§ 1629 II 3, § 1796 BGB

  • Guten Morgen an alle,

    ich habe vom Nachlassgericht gem. § 35 a FGG einen Fall zugeschickt bekommen mit der Bitte um Prüfung des § 1629 II 3, § 1796 BGB.
    Es ist so: Der Vater ist gestorben und hinterlässt zwei minderjährige und zwei vollährige Kinder und die Ehefrau. Es existiert ein Erbvertrag. Danach erbt die Frau 1/2 und die Kinder je 1/8. Vermächtnisse sind angeordnet. TV ist auch angeordnet, wobei sich der Erblasser im Erbvertrag vorbehalten hat, den TV nachträglich durch weitere Verfügung von Todes wegen zu bestimmen. Er hat vor seinem Ableben einen Entwurf gemacht, worin stand, an erster Stelle soll die Frau TV sein, an zweiter Stelle der beurkundende Notar. Allerdings blieb es bei dem Entwurf.
    Im Erbvertrag steht aber auch, ersatzweise, solle das Nachlassgericht einen TV ernennen.
    Der Notar will nun gem. §§ 2200 BGB die Mutter als TV benennen. Die Kinder müssen aber vorher angehört werden.
    Die Mutter hat das Erbe für sich angenommen und wäre bereits die TV zu übernehmen. Für die minderjährigen Kinder hat sie bis jetzt weder angenommen noch ausgeschlagen, sie hat sich dies ausdrücklich vorbehalten.
    Kann in diesem Fall ein erheblicher Interessensgegensatz bejaht werden, so dass die elterliche Sorge für diese Sache entzogen werden kann und ein Ergänzungspfleger bestellt werden kann?
    Ist das eine konkreter Interessensgegensatz?

    Bin für jede Hilfe dankbar, hatte sowas noch nie.

  • Ich kann im Moment keinen konkreten Konflikt sehen. Denn Fall, dass Kinder und Eltern eine Erbengemeinschaft bilden, hat man ja häufig. Den Fall, dass mdj. Erben durch einen TV vertreten werden, ebenfalls. In beiden Fällen sehe ich jeweils keinen pauschalen Konflikt. Hier liegen nun evtl. beide Fälle kombiniert vor, was aber auch nicht zwingend zu einer Interessenkollision führt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Sehe ich fast genauso wie Ulf.

    Der ausdrückliche Vorbehalt zur Erbausschlagung ist natürlich rechtlicher Unsinn. So lange die Ausschlagungsfrist noch läuft, ist es nicht nötig, diesen Vorbehalt zum Ausdruck zu bringen.

    Regulativ für die Erbausschlagung ist das Genehmigungserfordernis nach § 1643 BGB. Da ist noch nichts im Busch. Allerdings: solange der Mutter die elterliche Sorge für diesen Teilbereich über §§ 1629 II3, 1796 BGB nicht entzogen ist, ist sie zur Ausschlagung legitimiert.

    Sollte die Mutter die Ausschlagung (aus jedem Rechtsgrund) erklären und schlagen auch die volljährigen Kinder aus, würde sich der Erbteil der Mutter neben den dann eintretenden Erben der 2. Ordnung erhöhen, so dass die Mutter schon versucht sein kann, zu Lasten der Kinder diese Erklärung abzugeben. Insoweit ist ein Interessenkonflikt konstruierbar.

    Vielleicht wäre es besser, deshalb prophylaktisch einen "unbefangenen" Dritten als Pfleger zu bestellen, damit die Mutter erst gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen kann.


    Sollte die Mutter die Ausschlagung der gewillkürten Erbschaft erklären, die gesetzliche Erbfolge der Kinder aber unangetastet gelassen haben, konterkariert sie zwar den von ihr selber unterschriebenen Erbvertrag, aber das Ergebnis ändert sich nicht. Die Kinder sind dann eben zu je 1/8 Anteil gesetzliche Erben. Da sehe ich keinen Interessenkonflikt.

  • Für die Kinder wirksam ausschlagen kann die Mutter hier nur mit Genehmigung des FamG. Da sehe ich daher auch keine Gefahr für die mdj. Kinder.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich gehe davon aus, dass der Notar hier als NachlG im Sinne einer TV-Ernennung nach § 2200 BGB tätig wird (BaWü).

