§ 1821 I Nr. 5 BGB - Prüfungsrecht des Grundbuchamtes u.v.m.

  • Hallo liebe Kollegen!

    Ich habe 'mal wieder einige Fragen. Ich konnte bisher keinen passenden Thread für mich finden und muss daher die Frage neu (auch wenn schon alt ;o)) stellen.

    Ich habe Kindesvater V, der einen Bruchteil am Wohnungseigentum an sein minderjähriges Kind K schenkt. K wird vertreten durch die Kindesmutter KM.

    Vertretungsausschluss nach §§ 1629, 1795 BGB der KM liegt nicht vor, da Sie die alleinige elterliche Sorge inne hat. Entsprechendes Negativattest vom Jugendamt habe ich bekommen (Schöner/Stöber Rn. 3616).

    Nun habe ich ja zu klären, ob das Rechtsgeschäft (Schenkung) genehmigungsbedürftig ist gem. §§ 1643, 1821 I Nr. 5 BGB. Grundsätzlich ist eine Schenkung ja nicht genehmigungsbedürftig.
    Allerdings habe ich auch in der Literatur gefunden, dass aus der Gesamtbetrachtung heraus (BGH, 09.07.1980 - Aufgabe der Auffassung auch mit Entscheidung vom 25.11.2004 offengelassen) auch der lediglich rechtliche Vorteil bei der Frage der Genehmigungsbedürftigkeit geprüft wird (Meikel, 10. Auflage, Einl I Rn. 144). Denn wenn mit der Erfüllung der Schenkung (Auflassung) das minderjährige Kind mit persönlichen Verpflichtungen (Eintritt Verwaltervertrag und in die WEG) belastet wird, womit es mit seinem übrigen Vermögen haftet, käme man doch zu dem Ergebnis, dass die Schenkung dann nicht mehr unentgeltlich ist.
    Nun ergeben sich hieraus zwei Fragen für mich, die ich nicht für mich eindeutig klären kann.

    1. Inwieweit hat sich auf Grund der BGH-Entscheidung von 2005 (Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft) an der grundsätzlichen Aussage etwas geändert, dass die Schenkung von Wohnungseigentum nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist? Ist jetzt diese Schenkung vorteilhaft für M?

    2. Einerseits habe ich gefunden, dass mich als Grundbuchamt (GBA) der § 1821 I Nr. 5 BGB nicht zu interessieren hat (Schöner/Stöber Rn. 3700). Und andererseits habe ich als GBA die Genehmigungsbedürftigkeit zu prüfen (Meikel, aaO, § 29 Rn. 123 GBO). Was gilt für mich ?? Als weiteres Problem kommt hier hinzu, dass das Familiengericht lediglich eine Negativerklärung (Schöner/Stöber Rn. 3736) abgegeben hat, dass keine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sei.
    Ich bin jedoch der Auffassung, dass eine Gen. erforderlich ist. Nun muss ich entscheiden, ob ich der vom Notar eingelegten Beschwerde gegen meine Zwischenverfügung abhelfe oder nicht.

    Hat jemand von Euch zufällig eine neue Entscheidung ab 2006?

    Danke schon 'mal Janet

  • ... Inwieweit hat sich auf Grund der BGH-Entscheidung von 2005 (Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft) an der grundsätzlichen Aussage etwas geändert, dass die Schenkung von Wohnungseigentum nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist? Ist jetzt diese Schenkung vorteilhaft für M? ... Hat jemand von Euch zufällig eine neue Entscheidung ab 2006?



    Schau doch mal hier (DNotI-Report 2008, 131, 132)

  • Vorsicht: Da geht bei deiner Prüfung ein bißchen was durcheinander:
    Meiner Meinung nach darf man die Genehmigungsbedürftigkeit nicht von der Frage des lediglich rechtlichen Vorteils abhängig machen.
    Genehmigungsbedürftig ist ein Rechtsgeschäft, wenn es einen Genemigungstatbestand gibt. Wie Du richtig schreibst trifft hier bei einer Schenkung der §§ 1821 Nr.5 nicht zu.

    Die Frage des l.r.V. stellt sich bei der Prüfung des Vertretungsauschlusses. Da die Mutter aber bereits vertreten kann, stellt sich hier diese Frage überhaupt nicht.:D

  • OLG München vom 06.03.2008, Az. 34 Wx 014/08

    Wegen dem Eintritt des Minderjährigen in die Wohnungseigentümergemeinschaft und den damit verbundenen Verpflichtungen der Gemeinschaftsordnung kommt auch ein Genehmigungstatbestand nach § 1822 Ziffer 10 BGB in Betracht.

    Ich fordere bei Wohnungseigenum immer eine VGG!

  • OLG München vom 06.03.2008, Az. 34 Wx 014/08

    Wegen dem Eintritt des Minderjährigen in die Wohnungseigentümergemeinschaft und den damit verbundenen Verpflichtungen der Gemeinschaftsordnung kommt auch ein Genehmigungstatbestand nach § 1822 Ziffer 10 BGB in Betracht.

    Ich fordere bei Wohnungseigenum immer eine VGG!



