§ 797 Abs. 3 ZPO

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,

    mal wieder eine typische Vertretungssituation...keine Ahnung was zu tun ist...

    Ich habe vom Kreisjugendamt ein Schreiben bekommen, nach dem
    beabsichtigt wird, bei verloren gegangenen vollstreckbaren Unterhaltstiteln
    eine zweite vollstreckbare Ausfertigung erstellen zu lassen.
    Dabei handelt es sich um Urkunden des Jugendamtes und Beschlüssen des
    hiesigen Amtsgerichts.

    Ich soll nun dem Jugendamt mitteilen, ob hier Einwendungen gegen die Erteilung 2. vollstreckbarer Ausfertigungen der Unterhaltstitel gemäß § 797 Abs. 3 ZPO bestehen.

    Ehrlich gesagt verstehe ich das jetzige weitere Verfahren nicht. Was muss ich nun tun? Wie sieht das weitere Verfahren aus?

    Kann mir jemand helfen?:gruebel:


    Danke!

  • lustig, ich hatte diese woche genau den fall
    ich kannte das bisher nur von notarurkunden

    also gem. § 60 I 3 SGB VIII gilt der § 797 III auch für urkunden des JA.

    ich höre dann immer den schuldner an, ob er weiß wo die vollstreckbare Ausfertigung verblieben ist und ob er einwendungen gegen die erteilung einer weiteren vollstreckbaren ausfertigung hat.

    dann ergeht beschluß, in dem steht, daß dem JA gestattet wird, eine weitere vollstreckbare Ausfertigung der urkunde ..... (genaue bezeichnung) zu erteilen.

    in dem fall von letzter woche mit dem JA habe ich dann auch noch das JA gebeten, sich bei allen beteiligten RA-Kanzleien zu informieren, ob da vielleicht die urkunde geblieben ist.

  • Das AG hat hier zuzustimmen, dass die titelausstellende Behörde eine zweite vollstreckbare Ausfertigung des (verloren gegangenen) Titels erstellen darf. Man muss sich das so vorstellen, als wenn z.B. eine 2. vollstreckbare Ausfertigung eines VB beantragt wird. Unterschied: Den VB hat das Gericht zu erstellen, den UH-Titel das Jugendamt selbst. Das Gericht wird hier nur um Genehmigung ersucht. Das ist eine Angelegenheit der Verwaltung (bei uns ist das immer das Az.: 383 I gewesen).

    Man muss sich also glaubhaft machen lassen, wo und wie der Ursprungstitel abhanden gekommen ist. Dann kann man - in Beschlussform oder als Schreiben - dem JA sinngemäß folgendes mitteilen:

    In pp.
    wird hiermit die Genehmigung erteilt, eine weitere/zweite vollstreckbare Ausfertigung der Verpflichtungsurkunde XY vom blabla, Az.: sowienoch, zu erstellen/erteilen.
    Diese zweite vollstreckbare Ausfertigung tritt an die Stelle der abhanden gekommen/verloren gegangenen/versehentlich vernichteten/wasweißdennich Erstausfertigung vom ...damalswar´s...


    Sind die Urkunden vom Gericht ausgestellt, dann muss sich das JA an die Abteilung des Gerichts wenden und dort eine 2. vollstreckbare Ausfertigung beantragen.

  • Wüde das Thema gern noch ein mal aufgreifen.

    Mir liegt ein entsprechender Antrag vor, die vollstreckbare Ausfertigung sei verloren gegangen.

    Tatsächlich befindet sie sich jedoch bei dem Schuldner, der darauf bei der Anhörung verweist.

    Der Gläubiger erhebt nun Klage auf Herausgabe der Urkunde und hilfsweise die Erteilung einer 2 vollstreckbaren Ausfertigung. Der Antrag nach § 797 III ZPO wurde nicht zurückgenommen sondern erweitert.

    Also nun Herrn Abteilungsrichter?


  • Der Gläubiger erhebt nun Klage auf Herausgabe der Urkunde und hilfsweise die Erteilung einer 2 vollstreckbaren Ausfertigung.



    Ist die Klage schon anhängig ?

