Wiedereinführung des Fiskusvorrechts als Sanierungsmittel des Bundeshaushalts

  • Vor allem dies:


    § 61 [Rang der Konkursforderungen]

    (1) Die Konkursforderungen werden nach folgender Rangordnung berichtigt:

    • 1.wegen der Rückstände für das letzte Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners die Forderungen

      • a)der Arbeitnehmer auf die Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis mit dem Gemeinschuldner, der im Rahmen betrieblicher Berufsbildung Beschäftigten auf die Bezüge aus einem Berufsbildungsverhältnis mit dem Gemeinschuldner sowie der in Heimarbeit Beschäftigten und der ihnen Gleichgestellten auf die Bezüge aus einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Gemeinschuldner,b)der Arbeitnehmer auf Entschädigung aus einer Wettbewerbsabrede mit dem Gemeinschuldner,
      • c)der Handelsvertreter auf Vergütung einschließlich Provision gegen den Gemeinschuldner, sofern diese Handelsvertreter zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und ihnen während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als tausend Deutsche Mark an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen zugestanden haben oder noch zustehen,
      • d)der Berechtigten auf Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung gegen den Gemeinschuldner,
      • e)der Träger der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit auf Beiträge einschließlich Säumniszuschläge und auf Umlagen,


    • soweit die Forderungen nicht Masseschulden sind;
    • 2.die Forderungen der Reichskasse, der Staatskassen und der Gemeinden sowie der Amts-, Kreis- und Provinzialverbände wegen öffentlicher Abgaben, welche im letzten Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens fällig geworden sind oder nach § 65 als fällig gelten; es macht hierbei keinen Unterschied, ob der Steuererheber die Abgabe bereits vorschußweise zur Kasse entrichtet hat;

    Das Beste daran ist aber, dass es als "Bankenabgabe" verkauft wird, da lt. Papier die Abschaffung des Vorrechts "in erheblichem Umfang zu einer Privilegierung von Banken geführt" hat. Ich bin immer wieder erstaunt, welche Sprachregelungen Politiker zu finden vermögen...



  • Müsste doch aber die InsO geändert werden und ich denke die wollten die so schnell nicht ändern?



    Bei den Beträgen, um die es da geht, geht das sicherlich ruck zuck. Und bis zu den nächsten Wahlen ist noch etwas Zeit, der Wähler vergisst bekanntlich schnell.

  • Heisst dann, das der Fiskus vor allen anderen Gläubigern befriedigt wird?

    Genau das.

    Müsste doch aber die InsO geändert werden und ich denke die wollten die so schnell nicht ändern?



    Die wollten auch Steuern senken....

  • Aus der zweiten pdf-Datei (Übersicht) geht hervor, dass damit ab 2011 jährliche Mehreinnahmen von 500 Mio. € erwartet werden. Ob die Zahl stimmt, kann ich gar nicht beurteilen, aber ab 2011? Da muss doch erstmal das Gesetz geändert werden, und dann kann das wohl nur Verfahren betreffen, die nach der Gesetzesänderung eröffnet wurden. Ob die in 2011 schon alle wieder abgeschlossen sein werden und die Quoten fließen, wage ich zu bezweifeln. Soviel zur Rechenkunst :gruebel:

