Erweiterung Kaufgegenstand durch Notarmitarbeiter möglich?

  • Es liegt ein Kaufvertrag über das Wohnungseigentum Blatt 111 und eine Grundschuldbestellungsurkunde vor. Daneben wird eine Vertragsergänzung eingereicht, wonach Kaufgegenstand des Kaufvertrages auch das Teileigentum Blatt 117 (Stellplatz) sein sollte. Der Kaufvertrag wird ohne Kaufpreisänderung entsprechend ergänzt und die Nachverpfändung hinsichtlich der Grundschuld erklärt.

    Mein Problem ist, dass die Vertragsergänzung mit Nachverpfändung nicht durch die Vertragsbeteiligten selbst, sondern durch eine Notarangestellte erklärt wird. Ob die im Kaufvertrag enthaltene umfassende und im Außenverhältnis ungeschränkte Durchführungsvollmacht -einschließlich Änderungen der Niederschrift- wirlich zu einem Hinzufügen eines separat gebuchten Kaufgegenstandes berechtigt?

  • Mir würde die Vollmacht nicht reichen. Sie dient der Durchführung des Vertrages, der nun mal nur über Blatt 111 geschlossen wurde. Der Verkauf/Erwerb auch von Blatt 117 hat mit der Durchführung des Vertrags zu Blatt 111 m.E. nichts zu tun.

    Nach der Sachverhaltsdarstellung dürfte außerdem auch die Auflassung zu Blatt 117 nicht vorliegen, oder?

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.


  • Nach der Sachverhaltsdarstellung dürfte außerdem auch die Auflassung zu Blatt 117 nicht vorliegen, oder?



    Die Ergänzung enthält auch eine Auflassung für den Stellplatz.

  • Auch nach meiner Ansicht ist die Vollmacht -und zwar eindeutig- nicht ausreichend. Man stelle sich einmal den umgekehrten Fall vor, es wäre zunächst nur das Teileigentum verkauft worden und jetzt geht der dort Bevollmächtigte her und kauft noch fünf Wohnungen hinzu - abwegig!

  • Ich denke es kommt schon auf die Formulierung der Vollmacht an, ob sie rein zur Durchführung des Vertrages berechtigt oder auch zu Rechtsgeschäften im Umfeld. Ich formuliere "bei allen zum Vollzug des Vertrages erforderlichen oder zweckmäßigen Rechtshandlungen in jeder Beziehung zu vertreten" und war bisher der Ansicht, dass über die Formulierung „zweckmäßig“ auch derartige Nachträge (wie z.B. für vergessene Weganteile) möglich sind.
    Klar ist ohnehin, dass vor der Verwendung der Vollmacht der Notar einen Auftrag aller Beteiligten einholen muss.

  • Die einer Notariatsangestellten im Kaufvertrag erteilte Vollzugsvollmacht bezieht sich auf das dort genannte Objekt, ermächtigt mithin den Vollmachtnehmer nicht dazu, ohne Mitwirkung des Vollmachtgebers den Gegenstand der ihm erteilten Vollmacht festzustellen (BGH, DNotZ 2002, 866/867; OLG Celle, B. v. 03.11.2009, 4 W 163/09; BeckRS 2009 86280).

    Auch eine Vollmacht, die im Außenverhältnis zu unbeschränkten Handlungen ermächtigt, bezieht sich lediglich auf die Erwerbsmodalitäten und kann nicht den Vollmachtsgegenstand erweitern (SchlHOLG, Rpfleger 1996, 402/403).

