Kündigung Girokonto

  • Zunächst einmal oute ich mich als Anfänger in Betreuungssachen und bitte ggf. um Nachsicht.

    Ich habe hier den Antrag zur Genehmigung der Kündigung des Girokontos auf dem Tisch. Hintergrund ist der Umzug des Betreuten. Die Betreuerin hat ihm bereits am neuen Wohnort ein neues Girokonto eröffnet und die Gelder umgebucht. Nunmehr begehrt sie die Genehmigung für die Kündigung des alten Girokontos.

    Mir ergibt sich einfach nicht der Genehmigungstatbestand. Mir ist schon klar, dass der aus § 1812Abs. 1 BGB hergeleitet wird. Habe dazu auch die Entscheidung des LG Meiningen (FamRZ 08, 1375) gelesen. Dort heisst es, es handele sich um einen Vertrag auf Grund dessen der Betreute eine Leistung verlangen kann. So weit so gut, aber heisst das dann nicht, dass der Betreute für beinahe jegliche Kündigung von Verträgen der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf? Also bei Umzug aus einem Pflegeheim in ein anderes. Kündigung des Stromanbieters (wg. Wechsel zu einem günstigeren z.B.) usw. ....???? Wie seht ihr das?

    Haltet Ihr die Kündigung des Girokontos genehmigungspflichtig?

  • Bei nicht befreiten Betreuern schon.;)
    Mit der Kontoauflösung ist ja unter anderem die Aufhebung des zugrundeliegenden Girovertrages verbunden, durch den die Bank zu Dienstleistungen verpflichtet ist.
    Mit Aufhebung des Vertrages wird ja dann auch über eine Forderung auf diese Dienstleistungen verfügt.

    Die neue Ausnahmevorschrift des § 1813 I Nr. 3 BGB ist für Vormund/Betreuer nicht einschlägig , da diese sich rein auf das Konto selbst bezieht.

  • Ich sehe das wie Steinkauz, halte allerdings die zweite Alt. von § 1812 I 1 für einschlägig (auch anders als das LG Meiningen). D.h. nicht Verfügung über eine Forderung (= 1. Alt des § 1812 I 1), sondern Verfügung über ein Recht, kraft dessen... Wenn man dem folgt, wird auch klar, dass keine Ausnahme nach § 1813 I vorliegen kann (für die Kündigung des Kontos, mit der über das aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag begründete Recht verfügt wird), denn die Ausnahmen des § 1813 U greifen m.E. nur bei der 1. Alt von § 1812 (= Verfügung über eine Forderung), weil nur bei der Verfügung über eine Forderung die Annahme einer geschuldeten Leistung vorliegen kann.

  • Die angebliche Genehmigungspflichtigkeit der Auflösung eines Girokontos wurde schon öfter diskutiert. In einem anderen Thread schrieb ich dazu u.a. folgendes:

    Den rechtlichen Unsinn von der Genehmigungsbedürftigkeit der Aufhebung des Girovertrags hat Spanl (Rpfleger 1989, 392, 394) in die Welt gesetzt und ihn fortan Generationen von Anwärtern an der FH vorgebetet, woraufhin er sich offenbar wie eine Seuche ausgebreitet hat. Dass er heutzutage kritiklos nachgebetet wird (LG Meiningen FamRZ 2008, 1375; MüKo/Wagenitz § 1812 Rn.19), macht die Sache nicht besser.

  • Die angebliche Genehmigungspflichtigkeit der Auflösung eines Girokontos wurde schon öfter diskutiert. In einem anderen Thread schrieb ich dazu u.a. folgendes:

    Den rechtlichen Unsinn von der Genehmigungsbedürftigkeit der Aufhebung des Girovertrags hat Spanl (Rpfleger 1989, 392, 394) in die Welt gesetzt und ihn fortan Generationen von Anwärtern an der FH vorgebetet, woraufhin er sich offenbar wie eine Seuche ausgebreitet hat. Dass er heutzutage kritiklos nachgebetet wird (LG Meiningen FamRZ 2008, 1375; MüKo/Wagenitz § 1812 Rn.19), macht die Sache nicht besser.