  • GesO § 17 Verwertung des Vermögens und Erfüllung der Forderungen

    (1) Der Verwalter hat das gepfändete Vermögen des Schuldners zu verwerten und den Erlös der Verteilung zuzuführen.
    (2) Nach Abschluß der Verwertung hat der Verwalter auf der Grundlage der in den Verzeichnissen aufgeführten anerkannten und angemeldeten Forderungen einen Vorschlag über die Reihenfolge ihrer Erfüllung aufzustellen.
    (3) Die Erfüllung hat nach folgender Rangordnung und innerhalb eines Ranges im gleichen Verhältnis zu erfolgen:
    1. mit gleichem Rang a) Lohn- oder Gehaltsforderungen für die Zeit bis zu zwölf Monaten vor der Eröffnung der Gesamtvoll streckung, b) die Forderungen der Träger der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit wegen der Rückstände für die letzten zwölf Monate vor der Eröffnung der Gesamtvollstreckung auf Beiträge einschließlich Säumniszuschläge und auf Umlagen, c) Forderungen aus einem vom Verwalter vereinbarten Sozialplan, soweit die Summe der Sozialplanforderungen nicht größer ist als der Gesamtbetrag von drei Monatsverdiensten der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer und ein Drittel des zu verteilenden Erlöses nicht übersteigt; entsprechendes gilt für außerhalb eines Sozialplans zu gewährende Leistungen, soweit die in den Buchstaben a und b genannten Forderungen nicht gemäß § 13 vorab zu begleichen sind;
    2. Forderungen auf Zahlung von Unterhalt oder Familienaufwand für einen nicht länger als zwölf Monate vor der Eröffnung der Gesamtvollstreckung zurückliegenden Zeitraum; 
    3. Steuern und Abgaben, die im letzten Jahr vor der Eröffnung der Gesamtvollstreckung fällig geworden sind, sowie Umlagen auf die Erzeugung von Kohle und Stahl und ähnliche Forderungen internationaler Organisationen;
    4. alle übrigen Forderungen. 

    in welcher Form nun, da habe ich bislang noch nichts gefunden.
    Ich gehe jedoch davon aus, dass man eine Form wählt, die für die Staatskasse nicht von Nachteil ist.

    Mal davon abgesehen, dass man damit einen der Eckpfeiler der InsO, die Gläubigergleichbehandlung in Staub zerkrümelt, ergeben sich viele andere, interessante Nebenaspekte, gerade was die Anfechtung gegenüber dem Fiskus angeht:

    gehen die Ansprüche des Fiskus in einen Vorrang und sind die Ansprüche nach § 53 InsO gedeckt, dürfte sich idR, wäre fallweise durchzurechnen, die Anfechtung gegenüber dem FA verbieten, da § 129 InsO nicht erfüllt ist. Das was man dem FA per Anfechtung entziehen will, wäre dann an das FA wieder auszuschütten. Damit hat sich die Anfechtung in diesem Bereich wohl überlebt.

    [Da machen wir mit den Krankenkassen und den Arbeitnehmern weiter und siehe da, die Diskussionen der letzten 10 Jahre haben sich in Luft aufgelöst.]

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Aaaahhhhhhhhhhh, da freue ich mich schon auf die heißen Diskussionen. In letzter Zeit, nachdem die Sau mit der Verwalterauswahl aus dem Insolvenzdorf schon ziemlich hinausgetrieben war, wurde es fast schon langweilig:strecker.

    Die Begründung, dass ansonsten die Banken profitieren, ist aber auch zu drollig. Vielleicht kann man ja die InsO so ändern, dass Banken bei der Verteilung einfach nicht berücksichtigt werden. Böse böse Banken. Einfach dem Schuldner Geld leihen und dann in der Insolvenz auch noch die Quote haben wollen...

  • Vor allem werden die Rechte der Banken doch gar nicht angerührt - steht im Koalitionspapier etwas davon, dass die Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten eingeschränkt werden soll? Nein. Also bleibt die Position der Banken so, wie sie ist. Danach erst kommt das FA. Geschädigt sind allein die übrigen, ungesicherten Gläubiger.


  • Das was man dem FA per Anfechtung entziehen will, wäre dann an das FA wieder auszuschütten. Damit hat sich die Anfechtung in diesem Bereich wohl überlebt.



    Wenn ich auf die Vergütung schaue, dann wird die Anfechtung wohl weiter durchgeführt werden. :teufel:



    Nein - denn insoweit dürfte es an der objektiven Gläubigerbenachteiligung fehlen. Aber die Insolvenzordnung sieht Anfechtungsfristen von 10 Jahren vor, was wir dann reichlich nutzen werden :teufel:. Außerdem haben wir schon so manche Klippe umschifft, siehe § 28 e SGB IV.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • ich habe das mal für die letzten 20 IN-Verfahren, die schlussgerechnet worden sind, durchgespielt.

    Wenn überhaupt etwas zur Verteilung ansteht, würde dies an den Fiskus gehen. Die übrigen Gläubiger gehen leer aus.

