§ 850 d ZPO Einkommen der neuen Ehefrau

  • Die Meinungen hier sind ja reinste Horrorszenarien.

    Es wird zwar vielfach angenommen, dass die Taschengeldansprüche pfändbar sind, aber fiktive Unterhaltsansprüche doch wohl nicht.

    Der Taschengeldanspruch beläuft sich auf 5 - 7 % des gemeinsamen Einkommens. Eine mögliche Zusammenrechnung gibt es nicht, weil der Schuldner den Taschengeldanspruch zunächst aus seinem eigenen Einkommen entnimmt. Da er ein eigenes Einkommen von 399,00 € hat, kann er seinen gesamten Taschengeldanspruch aus seinem eingen Einkommen entnehmen, was zur Folge hat, dass ein Anspruch gegen die Ehefrau nicht mehr besteht.

    Sippenhaft wie the bishop meint beschreibt die Gedanken hier wohl am treffendsten.

    Hier soll wohl eine emotionale Entscheidung getroffen werden. Mit Gesetz und Recht hat das wohl nichts mehr zu tun.

    the bishop

    Hoffentlich war das Seminar erfolgreich. Ich war auch zwei Tage auf einem solchen...

  • Näheres siehe auch Stöber, Forderungspfändung, Rdn. 1010 ff. und Rdn. 1031 ff.

    Hieraus folgt die Nichtzusammenrechenbarkeit.

    @Hego : Ich hatte schon aufregendere Seminare, aber insgesamt war´s ok ... ;)

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Die Meinungen hier sind ja reinste Horrorszenarien.


    Sippenhaft wie the bishop meint beschreibt die Gedanken hier wohl am treffendsten.

    ...



    Hartz IV nennt das Bedarfsgemeinschaft. Das fängt bei der zweiten Zahnbürste an. :(

  • Während das im SGB II und SGB XII ausdrücklich festgeschrieben ist steht davon weder etwas in dem für uns anzuwendenden BGB noch in der ZPO. Somit kommt eine Sippenhaft aufgrund Einkünfte des Ehegatten des Schuldners bzw. des sich hieraus ergebenden fiktiven Unterhaltsanspruchs im Vollstreckungsverfahren m.E. nicht zum Tragen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Hartz IV ändert aber das ZV-Recht nicht.

    Auch wenn der BGH in dem damaligen Einzelfall der Meinung war, dass das Taschengeld für den Elternunterhalt zumindest teilweise pfändbar war heißt das doch nicht, dass dadurch der Pfändung des Taschengeldes Tür und Tor geöffnet sind.

    Auch in dem Ursprungsfall muss dem Schuldner ein Teil seines Einkommens zum eigenen Unterhalt verbleiben.

    Das Waghalstigste was ich da erlebt habe war die Taschengeldpfändung des Ehemannes bei der Ehefrau. Diese hat die Pfändung dann nicht bedient und dann hat der Gläubiger die Taschengeldansprüche bei dem AG der Ehefrau gepfändet. Nachdem von Seiten des AG Erinnerung eingelegt wurde hat das VG nach § 850c Abs. 4 ZPO angeordnet, dass der Ehegatte nur teilweise zu berücksichten ist, so dass ein Betrag in Höhe des Taschengeldanspruchs zusätzlich pfändbar wurde (obwohl der Ehemann kein Einkommen hatte - sonst hätte er ja keinen Taschengeldanspruch).

    Die sofortige Beschwerde des DS gegen den Beschluss wurde zurückgewiesen, weil der DS nicht Erinnerungsberechtigt sein soll (so der VR des VG). Der Rechtspfleger wollte zwar dem LG vorlegen, aber der VR des VG hat selbst entschieden. So kann man es auch machen.