    Ich kenne Ihre Ansicht, Cromwell, halte sie aber für unzutreffend. Rechtlichen Unsinn kann ich trotz intensiver Befassung mit der Materie nach wie vor nicht entdecken....

  • Andererseits: Fiala/Müller/Braun Rpfleger 2002, 389, 400-402: Eine Genehmigung ist weder zur Einrichtung (Innengenehmigung) noch zur Auflösung (Außengenehmigung) eines Girokontos erforderlich.

    Wer sich überflüssige und sinnlose Arbeit machen will, kann das natürlich anders handhaben.

  • Ich bestreite nicht, dass darüber diskutiert werden kann, das rechtfertigt es m.E. aber nicht, von Unsinn zu sprechen, wenn eine andere Meinung vertreten wird, die zudem auch noch nicht einmal unbegründet ist. Ich teile auch nicht die Auffassung, dass es darum geht, Arbeit zu vermeiden, wenn ich ein Problem überdenke.
    Inhaltlich ist zu Fiala (u.a.) zu sagen, dass es für die Eröffnung eines Girokontos gar keinen Genehmigungstatbestand gibt, weder § 1810 noch § 1811 steht im Raum und damit kommt es auch nicht darauf an, ob Innen- oder Außengenehmigung... Denn ein Griokonto dient gerade nicht der Anlegung von Geld, was aber § 1810 und § 1811 im Blick hat. Insoweit kann es hier m.E. gar keinen Streit geben, weil die Rechtslage klar ist. Das ist für die Auflösung (Kündigung/Aufhebung) aber eben anders. Die Begründung der Autoren dafür, dass kein Fall von § 1812 vorliegt, überzeugt mich nicht.
    Es mag Arbeit machen, wenn ich einer Auffassung nicht folge, ändert aber nichts daran, welche Begründung ich für überzeugender halte.

  • Ich bin einer Meinung mit Holzwürmchen.
    Die Auflösung des Girokontos sehe ich deshalb als genehmigungspflichtig an, weil der zugrunde liegende Vertrag, aus dem dem Betroffenen ggfs. noch Rechte zustehen, aufzulösen ist.

    Aber - bevor wir uns an dieser Stelle wieder um einen alten Hut streiten - das Thema hatten wir ja schon und das lex cromwell gibt es ja nicht.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Es gibt nichts, was hier im Forum nicht schon als angeblich genehmigungsbedürftig diskutiert wurde, selbst die Einrichtung eines Girokontos.

    Zur Auflösung gebe ich zu Bedenken, dass nach der Neufassung des § 1813 BGB nunmehr die genehmigungsfrei vollständige Abräumung des Kontos möglich ist. Wer das Konto auf diese Weise auf "0" stellen kann, sollte es (jedenfalls in teleologischer Reduktion des § 1812 BGB) auch genehmigungsfrei auflösen können.

    Wenn der Vormund für sein Mündel einen Vertrag über Klavierunterricht oder einen Vertrag über das Abonnement eines Bibi-Blocksberg-Heftes abschließt, dann braucht er für die Kündigung dieser Verträge nach Eurer Meinung ebenfalls eine Genehmigung nach § 1812 BGB, weil der Mündel aufgrund dieser Verträge eine Leistung verlangen kann. Damit begeben wir uns im Anwendungsbereich des § 1812 BGB endgültig in den sinnfreien rechtlichen Raum.