    Entgegen dem Wortlaut des § 1822 I Nr.10 ist sein Anwendungsbereich allerdings beschränkt; ich würde in diesem Fall keine Genehmigung für erforderlich halten.
    (Palandt Anm.22 zu § 1822)

  • Die Haftung des Minderjährigen bei Eintritt in die WEG-Gemeinschaft ist nach § 10 Abs. 8 WEG unbeschränkt und persönlich. Das ist eine Haftung für eine fremde Schuld gemäß § 1822 Ziffer 10 BGB, nämlich die des Verbandes der Wohnungseigentümer.



    Dem kann ich nicht zustimmen.

    Der Mj. haftet eben nicht unbeschränkt für die Schulden der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur entsprechend der Größe seines Miteigentumsanteils. § 10 VIII, § 16 Abs.1 WEG
    Er hat somit wie es Palandt (a.a.O.) verlangt, keinen Ersatzanspruch gegen die anderen Wohnungseigentümer.
    Ein Ersatzanspruch wäre m.E. nach nur dann gegeben, wenn er für einen größeren Betrag als die Quote seines Miteigentumsanteils haften würde.

    § 1822 Nr.10 wäre in diesem Fall teleologisch zu reduzieren.

  • # 3

    Ich würde Dir da gern zustimmen. Wie ich bereits erwähnt hatte, wird der l.r.V. wohl auch im Rahmen des § 1821 BGB geprüft. Denn wenn ich den Vorteil verneine, kommt man als Schlussfolgerung ggf. zur Entgeltlichkeit, welches dann wieder der Genehmigungsbedürftigkeit unterliegt. :(

    # 2
    Hab' mir grad das DNotI durchgelesen. Leider für mich im Ergebnis noch unbefriedigend.

  • Zur Frage, ob das schuldrechtliche Rechtsgeschäft unter § 1821 I Nr.5 fällt, kann ich im Augenblick nichts mehr sagen.

    Vielleicht hilft es aber, dass das dingliche Rechtsgeschäft nicht unter die Nr. 5 fällt . (Palandt § 1821/20 und Schöner/Stöber Rn.3700)

  • Aus dem Umstand, dass etwas nicht mehr lediglich rechtlich vorteilhaft ist, folgt noch nicht, dass der betreffende Erwerb auch als entgeltlich zu qualifizieren ist. Das sind zwei verschiedene Dinge.

    Keine Rückübereignungsansprüche im vorliegenden Fall?

  • Noch eine Frage zu diesem Thema: Was ist, wenn das minderjährige Kind -vertreten durch die Mutter- vom Vater (Mutter und Vater sind nicht verheiratet) Grundbesitz im Wege der Schenkung bekommt - und (auch) zugunsten der Mutter (bedingt, sollte sie den Übergeber überleben) ein Übertragungsanspruch eingeräumt wird, für den eine AV eingetragen werden soll?

    Die beschenkte Minderjährige hat als Anspruchsschuldner die persönliche Verpflichtung zur Rückübertragung des geschenkten Grundstücksübernommen, daher ist die Schenkung nicht lediglich rechtlichvorteilhaft, s.a. Beck'scher Online-Kommentar GBO, Stand: 01.01.2014,Sonderbereich „Vertretungsmacht“ Randnummern 137 ff (hier insbesondere RdNr.146). Daher erscheint m.E. die Mitwirkung eines Pflegers gem. § 1909 BGBnotwendig, s.a. Beck'scher Online-Kommentar GBO, a.a.O., RdNr. 136.

    Ist dafür evtl. auch eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich :(?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


    Einmal editiert, zuletzt von Alias (13. August 2014 um 07:54) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Ja, die Gen. ist erforderlich, da es sich um eine - bedingte - Verpflichtung zur Verfügung über das Grundstück handelt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn Du allerdings nach der Entscheidung des OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.3.2014, 9 WF 48/14 = BeckRS 2014, 12089 = NZFam 2014, 717,

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post969256

    gehst, benötigst Du keine familiengerichtliche Genehmigung.