    Die Ausschlagungsproblematik steht der Ernennung der Mutter zur TV nicht entgegen, weil sie nach § 1643 Abs.2 BGB für eine solche Ausschlagung in jedem Fall einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. Eine Ausschlagung aus lediglich erbvertraglichem Berufungsgrund würde allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wegen § 2094 BGB nicht dazu führen, dass die minderjährigen Kinder nunmehr aus gesetzlichem Berufungsgrund im Ergebnis unverändert zu jeweils 1/8 zu Miterben berufen wären.

    Dass die Mutter Testamentsvollstreckerin werden soll, ist im vorliegenden Fall nicht das Problem (wenn der Erblasser entsprechend verfügt hätte, wäre es auch nicht anders). Das Problem ist vielmehr, dass die Mutter im Fall ihrer Ernennung sowohl Testamentsvollstreckerin des Nachlasses als auch gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Miterben ist und dass sie sich (für die Minderjährigen) nicht selbst im Hinblick auf die Erfüllung ihrer TV-Pflichten kontrollieren kann (Entgegennahme und Kontrolle des Nachlassverzeichnisses, Anhörung bei Rechtsgeschäften, Verwaltungsmaßnahmen und Vergütungsentnahmen, Kontrolle der jährlichen Rechnungslegung usw.). Aus diesem Grund entspricht es herrschender Auffassung, dass den minderjährigen Kindern für die Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist (BayObLG Rpfleger 1977, 440; OLG Hamm FamRZ 1993, 1122; OLG Nürnberg FamRZ 2002, 272; zu Bedenken gegen diese Auffassung vgl. Damrau ZEV 1994, 1, Reimann MittBayNot 1994, 55 und Schlüter ZEV 2002, 158).

  • Juris, das ist klar, berührt aber nicht das Thema "Erbausschlagung". Nur auf diesen Teilaspekt habe ich gepostet. Soweit Kontrolle der/des TV erforderlich ist, habe ich in XVII-Sachen (in F-Sachen noch nicht vorgekommen) Verhinderungsbetreuung (und nicht, wie ständig in diesem Forum als Begriff gebraucht wird "Ergänzungsbetreuung", noch schlimmer: "Ersatzbetreuung") herbeigeführt. Eindeutige Angelegenheit.

  • Die genannten drei Begriffe werden in der Tat überwiegend für die Bezeichnung der gleichen Sache verwendet. In den Kommentaren ist mitunter von Ersatzbetreuung die Rede (Palandt/Diederichsen § 1899 RdNr.5), während die Bezeichung als Verhinderungsbetreuer schlicht auf der Tatsache beruht, dass der Betreffende nur bei Verhinderung des Hauptbetreuers bestellt wird (Palandt/Diederichsen Anh. zu § 1836, § 6 VBVG RdNrn.2, 3). Der von mir bevorzugte Begriff des Ergänzungsbetreuers stammt demgegenüber aus der vormundschaftsgerichtlichen Praxis, weil er eine Parallele zum Begriff des Ergänzungspflegers darstellt, der ebenfalls nur bestellt wird, wenn der gesetzliche Vertreter an der Vertretung verhindert ist. Mit der Verwendung der Bezeichnung "Ergänzungsbetreuer" soll daher -m.E. durchaus treffend- zum Ausdruck gebracht werden, dass der Zweitbetreuer die gleiche Funktion wie ein Ergänzungspfleger im Minderjährigenrecht zu erfüllen hat. Dass beim Ergänzungsbetreuer vergütungsrechtlich zwischen tatsächlicher und rechtlicher Verhinderung des Hauptbetreuers unterschieden wird (§ 6 VBVG), tut der Verwendbarkeit des Begriffs keinen Abbruch. Diese gebotene vergütungsrechtliche Differenzierung ist nicht vom gewählten Begriff abhängig.

