Sturmlauf gegen Infoblatt mit Hinweisen für Schuldner und Drittschuldner...

  • Hallo,
    es werden zunehmend Erinnerungen gegen die Kontopfändungen eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, dass das für den Schuldner beigefügte Infoblatt in der ZPO keine Grundlage finde, lediglich Kosten verursache und Vollstreckungsschutzanträge provoziere.
    Ich habe das von meinem Vorgänger im Amt übernommen und hoffe darauf, dass irgendjemand eine Grundlage in der Rechtsprechung dafür hat.
    Vielen Dank für eine Antwort!

  • Wo der Gläubiger Recht hat, hat er Recht. Der Gläubiger kriegt auch kein Info-Blatt zum Titel dazu, wie er sich zu verhalten hat und wie er vollstrecken könnte, wenn er denn wollte.

  • Es handelt sich um das "normale" hier auch downloadbare Infoblatt zum P-Konto bzw. der bisherige Hinweis bei Vorliegen von Sozialleistungen. Ist hier alles schon durchgekaut worden. Es scheint sich aber um ein flächendeckendes Aufbegehren des Inkassobüros zu handeln. Andere Kollegen aus dem Bezirk haben auch solche Anträge auf dem Tisch.

  • Hmm, das Hinweisblatt kenne ich nicht.
    Nach früherer Rechtslage hatte ich meinen Pfübsen aber schon ein Hinweisblatt beigefügt.

    Rechtsgrundlage ist § 139 ZPO bzw. Anspruch auf faires Verfahren.

    Zweckmäßig ist es außerdem, weil uns die Schuldner sonst sofort aufsuchen und dann eben doch diese Hinweise bekommen.

  • Genau aus diesen Gründen #1 schicke ich keine mehr oder minder kluge Zettel an die Beteiligten. Das Recht ist mit den Hellen.

  • Wir haben hier gerade dasselbe Problem, deshalb hänge ich mich mal an. Das Infoblatt ist in dem hiesigen Programm IT-MobiV als Anlage zu den PÜs vorgesehen und enthält Hinweise für den Schuldner und Drittschuldner über das P-Konto.
    M.E. ist bereits die Erinnerungsbefugnis des Gläubigers fraglich, weil er doch kaum beschwert sein dürfte wenn ich dem PÜ- Antrag im Übrigen entsprochen habe, oder?! :gruebel:
    Ich finde, dass der allgemeine Hinweis auf die Möglichkeit der Eröffnung eines P- Kontos nichts mit einer unzulässigen Rechtsberatung zu tun hat und dem Rechtspfleger wohl kaum vorgeschrieben werden kann, ob und welche Anlagen er an seine Beschlüsse anhängen darf :mad:

  • So hab jetzt auch die Erinnerung erhalten.

    Begründet wirds mit dem ernormen Mehrkostenaufwand der Gläubiger.

    Werde mit dem Abteilungsrichter und der Verwaltung reden müssen.
    Aber selbst wenn man der Erinnerung abhelfen sollte, was soll ich denn jetzt ändern?:gruebel:

    "In pp. wird das Merkblatt als (ja als was?) unzulässig erachtet"??? :confused:

  • Also ich frage mich auch, wo denn da der Gläubiger beschwert sein will, wenn seinem Antrag voll entsprochen wurde. Klar kann er mal motzen, wenn er meint, aber ein RM steht ihm ja wohl kaum zu.
    Wir geben hier schon seit Jahren keine Infoblätter mehr mit raus, da wir es nicht als unsere Aufgabe ansehen, Schuldner und Drittschuldner auf ihre rechtlichen Möglichkeiten hinzuweisen (solange sie nicht selbst nachfragen).

  • Was denn bitte schön für ein Mehrkostenaufwand? Der Aufwand der entsteht, weil ein Schuldner von seinen gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch macht?

  • Ein RM ist doch nur zulässig gegen Inhalte von Entscheidungen und nicht gegen die Übersendung von irgendwelchen Info-Blättern.
    Wenn der Gläubiger tatsächlich RM gegen einen PfÜB eingelegt hat, der antragsgemäß erlassen wurde, ist der Gläubiger nicht beschwert und das RM ist kostenpflichtig zurückzuweisen. (Die Einlegung von RM hört dann ganz schnell wieder auf.)
    Wenn der Gläubiger sich gegen die Versendung von Info-Blättern/Hinweisen u.ä. wehren will, muss er andere Wege gehen. Dafür ist ein RM gegen den Titel nicht geeignet.

  • So hab jetzt auch die Erinnerung erhalten.

    Begründet wirds mit dem ernormen Mehrkostenaufwand der Gläubiger.

    Welche Mehrkosten entstehen denn für den Gläubiger?

