Freigabe gemäß § 850f I ZPO aus der bestehenden Masse oder nur aus pfändungsbeträgen

  • Hallo,
    unverständliche Überschrift, ich weiß. Aber mich würde mal interessieren, wie Ihr folgenden Fall seht:
    Schuldner besitzt KFZ, dass er für Fahrten zur Arbeitsstelle benötigt. Jetzt hat er einen Unfall gehabt und muß eine größere Reperatur durchführen lassen. Diese kostet 2.000.- €; er zahlt monatlich an pfändbaren Beträgen ca. 400,- €.
    Gebt Ihr in solchen Fällen den vollen Betrag frei und der InsoVerwalter muß diesen Betrag aus der Masse zahlen? Oder muß man nicht viel mehr ggfs. anordnen, dass die Pfändung für die nächsten Monate (bis 2.000,- € erreicht sind) freizugeben ist?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • M.E. geht nur eine Erhöhung der Pfändungsfreibeträge aus dem laufenden Einkommen. Wobei ich dem Schuldner schon auch einen Eigenbetrag für seinen selbst verschuldeten Unfall (sonst würde eh die gegnerische Versicherung zahlen) abverlangen würde.
    Eine Auszahlung aus der Masse ist m.E. schon aus logischen Gründen nicht möglich. Die Vorschriften in der Insolvenz bzgl. Pfändbarkeit sind ja an die Einzelvollstreckung angelehnt. Das würde dann im übertragenen Sinn bedeuten, dass ein Pfändungsgläubiger aus bereits vereinnahmten Beträgen etwas an den Schuldner zurückzahlen müsste, nur weil der einen Unfall baut. Schlecht vorstellbar. Außerdem wäre es ja unbillig, wenn der Schuldner sein Auto auf Massekosten repariert und dann plötzlich nur noch unter den Pfändungsgrenzen verdient.

  • Danke,

    ist ja eindeutig und irgendwie auch mein Gefühl.

    Neues Auto für 1.000.- €? Mag sein, aber wie soll ich das begründen? Der Wagen kann dann ja noch schlechter in Schuss sein. Und was mache ich, wenn der sich eine Möhre kauft, die gleich in die Reparatur muß? Dann muß ich ihm ja wieder diese Kosten zubilligen, denn ich hab ihm ja gesagt, er soll eins für 1.000.- € kaufen;).

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  • Wenn er das Fahrzeug für die Fahrten zur Arbeit benötigt? Da müßte ich auch die Kosten für ein neues KFZ freigeben.

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  • Naja, ich hätte irgendwie Bauchschmerzen wegen einer Reparatur das unpfändbare Einkommen zu erhöhen.



    Ich auch. Ich würde bei einer etwaigen Erhöhung nach § 850 f ZPO zudem berücksichtigen, dass der Schuldner sicherlich das Fahrzeug auch privat nutzt und ihm - im Falle einer Bewilligung- keinesfalls den vollen Betrag geben. GGf. würde ich noch einen Kostenvoranschlag verlangen

  • Was meint der Verwalter / Treuhänder dazu ?

    Und ist ausgeschlossen, dass die (eine) Versicherung zahlt ?

    Ist die Arbeitsstelle mit öffentlichen VM erreichbar ?

  • Naja, ich erzähle hier natürlich nicht den identischen Fall (Feind hört mit;)). Aber selbstverständlich muß er mir die Kosten nachweisen. Und es geht natürlich auch nur um die Kosten, die die Versicherung nicht erstattet. Fakt ist aber auch, dass er anders nicht zur Arbeit kommt. Und der Pfändungsbetrag ist auch relativ hoch.

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  • Fakt ist aber auch, dass er anders nicht zur Arbeit kommt. Und der Pfändungsbetrag ist auch relativ hoch.



    Ist für mich kein Argument, dem Schuldner auf Kosten der Gläubiger bzw. der Staatskasse die Reparatur des Wagens zu finanzieren, zumal, wie schon aufgeführt, das Auto mit Sicherheit auch privat gentutzt wird. Ich würde es ablehnen.

  • § 850f Abs. 1 b ZPO sieht die Erhöhung des unpfändbaren Betrages vor.

    Was hältst Du von der Überlegung den unpfändbaren Betrag nur in dem Maße zu erhöhen, das einem um xxx,yy € verminderten Einkommen entspricht (wenn überhaupt)?