  • Aus Gründen der Genauigkeit kann ich #7 bezüglich der Begriffsbenutzung nicht zustimmen. Im Pflegschaftsrecht hat der Gesetzgeber nie den Begriff "Ergänzungspfleger" benutzt. Im Betreuungsrecht hat er genau formuliert, was Sache ist, er spricht vom Betreuer im Verhinderungsfall. Was soll ein Pfleger denn ergänzen oder ersetzen?? Er geht dann an Bord, wenn der gesetzliche Vertreter verhindert ist. Der Pfleger ergänzt ihn nicht (er ist ja vollständig), der Pfleger ersetzt ihn nicht (er ist ja schließlich da).
    Ich bitte zu beachten, dass die fettgedruckten Schlagworte eingangs irgendwelcher Paragraphen keinen Gesetzestext darstellen, sondern vom jeweiligen Verlag ausgesucht worden sind, um die Suchenden über seinen Inhalt schneller zu informieren. Ein Schlagwort, das 106 Jahre mitgeschleppt worden ist, hat deshalb keinen Anspruch auf Benutzung, geschweige denn auf Richtigkeit. Ein Verhinderungspfleger ist ein Verhinderungspfleger, sonst gar nichts. Das gleiche gilt für den Verhinderungsbetreuer.
    Dies gilt auch dann, wenn Kommentatoren diesen semantischen Unsinn mitmachen.
    In einem anderen thread, lieber juris, haben Sie mir zugestimmt. Leider konnte ich diesen Beitrag nicht mehr finden.

  • Ja, das ist richtig - ich erinnere mich an den betreffenden Thread.

    Gleichwohl sollte man den in Rechtskreisen eingebürgerten Begriff des "Ergänzungspflegers" aus heutiger Sicht nicht mehr hinterfragen. Er ist ja im Wortsinne auch nicht gänzlich unzutreffend, weil der Pfleger mit dem ihm anvertrauten Wirkungskreis die in einem Teilbereich ausgeschlossene Vertretungsmacht des jeweiligen gesetzlichen Vertreters zu einer umfassenden Vertretung des Betroffenen "ergänzt" bzw. vervollständigt. Wenn ich -hieran anschließend- für die Verwendung des Begriffs des "Ergänzungsbetreuers" plädiere, so deshalb, weil ich der Auffassung bin, dass gleiche Sachverhalte im Pflegschafts- und Betreuungsrecht möglichst auch mit dem gleichen Terminus umschrieben werden sollten. Dies gilt umso mehr, als der "Verhinderungsbetreuer" in § 1899 Abs.4 BGB ebenfalls nicht als solcher bezeichnet wird, sondern -wie in § 1909 BGB- lediglich darauf abgestellt wird, dass der bestellte Betreuer die Interessen des Betroffenen in gewisser Hinsicht nicht wahrnehmen kann, weil er insoweit an der Vertretung verhindert ist.

    Da die Begrifflichkeit der Bezeichnung somit in beiden Fällen nicht gesetzlich festgeschrieben ist, sollte man an dem in guter rechtlicher Tradition eingebürgerten Begriff des Ergänzungspflegers festhalten und das analoge Rechtsinstitut des Betreuungsrechts demzufolge nach dem Motto "gleiche Narren, gleiche Kappen" ebenfalls als "Ergänzungsbetreuung" bezeichnen.

    Es sollte im Ergebnis nur darauf ankommen, dass jeder weiß, was mit der Verwendung eines bestimmten Begriffs gemeint ist. Dies scheint mir bei der synonymen Verwendung der Begriffe "Ergänzungspfleger" und "Ergänzungsbetreuer" durchaus gewährleistet. Man stelle sich nur vor, die Eltern würden für ein avisiertes Rechtsgeschäft beim VormG (meinetwegen auch beim FamG) die Anordnung einer "Verhinderungspflegschaft" anregen. Der betreffende Rechtspfleger würde sich wohl zunächst verwundert die Augen reiben und dann erst aufgrund der näheren Begründung der Anregung realisieren, was eigentlich gemeint ist.

    Man sollte bewährte Begrifflichkeiten nach meiner Auffassung daher nicht ohne Not aufgeben.

    Im Grundbuchrecht gibt es übrigens ein ähnliches Beispiel. Dort wird ausnahmslos von der Eintragung eines "Testamentsvollstreckervermerks" gesprochen, obwohl der Name des TV im Vermerk überhaupt nicht auftaucht und es sich daher -begrifflich gedacht- nicht um einen Testamentsvollstreckervermerk, sondern um einen Testamentsvollstreckungsvermerk handelt.

    Das Abendland wird nicht untergehen, wenn die bisher eingebürgerten Begriffe und Bezeichnungen weiterhin beibehalten werden. Und das Morgenland würde über so etwas wohl erst gar nicht diskutieren.

