§ 101 BRAGO

  • Hallo,
    ich habe über eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu entscheiden. Dabei geht es um den damaligen § 101 BRAGO. Hier meine Frage:
    Der Beschwerdeschuldner hat von einer StA eine Kostenrechnung erhalten. In dieser sind u.a. Verteidigerkosten angesetzt (PKH-Anwalt). Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Übernahme der Kosten für den PKH-Anwalt, da er angibt, dass er dem Anwalt bereits bezahlt hat. Dieses kann er auch durch einen Kontoauszug belegen. Der Kostenbeamte der StA hat die Zahlung nicht berücksichtigt (evtl. übersehen?) und trotzdem die Kosten des PKH-Anwalts vom Beschwerdeschuldner verlangt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer. Wäre der Kostenbeamte der StA verpflichtet gewesen § 101 BRAGO zu prüfen? Oder gilt § 101 BRAGO nur für den Anwalt? Muß § 101 BRAGo also auch "von Amts wegen" berückichtigt werden, wenn es Anhaltspunkte (z.B. durch einen Kontoauszug) gibt, dass der PKH-Anwalt bereits Zahlungen durch den Kostenschuldner erhalten hat?

    Vielen Dank für die Hilfe!

    MfG

    Kieler Sprotte

  • Ich kann zur BRAGO allgemein wenig sagen, weil ich erst nach Einführung des RVG mit der Ausbildung angefangen habe.

    Der Gesetzeswortlaut ist aber eigentlich eindeutig:

    Der Rechtsanwalt hat die erhaltenen Zahlungen anzuzeigen. Das gilt unabhängig davon, ob er die Zahlung vor oder nach der Antragstellung (PKH-Antrag) erhalten hat. Das Versäumnis dürfte hier also bei dem Rechtsanwalt liegen und nicht bei dem Kostenbeamten.

    Es gibt meines Wissens keine Vorschrift, die den Kostenbeamten dazu verpflichtet nachzuforschen, ob der Schuldner bereits Zahlungen an seinen RA geleistet hat. Das wäre auch doppelt gemoppelt, da ja bereits eine Anzeigepflicht des RA besteht.
    Es würde sich allerdings anbieten beim RA nachzuhaken, wenn Zweifel an der Einhaltung der der Anzeigepflicht durch den RA bestehen. Wissentlich die Rechnung so stehen zu lassen, obwohl Zahlungen des RA bekannt sind dürften daher zumindest als bedenklich einzustufen sein.

    Interessant ist, warum der RA überhaupt weitere Gebühren bei dem Mandanten geltend macht. Im Zivilbereich kann er das nach § 122 I Nr. 3 ZPO gar nicht. Und der dürfte auch schon zu BRAGO-Zeiten gegolten haben...
    Eine ähnliche Regelung müsste es auch im Strafbereich geben.

    Aus meiner Sicht müsste der RA eine auf den Deckel bekommen und nicht der Kostenbeamte...:D

    Einmal editiert, zuletzt von Doppelte Halbtagskraft (28. Juni 2010 um 12:33) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • so einfach dürfte es nicht sein.

    Nach Gerold hat der RA nur die Gebühren anzurechnen für die auch ein Anspruch als Pflichtverteidiger ggü. der Landeskasse besteht.
    Zitat Gerold 14. Auflage

    Wenn z. B. der bisherige Wahlanwalt erst ab dem 2. Verhandlungstag als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist , so ist eine Vergütung die er für die Zeit vor dem 2. Verhandlungstag erhalten hat, nicht auf dei Pflichtverteidigergebühren für die spätere Zeit anzurechnen.


    Du müsstest also erst mal beim RA nachfragen auf was gezahlt worden ist .

    gruß

    wulfgerd

  • na? hat noch jemand eine Antwort? Besteht die Pflicht des Kostenbeamten zur Prüfung, wenn der Kostenschuldner einen Kontoauszug vorlegt, nachdem er Leistungen gezahlt hat an den Anwalt. Dieser aber versichert, dass er keine Leistungen erhalten hat? Die Bisherigen Antworten lassen mich noch nicht über die Dienstaufsichtsbeschwerde entscheiden. Es geht ja darum, ob der Kostenbeamte ggfs. seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, wenn denn eine Pflicht bestand!?

    Viele sonnige Grüße aus dem Norden!