    Ob sich die Mehreinnahme auf 500 Mio. EUR summiert, vermag ich nicht zu sagen, von mir bekommt der Fiskus den Betrag auf alle Fälle nicht :D

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Ob sich die Mehreinnahme auf 500 Mio. EUR summiert, vermag ich nicht zu sagen, von mir bekommt der Fiskus den Betrag auf alle Fälle nicht :D




    Mit der Idee kommen die wahrscheinlich zu spät, jetzt wo alle größeren Unternehmen in der Umgebung tot sind. Zu verteilen hätte es da sicher was gegeben. Nun sucht man sich hier doof nach Unternehmen, die noch Steuern schulden könnten. Und wenn welche dicht machen, dann gibt´s im Grunde gar nix mehr zu verteilen. Zum anfechten ist auch nicht viel übrig: Ich hab hier Schuldner, die seit 2004 keine Steuern gezahlt haben und jetzt erst ein InsoVerfahren läuft. Wat soll ich da anfechten? Da wurde niemals nix gezahlt und gut.

    Ich glaube, das sind Träumereien mit den 500 Mio.

    Können wir doch die Kranken Kassen auch gleich wieder mit ins Boot holen, oder? Alles ein Aufwasch: Altes Gesetz abschreiben, durchwinken, feddich.

  • @ Jamie:

    Also bei mir gehen die Anfechtungen gegenüber Krankenkassen und Finanzämter regelmäßig in höhere fünfstellige Bereiche.

    Aber ihr habt Recht, zu verteilen gibt es selten etwas.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."



  • Also bei mir gehen die Anfechtungen gegenüber Krankenkassen und Finanzämter regelmäßig in höhere fünfstellige Bereiche.

    Aber ihr habt Recht, zu verteilen gibt es selten etwas.



    Das bedeutet dann aber wirklich, dass man in der InsO was ändern muss.
    Das ist es eben, was die Gläubiger so stört: Sie müssen Geld, das ihnen eigentlich zusteht, herausgeben und nachdem es durch den Insolvenzwolf gedreht wurde, werden ein paar Krümel davon verteilt.

    Sorry - war ein kleiner Abschweifer. Wenn man über die Anfechtungen diskutieren wollte, würde ich das ja einsehen. Aber ein Gläubigervorrecht für den Fiskus zu konstruieren mit der Begründung, dass ansonsten die Banken das Geld kriegen würden, halte ich schon für gewagt.

  • @ Astaroth:

    Anfechtung soll weh tun, damit die Krankenkassen und Finanzämter aufhören, die Unternehmen so lange auszupressen, bis jegliche Sanierungsfähigkeit über den Jordan ist. Außerdem finden es Subunternehmer und andere Gläubiger bestimmt toll, dass sie deshalb leer ausgehen, weil die institutionellen Gläubiger mittels Selbsttitulierung immer schneller sind. Kreft (VorsRiBGH a.D.) hat einmal gesagt, dass die institutionellen Gläubiger per Anfechtung nur dasjenige zurückgeben müssen, was ihnen niemals zugestanden hat. Die wissen nämlich sehr genau, wenn ein Unternehmen am Ende ist. Darüber muss man nicht jammern.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Das soll keine Anfechtungsdiskussion werden. Kommt immer auf die Perspektive an. Als Anfechtungsgegner würde es ungerecht finden, als Insolvenzverwalter würde ich es prima finden und als Gericht hat es mir egal zu sein.
    Wobei das Argument mit den anderen Gläubigern m.E. nicht zieht, da für die von den angefochtenen Beträgen meist wenig übrigbleibt und die angefochtenen Summen ja neue Insolvenzforderungen sind, die die Quote verwässern.
    Aber da hat jede Seite ihre Begründungen.

    Ich wollte aber eigentlich nur ausdrücken, dass ich das mit Anfechtungen noch verstehen könnte, aber dass beabsichtigte Gläubigervorrechte schon sehr nach Verzweiflung des Staates aussehen.

  • Ich fand es auch nur gerecht bislang, dass alle Gläubiger gleich behandelt wurden. Das war ein großer Vorteil des Insolvenzverfahrens. Wenn es was zu verteilen gab, hatte der kleine Gläubiger genauso etwas davon, wie der große.

    Naja, Verteilungen würden dann wieder sehr einfach werden: Gericht, Verwalter, Finanzamt. Ende.

    Schade für alle anderen Gläubiger, die wieder die Gelackmeierten sind und sich vom Staat mal wieder betrogen fühlen werden.

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