Notar hält trotz Antragsrücknahme der Beteiligten an Antrag fest, wie verfahren?

  • Hallo,

    mir liegt folgender Fall vor, der wirtschaftlich von großer Bedeutung ist.
    Eingetragen ist im Grundbuch eine AV für die A. Eine weitere AV für B wurde später eingetragen. Der Notar reicht zunächst eine ordnungsgemäße Löschungsbewilligung der A ein und beantragt gemäß §15 GBO die Löschung der AV. Einige Tage später geht eine formgerechte Antragsrücknahme der A ein, die auch um Rücksendung der Löschungsbewilligung bittet. Die Vormerkung dürfe keinesfalls gelöscht werden. Hierauf wurde der Notar hingewiesen, der jedoch ausdrücklich an seinem Löschungsantrag gemäß §15 GBO festhält. Der Notar hat lediglich die Löschungsbewilligung beglaubigt. Muß ich davon ausgehen, daß auch ein Antrag für den Eigentümer gestellt ist (dieser hat ausdrücklich an den Löschungsunterlagen nicht mitgewirkt). Wie würdet Ihr Vorgehen? Danke für Eure Hilfe!!

  • Es ist doch so, dass gemäß § 15 GBO lediglich vermutet wird, dass der Notar zur Antragstellung im Namen der Antragsberechtigten ermächtigt ist.
    Diese Vermutung würde ich als widerlegt ansehen, wenn die Antragsberechtigten die AV nicht gelöscht haben wollen- entgegen des Antrages des Notars.

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Zunächst Danke. Möglicherweise habe ich daneben noch den Antrag des Eigentümers (der wohl offenbar nicht mitgewirkt haben muß). Nach §15 GBO wird offenbar vermutet, daß der Notar für alle Antragsberechtigten den Antrag stellt.

  • Ein Widerruf der Antragsvollmacht ist nur vor Antragstellung beachtlich (Demharter § 31 Rn. 17). Ich meine auch, dass den Notarantrag nur der Notar selbst zurücknehmen kann (so interpretiere ich Demharter § 31 Rn. 10).

    Ich würde die Beteiligte A hierauf hinweisen und dazu schreiben, dass ich die Löschung vornehmen werde, wenn die Antragsrücknahme des Notars nicht bis zum ... vorliegt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ein Widerruf der Antragsvollmacht ist nur vor Antragstellung beachtlich (Demharter § 31 Rn. 17). Ich meine auch, dass den Notarantrag nur der Notar selbst zurücknehmen kann (so interpretiere ich Demharter § 31 Rn. 10).



    Aus der Rn 10 kann man diesen Schluss nicht ziehen. Der Notar handelt nicht in eigenen Namen, sondern für die Antragsberechtigten. Wenn der Notar aufgrund der durch § 15 II GBO zu vermutenden Vollmacht einen Antrag stellt, kann er diesen natürlich nur zurücknehmen, wenn er zum Zeitpunkt der Rücknahme noch über eine Vollmacht verfügt. Hier ist dies aber unerheblich.

    Der Antrag ist wirksam gestellt. Der Widerruf der Antragsvollmacht ist somit unerheblich sofern nicht deutlich wird, dass die Antragsvollmacht schon bei Stellung des Antrages nicht mehr bestand. Da der Notar nicht ausdrücklich gesagt hat, für welchen Antragsberechtigten er handelt, ist davon auszugehen, dass er für A als Betroffene und auch für den Eigentümer als Begünstigten gehandelt hat (Demharter § 15 RN 11). Die Antragsrücknahme der A hilft somit nicht, da noch ein Antrag des Eigentümers vorliegt. Die Bewilligung kann nicht zurückgenommen oder widerrufen werden (Demharter § 19 RN 112). Also ist die Vormerkung zu löschen.

  • Zunächst Danke für das Interesse.
    Der Notar hat bei Antrag die Formulierung gewählt "Ich beantrage, den gestellten Anträgen zu entsprechen".
    Die beigefügte Löschungsbewilligung der vormerkungsberechtigten A enthält nur deren Löschungsantrag. Ich gehe deshalb davon aus, daß nur der Antrag der A gestellt ist, den diese auch bei Vertretung gemäß §15 GBO zurücknehmen dürfte. Sofern ich dem Notar meine Bedenken mitteile, wird er wohl einen Antrag im Namen aller Antragsberechtigten stellen. Kann ich dann die von ihm eingereichte Bewilligung noch heranziehen? Die Sache hat eine gewisse Brisanz, da bei Löschung der Vormerkung die Beteiligte A erhebliche Rechtsverluste erleidet. Diese hat vorgetragen, daß Sie eine Bevorzugung des vormerkungsberechtigten B befürchte.

  • Ich würde auf keinen Fall die AV löschen, da dies erhebliche Rechtsfolgen hat. Da A den Antrag zurückgenommen hat und der Notar lediglich als ermächtigt gilt nach§ 15 GBO. Weise den Löschungsantrag des Notars zurück, da die Antragstellerin selbstihren Antrag zurückgenommen hat. Dann mag der Notar Beschwerde einlegen und dasOLG entscheiden, was mit dem Notarantrag ist.

