Sorgeerklärung nach Ausschlagung

  • Hallo,

    ich grüble über § 1643 Abs. 2 BGB.

    Mann M kommt und schlägt die Erbschaft nach seinem Vater, dem Erblasser E aus. Er bringt seine Freundin F und das gerade mal drei Wochen alte gemeinsame Kind K mit. Sie erklären, dass sie beabsichtigen eine Sorgeerklärung auf gemeinsame elterliche Sorge beim Jugendamt abzugeben, dort aber noch keinen Termin erhalten haben. Für das Kind schlagen nun sowohl die Mutter – als derzeitige alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge – wie auch M als künftiger Mitinhaber aus. Man hat mir versprochen, baldmöglichst einen Nachweis für die Sorgeerklärung nachzuliefern. Vorsorglich wurde die Genehmigung des Familiengerichts beantragt.

    Was ist, wenn nun die Sorgeerklärung erfolgt?
    a) Wirkt diese zurück, so dass die Genehmigungspflicht des Familiengerichts nachträglich wegfällt?
    b) Oder ist dies nur dann der Fall, wenn dies innerhalb von sechs Wochen geschieht und der Vater dann nochmals eine Ausschlagungserklärung für das Kind abgibt?
    c) Oder kommt man um die Genehmigungspflicht in keinem Fall herum, weil es auf den Zeitpunkt des Anfalls (= Ausschlagung des Vaters) ankommt?

    Für Hilfe bzw. Meinungen wäre ich dankbar.

  • Im Zeitpunkt des Erbanfalls und im Zeitpuntk der Ausschlagung des Kindes war die Mutter die alleinige Sorgerechtsinhaberin. Danach beurteilt sich nach meiner Ansicht auch das Genehmigungserfordernis.

    Wenn ein rechtsgeschäftlicher Vertreter am heutigen Tage handelt, dann ist es für seine Vertretungsmacht bezüglich des heutigen Rechtsgeschäfts ebenfalls bedeutungslos, wenn die Vollmacht morgen in der Weise geändert wird, dass er nur gemeinsam mit einem weiteren Vertreter handeln kann.


  • Wenn ein rechtsgeschäftlicher Vertreter am heutigen Tage handelt, dann ist es für seine Vertretungsmacht bezüglich des heutigen Rechtsgeschäfts ebenfalls bedeutungslos, wenn die Vollmacht morgen in der Weise geändert wird, dass er nur gemeinsam mit einem weiteren Vertreter handeln kann.



    Das würde aber (immerhin) die Möglichkeit b) nicht ausschließen. Es ist ja auch möglich, mit einer neuen Vollmacht das gleiche Rechtsgeschäft neu abzuschließen.

  • Die Sorgeerklärung ist wohl mit ex nunc Wirkung zu verstehen. Aus MüKo 5. Aufl. zu § 1626a RdNr. 19:
    "Sobald beide Elternteile für ihr minderjähriges Kind eine wirksame Sorgeerklärung abgegeben haben, tritt ohne weiteres die gemeinsame Sorge ein, und zwar grundsätzlich (nur) in dem Umfang, in dem der Mutter die elterliche Sorge zustand (vgl. näher § 1626 RdNr. 20 ff., sowie zur Fallgruppe der Eheschließung § 1626 a RdNr. 22 ff.). Entscheidender Zeitpunkt ist die Abgabe der späteren Erklärung."

    Ich lese daraus, dass AB der 2. Erklärung gemeinsame elterliche Sorge vorliegt und vorher Alleinsorge der Mutter. Also liegt im Ausgangsfall eine wirksame Ausschlagung der alleinsorgeberechtigten Mutter vor. Ob und wenn der andere Sorgeberechtigte nochmal ausschlägt oder schon ausgeschlagen hat, ist m. E. egal.
    Damit ist m. E. auch die Genehmigungspflicht zu bejahen. Diese kann aus meiner Sicht nicht dadurch "verhindert" werden, dass eine weitere (hier sogar schwebend unwirksame) Erklärung abgegeben wird.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Ich verstehe § 1643 Abs.2 S.2 BGB dahingehend, dass der Ausschlagende bereits im Zeitpunkt seiner eigenen Ausschlagung alleine oder gemeinsam sorgeberechtigt sein muss.


