Sterbegeldversicherung kündigen? Schuldner hat Krebs

  • Der Insolvenzverwalter bittet um Rücksprache zu folgendem Sachverhalt:

    Schuldner hat eine Sterbegeldversicherung die ca. 1.500 Euro (Rückkaufwert) bei Kündigung für die Masse einbringt.

    Die Versicherungssumme beträgt ca. 7.500 Euro beim Todesfall.

    Der Schuldner ist an Krebs erkrankt und derzeit in Chemotherapie
    und der Insolvenzverwalter bittet um Rücksprache... :gruebel:

    Wer weiss Rat?

    wer nicht mit der zeit geht, der muss mit der zeit gehen

  • Tja, schwieriges Thema. Einerseits müsste die Versicherung verwertet werden, aber andererseits hat man da natürlich verständliche Hemmungen.

    Wie wäre es mit der Einberufung einer Gläubigerversammlung, die darüber entscheidet.

  • Hey Uganda, herzlich willkommen in den Untiefen der Insolvenz und viele Grüße an die werte Gattin! :D

    Zum Thema: Ich hätte jetzt auch an die Unpfändbarkeit gedacht...
    Wenn nicht, dann halt verwerten.

    Müsste man halt überlegen, ob der IV Antrag auf besondere Gläubigerversammlung stellt und (da wahrscheinlich keiner kommen wird...) mitteilt, ob er verwerten wird (oder auch nicht), wenn keiner erscheint.

  • Das Verfahren befindet sich bereits in der Wohlfühlphase. Von der Sterbegeldversicherung war nichts bekannt, sie wäre ja ohnehin wegen § 850 b ZPO unpfändbar bis zum dort ausgewiesenen Betrag.

    Jetzt bekomme ich Post von eben jener mir bis dato unbekannten Versicherung, dass die Schuldnerin beabsichtigt, den Vertrag zu kündigen und ich möge bitte die Bankverbindung für das Anderkonto mitteilen.

    Wird der Rückkaufswert nun pfändbar, wenn die Schuldnerin selbst kündigt? Ich kenne die Beweggründe nicht, denke es geht ums Einsparen der Beiträge. Wäre hier eine NTV anzuordnen?

  • ja, Unpfändbarkeit liegt ja nun nicht mehr vor

    Hmm, da wäre ich mir aber garnicht soooo sicher. Die Unpfändbarkeit ist doch erst nach Insolvenzverfahrensaufhebung weggefallen, oder? Dann würde man ja auch jedes KFZ verwerten müssen, wenn bspw. der Schuldner seinen Job verliert und auf das Auto nicht mehr angewiesen ist. Das kann nicht sein. Ich meine ja, dass da nix mehr zu machen ist, denn er hat den (pfändbaren) nicht während des Verfahrens erworben.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Dann würde man ja auch jedes KFZ verwerten müssen, wenn bspw. der Schuldner seinen Job verliert und auf das Auto nicht mehr angewiesen ist

    Es wäre wohl zumindest zu prüfen, ob er es für die Arbeitssuche/Arbeitsaufnahme benötigt. Es ist schon so, dass sich auch während des Insolvenzverfahrens die Pfändbarkeit eines ehemals unpfändbaren Massegegenstandes ergeben kann.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Dann würde man ja auch jedes KFZ verwerten müssen, wenn bspw. der Schuldner seinen Job verliert und auf das Auto nicht mehr angewiesen ist

    Es wäre wohl zumindest zu prüfen, ob er es für die Arbeitssuche/Arbeitsaufnahme benötigt. Es ist schon so, dass sich auch während des Insolvenzverfahrens die Pfändbarkeit eines ehemals unpfändbaren Massegegenstandes ergeben kann.

    Ja, das ist mir schon klar; aber hier ergab sich die Pfändbarkeit doch erst während der WVP.

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  • Steh ich hier auf dem Schlauch? Wieso geht Ihr alle davon aus, dass die Sterbegeldversicherung ursprünglich unpfändbar ist?

    Natürlich gilt § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Nach BGH 12.12.2007, AZ. VII ZB 47/07 liegt § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO auch vor, wenn zwar die Versicherungssumme über dem Betrag von 3 579 Euro liegt, aber der Rückkaufswert darunter.

    Aus § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO folgt doch aber nicht die generelle Unpfändbarkeit, sondern nur die bedingte. Durch Beschluss gem. § 850b Abs. 2 ZPO kann ich doch auch bei einem Rückkaufswert von sagen wir mal 2.000,00 € die Pfändbarkeit herstellen. Das würde ich prüfen und ev. NTV beantragen.