  • Ich finde, hier passen Unterhaltsrecht und Vollstreckungsrecht nicht so richtig zusammen. Bei der Konstellation (ich geh jetzt mal davon aus, dass der Mann nicht z.b. wg. Krankheit gehindert ist voll arbeiten zu gehen) würde jedes Familiengericht hingehen und dem Mann sagen, er soll sich gefälligst ne Stelle suchen, von der er den Unterhalt für sein Kind bezahlen kann. Dann würde das fiktive Einkommen des Mannes mit so einer Stelle berechnet und entsprechend der zu zahlende Unterhalt festgesetzt.
    Aber sobald es zur Vollstreckung kommt, kann sich das Kind mit dem Titel auch den Hintern putzen, denn da geht ja nichts mehr.
    Richtig finde ich es jedenfalls nicht, wie das Ergebnis im vorliegenden Fall aussieht.:mad:
    Womit man wieder sieht, dass Recht und Gerechtigkeit (o.k., das, was ich für gerecht halten würde :D ) nicht unbedingt zusammen passen müssen...

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Das Waghalstigste was ich da erlebt habe war die Taschengeldpfändung des Ehemannes bei der Ehefrau. .

    :teufel:


    Die Ansprüche werden nur so selten gepfändet, weil sich i.d.R. kein pfändbarer Betrag ergibt. :eek:

  • Der von mir geschilderte Fall ist so auch überhaupt nicht möglich. Der RPfl. hatte nur zu dem Ergebnis kommen wollen, dass der Gäubiger einen Betrag x erhält. Gläubiger war übrigens eine Bank und kein Unterhaltsgläubiger.

    Der Ehemann hat einen (festgestellen) Taschengeldanspruch gegen seine Ehefrau. Das ist nur möglich, wenn er kein eigenes Einkommen hat. Und der RPfl. geht hin und macht einen Beschluss nach § 850c Abs. 4 ZPO der nur möglich ist, wenn der Ehemann Einkommen gehabt hätte (war er aber bekannter Maßen nicht hatte...)

  • Der Ehemann hat einen (festgestellen) Taschengeldanspruch gegen seine Ehefrau. Das ist nur möglich, wenn er kein eigenes Einkommen hat.



    ...oder sein Einkommen ist erheblich geringer als der Unterhalts-/Taschengeldanspruch

  • Hatte erwiesener Maßen kein Einkommen.

    Aber auch wenn es ein geringes Einkommen gewesen wäre, hätte dies die teilweise Nichtberücksichtigung nicht gerechtfertigt, da der Taschengeldanspruch nur knapp über 100,00 € lag.

  • Das mag den materiellrechtlich geschuldeten Unterhalt im Unterhaltsprozess betreffen, nicht aber das - ausschließlich auf Vollzug gerichtete - Vollstreckungsverfahren. Eine Barunterhaltspflicht besteht bei gewährtem Naturalunterhalt nicht, somit scheidet eine Pfändung der (nicht existierenden) Unterhaltsrente im Verfahren nach § 850b ZPO aus. Ein Taschengeldanspruch besteht aufgrund der eigenen Einkünfte nicht.

    Siehe auch oben #26 : c´est la vie !

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • So sehe ich das auch. Besonders in dem hier vorliegenden Fall mit eigenem Einkommen. Auch wenn er keine unterhaltsberechtigte Angehörige hat, so muss ihm doch so viel belassen werden wie er für seinen persönlichen Unterhalt braucht und das schließt die Herabsetzung des unpfändbaren Betrages aufgrund des Einkommens der Ehefrau aus.

  • GEFUNDEN.
    BGH
    Pressemitteilung
    5.10.2006
    XII ZR 197/02

    Bemessung der Barunterhaltspflicht für Kinder aus erster Ehe, wenn der Barunterhaltspflichtige in seiner zweiten Ehe die Kindererziehung und die Haushaltstätigkeit übernommen hat und deswegen kein eigenes Einkommen erzielt

    Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit einem weiteren Teilaspekt der sog. Hausmannrechtsprechung zu befassen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

    Die 1990 bzw. 1991 geborenen Kläger sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind drei weitere Kinder hervorgegangen. Der Beklagte hat in seiner neuen Ehe die Haushaltstätigkeit und Kindererziehung übernommen und erzielt keine eigenen Einkünfte. Er ist brasilianischer Staatsangehöriger; seine Ausbildung zum Bauzeichner wird in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt. Seine zweite Ehefrau ist Diplompädagogin, betreibt ein Kleinstheim für psychisch auffällige Kinder und erzielt daraus Einkünfte, die sich - einschließlich eines Wohnvorteils im eigenen Haus - auf rund 2.500 € belaufen.

