Umfang Testamentsvollstreckung, Nachweis Amtsannahme erforderlich?

  • Hallo,

    bitte entschuldigt meine vielleicht "dumme" Frage:

    Im Grundbuch ist der Erblasser als Eigentümer und als Berechtigter einer Vormerkung (in anderem Grundbuch) eingetragen werden. Es liegen mir ein notarielles Testament und eine Auflassungsurkunde (Erbauseinandersetzung) vor.
    In dem Testament sind verschiedene Vermächtnisse zugunsten der einzelnen Erben ausgesetzt. Weiter heißt es dort: "Zugleich ernenne ich den jeweiligen Vermächtnisnehmer zum Zweck der Erfüllung der vorstehenden Vermächtnisse zum befreiten Testamentsvollstrecker."
    Der Erblasser wollte offenbar die Verteilung der Erbmasse sicherstellen.
    In der notariellen Urkunde setzen sich die Erben nunmehr auseinander. In der Urkunde wird erklärt, "daß die Ausübung des Testamentsvollstreckeramtes nicht erforderlich sei, da alle Erben und Vermächtnisnehmer am Vertrag teilnehmen."
    Ist es zutreffend, daß ich in diesem Fall nicht die Amtsannahme gegenüber dem Nachlaßgericht zu prüfen habe und die Testamentsvollstreckung unbeachtet lassen kann?
    Können die Erben über einen sonstigen Nachlaßgegenstand (als Vormerkungsberechtigte) unabhängig von der vorliegend ausgestalteten TV handeln?

    Danke für Eure Hilfe.

  • Es ist nicht unüblich, dass ein Vermächtnisnehmer (hier wohl: einzelne Miterben als Vorausvermächtnisnehmer) zum Zweck der Eigenerfüllung des Vermächtnisses zum TV ernannt werden. Es handelt sich insoweit um mehrere TV's für jeden einzelnen Vermächtnisgegenstand, wobei jeweils eine andere Person -nämlich der jeweilige Vermächtnisnehmer- zum TV ernannt ist. Daraus folgt bereits, dass insgesamt nur die Nachlassgegenstände einer TV unterliegen, für welche auch eine Vermächtnisanordnung vorliegt und dass für den übrigen Nachlass keine TV angeordnet ist. Damit ist die am Ende Deines Statements gestellte Frage im bejahenden Sinne beantwortet.

    Soweit es um die Vermächtnisgegenstände (wohl: Grundstücke) geht, haben die Erben ausdrücklich nur für sich selbst und nicht auch (und zugleich) als jeweilige TV's in Bezug auf die jeweiligen Vermächtnisgegenstände gehandelt. Das ist nach meiner Ansicht nur möglich, wenn alle ernannten TV's das TV-Amt abgelehnt haben (§ 2202 Abs.2 S.1 BGB), was sich anhand der Nachlassakten feststellen lässt. Haben sie das nicht (wovon ich eigentlich ausgehe, weil ich im Hinblick auf den Inhalt der Urkunde auf einen zweifelhaften rechtlichen Ratschlag des Notars tippe), müssen sie in ihrer jeweiligen Eigenschaft als TV (nach § 16 KostO kostenfrei) nachgenehmigen, weil die TV dann materiell fortbesteht. Alternativ können sie die jeweiligen TV-Ämter auch jetzt noch ablehnen, da zweifelsfrei keine Ersatz-TV's ernannt sind und nach Sachlage von keinem stillschweigenden Ernennungsersuchen i.S. des § 2200 BGB ausgegangen werden kann, sodass die TV materiell erlischt, wodurch die Verfügung durch die Erben voll wirksam wird (§ 185 Abs.2 S.1 Alt.2 BGB analog: Palandt/Ellenberger § 185 Rn.11b).

  • Vielen Dank für Deine Ausführungen. Soweit die Gegenstände nicht von der TV betroffen sind, habe ich die Löschung der AV aufgrund der Bewilligung der Erben vorgenommen. Dies betraf ein anderes Grundbuchblatt. Die Einsicht in die Nachlaßakten hat ergeben, daß das Nachlaßgericht die Testamentsvollstrecker noch gar nicht um Mitteilung gebeten hat, ob Sie das Amt des Testamentsvollstreckers annehmen. Möglicherweise werden die Erben auch nicht annehmen.
    Mein Kollege von der Nachlaßabteilung hat folgende Überlegung angestellt: Sollten die Erben die Testamentsvollstreckung nicht annehmen, würde diese trotz fehlender Bestimmung von Ersatz TVs nicht entfallen. Angeblich gibt es hierzu eine neuere Entscheidung des Pfälz. OLG Zweibrücken. Unter Umständen müßte das Gericht dann TVs bestellen, die die Rechtsgeschäfte noch genehmigen müßten.

  • Das ist die Entscheidung des OLG Zweibrücken in Rpfleger 2006, 409 = FamRZ 2006,891 = ZEV 2007,31. Sie ist nach meiner Ansicht nicht einschlägig, weil sie nur ausspricht, was schon immer galt, nämlich dass im Fall der Ablehnung des TV-Amtes zu prüfen ist, ob objektive Gründe für die Aufrechterhaltung der TV sprechen und der Erblasser demzufolge wünschte, dass das Amt des TV von einem vom Nachlassgericht nach § 2200 BGB zu ernennenden TV zu bekleiden ist.

    Solte objektiven Gründe liegen hier ersichtlich nicht vor. Die TV ist ausschließlich zum Schutze der Vermächtnisnehmer im Sinne einer Eigenerfüllung der zu ihren Gunsten angeordneten jeweiligen Vermächtnisse angeordnet. Wenn die Vermächtnisnehmer auf diesen Schutz durch die Ablehnung der TV-Ämter verzichten und gleichzeitig eine notarielle Urkunde vorliegt, in dem das vom Erblasser gewünschte Ergebnis auf anderem (und vom Erblasser mutmaßlich ebenfalls gebilligten) Wege herbeigeführt wird, besteht überhaupt kein Anlass für das Nachlassgericht, sich hier zum Retter der Vermächtnisnehmer aufzuschwingen, die nach Sachlage überhaupt keiner Rettung bedürfen.

    Klassische Fälle eines anzunehmenden stillschweigenden Ersuchens:

    Erben sind minderjährig, TV bis zu einem bestimmten Lebensjahr, ernannter TV lehnt ab oder ist vorverstorben, kein Ersatz-TV bestimmt. Oder: Erbe ist Alkoholiker, Dauer-TV, ernannter TV lehnt ab oder ist vorverstorben, kein Ersatz-TV bestimmt. Oder: Behindertentestament, Dauer-TV für den Erbteil des Behinderten, ernannter TV lehnt ab oder ist vorverstorben, kein Ersatz-TV bestimmt.

    Es liegt auf der Hand, dass "unser" Sachverhalt mit diesen Fallgestaltungen nicht das geringste zu schaffen hat.

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