    Wenn der Zeitpunkt des Anfalls an das Kind maßglich ist, würde dies z.B. dazu führen können, dass im Falle von Sorgeerklärungen, die nach dem Erbanfall aber vor der Ausschlagung des Kindes abgegeben werden, zwar beide Elternteile handeln müssen aber dennoch die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich ist, weil es beim Erbanfall ja noch anders war. Kann das sein?

  • Siehe Ivo ZEV 2002, 309 und DNotI-Report 2009, 89.


    Herzlichen Dank - insbesondere für den Hinweis auf das Gutachten. Nach der Ansicht des DNotI-Gutachtens kommt es tatsächlich auf die Lage beim Erbanfall an das Kind an, auch wenn sich nachträglich durch die Sorgeerklärung etwas ändert.
    Na dann muss ich leider doch der Rechtspflegerin beim Familiengericht Arbeit machen. :akten

  • Was ist z.B., wenn die gesetzliche Vertretung sich während der laufenden Ausschlagungsfrist infolge Todes, Wachkomas o.Ä. ändert oder keine gesetzliche Vertretung trotz beschränkter Geschäftsfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit besteht ? Auf den Erbanfall abstellen - ?

    Wenn die gemeinsame elterliche Sorge innerhalb der Ausschlagungsfrist erlangt werden kann, müsste zwar der Vater als Mitinhaber seine (als vollmachtloser Vertreter abgegebene) Erklärung fristgerecht und formgerecht wiederholen, aber es bedürfte dann m.E. keiner Genehmigung des Familiengerichts.

    the bishop :kardinal:

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  • Wenn man auf den Zeitpunkt der Erbausschlagung des ausschlagenden Elternteils abstellt, kann sich die von Dir aufgeworfene Frage praktisch nicht stellen:

    Hat der Elternteil ausgeschlagen, steht in diesem Moment bereits fest, ob für die Ausschlagung des Kindes eine Genehmigung erforderlich ist oder nicht. Ob sich an der elterlichen Sorge nach der Erbausschlagung des Elternteils (aber innerhalb der Ausschlagungsfrist) noch etwas ändert, ist dann nicht mehr von Belang.

    Im Ausgangsfall war der Vater im Zeitpunkt seiner eigenen Ausschlagung noch nicht gesetzlicher (Mit)Vertreter, sodass die durch die Mutter erklärte Ausschlagung des Kindes -vertretungsrechtlich gesehen- von vorneherein wirksam war, weil es für die Frage, wer für das Kind auszuschlagen hat, immer auf den Zeitpunkt des Vertreterhandelns ankommt. Es ist nicht möglich, als künftiger Vertreter ein Rechtsgeschäft zu genehmigen, das schon ohne die eigene Mitwirkung wirksam ist, weil man im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts selbst noch nicht (Mit)Vertreter war.

    Hätte die Mutter im vorliegenden Fall nicht als alleinige Sorgerechtsinhaberin ausgeschlagen (was gefährlich ist, weil die Frist läuft!), könnten Vater und Mutter bei innerhalb der Ausschlagungsfrist erlangter gemeinsamer Sorge natürlich gemeinsam ausschlagen (und sie müssten es auch, weil die Mutter nicht mehr alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist). Das ändert aber nichts an dem Umstand, dass der Vater im Zeitpunkt seiner eigenen Ausschlagung nicht (Mit)Inhaber der elterlichen Sorge war.