    Davon abgesehen müsste eine solche Vollmacht zum einen den Bestimmheitsanforderungen entsprechen und zum anderen für den Vollmachtgeber zumutbar sein (§ 308 Nr. 4 BGB; vgl. die zahlreichen Nachweise in der Abhandlung von Böttcher, ZNotP 8/2007, 298 ff, 302, Fußn. 41).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich denke es kommt schon auf die Formulierung der Vollmacht an, ob sie rein zur Durchführung des Vertrages berechtigt oder auch zu Rechtsgeschäften im Umfeld. Ich formuliere "bei allen zum Vollzug des Vertrages erforderlichen oder zweckmäßigen Rechtshandlungen in jeder Beziehung zu vertreten" und war bisher der Ansicht, dass über die Formulierung „zweckmäßig“ auch derartige Nachträge (wie z.B. für vergessene Weganteile) möglich sind.
    Klar ist ohnehin, dass vor der Verwendung der Vollmacht der Notar einen Auftrag aller Beteiligten einholen muss.



    Eben: "Zum Vollzug des Vertrages". Weshalb sollte der Hinzukauf eines weiteren Objekts zum Vollzug des Altvertrages erforderlich oder zweckmäßig sein? Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Also entweder "weite" und unbeschränkte Vollmacht oder die Beteiligten haben selbst anzutanzen.

    Über die von Prinz zitierten Nachweise musste ich etwas schmunzeln. Es ist immer wieder erstaunlich, dass Dinge den Instanzenweg hochgehen, die an sich völlig eindeutig sind.

  • Weshalb sollte der Hinzukauf eines weiteren Objekts zum Vollzug des Altvertrages erforderlich oder zweckmäßig sein?


    Weil es häufig nicht um einen Hinzukauf eines weiteren Objekts geht, sondern um die Beseitigung einer irrtümlichen Falschbezeichnung des ursprünglichen Vertragsgegenstandes.

  • Das mag sein aber woher soll ein Dritter - hier das GBA - wissen, ob ein Fall der Falschbezeichnung oder eine "echte" Erweiterung des Kaufgegenstandes vorliegt?

    Ulf

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  • Vielen Dank für die Meinungen und die Fundstellen.

    Das OLG Schleswig führt zutreffend aus, dass selbst bei einer wirtschaftlichen Einheit eine gemeinsame Veräußerung nicht zwingend sei:

    "Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des LG, die Anteile an den vom Kaufvertrag nicht ausdrücklich umfaßten drei Erbbaurechten seien rechtlich selbständig. Soweit der Notar im Erstbeschwerdeverfahren geltend gemacht hat, es handele sich um Bestandteile des Erbbaurechts Bl. 6642, kommt die weitere Beschwerde auf diese ersichtlich nicht im Sinn des § 96 BGB gemeinte, unrichtige Zuordnung nicht zurück. Einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem verkauften Erbbaurecht hat das LG unterstellt und gemeint, gleichwohl sei eine einheitliche Veräußerung nicht zwingend. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die insoweit vom Notar erhobene Rüge, das LG habe gegen die Lebenserfahrung verstoßen, weil die Anteile teilweise für die Benutzbarkeit des verkauften Erbbaurechts erforderlich seien, ist hinsichtlich der Begründung im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich. Neue Tatsachen in bezug auf die Sache selbst wie die erstmals jetzt behauptete Notwendigkeit der Anteile für die Benutzbarkeit können in der weiteren Beschwerde grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (Demharter § 78 Rn. 11 m.w.N.). In dieser Allgemeinheit trifft die neue Behauptung nach dem Inhalt der Erbbaugrundbücher ohnehin nicht zu. (...)"

    Der separate Verkauf kommt in der Praxis auch immer mal wieder vor.

  • In der Praxis besteht auf jeden Fall ein Bedürfnis für eine Vollmacht zur Vornahme solcher "Reparaturmaßnahmen". Könnte man vielleicht anfügen: „Die Vollmacht berechtigt auch zur Erweiterung des Vertragsgegenstandes. Im Innenverhältnis wird bestimmt, dass die Erweiterung eine wirtschaftliche Einheit zum Vertragsgegenstand bilden muss.“?

  • Wenn, dann würde ich formulieren:
    "Die Vollmacht berechtigt auch zur Änderung und/oder Erweiterung des Vertragsgegenstandes und zur Erklärung und Entgegennahme der Auflassung der geänderten oder neuen Vertragsgegenstände. Im Innenverhältnis ..."

