könnten die anderen Erben nochmals einen Erbschein über den ges. NL (oder weiteren Teil-ES) beantragen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Übrigens:

    Was wollt ihr denn jetzt bestellen? Abwesenheitspfleger nach § 1911 oder Pfleger für unbek. Beteiligte nach § 1913 BGB?

    Dadurch ergeben sich ja unterschiedliche Zuständigkeiten (§ 39 oder § 41 FGG).

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • TL:

    Soll in #2 wohl § 2358 Abs.2 BGB heißen.

    Ich würde im vorliegenden Fall weder einen Abwesenheitspfleger noch einen Pfleger für unbekannte Beteiligte bestellen. Was soll das bringen? Erbrechtlich entscheidend ist doch ausschließlich, ob der Gesuchte den Erbfall erlebt hat. Fall ja, ist er Erbe, falls nein, treten seine Abkömmlinge ein und ist er ohne Abkömmlinge vorverstorben, fällt der gesamte Stamm erbrechtlich aus.

    Es geht also darum, ob jemand erbrechtlich überhaupt existent ist. Dieses Problem lässt sich durch die Bestellung eines Pflegers nach § 1911 BGB oder nach § 1913 BGB nicht lösen. Nimmt der Abwesenheitspfleger für den Abwesenden die Erbschaft an und stellt sich später heraus, dass der Abwesende den Erbfall nicht erlebt hat, so geht die Erbschaftssannahme ins Leere und der erteilte Erbschein ist unrichtig, weil er jemanden als Miterbe verlautbart, der nicht Miterbe geworden ist. Der Pfleger i.S. des § 1913 BGB hilft erst recht nicht weiter, weil "unbekannte Beteiligte, vertreten durch den Pfleger X" von vorneherein nicht als Miterben im Erbschein aufgenommen werden können.

    Es gibt also nur zwei Möglichkeiten:

    Entweder: Keine Entscheidung über den Erbscheinsantrag, solange nicht alle Ermittlungsmöglichkeiten über den Verbleib des Gesuchten ausgeschöpft wurden. Nach erfolglosem Abschluss der Ermittlungen kann der Erbschein nach öffentlicher Aufforderung i.S. des § 2358 Abs.2 BGB unter Ausschluss des Gesuchten erteilt werden.

    Oder: Erteilung eines Mindest-Teilerbscheins unter Außerachtlassung der Erbquote des Gesuchten und Bestellung eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben dieser Erbquote (wodurch die Verfügungsmöglichkeit im Hinblick auf Nachlassgegenstände sichergestellt ist). Sodann gibt es wieder zwei Möglichkeiten: (1) Ermittelt der Nachlasspfleger den Gesuchten: Erteilung eines Teilerbscheins für die betreffende Restquote (die beim Vorversterben des Gesuchen natürlich auch zu gleichen Anteilen dessen Abkömmlingen zustehen kann). (2) Bleiben die Ermittlungen erfolglos: Verfahren nach § 2358 Abs.2 BGB, Einziehung des Mindest-Teilerbscheins und Erbscheinsneuerteilung mit den endgültigen Erbquoten. Theoretisch wäre auch denkbar, für die Restquote einen neuen Teilerbschein zu erteilen. Davon würde ich aber zur Vermeidung von Missverständnissen im Rechtsverkehr absehen, weil beide Teilerbscheine die gleichen Miterben verlautbaren und der Eindruck erweckt würde, es würde sich im Rechtssinne um gesonderte Erbteile in der Person der Miterben handeln (was nicht zutrifft). Die Einziehung des Mindest-Teilerbscheins und die Neuerteilung eines "normalen" Erbscheins ist daher vorzuziehen. Für die Einziehung des Mindest-Teilerbscheins dürften aber in diesem Falle keine Gebühren anfallen, weil er -streng genommen- nicht unrichtig ist (er bringt die Mindesterbquoten ja zutreffend zum Ausdruck).

  • @juris: Ja, war ein Schreibversehen. Hatte es gleich bemerkt und berichtigt.

    P.S.
    Schön, daß wir :einermein sind.:D

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Zitat von TL

    Übrigens:

    Was wollt ihr denn jetzt bestellen? Abwesenheitspfleger nach § 1911 oder Pfleger für unbek. Beteiligte nach § 1913 BGB?

    Dadurch ergeben sich ja unterschiedliche Zuständigkeiten (§ 39 oder § 41 FGG).


    Wir dachten eigendlich an 1913 BGB

  • Oder: Erteilung eines Mindest-Teilerbscheins unter Außerachtlassung der Erbquote des Gesuchten und Bestellung eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben dieser Erbquote (wodurch die Verfügungsmöglichkeit im Hinblick auf Nachlassgegenstände sichergestellt ist). Sodann gibt es wieder zwei Möglichkeiten: (1) Ermittelt der Nachlasspfleger den Gesuchten: Erteilung eines Teilerbscheins für die betreffende Restquote (die beim Vorversterben des Gesuchen natürlich auch zu gleichen Anteilen dessen Abkömmlingen zustehen kann). (2) Bleiben die Ermittlungen erfolglos: Verfahren nach § 2358 Abs.2 BGB, Einziehung des Mindest-Teilerbscheins und Erbscheinsneuerteilung mit den endgültigen Erbquoten. Theoretisch wäre auch denkbar, für die Restquote einen neuen Teilerbschein zu erteilen. Davon würde ich aber zur Vermeidung von Missverständnissen im Rechtsverkehr absehen, weil beide Teilerbscheine die gleichen Miterben verlautbaren und der Eindruck erweckt würde, es würde sich im Rechtssinne um gesonderte Erbteile in der Person der Miterben handeln (was nicht zutrifft). Die Einziehung des Mindest-Teilerbscheins und die Neuerteilung eines "normalen" Erbscheins ist daher vorzuziehen. Für die Einziehung des Mindest-Teilerbscheins dürften aber in diesem Falle keine Gebühren anfallen, weil er -streng genommen- nicht unrichtig ist (er bringt die Mindesterbquoten ja zutreffend zum Ausdruck).[/quote]

    dien Ausführungen überzeugen( wie immer) mal sehen , was die lieben Kollegen sagen, aber ich denke, die Löscung ist gut und vor allem richtig.Danke