  • Ja, mit Notar ist das Nachlassgericht gemeint.
    Ich habe noch einmal mit ihm gesprochen, weil sein Schreiben etwas verwirrend war. Der Fall stellt sich nunmehr etwas anders dar.
    Die Mutter war bei ihm und wollte die Erbschaft annehmen. Allerdings hat er sie nicht annehmen lassen, weil er irgendwie Zweifel hat und hat es mir vorgelegt, wegen § 1629 II 3, § 1796 BGB.
    Es ist wohl so, dass die Erben mit hohen Vermächtnissen belastet ist. Wobei die Mutter den MEA des Vaters bekommen soll und sämtliches Kontoguthaben und der volljährige Bruder Gesellschaftsbeteiligungen.
    Es ist fraglich, ob die Kinder nicht durch den Pflichtteil mehr bekommen würden. Der Notar meinte, er sieht evt. einen Vermögensvorteil der Mutter.
    Weiterhin kann die Mutter ihren Teil des Erbvertrages noch abändern. Bis jetzt hat sie die beiden mj. Kinder eingesetzt. Aber das kann sie wohl noch ändern.
    Es geht darum, ob die Mutter in diesem Fall bezüglich der Frage, ob Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft die Kinder vertreten kann, oder ob man ihr die elterliche Sorge entzieht und einen Pfleger bestellt.
    Muss ich da jetzt das gesamte Erbrecht durchprüfen? Wie soll man denn das beurteilen können und einen evt. erheblichen Interessenkonflikt herausfinden? Abstrakt ist er sicher gegeben, aber das reicht ja nicht aus um die elterliche Sorge zu entziehen.
    Erst in einem zweiten Schritt ginge es dann um die Testamentsvollstreckung und die Anhörung der Minderjährigen zu diesem Thema.
    Habe echt noch keine Ahnung, wie ich das in den Griff bekomme und die Ausschlagungsfrist läuft bereits!

  • Enthält der Erbvertrag eine Pflichtteilsstrafklausel im Hinblick auf die Abkömmlinge in dem Sinne, dass derjenige, der beim ersten Sterbefall seinen Pflichtteilsanspruch geltend macht, auch beim zweiten Sterbefall nur den Pflichtteil erhält?

  • Weil eine solche Pflichtteilsstrafklausel Bedeutung für die Frage erlangt hätte, ob die minderjährigen Kinder ihren mit (Voraus)Vermächtnissen belasteten Erbteil (1/8) nach § 2306 Abs.1 S.2 BGB im Hinblick auf den zweiten Sterbefall "folgenlos" ausschlagen können, um ihren Pflichtteilsanspruch (in Höhe von jeweils 1/16 -bei gesetzlichem Güterstand der Eltern-) geltend zu machen. Mangels Pflichtteilsstrafklausel ist dies der Fall.

    Die weiteren Überlegungen sind davon abhängig, ob den Kindern unter Berücksichtigung der angeordneten (Voraus)Vermächtnisse im Fall der Erbannahme wertmäßig mehr als ihre Pflichtteilsquote (1/16) verbleibt. Ist dies der Fall, ist eine Ausschlagung trotz der erfolgten (weiteren) Beschwerung des Erbteils mit TV wohl nicht zu empfehlen, während die Ausschlagung zu bevorzugen wäre, wenn der 1/8-Erbanteil der Kinder durch die angeordneten (Voraus)Vermächtnisse zugunsten der anderen Miterben wertmäßig unter die Pflichtteilsquote (1/16) herabgedrückt wird. Es ist somit das übliche Rechenexempel anzustellen, das jeder pflichtteilsberechtigte Miterbe innerhalb der Ausschlagungsfrist durchzuführen hat, wenn sein Erbteil i.S. des § 2306 BGB mit Beschränkungen und Beschwerungen versehen ist. Da die Wertverhältnisse nicht bekannt sind, kann hierzu keine Stellung bezogen werden.

    Das Problem ist also zunächst nicht der Interessenkonflikt, sondern die im Endergebnis verbleibende wertmäßige Beteiligung der minderjährigen Kinder am Nachlass unter Berücksichtigung der zu erfüllenden (Voraus)Vermächtnisse und der angeordneten TV. Gleiches gilt, wenn es sich bei den bisher als Vorausvermächtnissen qualifizierten Zuwendungen nicht um Vorausvermächtnisse, sondern um nachteilige wertverschiebende Teilungsansordnungen handelt. Anders aber wiederum, wenn es sich um zwar um Teilungsanordnungen handelt, die von ihnen Begünstigten aber zum Wertausgleich verpflichtet sind.

    Langer Rede kurzer Sinn:

    Was ist denn in diesem Kontext überhaupt letztwillig verfügt?