  • Ich würde auf keinen Fall die AV löschen, da dies erhebliche Rechtsfolgen hat. Da A den Antrag zurückgenommen hat und der Notar lediglich als ermächtigt gilt nach§ 15 GBO. Weise den Löschungsantrag des Notars zurück, da die Antragstellerin selbstihren Antrag zurückgenommen hat. Dann mag der Notar Beschwerde einlegen und dasOLG entscheiden, was mit dem Notarantrag ist.


    Nichts für ungut, aber wenn wir unsere Entscheidungen nur danach ausrichten, ob sie erhebliche Rechtsfolgen haben, dann können die Länder sich die enormen Kosten für die Rechtspflegerausbildung bedenkenlos sparen. Der Rechtspfleger ist an Recht und Gesetz gebunden. Und wenn er nicht den Mumm hat, danach zu handeln, sondern nur die Verantwortung von sich wegschieben will, dann hat er den falschen Beruf gewählt.

  • Ein Widerruf der Antragsvollmacht ist nur vor Antragstellung beachtlich (Demharter § 31 Rn. 17). Ich meine auch, dass den Notarantrag nur der Notar selbst zurücknehmen kann (so interpretiere ich Demharter § 31 Rn. 10).



    Hier haben wir aber keine Vollmacht, sondern nur eine widerlegbare Fiktion, wonach der Notar ermächtigt sein soll, für alle Antragberechtigten Anträge stellen zu dürfen.
    Nach der Literaturmeinung soll ein Widerruf der Ermächtigung lediglich bis zum Antragseingang möglich sein, nach der Rechtsprechung allerdings bis zur Eintragung (BayObLG Rpfleger 1985, 356). Da das Grundbuchamt nicht prüfen kann, ob dem Notar gegenüber die Ermächtigung oder Vollmacht vor Antragseingang wirksam widerrufen worden ist, halte ich die Literaturmeinung für in der Praxis nicht verwendbar.
    Ich würde hier Justizias Meinung vertreten und den Notarantrag zurückweisen.

    Die Urkunde kann natürlich nur demjenigen zurückgegeben werden, der sie eingereicht hat.

  • Die Widerlegung der Vollmachtsvermutung und der Widerruf der vermuteten Vollmacht sind zwei verschiedene Dinge. Ob erstere vorliegt oder letzterer wirksam ist, kann im Ergebnis dahinstehen, da jeder Antragsteller berechtigt ist, den für ihn gestellten Notarantrag selbst zurückzunehmen (Demharter § 15 Rn.17). Da die Rücknahme von A der Form des § 29 GBO entspricht, ist die Rücknahme wirksam. Es gibt daher keinen Antrag von A mehr, aufgrund dessen eingetragen werden könnte.

    Ob es daneben noch einen Antrag des Eigentümers gibt, hängt davon ab, für wen der Notar den Antrag gestellt hat. Wenn der Notar bei seinem Antrag auf eine von ihm erstellte Urkunde Bezug nimmt, ist davon auszugehen, dass von ihm auch nur die in der Urkunde gestellten Beteiligtenanträge gestellt werden (OLG Bremen Rpfleger 1987, 494; OLG Zweibrücken Rpfleger 1989, 17; a.A. Demharter § 15 Rn.12). Demnach liegt kein Antrag von B vor und das Antragsverfahren ist durch die Rücknahme des Antrags von A beendet.

    Aufgrund der Beendigung des Eintragungsverfahrens ist die Löschungsbewilligung an ihren Einreicher zurückzugeben. Dies ist jedoch nach meiner Ansicht nicht der Notar, sondern der Antragsteller, hier also A, weil nur für diese der Antrag gestellt wurde (vgl. Demharter § 10 Rn.14 und § 31 Rn.13). Damit stellt sich aber die Frage nicht mehr, ob die vorliegende Bewilligung bei einer erneuten Antragstellung des Notars für B nochmals verwendet werden könnte, weil der Notar diese Bewilligung aufgrund der erfolgten Rückgabe an A gar nicht mehr vorlegen kann. Auf diese Weise kann die Bewilligung somit nicht erneut verwendet (Demharter § 31 Rn.13), sondern sie muss in einem neuen Eintragungsverfahren erneut wirksam werden (Demharter § 19 Rn.114).

  • Nichts für ungut, aber wenn wir unsere Entscheidungen nur danach ausrichten, ob sie erhebliche Rechtsfolgen haben, dann können die Länder sich die enormen Kosten für die Rechtspflegerausbildung bedenkenlos sparen. Der Rechtspfleger ist an Recht und Gesetz gebunden.



    ... es sei denn, durch ein Handeln nach Recht und Gesetz würde ein Rechtssubjekt faktisch handlungsunfähig?


  • Aufgrund der Beendigung des Eintragungsverfahrens ist die Löschungsbewilligung an ihren Einreicher zurückzugeben. Dies ist jedoch nach meiner Ansicht nicht der Notar, sondern der Antragsteller, hier also A, weil nur für diese der Antrag gestellt wurde (vgl. Demharter § 10 Rn.14 und § 31 Rn.13).