  • Das ist doch kein Fall für eine Dienstaufsichtsbeschwerde! Wenn der Kostenschuldner mit der Kostenrechnung nicht einverstanden ist, kann er dagegehn Erinnerung einlegen. Das gilt insbesondere auch dann, wenn Zahlungen irgendwelcher Art nicht berücksichtigt wurden. Und dann geht die Sache ihren Gang nach § 66 GKG. Im Übrigen dürfte es sich bei dir um die Pflichtverteidigervergütung handeln - wenn die Kostenrechnung von der StA gemacht wurde - und eine Erinnerung gegen die Kostenrechnung wäre in deinem Fall unbegründet. Denn die aus der Staatskasse an den Pflichtverteidiger gezahlte Vergütung gehört zu den Auslagen des Verfahrens, die der Verurteilte zu tragen hat (heute Nr. 9007 KV GKG). Daran ändert nichts, dass der Verurteilte (wie üblich) ein Honorar an den RA gezahlt hat. Also nichts mit § 101 BRAGO. Gegenüber der Staatskasse muss der Verurteilte die Pflichtverteidigerkosten in jedem Fall und in voller Höhe erstatten. Dass der RA offenbar den erhaltenen Vorschuss in seinem KFA nicht angegeben hat, ist eine andere Sache. Dass ist eine Sache zwischen RA und Mandanten und müsste ggf. durch den Mandanten mit der RA-Kammer geklärt werden...

    2 Mal editiert, zuletzt von Tinamaria (29. Juni 2010 um 07:06) aus folgendem Grund: ergänzt

  • Doch es handelt sich um eine Dienstaufsichstbeschwerde! Genauer gesagt sogar schon um eine weitere Dienstaufsichtsbeschwerde, die hier beim Generalstaatsanwalt entschieden werden muß. Die Erinnerung wurde auch eingelegt und ist schon entschieden. Darin wurde aber nur gesagt, dass alle Gebühren richtig berechnet sind. Nunmehr wurde aber auch noch Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt, da der Kostenschuldner der Ansicht ist, dass der Kostenbeamte seiner Dienstpflicht nicht nachgekommen ist, da er den Nachweis der Zahlung der Vergütung an den Rechtsanwalt nicht berücksichtigt hat.
    Daher nochmal: es geht mir um die Frage, ob der Kostenbeamte bei der Erstellung seiner Kostenrechnung die Zahlung des Kostenschuldners an den Rechtsanwalt hätte berücksichtigen müssen. Oder ist er hierzu nicht verpflichtet? Ich denke schon, dass es sich um § 101 BRAGO handelt. Die Frage ist halt nur, ob auch den Kostenbeamten eine Pflicht auferlegt wird, wenn der Kostenaschuldner nachweist, dass er bereits gezahlt hat.

    Viele sonnige Grüße aus dem Norden...

  • [Daher nochmal: es geht mir um die Frage, ob der Kostenbeamte bei der Erstellung seiner Kostenrechnung die Zahlung des Kostenschuldners an den Rechtsanwalt hätte berücksichtigen müssen. Oder ist er hierzu nicht verpflichtet? Ich denke schon, dass es sich um § 101 BRAGO handelt. Die Frage ist halt nur, ob auch den Kostenbeamten eine Pflicht auferlegt wird, wenn der Kostenaschuldner nachweist, dass er bereits gezahlt hat.

    Nein. Der Kostenbeamte hat all die Kosten in die Kostenrechnung aufzunehmen, die Verfahrenskosten sinde, also die Gebühren und sämtliche Auslagen des Gerichts. Und dazu gehört auch die Pflichtverteidigungvergütung. Deshalb ist es völlig unbeachtlich, ob der Kostenschuldner irgendetwas an seinen RA gezahlt hat. § 101 BRAGO gilt nur im Rahmen der Wahlanwaltsvergütung, und das ist nicht Thema der Angelegenheit.

  • Wenn die Staatskasse Vergütung an den RA ausgezahlt hat, muss der Kostenschuldner das halt zurückzahlen, da macht es auch keinen Unterschied, ob er dem RA "außergerichtlich" bereits die Vergütung überwiesen hat oder nicht. Wenn, dann muss sich der Schuldner bei der RA-Kammer beschweren, weil der RA zuviel Geld bekommen hat und eine Zahlung nicht angezeigt hat. Es ist nicht der Job des KB, so einen Sachverhalt für den Kostenschuldner aufzudröseln und Lösungsvorschläge zu machen.