    Das Oberlandesgericht hatte den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt an seine Kinder aus erster Ehe in zeitlich gestaffelter Höhe verurteilt. Er sei verpflichtet, neben der Betreuung und Erziehung seiner Kinder aus zweiter Ehe einen Nebenerwerb auszuüben, um auch die gleichrangigen Ansprüche auf Barunterhalt seiner Kinder aus erster Ehe erfüllen zu können. Mit seiner Revision erstrebte der Beklagte den Wegfall seiner Unterhaltspflicht und Abweisung der Klage, weil er zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage sei.

    Weil die zweite Ehefrau des Beklagten mit seinen Kindern aus erster Ehe nicht verwandt und ihnen deswegen auch nicht unterhaltspflichtig ist, kann für den Unterhaltsanspruch dieser Kinder nur auf die Leistungsfähigkeit des Beklagten selbst abgestellt werden. Allerdings bestehen die Unterhaltsansprüche aller minderjährigen Kinder des Beklagten aus seinen beiden Ehen gleichrangig nebeneinander, weswegen der Beklagte sich nicht aussuchen darf, welche Ansprüche er davon erfüllen will (hier die Betreuung und Erziehung der Kinder aus zweiter Ehe) und welche nicht (hier den Barunterhalt für die Kinder aus erster Ehe). Zur Lösung des Interessenkonflikts der Kinder aus erster und zweiter Ehe hat der Bundesgerichtshof an der sog. Hausmannrechtsprechung festgehalten und diese in einem hier entscheidenden Aspekt weiter entwickelt:

    Übernimmt der seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtige Elternteil in seiner neuen Ehe die Kindererziehung, so ist der damit verbundene Rollenwechsel unterhaltsrechtlich nur dann zu akzeptieren, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen. Ist das nicht der Fall, muss sich der seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtige Elternteil so behandeln lassen, als ob er vollschichtig berufstätig wäre, und das daraus erzielbare – höhere - Einkommen zunächst für alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche einsetzen. Im vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof die Rollenwahl akzeptiert, weil die zweite Ehefrau ein weitaus höheres Einkommen erzielt, als der Beklagte wegen seiner Sprachprobleme und der fehlenden Anerkennung seiner Ausbildung erzielen könnte.

    Obwohl der barunterhaltspflichtige Elternteil unterhaltsrechtlich berechtigt war, in seiner neuen Ehe die Hausmannrolle zu übernehmen, mutet ihm das Gesetz wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber allen minderjährigen Kindern besondere Anstrengungen zu. Nach der Hausmannrechsprechung des Bundesgerichtshofs ist er deswegen verpflichtet, neben der Beaufsichtigung und Erziehung seiner Kinder aus zweiter Ehe eine Teilzeiterwerbstätigkeit auszuüben. Seine zweite Ehefrau hat ihn in diesem Umfang von den Erziehungsaufgaben freizustellen, weil auch sie von den gleichrangigen Unterhaltsansprüchen der Kinder aus erster Ehe Kenntnis hat. In welchem Umfang eine Erwerbstätigkeit neben der Kindererziehung möglich ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Das Oberlandesgericht hatte einen Nebenerwerb von 325 €/mtl. für zumutbar gehalten; dieses hat der Bundesgerichtshof akzeptiert. Daneben steht dem Beklagten als Hausmann in seiner neuen Ehe ein Anspruch auf Familienunterhalt gegen seine zweite Ehefrau zu. Soweit dieser Anspruch sich als Taschengeld auf einen Geldbetrag richtet, kann der Beklagte auch diesen für den Unterhalt seiner Kinder aus erster Ehe verwenden. Für den Unterhalt der Kinder aus erster Ehe muss der Beklagte das Nebenerwerbseinkommen und das Taschengeld aber nur dann einsetzen, wenn sein eigener notwendiger Selbstbehalt, der z.Zt. 890 € beträgt, durch den (übrigen) Anspruch auf Familienunterhalt gegen seine zweite Ehefrau gesichert ist. Im vorliegenden Fall war das sichergestellt.