    Ulf

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  • Wie Vorposter, da geht nichts. Diese sämtlichen Erklärungen müssen schon irgendwo einen Widerhall im Vertrag finden, weil sie sich sonst halt nicht auf seine Durchführung beziehen.

    Das Beste ist dann, wenn aufgrund einer solchen Vollmacht im Feststellungswege etwas ergänzt werden soll, wovon im Vertrag bislang keine Rede war.

    Mit einer so umfangreichen Vollmacht, wie von Alpinschussel vorgeschlagen, hätte ich schon Bauchschmerzen, aber wenn die Vollmachtgeber meinen...

    Ich frage mich nur*, warum die Leute dann nicht einfach hergehen und folgendes beurkunden lassen:

    "Ich, A, will mein Haus an B verkaufen. Wir, A und B, bevollmächtigen den Notariatsangestellten X mit dem Abschluss und der Durchführung des Kaufvertrags mitsamt sämtlicher weiteren Erklärungen, Bewilligungen, Vollmachten, dinglichen Erklärungen, überhaupt alles zu tun, wofür eine Vollmacht erteilt werden darf, inklusive - mit allen obigen Erklärungen - Hinzuerwerb aller denkbaren und undenkbaren Objekte, die in irgendeinem Zusammenhang mit diesem Kauf stehen könnten, wobei der Zusammenhang dem Grundbuchamt nicht nachzuweisen ist."

    Unterschriften A, B und Notar

    *Übrigens frage ich mich das schon seit ungefähr 15 Jahren...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Also bei uns kommt das auch recht häufig vor.

    Ich frag mich in diesem Fall immer wie es sich mit den Kosten verhält. Meist wird nicht mal ein Wert für das Teileigentum angegeben, welches "nachgeschoben" wird und in der Urkunde heisste es dann der Kaufpreis ist schon mit dem Wohnungskaufvertrag gezahlt.

  • kann mich Andreas nur anschließen - ich frage mich immer, warum den Beteiligten das alles beim Vorlesen des Notars nicht auffällt, wenn doch immer alles so klar ist.

  • Die einer Notariatsangestellten im Kaufvertrag erteilte Vollzugsvollmacht bezieht sich auf das dort genannte Objekt, ermächtigt mithin den Vollmachtnehmer nicht dazu, ohne Mitwirkung des Vollmachtgebers den Gegenstand der ihm erteilten Vollmacht festzustellen (BGH, DNotZ 2002, 866/867; OLG Celle, B. v. 03.11.2009, 4 W 163/09; BeckRS 2009 86280).

    Auch eine Vollmacht, die im Außenverhältnis zu unbeschränkten Handlungen ermächtigt, bezieht sich lediglich auf die Erwerbsmodalitäten und kann nicht den Vollmachtsgegenstand erweitern (SchlHOLG, Rpfleger 1996, 402/403).

    Davon abgesehen müsste eine solche Vollmacht zum einen den Bestimmheitsanforderungen entsprechen und zum anderen für den Vollmachtgeber zumutbar sein (§ 308 Nr. 4 BGB; vgl. die zahlreichen Nachweise in der Abhandlung von Böttcher, ZNotP 8/2007, 298 ff, 302, Fußn. 41).

    s. a. den Beschluss des OLG Naumburg:

    Sind Notariatsmitarbeiter im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag zur Abgabe von Erklärungen, Bewilligungen und Anträgen zur Ergänzung oder Änderung des Vertrages, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen zweckdienlich sind, bevollmächtigt, ermächtigt dies jene nicht, den Vertragsgegenstand insofern zu berichtigen, als nun ein Flurstück auch als Kaufgegenstand bezeichnet wird, das gar nicht Gegenstand des Kaufvertrages war.

    OLG Naumburg 12. Zivilsenat, Beschluss vom 01.03.2018, 12 Wx 49/17
    http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal…true#focuspoint

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