  • ("§ 101 BRAGO gilt nur im Rahmen der Wahlanwaltsvergütung, und das ist nicht Thema der Angelegenheit")

    Bist du dir da sicher? Ich denke, dass du da falsch liegst. Pflichtverteidigergebühren haben meines Erachtens auch was mit § 101 BRAGO zu tun.
    Vgl. Gerold/Schmidt 11. Auflage zu § 101 RN 1:
    "§ 101 regelt die Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen, die der Pflichtanwalt - sei es vor, sei es nach der Bestellung - von dem Beschuldigten oder einem Dritten erhalten hat... "

    Oder das OLG Düsseldorf vom 24.04.1991 3 ES 141/91:
    "Der Pflichtverteidiger ist gem. § 101 Abs. 3 BRAGO verpflichtet, Vorschüsse und Zahlungen, die für die Anrechnung oder die Pflicht zur Rückzahlung von Bedeutung sind, der Staatsakasse anzuzeigen..."

    Also, ich denke, dass auch für einen Pflichtverteidiger § 101 BRAGO gilt. Das der Rechtsanwalt die gezahlten Kosten hätte anzeigen müssen, ist wohl unstreitig. Aber macht es sich der Kostenbeamte nicht etwas einfach, wenn er sagt, dass ist nicht mein Problem, dass Sie schon Kosten gezahlt haben..."

    Schließlich heißt es im o.g. Urteil weiter:

    "Die Prüfung, ob und inwieweit Zahlungen des Verurteilten oder eines Dritten den Anspruch des Pflichtverteidigers mindern, obliegt allein dem Kostenbeamten (vgl. auch OLG HH, 1986 - 11 28, 1 Ws 287/86)."

  • Du kommst nicht aus der Kostenfestsetzung in Strafsachen, stimmts?
    Mit diesem "Kostenbeamten" ist der Rechtspfleger gemeint, der bei der Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung als UdG tätig ist. Du verwechselst
    das Vergütungsfestsetzungsverfahren mit dem Kostenansatzverfahren. Glaub mir, der Kostenbeamte bei der StA hat überhaupt nicht zu prüfen, ob der Kostenschuldner an seinen Verteidiger irgendetwas gezahlt hat. Das hat nur der Rpfl/UdG zu tun, wenn es an die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung geht und er kann nur das berücksichtigen, was der RA in seinem Antrag angibt. Der KB bei der StA blättert nur die Akte durch und nimmt alle angefallenen Kosten in die Rechnung auf. Mehr nicht.

  • Das Problem, was ja auch mit der Dienstaufsichtsbeschwerde zu tun hat, ist doch:wer müsste ggf. die nachträgliche Anzeige des RA berücksichtigen???

    Das kann eigentlich nur der Kostenbeamte in seiner entgültigen Abrechnung sein.

    Die Frage ist jetzt, ob er auf eventuell geleistete Zahlungen prüfen muss (z.B. durch Anfrage beim RA) bzw. ob eine Nachprüfungsverpflichtung hinsichtlich der belegten Zahlungen besteht.

    Ich würde meinen, dass es beim Erstellen der Abrechnung nicht mit dem bloßen Durchblättern der Akten getan ist...

  • Ich würde meinen, dass es beim Erstellen der Abrechnung nicht mit dem bloßen Durchblättern der Akten getan ist...



    Doch, davon würde ich jetzt erstmal ausgehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der KB prüfen muss, ob eine Zahlung erfolgt ist oder nicht. Zumal es regelmäßig so ist, dass sich die Beteiligten darüber streiten, ob gezahlt wurde, in welcher Höhe die Zahlung erfolgte und wofür das Geld überhaupt war. Diese Prüfung gehört m.E. nicht in den Zuständigkeitsbereich des KB.

    Ich denke mal, es müsste so laufen, dass der RA anzeigt, dass er eine Zahlung erhalten hat. Der Rpfl prüft dann, in welcher Höhe die Zahlung anzurechnen ist und fordert den zuviel erhaltenen Betrag vom RA zurück.

  • Ich würde meinen, dass es beim Erstellen der Abrechnung nicht mit dem bloßen Durchblättern der Akten getan ist...