    Wäre der Beklagte allerdings in seiner zweiten Ehe in Vollzeit berufstätig, würde sich hier sogar ein geringerer Unterhaltsanspruch der Kinder aus erster Ehe ergeben. Denn der Beklagte könnte auch im Rahmen einer Vollzeittätigkeit nur ein sehr begrenztes - wenn auch höheres - Einkommen erzielen, als ihm neben der Kinderbetreuung als Entgelt aus einer Nebentätigkeit zurechenbar ist. Davon müsste er aber zunächst seinen eigenen notwendigen Selbstbehalt absichern. Nur der verbleibende Rest stünde dann für den Unterhalt aller Kinder aus beiden Ehen zur Verfügung. Für jeden einzelnen Unterhaltsberechtigten würde sich im Rahmen der dann durchzuführenden Mangelfallberechnung nur ein geringerer Unterhaltsanspruch ergeben, als dies auf der Grundlage der Hausmannrechtsprechung der Fall ist. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Unterhaltsanspruch der Kinder aus erster Ehe nicht durch den fiktiven Unterhaltsanspruch begrenzt ist, der bestünde, wenn der Beklagte in seiner zweiten Ehe nicht die Hausmannrolle übernommen hätte, sondern vollschichtig berufstätig wäre. Der Unterhaltsanspruch auf der Grundlage einer fiktiven Vollzeiterwerbstätigkeit bildet deswegen nur einen Mindestbetrag, der durch das Einkommen aus Nebenerwerbstätigkeit neben der tatsächlich ausgeübten Hausmannrolle überschritten werden kann.

    Urteil vom 5. Oktober 2006 XII ZR 197/02

    AG Bremen - 67 F 2329/01 – Entscheidung vom 28.02.2002 ./. OLG Bremen - 5 UF 29/02 - Entscheidung vom 27.06.2002

    Karlsruhe, den 5. Oktober 2006
    Pressestelle des Bundesgerichtshof

  • Was nützt der schönste Titel, wenn vollstreckungsrechtlich nichts zu holen ist.
    Man darf den materiellrechtlichen Zahlungsanspruch nicht mit der Bemessung der vollstreckungsrechtlichen pfändbaren Beträge vermengen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Hatte hier auch so einen Fall wie oben beschrieben auf dem Tisch. Der Freibetrag des Unterhaltsschuldners sollte auf 265,00 EUR festgesetzt werden, da die Ehefrau des Schuldners über Einkommen in Höhe von 2.000,00 EUR verfügt.

    Nach Zwischenverfügung kam der Verweis auf die Entscheidung des BGH vom 25.10.2012, VII ZB 12/10. Denke, jetzt komme ich nicht mehr drum herum, oder sieht das jemand anders?

  • Es wird vorgetragen, dass zwischen den Eheleuten ein rechtlich durchsetzbarer Familienunterhaltsanspruch besteht. Es ist dem Schuldner zuzumuten, zugunsten seiner minderjährigen Kinder seinen Unterhaltsanspruch zur Deckung seines Bedarfs gegenüber seinem Ehegatten geltend zu machen.

  • Zöller, ZPO, 32. Auflage Herget, zu 850 d (Rn. 10, verweist im letzten Satz auf) 850f Rn 10 (Seite 1816 unten):

    "Das Befriedigungsinteresse des Gläubigers bietet keine Grundlage dafür, dass die vorrangige Bedarfsdeckung des Schuldners aus seinem Einkommen zurückstehen müsse und er diese aus dem Einkommen sowie Vermögen seines Ehegatten zu erlangen habe."

    "Erweiterung des Vollstreckungszugriffes auf das Schuldnervermögen durch Einbeziehung der Einkünfte des Ehegatten/Lebenspartners in die Prüfung der Bedarfsdeckung ist daher nicht nur bedenklich und problematisch ..., sondern nicht hinzunehmen."

    Das ist eindeutig genug, oder?

    Hilft es dir?

    Gruß
    Insu

  • :daumenrau

    Wobei der BGH in der zitierten Entscheidung das Vollstreckungsgericht beängstigender Weise Sozialamt spielen lässt und tatsächlich die Ehefrau ihr Einkommen für den Schuldner verbraten lässt, damit seine Einkünfte pfändbar wären....

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