§ 116 b StPO Strafhaft vor U-Haft

  • Hallo liebe Kollegen,

    ich hab jetzt auch mal eine Frage:
    Normalerweise stellen wir RPfl (StA Potsdam), wenn der VU derzeit in U-Haft sitzt und eine Anschlussvollstreckung der hiesigen Strafe (FS oder EFS) erfolgen soll, einen Antrag an das U-Haft Gericht mit der Bitte um Unterbrechung der dortigen U-Haft zur Vollstreckung der hiesigen Strafhaft. Das Gericht hat dann bisher einen entsprechenden Beschluss gefasst und diesen der JVA direkt und der StA z.K. übersandt, sodass die JVA die Unterbrechung veranlasst hat.
    Offenbar gibt es seit Kurzem (01.01.10?) § 116 b StPO aus dem ersichtlich ist, dass Strafhaft (außer die aufgeführten Ausnahmen) der U-Haft vorgehen.

    Bisher war dieser Paragraph hier nicht bekannt, auch der JVA nicht (jedenfalls nach bisheriger telef. Nachfrage).
    Hat denn jemand schon praktische Erfahrungen dahingehend gemacht?
    Muss nun die JVA gem. §§ 116 b StPO automatisch bei Eingang des Aufnahmeersuchens der Strafhaft, die Vollstreckungsreihenfolge ändern?
    Sollte das U-Haft Gericht nicht wenigstens zur Stellungnahme angehört werden und etwa "keine Bedenken gegen die Unterbrechung " äußern?
    Oder ist davon auszugehen, dass wenn in dem U-Haftbefehl dazu nichts steht (Unterbrechung der U-Haft nicht sachgerecht o.ä.,obwohl wir diesen Beschluss im Zweifel gar nicht kennen) einfach bei der JVA die Unterbrechung von der StA anzuordnen ist?

    Freue ich mich über jeden noch so kleinen Erfahrungsbericht ....

    Gruß, Ania

  • Der 116 b StPO gilt seit 1.1.2010.

    Bei uns ist es grundsätzlich so, daß die JVA die Strafzeit nach den gesetzlichen Vorgaben berechnet, also auch unter Berücksichtigung des 116 b . Diesen A-Bogen erhalten alle beteiligten Staatsanwaltschaften und Gerichte, wenn irgendjemand etwas auszusetzen hat (wenn also ev. der Zweck der U-Haft etwas anderes erfordert) wird das der JVA und ggf. den weiter beteiligten Vollstreckungsbehörden mitgeteilt. Den Antrag auf Unterbrechnung der U-Haft so wie früher braucht es nicht mehr, die JVA macht das (zumindest die, mit denen ich hauptsächlich zu tun habe) automatisch.

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • Die Diskussion gibts bei uns derzeit auch.

    Bei uns war das bisher auch mit Antrag auf Unterbrechung, etc.

    Mit dem § 116 b wird es unter den Kollegen auch so gesehen, dass nun
    per Gesetz die Strafhaft der U-Haft vorgeht. Eine Unterbrechungsgenehmigung wäre daher nicht einzuholen.
    Wir sehen aber auch das Problem mit der Äußerung des Gerichts und von daher war in der Runde die Meinung, dass, wenn man die Stellungnahme einholt (wegen "es sei denn, das Gericht trifft eine abweichende Entscheidung"), man ja gleich das so machen kann wie bisher, sprich den Antrag auf Unterbrechung stellen.

    Die GenStA wird wohl was dazu verfassen. Mal schauen, was die schreiben.

    Selber betroffen war ich davon in diesem Jahr noch nicht. Daher hatte ich auch nicht die Gelegenheit zu schauen, wie die JVAen darauf reagieren und ob die das automatisch machen.

  • Wir haben uns hier neulich im Hause mit den Kollegen untereinander "geeinigt", dass wir nur noch Aufnahmeersuchen an die JVA übersenden (ggfls. mit Hinweis auf die neue Regelung) und auf die Unterbrechungsanträge verzichten. Strafbeginn wäre dann Eingang des Aufnahmeersuchens.