    Das sehe ich anders, weil der Notar möglicherweise ein Recht auf Besitz der Urkunde haben könnte. Damit sich das GBA in einen Streit um das Besitzrecht nicht einmischt ist mangels anderer Bestimmung des Einreichers an den Einreicher selbst zurückzugeben. Es spielt dabei keine Rolle, wer Antragsteller ist (so auch Meikel, GBO 10. Aufl., § 10 Nr. 27 und übrigens auch Demharter, 24. Aufl., GBO, §10 Nr. 14).

  • A = Eigentümer bestellt für B ein Recht. Die Bewilligung lautet "A bewilligt und beantragt die Eintragung des Rechts." A ist bei Abgabe der Erklärung von B vertreten worden aufgrund notarieller Vollmacht. Der Notar stellt den Eintragungsantrag gem. § 15 GBO ohne Zusatz, für wen der Antrag gestellt wird.

    Jetzt hat A einen Betreuer erhalten. Die Vollmacht von B wurde widerrufen - ob wirksam ist unklar. Der Betreuer möchte die Eintragung des Rechts verhindern und hat den Notar um Antragsrücknahme gebeten. Dieser sieht sich daran gehindert, weil er auch im Namen von B den Antrag gestellt habe und der den Antrag nicht zurückgenommen haben möchte.

    Und nun? :nixweiss:

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • Wenn nichts ausdrücklich gesagt ist, stellt der Notar den Antrag im Namen aller Antragsberechtigten, also auch von B. Ohne dessen Einverständnis kann er den Antrag nicht zurücknehmen. Wenn die Vollmacht Befreiung von § 181 BGB enthält und nicht vor Abgabe der Erklärung widerrufen war, bedeutet das fürs GBA: eintragen.
    Der Betreuer muss ggf. klagen und beweisen, dass B ohne Auftrag des A gehandelt hat bzw. A beim Auftrag nicht mehr geschäftsfähig war. Das interessiert allerdings (vorerst) das GBA nicht.

  • Nichts für ungut, aber wenn wir unsere Entscheidungen nur danach ausrichten, ob sie erhebliche Rechtsfolgen haben, dann können die Länder sich die enormen Kosten für die Rechtspflegerausbildung bedenkenlos sparen. Der Rechtspfleger ist an Recht und Gesetz gebunden.

    ... es sei denn, durch ein Handeln nach Recht und Gesetz würde ein Rechtssubjekt faktisch handlungsunfähig?

    Es muss jedem klar sein, dass der Grundbuchbeamte über kein Spruchrichterprivileg verfügt. Auch wenn eine persönliche Inanspruchnahme des Grundbuchbeamten nach meiner Kenntnis - hier lasse ich mich gerne verbessern - faktisch noch nicht erfolgt ist, sind gegen das Land gerichtete Amtshaftungsansprüche unschön für die Karriere. Obwohl ich mich ansonsten als recht mutigen Grundbuchbeamten bezeichnen würde, lege ich streitige Anträge, wenn es irgendwie möglich ist, immer dem OLG vor (und wurde bereits mehrmals gegen meine eigene Überzeugung gehalten). Ich würde hier eine Zwischenverfügung dahin erlassen, dass aufgrund Antragsrücknahme eine neue Löschungsbewilligung vorzulegen ist. Alles andere kann zu irreparablen Schäden führen.

  • Die Vorlage einer fehlenden und erst noch abzugebenden Eintragungsbewilligung kann nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein.

    Ansonsten wie uschi: Wer nach § 15 GBO vorlegt, stellt den Antrag für alle Antragsberechtigten, hier also auch für B, so dass die alleinige Antragsrücknahme durch den Betreuer des A nicht zur Beendigung des Eintragungsverfahrens führt. Damit ist auch die Eintragunsbewilligung weiter verwendbar.

    Der zutreffende Weg aus Sicht des A wäre ein durch einstweilige Verfügung angeordnetes Erwerbsverbot.

  • Das hatte ich nicht in Abrede gestellt.

    Antrag des B liegt vor.
    Wirksame Eintragungsbewilligung des A liegt vor (Widerruf erst nach dem Handeln des Bevollmächtigten).

    Man könnte allenfalls daran denken, eine Unwirksamkeit des Handelns des Bevollmächtigten unter dem Gesichtspunkt des evidenten Vollmachtsmissbrauchs anzunehmen (Palandt/Ellenberger § 164 Rn. 14 m. w. N.). In diesem Fall läge keine wirksame Eintragungsbewilligung vor. Ob man aus Sicht des Grundbuchamts die hierfür erforderlichen Voraussetzungen ohne weiteres bejahen kann, erscheint mir allerdings zweifelhaft.

  • Ich werde mich nicht damit anfreunden können, dass ein Notarantrag für alle Antragsberechtigten gestellt ist, wenn er nur die Unterschrift des Bewilligenden beglaubigt hat und dieser in der Urkunde sowohl "bewilligt und beantragt".

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