  • Der verstorbene Vater hat für den Fall des erstversterbens folgendes verfügt:

    a) seine Ehefrau -zur 1/2-
    b) Tochter vollj. aus erster Ehe -zu 1/8-
    c) Sohn vollj. aus erster Ehe -zu 1/8-
    d) Tochter mj. aus zweiter Ehe -zu 1/8-
    e) Tochter mj. aus zweiter Ehe -zu 1/8-

    Vermächtnisse für den Fall des erstversterbens:

    Ehefrau: Grst. 1, zzgl. Hausrat und sämtliche bewegliche Gegenstände,
    sämtliche Guthaben und Depots bei Banken und Barvermögen

    Sohn vollj.: Beteiligungen an einer GmbH und an einer KG, sowie alle Forderungen, Verbindlichkeiten und Steuerschulden gegenüber den vorstehenden Unternehmen und
    Übernahmerecht des zum Nachlass gehörenden Grst. 2 d.h. Übertragung des Grst. 2 auf ihn Zug um Zug gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages i.H.v. 100% des Verkehrswertes.

    Die überlebende Ehefrau hat ihre beiden mj. Töchter als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt, Ersatzerben sind deren Abkömmlinge, wenn keine vorhanden sind die Tochter vollj. und der Sohn vollj. Ersatzerben.

    Allerdings ist die überlebende Ehefrau laut Erbvertrag berechtigt, die Erbeinsetzung eines Abkömmlings innerhalb der jeweiligen Stämme zugunsten weiterer entfernterer Abkömmlinge in den betreffenden Stamm aufzuheben oder beliebig zu beschweren oder zu beschränken.

    Es ist nur von Vermächtnissen die Rede. Also ist Auslegung gefragt, ob Vorausvermächtnisse oder Teilungsanordnung. Eine Bindung des überlebenden Ehegatten kommt nur bei einem Vorausvermächtnis in Betracht. Das wäre doch im Umkehrschluss ein Indiz für eine Teilungsanordnung, oder?

    Der Notar (Nachlassgericht) meinte auch noch, dass die Tochter vollj. schon irgendeinen Ausgleich bekommen haben soll. Inwiefern ist das von Relevanz? Eine Ausgleichung ist nicht eindeutig angeordnet worden.

  • Vorab:

    Die inhaltliche Ausgestaltung des Erbvertrags ist wegen der offen gebliebenen rechtlichen Fragen (Vorausvermächtnis/Teilungsanordnung) wohl kaum auf tieferes Nachdenken zurückzuführen (Nur-Notar oder Anwalts-Notar?).

    Unabhängig davon:

    Es spricht wohl vieles für Vorausvermächtnisse. Dies ergibt sich nach meinem Dafürhalten nicht nur aus der Zuwendungsbezeichnung "Vermächtnisse" (zugunsten von Miterben!), sondern auch aus der Tatsache, dass der volljährige Sohn für das Übernahmerecht vollen Wertersatz zu leisten hat (Umkehrschluss: im übrigen nicht -was dann wohl auch für die andere "Vermächtnisnehmerin", also die Witwe, gilt-).

    Ich hatte bereits vermutet, dass die volljährigen Kinder aus der ersten Ehe des Erblassers stammen. Unter dieser Prämisse besteht für die Witwe eigentlich kein Anlass, ihre verfügte Schlusserbeneinsetzung zugunsten der eigenen Abkömmlinge zu deren Lasten zu ändern. Dies widerspräche auch jeder Lebenserfahrung, zumal die Erblasserwitwe nach dem nunmehr ergänzten Sachverhalt nur zu einer Änderung innerhalb der eigenen Kinderstämme befugt ist.

    Bei der nunmehr anstehenden Entscheidung ist somit nicht nur die rein rechnerische Komponente im Anwendungsbereich des § 2306 Abs.1 S.2 BGB, sondern auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die eigenen Abkömmlinge der Witwe dereinst voraussichtlich auch in den Genuss der der Witwe zugewendeten Vorausvermächtnisgegenstände kommen werden.

    Bei einer Ausschlagung der minderjährigen Kinder des Erblassers bliebe des weiteren völlig offen, was mit den ausgeschlagenen Erbteilen geschieht. Anwachsung im Verhältnis der übrigen Erbteile, quotale Anwachsung oder Ersatzerbfolge?

    Sind Ersatzerben bestimmt?