    (…“Zum anderen ist zwar zu beachten, dass ein derartiger Rücktrittsvorbehalt zu einer Belastung des Minderjährigen führen kann, weil er im Falle der Ausübung desselben nach auf ihn übertragenes Grundstückseigentum nicht nur den jeweiligen Miteigentumsanteil zurückzugewähren hätte (§ 346 Abs. 1 BGB), sondern darüber hinaus möglicherweise auch zum Wert- oder Schadensersatz infolge zwischenzeitlicher Verschlechterung des Grundstücks verpflichtet sein könnte (§ 346 Abs. 2-4 BGB). Ein derartiger Rechtsnachteil ist jedoch ausschließliche Folge der zwischen den Beteiligten getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarung. Selbst wenn der unter Rücktrittsvorbehalt insoweit stehende (schuldrechtliche!) Schenkungsvertrag schwebend unwirksam wäre (§§ 107, 108 Abs. 1 BGB), kann der dingliche Rechtserwerb als solcher aufgrund getrennter Handhabung nicht zu einer Haftung des Minderjährigen gemäß § 346 Abs. 2 bis 4 BGB führen (BGH FamRZ 2005, 359). Diese Belastungen schränken lediglich den im Eigentumserwerb liegenden Rechtsvorteil ein, heben ihn aber keineswegs auf. Ebenso wenig ist mit der in § 7 Ziffer 3 des Notarvertrages getroffenen Regelung ein rechtlicher Nachteil im Sinne des § 107 BGB für den Minderjährigen verbunden. Innerhalb dieser Regelung haben zur Sicherung des aufschiebend bedingten Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums (§ 6 des Notarvertrags) der Kindesmutter beide Kindeseltern die Eintragung einer Vormerkung zugunsten der Kindesmutter vereinbart. Eine derartige Auflassungsvormerkung (§ 883 BGB) setzt das Entstehen des zu sichernden schuldrechtlichen Übereignungsanspruches voraus (BGHZ 150, 138, 142), begründet diesen jedoch nicht und hat auch keine sonstigen persönlichen Verpflichtungen des Grundstückseigentümers zur Folge, weshalb sie den mit dem Eigentumserwerb verbundenen Vorteil nicht beseitigt (BGH FamRZ 2005, 359)…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Sehe ich nach dem Zitat so nicht. Dort wird lediglich zu der Frage des lediglich rechtlichen Vorteils ausgeführt, welche den Aspekt eines möglichen Vertretungsausschlusses aber eben nicht den Aspekt der Genehmigung nach § 1821 BGB betrifft.

    Auch ein Geschäft, welches lediglich Vorteile bringt, bedarf einer Genehmigung.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das OLG Brandenburg, führt aber doch im Beschluss vom 24.03.2014, 9 WF 48/14, am Schluss aus:

    ..“Für das weitere, die Frage einer familiengerichtlichen Genehmigung betreffende Verfahren (54 F 192/13) weist der Senat noch auf Folgendes hin:

    Nach § 1643 Abs. 1 BGB bedürfen die Eltern zu Rechtsgeschäften für das Kind in den Fällen einer Genehmigung, in denen ein Vormund nach den §§ 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8-11 BGB einer solchen Genehmigung bedarf. Ein Fall des § 1822 BGB liegt betreffs des dem Notarvertrag zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes (Grundstücksübereignung) erkennbar nicht vor. Ebenso wenig ist § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB einschlägig, da diese Vorschrift lediglich Verfügungen über Grundstück und Grundstücksrechte, die dem Minderjährigen selbst gehören, regelt. Insoweit erscheint es zweifelhaft, ob es hier überhaupt einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. Der Senat verweist dafür insbesondere auf die Entscheidung des OLG Jena, NotBZ 2012, 429.“

    Und in dem in Bezug genommene Beschluss des OLG Jena vom 02.03.2012, 9 W 42/12 = NotBZ 2012, 429 = BeckRS 2012, 23201, ist ausgeführt:

    …“Die vorliegende Auflassung - nur deren Wirksamkeit, nicht diejenige des schuldrechtlichen Grundgeschäfts hat das Grundbuchamt zu prüfen - bedarf entgegen der Auffassung des Grundbuchamts keiner familiengerichtlichen Genehmigung. Auf die Frage, ob die Auflassung für den Erwerber ausschließlich rechtlich vorteilhaft ist (§ 107 BGB) kommt es hierfür nicht an, weil das Gesetz das Erfordernis einer familiengerichtliche Genehmigung davon nicht abhängig macht. Nach § 1643 Abs. 1 BGB bedürfen die Eltern zu Rechtsgeschäften für das Kind in den Fällen einer Genehmigung, in denen der Vormund nach den §§ 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 BGB einer solchen Genehmigung bedarf. Einer der Fälle des § 1822 BGB liegt ersichtlich nicht vor. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nicht einschlägig, weil diese Vorschrift nur Verfügungen über Grundstücke und Grundstücksrechte des Mündels bzw. Kindes betrifft. § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist für das Grundbuchverfahren von vornherein ohne Belang, weil die Vorschrift nur das schuldrechtliche Grundgeschäft, nicht aber die dingliche Einigung der Genehmigung unterwirft (BayObLG NJW-RR 1990, 87). Dementsprechend bedarf die Auflassung eines Grundstücks an ein minderjähriges Kind auch dann nicht der familiengerichtlichen Genehmigung, wenn sie für das Kind nicht nur rechtlich vorteilhaft ist (BGH, Beschluss vom 30.09.2010, V ZB 206/10, zitiert nach juris, dort Rn. 17).

    Und wie sich aus der in Bezug genommenen Entscheidung des BGH ergibt, würde es selbst dann, wenn ein Ergänzungspfleger handeln müsste (dort: schenkweiser Erwerb einer Eigentumswohnung) zur Eintragung des (dort) vorbehaltenen Nießbrauchs und der Vormerkung für den bedingten Rückübereignungsanspruch keiner Genehmigung nach § 1821 I BGB bedürfen, weil sie als Teil des Erwerbsvorgangs nicht genehmigungspflichtig sind (Zitat von BGHZ 24, 372/374, BGH, NJW 1998, 453 u.a.)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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