    Doch, davon würde ich jetzt erstmal ausgehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der KB prüfen muss, ob eine Zahlung erfolgt ist oder nicht. Zumal es regelmäßig so ist, dass sich die Beteiligten darüber streiten, ob gezahlt wurde, in welcher Höhe die Zahlung erfolgte und wofür das Geld überhaupt war. Diese Prüfung gehört m.E. nicht in den Zuständigkeitsbereich des KB.

    Ich denke mal, es müsste so laufen, dass der RA anzeigt, dass er eine Zahlung erhalten hat. Der Rpfl prüft dann, in welcher Höhe die Zahlung anzurechnen ist und fordert den zuviel erhaltenen Betrag vom RA zurück.



    Das hört sich von der Systematik schlüssig an.:daumenrau
    Dann müsste aber der Kostenbeamte zumindest die Akte an den zust. Rpfl./UdG zur entsprechenden Prüfung weiterleiden und nicht stur abrechnen. Eine Abrechnung zu fertigen in dem Wissen, dass etwas nicht stimmen könnte, halte ich für sehr bedenklich...

    Die Frage ist nur, ob sich damit die Dienstaufsichtsbeschwerde rechtfertigen lässt. Und irgendwie müsste auch der RA dranzukriegen sein. Denn wenn die Erinnerung gegen die Kostenrechnung zurückgewiesen worden ist, die Dienstaufsichtsbeschwerde ins Leere geht, bleibt ja nur der zivilrechtliche Weg gegen den RA...

    Aber irgendwie hängt doch die Staatskasse auch mit drin. Der Rechtsanwalt hat nach aktuellem Stand zu Unrecht einen Teil der Pflichtanwaltsvergütung erhalten.

    Einmal editiert, zuletzt von Doppelte Halbtagskraft (30. Juni 2010 um 11:15) aus folgendem Grund: Berichtigung

  • Vielen Dank erst einmal für die Antworten. Langsam kommt Licht ins Dunkle;)
    Meint ihr denn nicht, dass auch dem Kostenbeamten des m.D beim Kostenansatzverfahren eine gewisse Prüfungspflicht zukommt. Wenn ihm mitgeteilt wird, dass bereits Zahlungen geleistet wurden, kann er das wirklich ignorieren oder müsste er sich dann nicht an den zuständigen R`pfleger wenden, der die Kosten damals festgesetzt hat. Würde sich eine solche Pflich evtl. aus der Kostenverfügung ergeben? Wenn ja, aus welchem §?
    Oder wenn er hierzu keine Pflicht hat - aus welchen § ergibst sich das?

    Viele sonnige Grüße

    P.S. nein, ich arbeite nicht als Rechtspfleger in Kostensachen, sondern bin in Rechtspfleger in der Verwaltung tätig;)

  • Meint ihr denn nicht, dass auch dem Kostenbeamten des m.D beim Kostenansatzverfahren eine gewisse Prüfungspflicht zukommt

    Nochmals: Nein. Gegenüber der Staatskasse, an die er die Kosten des Verfahrens zu zahlen hat, weil er dazu verurteilt wurde, kann er nicht geltend machen, dass er schon etwas an seinen RA gezahlt hat. Die Staatskasse hat an den Pflichtverteidiger den Betrag X gezahlt und diesen Betrag X muss der Verurteilte an die Staatskasse zurückzahlen. Alles andere ist Sache zwischen dem Mandanten und seinem RA.

  • Nochmals: Nein. Gegenüber der Staatskasse, an die er die Kosten des Verfahrens zu zahlen hat, weil er dazu verurteilt wurde, kann er nicht geltend machen, dass er schon etwas an seinen RA gezahlt hat. Die Staatskasse hat an den Pflichtverteidiger den Betrag X gezahlt und diesen Betrag X muss der Verurteilte an die Staatskasse zurückzahlen. Alles andere ist Sache zwischen dem Mandanten und seinem RA.



    :daumenrau

    Man sollte nicht vergessen, dass der RA verpflichtet ist, Zahlungen, die er erhalten hat, dem Gericht mitzuteilen. Wenn er das macht, bekommt der Rpfl/UdG die Akte vorgelegt, kann die Sache prüfen und dann ggf die Rückforderung einleiten.

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