  • Ersatzerben der Mutter sind die vier Kinder jeweils zu gleichen Teilen und Ersatzerben der Kinder sind jeweils deren Abkömmlinge.

    D.h. entweder wächst der Anteil der mj. Kinder im Falle der Ausschlagung den anderen Geschwistern an, oder den Geschwistern und der Mutter? Das ist dann auch wieder Auslegungssache.

    Stimmt, es werden wahrscheinlich Vorausvermächtnisse sein. Dass auch Ersatzvermächtnisnehmer bestellt sind, ist auch ein Indiz dafür.

    Die Frage, die sich mir aber immernoch stellt, ist: Wie soll ich das Ausrechnen? Ich kann die Mutter anhören und sie zum Wert des Nachlasses befragen, aber was, wenn sie dazu keine Angaben machen kann? Man bekommt doch innerhalb der nicht mal mehr sechs Wochen laufenden Ausschlagungsfrist kein Gutachten her, der z.B. Aufschluss über den Wert der Firmenbeteiligungen oder Grundstücke gibt.
    Ich kann das maximal überschlagen und ob das viel bringt?

  • Wer im Falle einer Ausschlagung der minderjährigen Kinder erbrechtlich an deren Stelle tritt, ist in der Tat fraglich (Anwachsung im Verhältnis der Erbteile der übrigen Miterben oder stillschweigende Ersatzerbenberufung nur der beiden anderen Kinder). Diese Frage lässt sich im jetztigen Verfahrensstadium nicht klären.

    Im Hinblick auf die laufende Ausschlagungsfrist gibt es zwei Möglichkeiten.

    a) Entweder die Mutter schlägt die Erbschaft für die minderjährigen Kinder aus. Wegen des familiengerichtlichen Genehmigungserfordernisses des § 1643 Abs.2 BGB ist die Ausschlagungsfrist gehemmt und das Gericht kann den Sachverhalt und die Wertverhältnisse in Ruhe überprüfen.

    b) Oder man entzieht der Mutter mit deren Einverständnis (beschränkt auf die Ausschlagungsproblematik) die Vermögenssorge, bestellt aber vorerst noch keinen Ergänzungspfleger. Dann ist das Kind ohne gesetzlichen Vertreter und das Gericht kann die Sachlage ebenfalls in Ruhe von Amts wegen überprüfen.

    In beiden Fällen bleibt die eingetretene Erbfolge nach dem Erblasser notgedrungen vorläufig offen. Dies führt dazu, dass auch die angeordneten Vorausvermächtnisse vorerst nicht erfüllt werden können, es sei denn, es würde -was noch nicht erfolgt ist- ein Testamentsvollstrecker ernannt.

    Die geschilderten Schwierigkeiten zeigen, dass die Konzeption des vorliegenden Erbvertrags in mancherlei Hinsicht nicht ausreichend durchdacht ist.



  • Man sollte bewährte Begrifflichkeiten nach meiner Auffassung daher nicht ohne Not aufgeben.



    Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Kann die Aufregung von wer will ihn wissen in diesem Punkt ehrlich gesagt auch nicht wirklich nachvollziehen und denke, dass er dort auch eine absolute Mindermeinung vertritt.

    Letzlich ist doch - wie juris sagt - entscheidend, dass jeder mit den Begriffen etwas anfangen kann, der damit betraut wird.

    Gleiches gilt meines Erachtens auch für die ewige Diskussion über die Ersetzung der guten alten AV durch Übereignungsvormerkung (Medicus), Erwerbsvormerkung, Eigentumsübertragungsvormerkung oder gar Eigentumsvormerkung. M.E. sollte man es bem bewährten Begriff der Auflassungsvormerkung belassen, die von der Kritikern angesprochenen begrifflichen Ungenauigkeiten fallen aus meiner Sicht in der Praxis nicht ins Gewicht

  • Ich bin ja gerne bereit, gewohnte Begriffe auch (weiter) zu verwenden. Mir liegt es fern, tatsächlich Überspitztes wie in #18 empfunden zu propagieren.
    Dieses Zugeständnis betrifft aber nur den Bereich des Pflegschaftsrechtes.
    Im Betreuungsrecht verwendet der Gesetzgeber (richtigerweise) nicht den Begriff "Ergänzungsbetreuer", sondern umschreibt in § 1899 IV BGB "...soweit der andere verhindert ist". Was spricht gegen das Substantiv "Verhinderungsbetreuer"?

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