  • Ich hatte den Passus

    Zitat


    Na dann muss ich leider doch der Rechtspflegerin beim Familiengericht Arbeit machen



    so verstanden, als dass dem Kind die Erbschaft über die väterliche Seite angefallen ist, so dass

    Zitat


    die durch die Mutter erklärte Ausschlagung des Kindes -vertretungsrechtlich gesehen- von vorneherein wirksam war, weil es für die Frage, wer für das Kind auszuschlagen hat, immer auf den Zeitpunkt des Vertreterhandelns ankommt.



    bei Alleinvertretungsberechtigung durch die Mutter eben gerade nicht gelten dürfte, § 1643 II 1 BGB ?!

    Ich kann doch innerhalb der Frist 2x unwirksam und dann noch einmal wirksam ausschlagen - warum sollte dies (analog zur Erlangung der Volljährigkeit des Kindes) bei Erlangung der Mitvertretungsberechtigung des - die Verwandtschaft zum Erblasser vermittelnden - Vaters innerhalb der Ausschlagungsfrist nicht auch (und dann infolge § 1643 II 2 BGB ohne Genehmigungserfordernis) möglich sein ?

    the bishop :kardinal:

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  • Und was ist mit nasciturus.
    (fam Genehmigung hier nicht mein Problem , da Mutter zuerst berufen- muss aber wirksame Ausschlagung feststellen, da alles auf Alleinerbscheinsantrag des Ehemannes der EL hinausläuft)
    Mutter (Tochter der Erblasserin) will laut Ehemann der Erblasserin für sich und ungeborenes Kind ausschlagen.
    Ist mit KV nicht verheiratet. Beide wollen aber Vaterschaftsanerkennung mit gemeinsamer Sorgerechtserklärung abgegeben.
    Auch hier für das noch ungeborene Kind abstellen auf Zeitpunkt der Ausschlagung und nur Erklärung der KM?
    Werde aber morgen früh zunächst zitierten Aufsatz heranziehen,ob auch hierzu etwas steht

  • Beim nasciturus ist der Erbanfall gem. § 1923 BGB mit der Lebendgeburt. Maßgeblich bei Ausschlagung vor Geburt ist daher m.E. die gesetzliche Vertretung zum Zeitpunkt der Lebendgeburt. Die Ausschlagungsfrist beginnt naturgemäß erst bei Geburt zu laufen, so dass i.d.R. keine Zeitnot entsteht. Wird das Kind über den Vater Erbe, haben wir dieselbe Fallkonstellation, wie vorstehend und bei Erlangung der gemeinsamen e.S. innerhalb der Ausschlagungsfrist können beide Eltern ohne Genehmigung ausschlagen, § 1643 II 2 BGB.

    the bishop :kardinal:

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  • Ich häng mich hier mal ran:

    Vater eines noch ungeborenen Kindes ist zum Erben berufen. Schlägt für sich aus. Ebenso die werdende Mutter (nicht verheiratet) für das ungeborene Kind mit Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung, weil noch keine gemeinsame Sorgerechtserklärung erfolgt ist.

    Eine Woche später krieg ich das Ding vom Familiengericht zurück mit dem Hinweis, dass eine Genehmigung nicht mehr notwendig ist (Kindesmutter hat Antrag auch zurückgenommen), weil just eine Woche nach Ausschlagung (und noch vor der Geburt) eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben wurde. Der Vater hat dann noch für sein ungeborenes Kind ausgeschlagen.

    Reicht das nun oder nicht :gruebel:? Bin jetzt total :confused:...:oops:

  • Ich denke wohl Bishop hat Recht, nämlich, dass man hier hinsichtlich des Sorgerechts auf den Augenblick der Geburt abstellen muss.
    Und in dem Augenblick werden bei deinem Fall beide die elterliche Sorge haben und die Fam. Genehmigung wird nicht notwendig sein(§ 1643 II 2 BGB).