  • Ich gestehe, die Ansicht des Herrn Cromwell hat in meinen Augen durchaus ihren Charme. Auch mir ist es nicht verständlich, dass man das Konto genehmigungsfrei auf Null bringen kann und dann für die Auflösung auf einmal der Genehmigungstatbestand da ist. Wenngleich ich schon nachvollziehen kann, dass der Betroffene hier eben Rechte aus diesem Vertrag herleiten kann und dies dann einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden soll. Nur -und darauf zielte meine Frage auch ab- wie weit geht das denn dann? Dann ist doch quasi beinahe jede Vertragskündigung ein Genehmigungstatbestand. Kündigt der Betreuer ein Zeitungsabo braucht er dafür dann eine betreuungsgerichtliche Genehmigung. Kündigt er dem Stromanbieter....Genehmigung. Ist das dann aber noch Sinn und Zweck der Vorschrift? Die Frage stelle ich mir eben einfach. Aus fast jedem Vertrag kann der Betreute eine Leistung verlangen. Dann muss man doch aber konsequenterweise zu dem Schluss kommen, dass auch jede Kündigung der vorherigen gerichtlichen Genehmigung bedarf. Handhabt ihr das denn dann auch so?

  • Natürlich handhabt das niemand so. Man verbeißt sich lediglich in den Problembereich "Kündigung Girokonto" und übersieht dabei, dass man dann für alles und jedes im Kündigungsbereich eine Genehmigung erteilen müsste.

    Sinn und Zweck des § 1812 BGB ist es, Veruntreungen durch den gesetzlichen Vertreter zu verhindern. In allen von mir beschriebenen Fällen stellt sich diese Problematik nicht (beim Girokonto erst recht nicht, weil nunmehr unbegrenzt verfügt werden kann), zumal die Ansprüche, über die verfügt wird, (auch beim Girovertrag) nicht einmal auf Geld gerichtet sind. Die Annahme einer solchen Leistung ist ohne Genehmigung möglich (§ 1813 Abs.1 Nr.1 BGB). Es ist also nicht plausibel, für eine Verfügung, die dazu führt, dass solche Ansprüche künftig nicht mehr entstehen können, eine Genehmigung zu fordern.

  • Aus meiner Fundstellensammlung

    Für Genehmigungspflicht bei Girokontoauflösung u.a. auch

    Platz , "Bankgeschäfte mit Betreuten" , Nr. 2.3.2.1.2.

    Kierig/Kretz "Formularbuch Betreuungsrecht" S. 195 .

    Da mit der Kontoauflösung die Auflösung des Girovertrages verbunden ist, sieht die Gegenmeinung den § 1812 I insoweit "zu eng".
    Ich bleibe daher bei der - auch in der Praxis verbreiteten - bisherigen o.g. Meinung.

    Im übrigen:

    Selbverständlich bedarf die Kündigung des Zeitungsabos bzw. des Stromlieferungsvertrages der Genehmigung, sofern nicht ein Ausnahmetabestand des § 1813 BGB gegeben ist ( Palandt Anm. 6 zu § 1813 BGB ).

    Dass diese in der Praxis überwiegend nicht zur Genehmigung beantragt wird ( um das Wort "Antrag" mal wieder zu benutzen;)) , steht auf einem anderen Blatt.

  • Demzufolge befürwortest Du auch das Genehmigungserfordernis in Bezug auf die besagte Kündigung eines Vertrages über Klavierunterricht oder über das Abonnement eines Bibi-Blocksberg-Heftes? Auch aufgrund dieser Verträge kann der Vertretene -ebenso wie aufgrund des Girovertrages- zweifelsfrei eine Leistung verlangen.

  • Gerade diese Beispiele zeigen, dass die exorbitante Ausweitung der nach § 1812 BGB genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte nichts mit dem Normzweck (Schutz vor Veruntreuung) gemein hat. Eine Ausnahme nach § 1813 BGB steht in diesen Fällen nie in Frage, weil es nicht um die Annahme einer geschuldeten Leistung geht (vgl. den Eingangssatz der Norm), sondern um die Kündigung eines Vertrags, aus dem die Leistungsansprüche resultieren.

    Auf diese Weise wird § 1812 BGB zum normzweckentfremdeten Ärgernis.

  • Mag sein , ich kann aber auch nichts dafür , dass der Verfügungsbegriff des § 1812 - auch nach der Kommentierung hierzu - so weit zu fassen ist.

  • Ich beurteile das Thema nicht nach Schwarz oder Weiß oder Richtig und Falsch.

    Es kann auch "richtig" sein , zwei Meinungen mal nebeneinander - einfach so - stehen zu lassen.

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