    Aber selbst wenn man der Erinnerung abhelfen sollte, was soll ich denn jetzt ändern?:gruebel:

    "In pp. wird das Merkblatt als (ja als was?) unzulässig erachtet"??? :confused:


    "Der Schuldner wird angewiesen, den Inhalt des Merkblatts zu vergessen." Oder Du hebst den PfÜB auf und erlässt einen neuen (ohne Merkblatt).
    Die Bitte, künftig keine Merkblätter mehr beizufügen könnte ich ja verstehen, aber ein RM gegen den antragsgemäß erlassenen PfÜB?

    Zitat von witomi

    Wir geben hier schon seit Jahren keine Infoblätter mehr mit raus, da wir es nicht als unsere Aufgabe ansehen, Schuldner und Drittschuldner auf ihre rechtlichen Möglichkeiten hinzuweisen


    Zumindest das alte Merkblatt über § 55 SGB diente ja auch der Entlastung des Gerichts, da so Freigabeanträge vermieden wurden (jedenfalls so lange man Freigaben bei Sozialleistungen noch abgelehnt hat).

  • Wir haben hier auch davon abgesehen, bzw. die Kollegen der Vollstreckungsabteilung, Merkblätter beizufügen... eben um solchen Problemen aus dem Weg zu gehen. Ich denke, man kann sich streiten darüber, ob man den Schuldner über seine Möglichkeiten nach PfübErlass aufklären sollte...wie bereits erwähnt...dem Gläubiger hilft im Zweifel auch niemand...

    Wir sind hier nur auf die Problematik gestoßen, weil die Banken Schuldner zu uns schicken (bin RAS) trotz der Gesetzesänderung vom 1.7. Da sind die Schuldner immer ganz erstaunt, wenn man ihnen das Märchen vom P- Konto erzählt...die Banken weisen da nicht drauf hin.

    Aber wie gesagt, unsere Vollstreckungsabt. wird kein Merkblatt beifügen...irgendwann werden sich aber hoffentlich die Banken mal in ihr Schicksal fügen...:mad:

  • Der Finanzielle Mehraufwand dürften die Fotokopiekosten des Gerichtsvollzihers für die Herstellung von 2 Abschriften des Pfübs sein, der um die Infoblätter erhöht wird, falls das Infoblatt Bestandteil des Pfübs ist und keine Abschriften vom Gericht an den GV bzw. GL -bei Selbstveranlassung der Zustellung- sein, sowie die vom Gerichtsvollzieher erhobene Beglaubigungsgebühr, die -ich glaube -auch pro Seite erhoben wird.

  • Wir fügen auch kein entsprechendes Merkblatt bei - das RM würde ich ohne Abhilfe vorlegen, eine Beschwer ist meines Erachtens nicht gegeben, die Beifügung wäre außerhalb zu klären.



    Auf welche Art und Weise meinst du denn?
    Ich sehe hier für den Gläubiger kaum eine andere Möglichkeit, auf die seiner Meinung nach unzulässige Beifügung des Infoblattes aufmerksam zu machen, als durch die Erinnerung. Dass er im technischen Sinne nicht beschwert ist und das Rechtsmittel deshalb unzulässig, ist wohl richtig. Sollte allerdings irgendwann jemand mal Amtshaftung für die Kopier- und Beglaubigungskosten geltend machen (was ich grundsätzlich allerdings für unwahrscheinlich halte) wird man schon wegen § 839 III BGB allerdings wohl nachweisen müssen, dass Rechtsmittel zumindest versucht worden.

  • Sehe ich auch so. Die Merkblätter sind doch nicht Bestandteil des PfÜbs, sondern werden von der Serviceeinheit (zumeist auf Anweisung) beigefügt und je nach Absprache mit den GVs auch mit ausreichend Abschriften.

    Allenfalls kann DAB eingelegt werden. Dann könnten aber auch unzählige Justiz-Internetseiten einzubeziehen sein, in denen das Merkblatt auch (noch) eingestellt ist. M.E. wäre die DAB aber unbegründet, da nur auf die Rechtslage hingewiesen wird.

    Ob die Merkblätter jetzt noch sinnvoll sind oder nach Einführung des P-Kontos nicht eher Verwirrung beim Schuldner stiften, lasse ich mal offen, ich würde sie wohl eher weglassen.

    Außerdem sollte sich das Problem ja Ende 2011 erledigt haben...

  • Guten Tag, zusammen!

    Merkblätter (egal, welchen Inhalts) sind ebensowenig als Bestandteil eines Pfändungsbeschlusses vorgeschrieben wie Rechtsmittelbelehrungen und haben schon deshalb im Forderungspfändungsverfahren nichts zu suchen.