    Ich habe hier bei vielen Sterbegeldversicherungen, deren Rückkaufswert unter dem in § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO genannten Betrag liegt, einen Beschluss nach § 850 b Abs. 2 ZPO erwirkt und die dann gekündigt.

  • Okay, ich werde die Versicherung erstmal fragen, wie hoch der Rückkaufswert ist. Du bist ja ein ganz harter Hund. :strecker

    Die Schuldnerin ist Jahrgang 1940 - ich weiß nicht, ob ich da noch mit bedingter Pfändbarkeit durchdringe. Allerdings will sie das Geld ja offensichtlich nun nicht für ihre Beerdigung. Ich denke noch mal drüber nach, wenn ich weiß, über wie viel Geld wir hier sprechen.

  • @Jamie: Naja, eigentlich bin ich ganz umgänglich.:)

    Also ich kündige nicht blindlings bzw. beantrage einen Beschluss nach § 850 b Abs. 2 ZPO, sondern schaue mir schon jeden Einzelfall an. Aktuell hatte ich jetzt z.B. ein Verfahren, da beträgt der Rückkaufswert um die 400,00 €. Weitere Massezuflüsse sind nicht zu erwarten, die Schuldnerin bezieht eine geringe Erwerbsminderungsrente unterhalb der Pfändungsgrenze. Da werde ich keinen Antrag stellen. Selbst wenn dem entsprochen würde hätten hier die Gläubiger ja nichts von. Im Gegenzug wäre die Schuldnerin dann nur ihre Versicherung los, das muss finde ich in so einer Konstellation auch nicht sein.

  • An den Beschluss konnte ich mich noch dunkel erinnern, fand des seinerzeit aber schon seltsam :D Ich meine, das hätten wir auch irgendwann hier diskutiert. Ich würde mich damit trotzdem schwer tun.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Auch das halte ich für sehr gewagt. Es läuft die WVP. Da kann ich doch nicht über 850b ZPO ex tunc die Versicherung pfändbar machen. Wenn das so wäre, dann hätten ja alle Treuhänder ihre Insoverfahren überprüfen können und nachträglich die ganzen Versicherungen gemäß § 850b ZPO pfändbar machen?!
    Ich meine, was während des Insoverfahrens nicht pfändbar war (und die Versicherung war es nicht, denn es ist ja gerade kein Beschluss gemäß § 850b ZPO ergangen), kann doch nicht nachträglich rückwirkend umgeändert werden.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Da wir von der Versicherung nichts wussten, konnten wir auch keinen entsprechenden Antrag stellen. Über Pfändbarkeit oder Unpfändbarkeit ist überhaut noch nichts entschieden worden. Wenn jetzt die Pfändbarkeit festgestellt werden sollte, dann doch sicherlich rückwirkend: Weil sie ja dann schon zum Zeitpunkt der Eröffnung pfändbar war (wenn das Gericht das so feststellt).

    Noch ist die Versicherung bedingt pfändbar - nicht unpfändbar.

  • Da wir von der Versicherung nichts wussten, konnten wir auch keinen entsprechenden Antrag stellen. Über Pfändbarkeit oder Unpfändbarkeit ist überhaut noch nichts entschieden worden. Wenn jetzt die Pfändbarkeit festgestellt werden sollte, dann doch sicherlich rückwirkend: Weil sie ja dann schon zum Zeitpunkt der Eröffnung pfändbar war (wenn das Gericht das so feststellt).

    Noch ist die Versicherung bedingt pfändbar - nicht unpfändbar.

    Nein, das stimmt nicht. Lies Absatz 1: sie ist unpfändbar. Nur wenn das Gericht eine entsprechende Entscheidung trifft, wird sie pfändbar. Das könnte vielleicht das Gericht machen, aber ich bezweifle, dass das rückwirkend möglich ist. Ich als Gericht kann nur sagen, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt pfändbar ist/wäre. Und dass Du von der Versicherung nichts wußtest, ändert m.E. an der Situation nix.
    Aber gut, das wird wahrscheinlich wieder so eine Sache, die von Gericht zu Gericht unterschiedlich entschieden werden würde.

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  • Da wir von der Versicherung nichts wussten, konnten wir auch keinen entsprechenden Antrag stellen. Über Pfändbarkeit oder Unpfändbarkeit ist überhaut noch nichts entschieden worden. Wenn jetzt die Pfändbarkeit festgestellt werden sollte, dann doch sicherlich rückwirkend: Weil sie ja dann schon zum Zeitpunkt der Eröffnung pfändbar war (wenn das Gericht das so feststellt)

    wegen der Entscheidung IX ZA 2/09 würde ich den Ball flach halten bzw. könnte im Zweifelsfall gute Gründe vorbringen, hier nichts mehr zu unternehmen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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