  • ich schlließe mal unseren Sachverhalt hier mal an:
    Erblasser verstirbt 1999 verheiratet und kinderlos. Im jahre 2009 wird im Rahmen einer Bodenordnung festgestellt, dass Grundbesitz vorhanden und berichtigt werden soll. Witwe soll Alleinerbin werden und " überzeugt die sechs Brüder des Erblassers, auszuschlagen. Die Erbschaft fällt über den Kindesvater einem minderjährigen Enkelkind an, dieses allein vertreten durch die nicht verwandte Kindesmutter.
    Die schlägt im Februar nach EA durch den Kindesvater für das Kind aus mit dem Hinweis, dass der NL nicht überschuldet erscheint. Nun kommt sie im Mai und erklärt, dass gestern die gemeinschaftliche elterliche sorge erklärt worden ist, und nun wollen beide Eltern noch einmal für das Kind ausschlagen........ auf Rückfrage von mir wird erklärt, dass die gemeinschaftliche elterliche Sorge erklärt wurde, damit die fam. gerichtliche Genehmigung nicht mehr erteilt werden muss ( ich hoffe mal, dass andere private Gründe trotzdem noch eine Rolle spielten ) Ich würde kurz zusammenfassen und sagen, das stinkt.... Allerdings dürften hier doch auch alle möglichen Fristen pp weg sein.. Erbanfall an das Kind im Februar, damals Kindesmutter allein, gemeinsame Sorgeerklärung erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist..... ich möchte eigentlich keine irgendwie gearteten Erklärungen aufnehmen, die aus meiner Sicht falsch sind, oder hat mich das nicht zu interessieren ? ...

  • Wurde (fristgerecht) die Erteilung der zur Ausschlagung der (damals) alleinsorgeberechtigtgen KM erforderliche Genehmigung des Familiengerichts beantragt ?

    Dann war der Lauf der Ausschlagungsfrist seit erklärter Ausschlagung und Antragstellung der Genehmigung (späterer Zeitpunkt) gehemmt.

    Genau so, wie bei einem mittlerweile volljährig werdenden Kind, können dann m.E. (solange die Frist nicht abgelaufen war) die nunmehr gemeinsamen Inhaber der e.S. die Erbschaft wirksam ausschlagen.

    M.E. gibt es bei rechtsmissbräuchlicher Ausschlagung für ein minderj. Kind hier im Forum aber Gegenmeinungen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Nach meiner Ansicht kommt es auch hier nur auf den Zeitpunkt der Erbausschlagung an, in welchem die Mutter alleine sorgeberechtigt war, sodass das Genehmigungserfordernis nicht nachträglich entfällt. Damit geht es nur noch um die Genehmigungsfähigkeit der Altausschlagung.

  • Die Genehmigung ist mit EA beantragt, die Frist war somit gehemmt.... uns stört diese rechtsmißbräuchliche Umgehung der Genehmigungsbedürftigkeit vor allem mit Hinblick auf den mit großer Wahrscheinlichkeit vermögenden Nachlass.
    Der Weg der EAén der Geschwister des Erblassers zur Erwirkung der Alleinerbenstellung der Ehefrau ist der allerungünstigste, war wohl aber der Ehefrau nicht vermittelbar. ZumGlück müssen wir hier nicht über den ESA entscheiden.....

  • Nach meiner Ansicht kommt es auch hier nur auf den Zeitpunkt der Erbausschlagung an, in welchem die Mutter alleine sorgeberechtigt war, sodass das Genehmigungserfordernis nicht nachträglich entfällt. Damit geht es nur noch um die Genehmigungsfähigkeit der Altausschlagung.



    Dann würdest du die Ausschlagung / Genehmigungserklärung eines frisch 18-jährigen, (dessen Mutter 2 Wochen vor Volljährigkeit wegen drohendem Ablauf der Ausschlagungsfrist die Erbschaft ausgeschlagen hat bei gleichzeitigem Antrag auf Erteilung der Genehmigung) also nicht akzeptieren ? Viel Spaß bei der Diskussion mit deinem Kollegen des Familiengerichts. Ich sehe jetzt keinen grundsätzlichen Unterschied der Wirksamkeit, solange die Frist gehemmt war.

    the bishop :kardinal:

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