    Mit derselben Berechtigung wie Merkblätter über Pfändungsschutzkonten könnte man jedem Pfändungsbeschluss auch Merkblätter über häufig erhobene Einwendungen beifügen, beispielsweise darüber, dass materiellrechtliche Fragen nicht durch das Vollstreckungsgericht entschieden werden können, sondern gegebenenfalls im Wege einer sogenannten Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltendzumachen sind, über die jedoch das Prozessgericht zu entscheiden hat. Auf die Idee, ein solches Merkblatt anzufertigen oder dergleichen Inhalte zum Beschlussbestandteil zu machen, käme sicher niemand. Um die Argumentation noch weiter zu polarisieren, ein weiteres Beispiel: Man könnte auch jedem Pfändungsbeschluss eine Belehrung über die Möglichkeiten des Vollstreckungsschutzes nach § 765 a ZPO beifügen. Als Generalklausel könnte diese Vorschrift möglicherweise noch viel häufiger Anwendung finden als die Regelungen über Pfändungsschutzkonten. Auch unter dem Aspekt der Belehrung müssen daher solche Merkblätter unterbleiben, denn sonst müsste man den gesamten Gesetzestext beifügen (vielleicht noch mit einer „Bedienungsanleitung“?).

    Zum Inhalt solcher Merkblätter oder Beschlussanlagen kann ich mir nur vorstellen, dass solche Ausführungen naturgemäß unvollständig bleiben müssen, weil das juristische Denken und Arbeiten eben in der Umsetzung eines Lebenssachverhalts besteht. Wäre es möglich, ein komplexes Thema in ein Merkblatt zu pressen, brauchten wir keine Vollstreckungsgerichte, sondern lediglich ein Flussdiagramm. Wenn aber die Ausführungen in einem solchen Merkblatt unvollständig sind, sind sie folglich auch falsch. Dies birgt gewaltige Haftungsrisiken. Auch aus diesem Grund sollte sich jeder hüten, auch nur daran zu denken, solche Merkblätter zu verwenden.

    Schließlich muss festgehalten werden, dass Zustellungen von Pfändungsbeschlüssen im Parteibetrieb erfolgen (§ 829 Abs. 2 S. 1 ZPO) und nicht von Amts wegen. Das heißt, dass der Gläubiger die Gerichtsvollzieherkosten für die Zustellung bezahlt. Darunter fallen auch die Gerichtsvollzieherkosten für die Herstellung (oder Beglaubigung der vom Gläubiger schon mitgelieferten) Beschlussabschriften in Höhe von 0,50 € pro Seite.

    Wenn ein Merkblatt völlig überflüssigerweise zum Beschlussbestandteil gemacht wurde, ist der Gläubiger mit einem Betrag beschwert, der pro Seite Merkblatt Mehrkosten von mindestens 1,00 € ausmacht (je 0,50 € für jeden Drittschuldner und den Schuldner).

    Die Tatsache, dass die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt, verbietet einen gerichtlichen Eingriff in den Zustellungsauftrag. Der Gläubiger hat sich nur darüber zu erklären, ob er die Zustellung selbst beauftragt oder sie vermittelt wissen möchte. Letzterenfalls äußert er sich sinnvollerweise (weil es eine Zustellung im Parteibetrieb, also nach seinem Wunsch ist) auch darüber, ob die Zustellung an den Drittschuldner mit Aufforderung nach § 840 ZPO erfolgen soll oder nicht. Falls also ein Merkblatt kein Beschlussbestandteil wurde, sondern „nur“ an den Schuldner zugestellt werden soll, ist dies zunächst ein Eingriff in die Beherrschung des Verfahrens durch den Gläubiger. Es stellt sich weiter die Frage, wie der Gerichtsvollzieher einem solchen Zustellungsauftrag nachkommen will, ohne Kopien zu fertigen oder zu beglaubigen und zu berechnen. Auch insoweit ergibt sich wieder eine Beschwer der Gläubigerseite.

    Ich habe in jahrelanger vollstreckungsgerichtlicher Praxis noch nie ein Merkblatt verwendet.

  • Wir haben jetzt auch die ersten Erinnerungen gegen die Beifügung eines Merkblattes (zum P-Konto) bekommen.
    Ich denke, der Knackpunkt dürfte darin liegen, ob die Beifügung eines Hinweises für den Schuldner von der Regelung des § 139 ZPO gedeckt ist.
    Es gibt ja bereits zum Versteigerungsrecht etliche Entscheidungen, wonach das Gericht - gerade gegenüber dem rechtlich nicht vorbelasteten Bürger - zu Hinweisen über etwaig gebotene Anträge sogar verpflichtet ist.
    Bin gerade dabei einige Fundstellen zusammenzusuchen.

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