    Begründung: Es ist grundsätzlich vom Gesetzgeber gewollt, und in den letzten Entscheidungen der Obergerichte zum Ausdruck gekommen, dass die Beschuldigten so kurz als möglich in U-Haft sitzen sollen. Ausserdem muss davon ausgegangen werden, dass bei den Haftrichtern der neue Paragraf bekannt sein muss. Sollte eine Beschluss, das U-Haft ausnahmsweise nicht unterbrochen werden soll, in der Welt sein, so ist dieser durch das erlassende Gericht an die JVA bekannt zu geben. Diese muss dann bei Eingang von anschliessenden Aufnahmeersuchen das Verfahren darauf aufmerksam machen und die Unterbrechung verweigern.

  • Bei und wurde das bisher auch so gehandhabt, dass Aufnahmeersuchen an die JVA geschickt wird. Nachdem es in einem Fall zu ziemlichen Problemem kam sind wir nun gehalten sowohl an die ermittelnde STA, als auch an das Gericht mitzuteilen, dass ein AE versandt wurde..

  • Ich danke euch für die schnellen und hilfreichen Kommentare.

    ich werde dies gleich mal in die hiesige RPfl Runde werfen, mal schauen, ob wir uns auch einigen können.

    Mfg

  • Wir haben uns hier neulich im Hause mit den Kollegen untereinander "geeinigt", dass wir nur noch Aufnahmeersuchen an die JVA übersenden (ggfls. mit Hinweis auf die neue Regelung) und auf die Unterbrechungsanträge verzichten. Strafbeginn wäre dann Eingang des Aufnahmeersuchens.

    Begründung: Es ist grundsätzlich vom Gesetzgeber gewollt, und in den letzten Entscheidungen der Obergerichte zum Ausdruck gekommen, dass die Beschuldigten so kurz als möglich in U-Haft sitzen sollen. Ausserdem muss davon ausgegangen werden, dass bei den Haftrichtern der neue Paragraf bekannt sein muss. Sollte eine Beschluss, das U-Haft ausnahmsweise nicht unterbrochen werden soll, in der Welt sein, so ist dieser durch das erlassende Gericht an die JVA bekannt zu geben. Diese muss dann bei Eingang von anschliessenden Aufnahmeersuchen das Verfahren darauf aufmerksam machen und die Unterbrechung verweigern.



    Hallo,
    seht ihr das auch so, dass Strafbeginn dann der Eingang des Aufnahmeersuchens bei der JVA ist?
    Nicht TB der Rechtskraft?
    Und gebt ihr nun Gericht + StA der U-Haft-Sache Bescheid, dass ihr ein AE an die JVA schickt?
    LG
    dibalao

  • Die Unterbrechung erfolgt nicht rückwirkend, sondern mit Eingang des Aufnahmeersuchens. Eine gesonderte Benachrichtigung des U-Haftverfahrens ist m. E. nicht notwendig, weil die JVA dieses mittels A-Bogen informiert.



    Das wird bei uns auch so gesehen.

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • Grundsätzlich teile ich eure Meinung, dass die JVA im Normalfall selbstständig unterbrechen muss und STB dann der Eingang des AE dort ist.
    Meine praktische Erfahrung ist aber eher unterschiedlich.
    Zum einen weil die JVA's den § 116 b genauso wenig kennen wie wir, zum anderen weil es noch den Art. 13 EGStPO gibt!
    Demnach kommt es darauf an, in welchem Bundesland wir uns bewegen und ob es dort bereits landesgesetzliche Regelungen zum Vollzug der UH gibt.
    Falls nicht (wie m.W. in Hessen) gilt die bisherige Praxis - Unterbrechung auf Antrag der STA und mit Beschluss des AG - auch weiter bis längstens 31.12.2011.

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