  • Meine Frage zielt zwar nicht auf einen Abwesenheitspfleger ab, aber mein Fall hat ein bisschen Ähnlichkeit mit dem von Rösi dargelegten Fall!
    E ist verstorben, hat kein Testament hinterlassen, keine Kinder, aber eine Ehefrau und 10 Geschwister, von denen vier verstorben sind und Abkömmlinge hinterlassen haben. Eine Schwester des Erblassers ist in Kanada verstorben und hat auch dort gelebt. Sie hat zwei Söhne, die folglich Erbprätendenten nach E sind. Die Ehefrau des Erblassers möchte nun also einen Erbscheinsantrag stellen, die "kanadischen Kinder", also sie sind kanadische Staatsbürger und verstehen wohl kein Deutsch, reagieren jedoch nicht auf die Anfragen der Antragstellerin, welche ja nun Sterbeurkunde der Schwester des E und Geburtsurkunden der Miterben benötigt. Auch auf ein Anschreiben des Nachlassgerichtes (in der Hoffnung, es käme eine Reaktion, da es ein behördliches Schreiben handelt) kam keine Reaktion - nun gut, vielleicht auch, weil die Ärmsten nicht verstanden haben, was in dem Schreiben steht... :(
    Was kann die Antragstellerin jetzt tun - die Ausschlagungsfrist für die beiden beträgt gem. § 1944 Abs. 3 BGB sechs Monate, die Frist ist noch nicht verstrichen (wobei fraglich ist, ab wann die Frist läuft, wenn die beiden die Nachricht über den Tod ihres Onkels nicht verstanden haben, andererseits gibt es doch Mittel und Wege sich das übersetzen zu lassen...).
    Könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass die Erben bis zum Ablauf der Ausschlagungsfrist unbekannt sind (da erst danach von der Erbschaftsannahme auszugehen ist) und eine Nachlasspflegschaft hinsichtlich dieses Erbteils einrichten oder wie kommt man hier nun weiter?

  • Sofern alle 10 Geschwisterstämme erbrechtlich zu berücksichtigen sind, dürften die beiden kanadischen Neffen des Erblassers (bei Zugewinngemeinschaft) mit einer Erbquote von jeweils 1/80 zu Miterben berufen sein.

    Meines Erachtens beginnt die 6-monatige Ausschlagungsfrist erst zu laufen, wenn die beiden Neffen nicht nur über die angefallene Erbschaft, sondern auch über die Ausschlagungsfrist belehrt wurden.

    Ich würde im vorliegenden Fall in englischer Sprache (per Luftpost) nach Kanada schreiben und dabei ausdrücklich über die Ausschlagungsfrist belehren. Außerdem sollte dieses Schreiben natürlich auch den Hinweis enthalten, dass der Erbanteil im Fall der Ausschlagung den Abkömmlingen des Ausschlagenden zufällt und dass deren Existenz und Anschriften in der Ausschlagungserklärung anzugeben wären (sonst fängt der Zirkuns nach erfolgter Ausschlagung der Neffen wieder von vorne an). Alternativ kommt als schnellere Lösung in Betracht, dass die Witwe die Neffen durch jemanden fernmündlich kontaktiert, der des Englischen mächtig ist. Auf diese Weise lässt sich wohl relativ zügig eine schriftliche Erbannahme erreichen, weil man fernmündlich bereits die voraussichtliche wirtschaftliche Höhe der Erbanteile der beiden Neffen avisieren kann.

    Den Weg des kombinierten Teilerbscheins (für die Witwe) bzw. Mindestteilerbscheins (für die übrige Geschwisterverwandtschaft) würde ich aus pragmatischen Erwägungen zunächst nicht gehen, es sei denn, es wäre eine rasche Verfügung über Nachlassgegenstände vonnöten.

  • Sehe ich im Grunde wie juris, der mal wieder schneller getippt hat!

    Aber Amtssprache ist immer noch deutsch. Ich würde der Witwe sagen, sie soll am besten auf Englisch an die Verwandten in Kanada schreiben oder dort anrufen, ihnen gleich mitteilen, welcher Nachlass vorhanden ist und sie bitten, eine Erklärung einzureichen, dass die Erbschaft angenommen wird und die erforderlichen Personenstandsurkunden zuzuschicken.

    Is your english so good, so that you can explain such an difficult Sachverhalt to people in Canada? Or do you beauftrag a translater? Who pays the translater?? The language in german courts is german!

  • Die Ehefrau hat schon Hilfe in Anspruch genommen, d. h. die Neffen wurden bereits in englischer Sprache angeschrieben - sie hat mir dieses Schreiben auch gezeigt! War zwar kein tolles Englisch, aber ich denke, man konnte verstehen, worauf dieses Schreiben abzielte. Aber auch darauf kam keine Reaktion! Eine Belehrung bezogen auf die Ausschlagungsfrist usw. enthielt dieses Schreiben natürlich nicht!

  • Ob es Luftpost war, weiß ich auch nicht, aber es ist schon ca. 3 Monate her - da hätte also selbst wenn es keine Luftpost war eventuell schon mal eine Antwort kommen können!

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