    Was heißt "hilfsweise die Erteilung einer 2. vollstreckbaren Ausfertigung" ?

    Was trägt der Schuldner genau vor ?

  • Es wird hilfsweise beantragt, falls der Schuldner die Ausfertigung nicht herausgibt. Funktioniert so nicht.

    Der Schuldner gibt an, alles bezahlt zu haben, daher hat er auch die vollstreckbare Ausfertigung.
    Habe die Klage jetzt neu eintragen lassen und dem Richter vorgeleget. "Meine" Akte habe ich weggelegt. Ich denke, so müsste es richtig sein.

  • Da es keine "bedingte" Klageerhebung gibt, ist die Klage auf Herausgabe des Titels unbedingt erhoben. In dem Erkenntnisverfahren kann der Schuldner als Beklagter vortragen, dass der den Titel nicht herausgeben muss, weil er die titulierte Forderung erfüllt hat.

    Den Hilfsantrag muss man m. E. sinnvollerweise so interpretieren: Die zweite vollstr. Ausf. ist für den Fall beantragt, dass der Kläger mit seiner Klage obsiegt, die Herausgabevollstreckung aber ergibt, dass die erste vollstr. Ausf. beim Schuldner nicht zu finden ist.

    Also würde ich den Vorgang mal aufheben und abwarten, was in dem Erkenntnisverfahren rauskommt.

  • Ich habe den SV so verstanden, dass erst Antrag nach § 797 ZPO gestellt wurde und danach dann Klage auf Herausgabe + Hilfsantrag.

    Der Einwand, dass der Schuldner den Titel hat, reicht so nicht, zu prüfen ist, ob berechtigte Interessen des Schu. verletzt werden können, daher muss er zumindest behaupten, dass er nicht rechtsgrundlos den Titel hat, sprich der Kläger keine Ansprüche aus dem Titel mehr. Trägt er dazu nichts vor ---> Klausel erteilen.

    Falls doch --> Abweisung

    Die Sache ist entscheidungsreif. Ob die Klage erfolgt hat und wie eine evtl. Vollstreckung ausgehen sollte, ist ein völlig anderer Sachverhalt. Sollte es so sein, kann eine neue Klausel beantragt werden.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover



  • Der Gläubiger erhebt nun Klage auf Herausgabe der Urkunde und hilfsweise die Erteilung einer 2 vollstreckbaren Ausfertigung.

    @ Vorposter:

    Nach diesem Sachverhalt ist doch eindeutig der Antrag auf Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung der Hilfsantrag und nicht anders herum.

  • Hallo,

    ist das Amtgericht - Familiengericht- weiterhin für die Ermächtigung der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung einer Jugendamtsurkunde zuständig oder muss das das Jugendamt selbst machen, da zum 01.09.2013 der § 797 Abs. 3 ZPO geändert wurde?
    Habe das noch nie gemacht und bin deshalb ein wenig überfragt...

    Danke!

  • Ich greife das Thema nochmal auf mit einer kleinen Abweichung vom Ursprungsfall: bei mir trägt das Jugendamt vor, dass die Urkunde bei der Kindesmutter (nicht beim Schuldner) sei und diese mehrfach aufgefordert wurde, diese herauszugeben, damit eine Rechtsnachfolgeklausel wegen übergegangener Ansprüche beantragt werden kann.

    Die Kindesmutter habe bisher nicht reagiert, weshalb nun die Ermächtigung zur Erteilung einer 2. vollstreckbaren Ausfertigung erbeten wurde. Da ich noch nichts über den Verbleib der Urkunde weiß, fühle ich mich nicht so gut dabei, direkt die Ermächtigung zu erteilen. Vielleicht ist die Urkunde ja nicht verloren gegangen, sondern liegt nach wie vor bei der Kindesmutter und dann besteht die Gefahr einer Doppelvollstreckung. Müsste man hier auch erst auf die Möglichkeit einer Klageerhebung auf Herausgabe hinweisen oder würdet ihr die Ermächtigung erteilen?
    Die Kindesmutter hatte ich bereits angeschrieben, ohne Erfolg.

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