    Beispiel:

    Einkommen 2.000,00 €, bei 1 u.P. 322,04 € pfändbar.

    Vermindertes Einkommen um 400,00 € = 1.600,00 €, pfändbar 122,04 €.

    Somit Erhöhung um 200,00 € für 5 Monate.

    Damit würdest Du ihm sein pfändbares Einkommen für 5 Monate um jeweils 400,00 € "pfandfrei" stellen um damit seine Kosten zu zahlen.

    Es hilft ja auch nicht, sofern er das Auto um zur Arbeit zu kommen braucht, wenn er dadurch die Arbeit nicht mehr erreichen kannst.

    Nur so als Überlegung ......

  • Fakt ist aber auch, dass er anders nicht zur Arbeit kommt. Und der Pfändungsbetrag ist auch relativ hoch.



    Ist für mich kein Argument, dem Schuldner auf Kosten der Gläubiger bzw. der Staatskasse die Reparatur des Wagens zu finanzieren, zumal, wie schon aufgeführt, das Auto mit Sicherheit auch privat gentutzt wird. Ich würde es ablehnen.




    ... und damit riskieren, dass der Schuldner seinen Job verliert? Der Schaden für die Masse wäre dann wohl doch zu hoch. Könnte der TH das gegenüber den Gläubigern tatsächlich vertreten oder doch eher, dass das unpfändbare Einkommen vorrübergehend angehoben wird?

  • @Rainermdvz: Naja, wenn man es so sehen würde, dann könnte man ja § 850f ZPO streichen, den brauch man dann ja nicht. Dann kann er ja alles aus seinen unpfändbaren teil in raten zahlen.

    @Coverna: Ich weiß nicht, ob ich Deine Rechnung verstanden habe. Wieso vermindert sich das Einkommen um 400.- € ? War das so zu verstehen:

    Ich sage mir, 2.000.- Kosten in 5 Monatsraten à 400,- €. Deshalb vermindere ich das ganze Gehalt um diesen Betrag und ziehe dann von diesem Betrag den pfändbaren Betrag ab?

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  • ... und damit riskieren, dass der Schuldner seinen Job verliert? Der Schaden für die Masse wäre dann wohl doch zu hoch. Könnte der TH das gegenüber den Gläubigern tatsächlich vertreten oder doch eher, dass das unpfändbare Einkommen vorrübergehend angehoben wird?



    Es hat doch nicht der TH zu vertreten, sondern das Gericht. Wie schon gesagt, über § 850f ZPO würde ich nicht gehen, sondern vielleicht eher den Weg über einen "Massekredit", den der Schuldner dann abzustottern hat.

  • Nachdem ja nach § 850 f ZPO eine Erhöhung des pfandfreien Betrages auch dann möglich ist, wenn der Schuldner einen besonders langen Arbeitsweg hat, denke ich, dass man eine Reparatur schon berücksichtigen kann.
    Ich würde jedoch wie gesagt berücksichtigen, dass der Schuldner das Fahrzeug auch privat nutzt und genau im Kostenvoranschlag schauen, was repariert werden soll (nicht dass "Schönheitsreparaturen" vorgenommen werden). Das Auto soll wieder fahren können, aber das muss auch reichen.

  • Ich finde gerade § 850 f I b "besondere Bedürfnisse aus beruflichen Gründen" sehr passend.

    Sicher hat´s der TH am Ende nicht zu entscheiden, sondern das Gericht. Aber der Antrag des Schuldners würde sicherlich zur Stellungnahme an den TH gegeben werden. Und dann würde ich vermutlich dem Antrag teilweise zustimmen und es ins Ermessen des Gerichts stellen, einen Teil bis zur Deckung der Reparaturkosten (oder zumindest eines gewissen Anteils, soweit der Pkw auch privat genutzt wird) freizugeben.

    In meinem alten Zöller steht leider nix, dass auch Rearatukosten unter berufliche Bedürfnisse fallen, aber man könnte das sicherlich drunter packen.

  • Ich habe bzgl. der Reparatur auch nur das hier gefunden. :wechlach:

    LG Lübeck vom 17.03.1987 7 T 146/87

    Die Heraufsetzung des pfändungsfreien Betrages ist weder wegen der Anschaffung von Winterkleidung noch wegen einer anstehenden Zahnreparatur notwendig und gerechtfertigt, zumal wenn es sich um eine Forderung handelt, die in Kürze getilgt sein könnte.

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